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VwGH 18.12.2024, Ra 2022/13/0056

VwGH 18.12.2024, Ra 2022/13/0056

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat MMag. Maislinger, die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lukacic-Marinkovic, über die Revision des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, in 1010 Wien, Ebendorferstraße 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7500717/2019, betreffend Verletzung der Anzeigepflicht für Diensteanbieter gemäß § 15 Abs. 2 des Wiener Tourismusförderungsgesetzes (mitbeteiligte Parteien: 1. A und 2. F GmbH, beide in B, Bundesrepublik Deutschland, beide vertreten durch Klaus Opora, Rechtsanwalt in 20355 Hamburg (Bundesrepublik Deutschland), Holstenwall 10), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom wurde der Erstmitbeteiligte für schuldig erkannt, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Zweitmitbeteiligten - die eine (Internet-)Buchungs- und Vermittlungsplattform für Ferienunterkünfte betreibt (Plattform X) - ab bis zum zumindest fahrlässig unterlassen zu haben, die nach den Geschäftsunterlagen vorhandenen Identifikationsdaten (Bezeichnung, Name, Geschlecht, Geburtsdaten, Rechtsform) und Kontaktdaten der bei der Zweitmitbeteiligten registrierten Unterkunftgeber und Unterkunftgeberinnen sowie sämtliche Adressen der registrierten Unterkünfte (Unterkunftseinheiten) im Gebiet der Stadt Wien unter den angeführten numerischen Bezeichnungen auf der Plattform X, dem Magistrat in einer automationsunterstützt auswertbaren Form anzuzeigen und dadurch 66 Verwaltungsübertretungen begangen zu haben. Damit sei § 15 Abs. 2 des Wiener Tourismusförderungsgesetzes (WTFG) iVm § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) verletzt worden.

2 Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Erstmitbeteiligten gemäß § 20 Abs. 2 WTFG 66 Geldstrafen in Höhe von je 35 €, falls diese uneinbringlich seien, 66 Ersatzfreiheitsstrafen von je 12 Stunden, verhängt. Ferner habe der Erstmitbeteiligte gemäß § 64 VStG in Summe 660 € als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren, das seien 10 % der Strafen, mindestens jedoch 10 € für jedes Delikt, zu zahlen. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafen/Kosten) betrage daher insgesamt 2.970 €. Die Zweitmitbeteiligte hafte für die Beträge gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.

3 Gegen dieses Straferkenntnis erhoben die mitbeteiligten Parteien fristgerecht Beschwerde. Darin brachten sie u.a. vor, den Anforderungen des § 15 Abs. 2 WTFG könne bereits aus rein tatsächlichen Gründen nicht nachgekommen werden, weil die geforderten Daten nicht vorliegen würden. Es sei weder möglich zu erkennen, ob der - auf der Plattform X - inserierende Vertragspartner Unterkunftgeber sei, noch welche Unterkunftgeber unter den Anwendungsbereich des WTFG fallen würden. Die Zweitmitbeteiligte erfahre nach Erstellung eines Inserates aus Gründen der Abrechnungsmöglichkeit lediglich die hierfür notwendigen Daten der Vertragspartner, wobei diese nicht ausschließlich Unterkunftgeber seien, die direkt ihre Unterkunft anbieten würden, sondern auch Dritte, wie etwa Makler oder Werbeagenturen. Ob eine Unterkunft im Namen des Unterkunftgebers oder eines Dritten auf der Plattform X angeboten werde, sei für die Zweitmitbeteiligte unerheblich. Weiters könne nicht festgestellt werden, ob eine Unterkunft in den Anwendungsbereich des WTFG falle oder nicht, weil die Zweitmitbeteiligte die exakte Lage der zur Vermietung angebotenen Unterkunft nicht erfahre. Dem Vertragspartner stehe es frei, eine ungefähre Lage der Unterkunft anzugeben, aufgrund derer die Zweitmitbeteiligte eine Einordnung vornehme. Dabei könne aber nicht festgestellt werden, ob sich die Unterkunft direkt im Stadtgebiet Wien oder in dessen Ballungsraum, der nicht unter das WTFG falle, befinde. Eine Verpflichtung zur Weitergabe derart unbestimmter Daten ergebe sich nicht aus § 15 Abs. 2 WTFG.

4 Das Bundesfinanzgericht gab mit Spruchpunkt I.) des angefochtenen Erkenntnisses der Beschwerde statt, hob das angefochtene Straferkenntnis auf und stellte die gegen die mitbeteiligten Parteien geführten Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein. Mit Spruchpunkt II.) sprach es aus, dass gemäß § 52 Abs. 1 und 8 VwGVG (iVm § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR) keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten seien. Mit Spruchpunkt III.) wurde die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig erklärt.

5 Das Bundesfinanzgericht führte nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen - und soweit für das Revisionsverfahren relevant - aus, die Zweitmitbeteiligte betreibe das Online-Portal X, auf dem Vermieter gegen Entgelt Inserate schalten und ihre Ferienwohnungen zur Vermietung für Dritte anbieten könnten.

6 Über die online technisch bereitgestellten Kontaktmöglichkeiten könnten die interessierten Urlauber per E-Mail mit dem jeweiligen Anbieter des Ferienobjekts in Kontakt treten. Die Zweitmitbeteiligte beteilige sich dabei nicht an der Ausgestaltung und dem Abschluss der Verträge zwischen den Vermietern und den Mietern, somit auch nicht an den Modalitäten und Abwicklung der Zahlung. Auch eine etwaige finanzielle Beteiligung an den Umsätzen sei nicht gegeben.

7 Die Zweitmitbeteiligte erfahre nach Erstellung eines Inserates aus Gründen der Abrechnungsmöglichkeit lediglich die hierfür notwendigen Daten der Vertragspartner, wobei Vertragspartner nicht ausschließlich Unterkunftgeber seien, die direkt ihre Unterkunft anbieten würden, sondern auch Dritte (z.B. Makler, Werbeagenturen u.ä.). Demnach könne die Zweitmitbeteiligte nicht feststellen, ob es sich bei der anbietenden Person um einen Unterkunftgeber oder um einen Dritten handle. Es sei für sie auch unerheblich, ob die Unterkunft im Namen des Unterkunftgebers oder eines Dritten bei ihrem Dienst angemeldet werde.

8 Da es der Zweitmitbeteiligten nicht möglich sei zu erkennen, ob der inserierende Vertragspartner Unterkunftgeber sei, könne sie auch keine Kategorisierung dahingehend vornehmen, welche Unterkunftgeber unter den Anwendungsbereich des WTFG fallen würden. Die Zweitmitbeteiligte erfahre auch keine exakte Angabe der Lage der zur Vermietung angebotenen Unterkunft, da die Kommunikation bezüglich des Vertragsabschlusses sowie der etwaigen Anreise u.ä. direkt zwischen dem Vertragspartner und dem Unterkunftgeber bzw. zwischen dem Unterkunftgeber und dem Mieter erfolge. Zudem stehe es dem Vertragspartner auch frei, lediglich eine ungefähre Angabe der Lage der Unterkunft anzugeben, aufgrund derer die Zweitmitbeteiligte eine Einordnung vornehme. Damit könne diese auch nicht feststellen, ob sich die Unterkunft direkt im Stadtgebiet Wien oder in dessen Ballungsraum, der nicht unter das WTFG fällt, befinde.

9 Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 15 Abs. 2 WTFG müssten die auf die registrierten Unterkunftgeber bezogenen - ausdrücklich angeführten - Identifikations- und Kontaktdaten bereits vorhanden sein und nicht erst beschafft werden. Ebenso beziehe sich die Anzeigepflicht hinsichtlich der Adressen auf die beim Normadressaten registrierten Unterkünfte (Unterkunftseinheiten), womit für eine Erweiterung der Auskunftspflicht auf darüberhinausgehende Daten wie etwa ungefähre Lage etc. kein Raum sei.

10 Eine Verpflichtung zur Nachforschung bei den Vertragspartnern bzw. Unterkunftgebern, ob sich deren angebotenen Unterkünfte im oder außerhalb des Stadtgebietes befinden würden, könne aus der Bestimmung des § 15 Abs. 2 WTFG ebenso wenig abgeleitet werden.

11 Es bestehe daher insoweit keine Meldepflicht, weil diese vorhandenen Daten weder als Kontakt- noch als Identifikationsdaten im Sinne des § 15 Abs. 2 WTFG einzustufen seien, aufgrund derer eine Identifikation des Unterkunftgebers bzw. eine Kontaktaufnahme mit diesen ohne aufwendige Ermittlungshandlungen möglich wäre.

12 Zum Vorbringen der belangten Behörde, auf der „Homepage“ der Zweitmitbeteiligten hätten sich sehr wohl Einträge mit exakter Adressangabe der Unterkunft befunden, verwies das Bundefinanzgericht auf die als glaubwürdig angesehene Stellungnahme der Zweitmitbeteiligten, wonach im verfahrensgegenständlichen Zeitraum die nunmehr von vereinzelten inserierenden Kunden eingebundenen Grafiken bzw. Lagepläne nicht verwendet worden seien, zumal die technischen Möglichkeiten dazu nicht bereitgestellt worden seien.

13 Abschließend verneinte das Bundesfinanzgericht die Erfüllung der subjektiven Tatseite durch den Erstmitbeteiligten. Diesem, der - entgegen der von der revisionswerbenden Behörde im Informationsschreiben über die Novelle des WTFG vertretenen Rechtsansicht - insoweit in seinem Handeln einer vertretbaren und im Wortsinn des Gesetzes jedenfalls Deckung findenden Rechtsansicht in Bezug auf das Nichtbestehen einer Meldeverpflichtung gemäß § 15 Abs. 2 WTFG gefolgt sei, könne insoweit kein Verschulden (auch keine fahrlässige Handlungsweise) angelastet werden.

14 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision. Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof (§ 36 VwGG) erstatteten die mitbeteiligten Parteien eine Revisionsbeantwortung (ohne Kostenantrag), in der sie die Zurückweisung der Revision beantragten.

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

16 Zur Zulässigkeit der Amtsrevision wird neben fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verschiedenen Rechtsfragen iZm der Anzeigepflicht nach § 15 Abs. 2 WTFG u.a. vorgebracht, das Bundesfinanzgericht habe aktenwidrig festgestellt, die Zweitmitbeteiligte habe nicht feststellen können, ob sich die zur Vermietung angebotenen Unterkünfte im Stadtgebiet Wien oder in dessen Ballungsraum, für den keine Anzeigepflicht nach dem WTFG bestehen würde, befunden hätten. Die von der revisionswerbenden Behörde durchgeführte Auswertung der Internetseite der Zweitmitbeteiligten habe allerdings gezeigt, dass die „genaue Lage“ der jeweiligen Objekte - im Tatzeitraum - ersichtlich gewesen sei.

17 Die Revision erweist sich als zulässig und begründet.

18 Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , Ra 2022/13/0038 (auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird), ausgesprochen, dass nach § 15 Abs. 2 WTFG einerseits aufgezählte Identifikationsdaten und (nicht näher definierte) Kontaktdaten der Unterkunftgeber, andererseits Adressen der - von den Unterkunftgebern zur Vermietung angebotenen - Unterkunftseinheiten anzuzeigen sind, wenn es sich um Daten der bei den Diensteanbietern registrierten Unterkunftgeber und Unterkunftseinheiten handelt und diese Daten nach den Geschäftsunterlagen der Diensteanbieter vorhanden sind.

19 Im Ergebnis zielt die Bestimmung des § 15 Abs. 2 WTFG somit auf die Pflicht zur Anzeige jener Daten, die im Zuge der Registrierung eines Unterkunftgebers (samt den angebotenen Unterkunftseinheiten) beim jeweiligen Diensteanbieter von diesem erfasst und weiterverarbeitet werden, denn nur in diesem Fall liegen nach den Geschäftsunterlagen vorhandene Daten registrierter Unterkunftgeber und Unterkunftseinheiten vor (vgl. , Rz 28).

20 Der Verwaltungsgerichtshof hat im genannten Erkenntnis weiters ausgesprochen, dass als „Unterkunftgeber“ nur jene Personen anzusehen sind, die die - zur Vermietung - angebotenen Unterkünfte den Gästen zur Verfügung stellen, abgesehen allenfalls von den in den Gesetzesmaterialien zu § 15 Abs. 2 WTFG (LG - 01883-2016/0001, Beilage 23/2016, Erläuterungen 6) genannten Agenturen. In den Gesetzesmaterialien wird dazu festgehalten: „Agenturen, die für Unterkünfte, wie beispielsweise Ferienwohnungen, Service (wie Schlüsselübergabe, Reinigung, Kontakt mit dem Gast, Vertrieb etc.) erbringen und auch die Unterkünfte auf der eigenen Website anbieten, sind Diensteanbieter und Diensteanbieterinnen im Sinne des § 15 Abs. 2 WTFG, d.h. auch sie trifft eine Anzeigepflicht bezüglich der Unterkunftgeber bzw. Unterkunftgeberinnen und der Unterkünfte. Bieten Agenturen die von ihnen vermittelten Unterkünfte auf einer anderen Website zB Airbnb an, dann treffen sowohl die Agentur als auch die andere Plattform die Anzeigepflicht nach § 15 Abs. 2 WTFG.“

21 Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen erweist sich die Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes, wonach die Anzeigepflicht gemäß § 15 Abs. 2 WTFG - im Ergebnis - nur hinsichtlich jener registrierten Personen zum Tragen komme, bei denen ein Diensteanbieter zweifelsfrei feststellen könne, dass sie auf der vom Diensteanbieter betriebenen Plattform Unterkunftseinheiten im eigenen Namen (allenfalls auf fremde Rechnung) registriert und zur Vermietung angeboten hätten, als unzutreffend.

22 Der Begriff des „Unterkunftgebers“ ist - im Einklang mit den zitierten Gesetzesmaterialien - vielmehr dahingehend auszulegen, dass darunter sämtliche (natürlichen oder juristischen) Personen fallen, die - nach ihrer Registrierung (zum Registrierungsbegriff siehe erneut ) - auf der vom Diensteanbieter betriebenen Plattform Unterkunftseinheiten registrieren und zur Vermietung anbieten, unabhängig davon, ob sie dies im eigenen oder im fremden Namen tun. Damit sind beispielsweise auch die Identifikationsdaten von Maklern, die im Auftrag anderer Personen deren Unterkunftseinheiten auf der Plattform registrieren und zur Vermietung anbieten, gemäß § 15 Abs. 2 WTFG anzuzeigen.

23 Betreffend die registrierten Unterkunftseinheiten sieht § 15 Abs. 2 WTFG eine Verpflichtung zur Anzeige der „Adressen“ vor. Diese Bestimmung kann allerdings nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Anzeigepflicht nur dann zum Tragen komme, wenn dem Diensteanbieter - nach seinen Geschäftsunterlagen - die genaue und vollständige Adresse der zur Vermietung angebotenen Unterkunftseinheiten bekannt sei. Um das mit der Anzeigepflicht verfolgte Ziel - nach den Gesetzesmaterialien steht dabei die Sicherstellung der Einhebung der Ortstaxe gemäß § 11 Abs. 1 WTFG im Vordergrund (vgl. LG - 01883-2016/0001, Beilage 23/2016, Vorblatt 1 und Erläuterungen 1 f) - nicht zu konterkarieren, sind unter „Adresse“ alle Informationen zu verstehen, die Rückschlüsse auf die Lage der Unterkunftseinheiten ermöglichen.

24 Die Anzeigepflicht gemäß § 15 Abs. 2 WTFG umfasst ausschließlich (registrierte) Unterkunftseinheiten im Gebiet der Stadt Wien, weil Gegenstand der Ortstaxe gemäß § 11 Abs. 1 WTFG ebenfalls nur der (entgeltliche) Aufenthalt in einer Unterkunft im Gebiet der Stadt Wien ist. Dementsprechend hat ein Diensteanbieter bei ihm registrierte Unterkunftseinheiten bereits dann anzuzeigen, wenn er auf Grund der - nach seinen Geschäftsunterlagen - vorhandenen Daten feststellen kann, dass sich diese Unterkunftseinheiten im Gebiet der Stadt Wien befinden. Aufgrund welcher Daten oder Informationen ihm diese Feststellung ermöglicht wird, ist dabei nicht relevant. Nachdem daher beispielsweise auch die Angabe von geographischen Koordinaten, sonstiger geografischer Anhaltspunkte (etwa die Angabe, das Objekt liege direkt an einem bestimmten Park), eines Straßenzuges, oder eines Bezirkes (vgl. § 1 Bezirkseinteilungsgesetz 1954, LGBl. Nr. 18/1954) ausreichen (kann), um bestimmen zu können, ob die betreffenden Unterkunftseinheiten im Gebiet der Stadt Wien gelegen sind, wären bejahendenfalls auch diese Daten („Adressen“) vom Diensteanbieter gemäß § 15 Abs. 2 WTFG anzuzeigen.

25 Die revisionswerbende Behörde bringt zutreffend vor, dass nach der von ihr durchgeführten - im Verwaltungsakt einliegenden - Auswertung der auf der von der Zweitmitbeteiligten betriebenen Plattform angebotenen Unterkünfte, die vorhandene Lagebeschreibung der jeweiligen Unterkünfte Angaben umfasste, auf Grund derer es möglich war zu bestimmen, ob sich eine Unterkunft im Gebiet der Stadt Wien befunden hat. In jenen 66 Fällen, in denen die revisionswerbende Behörde einen Verstoß gegen die Anzeigepflicht gemäß § 15 Abs. 2 WTFG angenommen hat, enthalten die Lagebeschreibungen der Unterkünfte jeweils die Angabe „Österreich“, „Wien“, sowie einen bestimmten Bezirk (etwa „Leopoldstadt“ oder „Hietzing“). Aufgrund dieser Angaben - insbesondere des Bezirkes, in dem sich die angebotenen Unterkünfte befunden haben (eine Nachforschungspflicht hinsichtlich der Richtigkeit dieser Informationen sehen die Bestimmungen des WTFG nicht vor) - wären diese Unterkünfte (samt den jeweiligen Lagebeschreibungen) von der Zweitmitbeteiligten gemäß § 15 Abs. 2 WTFG anzuzeigen gewesen.

26 Was die vom Bundesfinanzgericht verneinte subjektive Tatseite des Erstmitbeteiligten betrifft, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 5 Abs. 2 VStG - wie in der Amtsrevision dargelegt - zu verweisen. Nach § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte (Verbotsirrtum). Dies setzt voraus, dass demjenigen, der sich auf einen Verbotsirrtum beruft, das Unerlaubte seines Verhaltens trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist.

27 Auch eine irrige Gesetzesauslegung entschuldigt den Betroffenen nur dann, wenn sie unverschuldet war. Um sich darauf berufen zu können, bedarf es (zur Einhaltung der obliegenden Sorgfaltspflicht) einer Objektivierung der eingenommenen Rechtsauffassung durch geeignete Erkundigungen (vgl. etwa , mwN), insbesondere bei der zuständigen Stelle (vgl. , mwN). Wer es verabsäumt, entsprechende Erkundigungen einzuholen, trägt das Risiko des Rechtsirrtums (vgl. , mwN). Auch die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer - allenfalls sogar plausiblen - Rechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen (vgl. , mwN). Kommt der Betroffene seiner Erkundigungspflicht nach, setzt sich aber in der Folge darüber hinweg und handelt - etwa aufgrund einer anderen Rechtsauffassung - dennoch entgegen der ihm erteilten Auskunft, kann er sich nicht auf einen schuldausschließenden Verbotsirrtum berufen; in einem solchen Fall handelt er mit Verbotskenntnis (vgl. dazu Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3 § 5 Rz 19).

28 Im vorliegenden Revisionsfall wurde nach dem unbestrittenen Vorbringen der revisionswerbenden Behörde die Zweitmitbeteiligte mit - im Verwaltungsakt einliegenden - Schreiben vom per E-Mail über die Novelle des WTFG, LGBl. Nr. 7/2017, mit der die Anzeigepflicht in § 15 Abs. 2 WTFG eingeführt wurde, informiert. Dass die Zweitmitbeteiligte Erkundigungen zum genauen Umfang dieser Anzeigepflicht - insbesondere im Hinblick auf ihre abweichende Rechtsansicht - eingeholt hätte, wurde von ihr weder im Beschwerdeverfahren noch in der Revisionsbeantwortung behauptet; derartiges ist auch aus dem Verwaltungsakt nicht ersichtlich.

29 Vor diesem Hintergrund - unter Bedachtnahme auf die angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 5 Abs. 2 VStG - ist das Bundesfinanzgericht zu Unrecht von einem fehlenden Verschulden des Erstmitbeteiligten ausgegangen, wenn es dieses darauf gestützt hat, dass der Erstmitbeteiligte entsprechend einer vertretbaren, im Wortlaut der Bestimmung des § 15 Abs. 2 WTFG Deckung findenden Rechtsansicht gehandelt habe.

30 Aus den genannten Gründen erweist sich das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am

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ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2022130056.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAF-46014