VwGH 20.10.2022, Ra 2022/12/0135
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Nichtstattgebung - Anspruch auf Arbeitslosengeld - Ungeachtet der offenbar nicht auf Amtsrevisionen zugeschnittenen Formulierung des § 30 Abs. 2 VwGG ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch bei einer Amtsrevision zulässig. Als "unverhältnismäßiger Nachteil für den Revisionswerber" ist hier jedoch eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses in die Wirklichkeit zu verstehen. In diesem Zusammenhang obliegt es der eine Amtsrevision erhebenden Partei, bereits im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jene Umstände im Einzelnen darzutun, aus denen sich ein solcher "unverhältnismäßiger Nachteil" ergibt (vgl. , mwN). Diese Anforderungen an die Konkretisierungspflicht des Antragstellers sind streng (vgl. etwa , mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2022/08/0127 B RS 1 (hier Schadenersatz gemäß § 18a Abs. 1 B-GlBG) |
Normen | |
RS 2 | Nichtstattgebung - Feststellungen i.A. besoldungsrechtlicher Stellung - Gegen das angefochtene Erkenntnis, mit dem eine Feststellung i.A. der Ermittlung der besoldungsrechtlichen Stellung des Mitbeteiligten getroffen wurde, richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision, mit der ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden ist. Der in der Begründung des Antrags angeführte Verwaltungsaufwand, welcher mit Auszahlungen und Rückforderungen verbunden ist, vermag einen unverhältnismäßigen Nachteil der Amtspartei im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG nicht zu begründen. Dem Hinweis auf weitere betroffene Fälle ist entgegenzuhalten, dass die vorliegende Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine Bindungswirkung für andere Verfahren entfaltet (vgl. zu all dem den hg. Beschluss vom , Ra 2015/12/0007). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2017/12/0001 B RS 1 (hier nur der zweite Satz; Schadenersatz gemäß § 18a Abs. 1 B-GlBG) |
Normen | |
RS 1 | Im Verfahren betreffend einen Ersatzanspruch nach dem B-GlBG 1993 ist es notwendig, im Bescheid die für die Beurteilung der Frage der besseren Eignung notwendigen Tatsachenfeststellungen (Berufslaufbahn, Fähigkeiten, etc.) hinsichtlich der zu vergleichenden Bewerber zu treffen und im Folgenden nachvollziehbar und schlüssig darzustellen, weshalb daraus die bessere Eignung eines der Bewerber abzuleiten ist (Hinweis E , 2004/12/0192). Dasselbe gilt auch für die Konstatierung der gleichen Eignung. Aufgrund der getroffenen Feststellungen soll es ermöglicht werden, zu beurteilen, welche Kenntnisse die Bewerber aufwiesen, um sodann einen Vergleich anzustellen, wessen Kenntnisse die umfangreicheren waren und in welchem Ausmaß sie die Kenntnisse der Mitbewerber überstiegen bzw. allenfalls ein gleiches Ausmaß an Kenntnissen nachvollziehbar darzulegen. Die Verpflichtung zum Treffen entsprechender Feststellungen gilt für alle von der Ausschreibung geforderten Fähigkeiten und Kenntnisse. Allein auf einen persönlichen Eindruck, der im angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar dargestellt wurde, kann die Beurteilung einer besseren Eignung jedenfalls nicht gegründet werden. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2010/12/0212 E RS 2 (hier nur der erste Satz) |
Normen | |
RS 2 | Der Ersatzanspruch nach § 18a Abs. 2 Z 1 B-GlBG 1993 setzt nach dem klaren Gesetzeswortlaut voraus, dass die Beamtin bei diskriminierungsfreier Auswahl beruflich aufgestiegen wäre und daher die über einen solchen Anspruch absprechende Dienstbehörde letzteren dadurch entkräften kann, dass sie - sei es auch erst auf Grund von im Schadenersatzverfahren gewonnenen Beweisergebnissen - darlegt, dass die Anspruchswerberin im Ergebnis zu Recht nicht ernannt wurde (vgl. ; ; ; ; ; ). Diese Judikatur trägt dem amtswegig zu führenden Verwaltungsverfahren Rechnung, bei dem aufgrund der in Bewerbungsverfahren gegebenen spezifischen Konstellation die Mitwirkungsverpflichtung der Behörde bei ausschließlich ihr zugänglichen Informationen (z.B. hinsichtlich der konkreten Ergebnisse des Bewerbungsverfahrens sowie hinsichtlich der Eignung von Mitbewerbern) besondere Bedeutung erlangt (vgl. ). Sie versteht sich jedoch nicht aus dem Blickwinkel einer formalen Beweislastregelung. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2019/12/0009 E RS 3 (hier ohne den letzten Satz) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Finanzamts Österreich, Dienststelle Salzburg-Land, vertreten durch die Finanzprokuratur, der gegen das am mündlich verkündete und am ausgefertigte Erkenntniss des Bundesverwaltungsgerichts, W259 2232305-1/9E, betreffend Schadenersatz gemäß § 18a Abs. 1 B-GlBG sowie Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung gemäß § 18a Abs. 1 iVm § 19b B-GlBG (mitbeteiligte Partei: Dr. T, vertreten durch die Hosp, Hegen Rechtsanwaltspartnerschaft (OG) in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 9a), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wurde dem Mitbeteiligten ein Schadenersatz gemäß § 18a Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 B-GlBG ab bis zu seiner Betrauung mit einem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe A1/3 oder in Höhe der Bezugsdifferenz zwischen dem Monatsbezug bei diskriminierungsfreier Betrauung (A1/3) und dem tatsächlichen Monatsbezug zuerkannt sowie gemäß § 18a Abs. 1 iVm § 19b B-GlBG eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung in der Höhe von € 2.500,-- zuerkannt und das Mehrbegehren abgewiesen.
2 Dagegen richtet sich außerordentliche Revision des Finanzamts Österreich, Dienststelle Salzburg-Land, mit der der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden ist.
3 Dazu wird vorgebracht, die Konkretisierungspflicht einer amtsrevisionsführenden Partei gehe nicht soweit wie jene einer Partei (Hinweis auf ).
4 Dem Revisionswerber drohe ein unverhältnismäßiger Nachteil aus dem vorläufigen Vollzug des Erkenntnisses, wenn der Ersatzanspruch samt Entschädigung bereits zum jetzigen Zeitpunkt an die mitbeteiligte Partei zur Auszahlung gebracht werden müsste. Dies würde nämlich einerseits eine entsprechend aufwendige Berechnung der einzelnen Differenzbeträge für einen Zeitraum von mehreren Jahren und andererseits die Abfuhr von Steuern sowie Abgaben im Zuge der Auszahlung notwendig machen. Der diesbezügliche Aufwand und eine allfällige Rückabwicklung, welche nur erschwert möglich sei, stelle damit einen unverhältnismäßigen Nachteil für den Revisionswerber dar. Dies überwiege damit das Interesse des Mitbeteiligten an der umgehenden Auszahlung, zumal dieser über einen entsprechenden Monatsbezug aus seiner Beamtentätigkeit beim Bund verfüge, damit für ihn keine Existenzgefährdung durch die Nichtauszahlung zum jetzigen Zeitpunkt drohe und nicht die Gefahr bestehe, dass der Revisionswerber in weiterer Folge nicht mehr in der Lage wäre, die Auszahlung zu leisten. Ein Zuwarten mit der Durchsetzung der Rechtswirkungen der angefochtenen Entscheidung sei sohin für den Mitbeteiligten zumutbar.
5 Der Mitbeteiligte erstattete über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes eine Stellungnahme, in der er den Standpunkt vertrat, der Antrag sei als verspätet zurückzuweisen, jedenfalls sei ihm keine Folge zu geben.
6 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Ungeachtet der offenbar nicht auf Amtsrevisionen zugeschnittenen Formulierung des § 30 Abs. 2 VwGG ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch bei einer Amtsrevision zulässig. Als „unverhältnismäßger Nachteil für den Revisionswerber“ ist hier jedoch eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses in die Wirklichkeit zu verstehen (vgl. etwa , mwN).
7 In diesem Zusammenhang obliegt es der eine Amtsrevision erhebenden Partei, bereits im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jene Umstände im Einzelfall darzutun, aus denen sich ein solcher „unverhältnismäßiger Nachteil“ ergibt (vgl. etwa ). Die diesbezüglichen Anforderungen an die Konkretisierungspflicht des Antragstellers sind streng. Mag auch die Konkretisierungspflicht in einer Amtsrevision nicht soweit gehen wie jene für eine „private“ Partei, die zur Geltendmachung ihrer überwiegenden Interessen ihre Vermögenslage weitgehend offen zu legen hat, ist doch auch von einer Amtspartei eine konkrete Gefahr der späteren Uneinbringlichkeit der auf Grund des angefochtenen Erkenntnisses zu leistenden Zahlungen darzulegen (). Derartiges ist im vorliegenden Antrag allerdings nicht erfolgt. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits ausgesprochen, dass der Verwaltungsaufwand, welcher mit Auszahlungen und Rückforderungen verbunden ist, einen unverhältnismäßigen Nachteil der Amtspartei im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG nicht zu begründen vermag (vgl. etwa ).
8 Soweit der Mitbeteiligte den Standpunkt vertrat, der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wäre als verspätet zurückzuweisen, ist festzuhalten, dass dieser Antrag nicht befristet ist.
9 Aus diesen Erwägungen war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Cede als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag.a Havas, über die Revision des Finanzamtes Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstr. 17-19, gegen das am mündlich verkündete und mit schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, W259 2232305-1/9E, betreffend Entschädigungsanspruch gemäß §§ 18a und 19b B-GlBG sowie Feststellung der Haftung des Bundes für entstandene oder noch entstehende Schäden (mitbeteiligte Partei: Dr. T S in S, vertreten durch Hosp, Hegen & Partner Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 9a),
A.) zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang der Spruchpunkte A) I. und II. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Antrag auf Aufwandersatz der revisionswerbenden Partei wird abgewiesen.
B.) den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision, soweit sie sich gegen Spruchpunkt A) III. richtet, zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Mitbeteiligte steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und wird als Fachreferent (A1/1) im Finanzamt Österreich, Dienststelle Salzburg-Stadt, verwendet.
2 Die Funktion des Leiters/der Leiterin Strafsachen beim Finanzamt Salzburg-Land (A1/3 bzw. v1/3) wurde am in der Jobbörse der Republik Österreich ausgeschrieben. Der Mitbeteiligte und zwei weitere Personen bewarben sich um die Stelle. Die Begutachtungskommission des Bundesministeriums für Finanzen beurteilte den Mitbeteiligten als „in hohem Ausmaß (73,83 %)“ geeignet und schlug der Vorständin des Finanzamtes Salzburg-Land seine Bestellung zum Leiter Strafsachen beim Finanzamt Salzburg-Land vor. Die Eignung des Mitbewerbers Mag. B (im Folgenden: Zweitgereihter) lag nach der Beurteilung der Begutachtungskommission „in hohem Ausmaß (69,41 %)“ und die der Mitbewerberin Dr. H (im Folgenden: Drittgereihte) „in geringem Ausmaß (59,27 %)“ vor. Den Beschluss begründete die Begutachtungskommission damit, dass die Bewertung „für beide Bewerber das gleiche Kalkül“ ergeben habe, wobei dem Mitbeteiligten insbesondere aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung der Vorzug gegeben werde.
3 Die Vorständin des Finanzamtes Salzburg-Land Dr. S betraute mit den Zweitgereihten mit dem ausgeschriebenen Arbeitsplatz.
4 Der Mitbeteiligte beantragte mit Schreiben vom bei der im Bundeskanzleramt eingerichteten Bundes-Gleichbehandlungskommission, in einem Gutachten nach § 23a B-GlBG festzustellen, dass die Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung um die Planstelle des Leiters Strafsachen Finanzamt Salzburg-Land eine Diskriminierung aufgrund des Alters gemäß § 13 Abs. 1 Z 5 B-GlBG darstelle. Am sei die mündliche Mitteilung des Bewerbungsergebnisses erfolgt, wobei die Vorständin des Finanzamtes Salzburg-Land Dr. S dem Mitbeteiligten erklärt habe, dass aufgrund eines „Kulturwandels“ in dem Sinne, dass Fachkompetenz nicht mehr unbedingt notwendig sei, ein Jüngerer mit Managementqualitäten zum Leiter bestellt werden würde.
5 In der Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen vom wurde unter anderem ausgeführt, die Qualifikationsmerkmale in Richtung Führung und Management seien mittlerweile bei Führungskräften innerhalb der Finanzverwaltung von essentieller Bedeutung. Der „Kulturwandel“ vom reinen Fachexperten hin zur Führungskraft sei tragendes Element der strategischen Ausrichtung im Bereich Personalentwicklung des Bundesministeriums für Finanzen. Der Mitbeteiligte habe in seiner langjährigen Tätigkeit in der Finanzverwaltung seine Schwerpunkte ausschließlich auf fachliche Qualifikationen gelegt, anders als der Zweitgereihte, der auch über Qualifikationen im Bereich Führung und Management verfüge. Die Frage des Alters sei bei der Auswahl irrelevant und bedeutungslos gewesen.
6 In ihrem Gutachten vom stellte die Bundes-Gleichbehandlungskommission fest, dass die Bestellung des Zweitgereihten zum Leiter Strafsachen im Finanzamt Salzburg-Land eine Diskriminierung des Mitbeteiligten aufgrund des Alters gemäß § 13 Abs. 1 Z 5 B-GlBG darstelle. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dem Zweitgereihten sei hauptsächlich Interesse an Führungs- und Managemententwicklung attestiert worden. Für die Besetzung von Leitungsfunktionen seien hingegen bereits vorhandene Qualifikationen relevant und nicht Prognosen über (Führungs-)Qualitäten. Es sei für den Senat nicht nachvollziehbar gewesen, welche konkreten Kenntnisse und Fähigkeiten der Zweitgereihte dem Erstgereihten voraushaben sollte.
7 Mit Schreiben an das Finanzamt Salzburg-Land (nunmehr: Finanzamt Österreich, im Folgenden: belangte Behörde) vom beantragte der Mitbeteiligte, 1.) der Bund möge ihm beginnend mit bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses zum Bund monatlich im Voraus die Differenz zwischen dem Gehalt zuzüglich Mehrdienstleistungen, welches ihm als Leiter Strafsachen Finanzamt Salzburg-Land (derzeit Verwendungsgruppe A1/3 bzw. v1/3) gebührt hätte und dem von ihm tatsächlich bezogenen niedrigeren Gehalt (derzeit A1/1) bezahlen sowie 2.) ihm eine Entschädigung in Höhe von € 5.000,-- für die erlittene persönliche Beeinträchtigung wegen der Diskriminierung aufgrund des Alters zuerkennen sowie 3.) feststellen, dass der Bund für alle ihm in diesem Zusammenhang entstandenen oder noch entstehenden Schäden hafte. Eventualiter beantragte er die Zuerkennung der Bezugsdifferenz für drei Monate sowie eine Entschädigung in Höhe von € 5.000,-- für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. Als Rechtsgrundlage für seinen Anspruch führte der Mitbeteiligte § 18a Abs. 2 iVm. § 13 Abs. 1 Z 5 B-GlBG (Diskriminierung beim beruflichen Aufstieg) und § 19b B-GlBG (Erlittene persönliche Beeinträchtigung) an.
8 Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurden die Anträge des Mitbeteiligten abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, der Mitbeteiligte verfüge im Vergleich zum Zweitgereihten zwar über mehr fachliche Erfahrung, der Zweitgereihte entspreche „in seiner Gesamtheit hingegen eher den Anforderungen an eine Führungs-/Leitungsfunktion“. Das Verhalten des Mitbeteiligten im Bereich Aus- und Fortbildung betreffend Management- und Organisationswissen sei reaktiv, das des Zweitgereihten jedoch proaktiv. Die Sichtweise des Mitbeteiligten beschränke sich auf das Team, während der Zweitbeteiligte auch das Amt offen einbeziehe. Diese Unterschiede seien keine Frage des Alters, sondern der Persönlichkeitsstruktur. Der Zweitgereihte habe die Dienststellenleitung in hohem Maße davon überzeugt, aufgrund seiner Kompetenzen und seiner Persönlichkeit für die Stelle als Führungskraft unter Einbeziehung aller Anforderungen der Bestgeeignete zu sein. Im Gutachten der Bundes-Gleichbehandlungskommission sei die Beurteilung der Anforderungsdimensionen „Lösungs- und Umsetzungskompetenz“ sowie „Persönliche Anforderungen“ außer Acht gelassen worden, es enthalte somit keine umfassende und objektive Beurteilung.
9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wurde der vom Mitbeteiligten gegen den Bescheid vom erhobenen Beschwerde unter Spruchpunkt A.I. hinsichtlich der Anträge zu Punkt 1. und 2. stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahin abgeändert, dass dem Mitbeteiligten wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes gemäß § 18a Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 1 B-GlBG ein Ersatzanspruch ab bis zu seiner Betrauung mit einem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe A1/3 oder höher in Höhe der Bezugsdifferenz zwischen dem Monatsbezug bei diskriminierungsfreier Betrauung (A1/3) und dem tatsächlichen Monatsbezug zuerkannt werde. Mit Spruchpunkt A.II. wurde gemäß § 18a Abs. 1 iVm. § 19b B-GlBG eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung in Höhe von € 2.500,-- zuerkannt und das Mehrbegehren abgewiesen. Die Beschwerde hinsichtlich des Punktes 3. betreffend die Feststellung der Haftung des Bundes wurde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Antrag zurückgewiesen werde (Spruchpunkt A.III). Weiters wurde ausgesprochen, die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
10 Das Bundesverwaltungsgericht ging gestützt auf das Gutachten der Bundes-Gleichbehandlungskommission vom davon aus, dass die Nichtbetrauung des Mitbeteiligten als Erstgereihter mit der ausgeschriebenen Leitungsfunktion auf eine Mindergewichtung seiner langjährigen und spezifischen Berufserfahrung zurückzuführen sei und eine Diskriminierung aufgrund des Alters darstelle. Die belangte Behörde hätte zur Entkräftung einer Diskriminierung des Mitbeteiligten durch seine Nichtbetrauung mit dem Arbeitsplatz, um den er sich beworben hatte, jene sachlichen Gründe darzulegen gehabt, die den letztlich betrauten Zweitgereihten als besser geeignet hätten erscheinen lassen. Der belangten Behörde sei es nicht gelungen, ein diskriminierungsfreies Besetzungsverfahren nachvollziehbar darzustellen. Betreffend die Drittgereihte führte das Bundesverwaltungsgericht aus, das Ergebnis der Begutachtungskommission sei unbestritten geblieben und es sei von den Parteien auch nicht vorgebracht worden, dass die Drittgereihte besser geeignet gewesen sei, als von der Begutachtungskommission festgestellt. Somit sei auf die Eignung der Drittgereihten im gegenständlichen Verfahren nicht näher einzugehen gewesen. Für eine Feststellung der Haftung des Bundes für bereits entstandene oder noch nicht entstandene Schäden biete das B-GlBG keine gesetzliche Grundlage.
11 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Bundesverwaltungsgericht damit, dass die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme und verwies auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung.
12 Gegen dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende Amtsrevision mit dem Antrag, 1.) das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in vollem Umfang aufzuheben, 2.) in eventu das angefochtene Erkenntnis dahin abzuändern, dass die Beschwerde als unberechtigt abgewiesen und der Bescheid wiederhergestellt werde, und 3.) in eventu das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften dahin abzuändern, dass ein Ersatzanspruch gemäß § 18a Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 2 B-GlBG in Höhe von maximal der dreifachen Bezugsdifferenz zwischen dem Monatsbezug bei erfolgter Betrauung (A1/3) und dem tatsächlichen Monatsbezug sowie gemäß § 18a Abs. 1 iVm. § 19b B-GlBG eine unter € 2.500,-- liegende Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung zuerkannt würden. Weiters begehrte die revisionswerbende Amtspartei Aufwandersatz.
13 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er begehrte, die Revision zurück-, in eventu abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
14 Das Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes (B-GlBG), BGBl. Nr. 100/1993 (§ 13 in der Fassung BGBl. I Nr. 60/2018, § 18a in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2004 und § 19b in der Fassung BGBl. I Nr. 120/2012), lautet auszugsweise:
„Gleichbehandlungsgebote im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis
§ 13. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung - insbesondere unter Bedachtnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat - darf im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis gemäß § 1 Abs. 1 niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht
...
5. beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen und der Zuweisung höher entlohnter Verwendungen (Funktionen),
...
Beruflicher Aufstieg von Beamtinnen und Beamten
§ 18a. (1) Ist eine Beamtin oder ein Beamter wegen einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 4 Z 5 oder § 13 Abs. 1 Z 5 nicht mit einer Verwendung (Funktion) betraut worden, so ist der Bund zum Ersatz des Vermögensschadens und einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet.
(2) Der Ersatzanspruch beträgt, wenn die Beamtin oder der Beamte
1. bei diskriminierungsfreier Auswahl beruflich aufgestiegen wäre, die Bezugsdifferenz für mindestens drei Monate, oder
2. im Verfahren für den beruflichen Aufstieg diskriminiert worden ist, aber die zu besetzende Planstelle wegen der besseren Eignung der oder des beruflich aufgestiegenen Bediensteten auch bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht erhalten hätte, die Bezugsdifferenz bis zu drei Monate
zwischen dem Monatsbezug, den die Beamtin oder der Beamte bei erfolgter Betrauung mit der Verwendung (Funktion) erhalten hätte, und dem tatsächlichen Monatsbezug.
...
Erlittene persönliche Beeinträchtigung
§ 19b. Die Höhe der Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung ist so zu bemessen, dass dadurch die Beeinträchtigung tatsächlich und wirksam ausgeglichen wird und die Entschädigung der erlittenen Beeinträchtigung angemessen ist sowie solche Diskriminierungen verhindert.“
15 Soweit trennbare Absprüche vorliegen, ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision getrennt zu prüfen (vgl. z.B. , und , Ra 2016/12/0056). Weist eine angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichtes mehrere trennbare Spruchpunkte auf, so kommt auch eine teilweise Zurückweisung der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof in Betracht (vgl. etwa , mwN).
16 Zur Zulässigkeit der Revision, soweit es die Spruchpunkte A) I. und II. des angefochtenen Erkenntnisses betrifft, wird unter Zitierung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, das Bundesverwaltungsgericht habe wesentliche Feststellungen nicht getroffen, sodass der Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt worden und das Verfahren mangelhaft geblieben sei. Entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts wäre im gegenständlichen Verfahren auch ohne entsprechendes Vorbringen der Beteiligten von Amts wegen im Rahmen der Durchführung des Beweisverfahrens die Eignung der Drittgereihten zu erheben gewesen. Da der Mitbeteiligte auch bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht beruflich aufgestiegen wäre, hätte das Bundesverwaltungsgericht die Ansprüche des Mitbeteiligten unter § 18a Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 2 B-GlBG und nicht unter § 18a Abs. 2 Z 1 B-GlBG subsumieren müssen.
17 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision aufgezeigt, weil das Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich - wie zu zeigen sein wird - von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Sie ist diesbezüglich auch berechtigt.
18 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es im Verfahren betreffend einen Ersatzanspruch nach dem B-GlBG notwendig, im Bescheid bzw. im Erkenntnis die für die Beurteilung der Frage der besseren Eignung notwendigen Tatsachenfeststellungen (Berufslaufbahn, Fähigkeiten, etc.) hinsichtlich der zu vergleichenden Bewerber zu treffen und im Folgenden nachvollziehbar und schlüssig darzustellen, weshalb daraus die bessere Eignung eines der Bewerber abzuleiten ist (vgl. , mwN).
19 Der Ersatzanspruch nach § 18a Abs. 2 Z 1 B-GlBG setzt nach dem klaren Gesetzeswortlaut voraus, dass der Beamte bei diskriminierungsfreier Auswahl beruflich aufgestiegen wäre. Die über einen solchen Anspruch absprechende Dienstbehörde kann daher Letzteren dadurch entkräften, dass sie - sei es auch erst auf Grund von im Schadenersatzverfahren gewonnenen Beweisergebnissen - darlegt, dass der Anspruchswerber im Ergebnis zu Recht nicht ernannt wurde (vgl. etwa , mwN).
20 Diese Judikatur trägt dem amtswegig zu führenden Verwaltungsverfahren Rechnung, bei dem aufgrund der in Bewerbungsverfahren gegebenen spezifischen Konstellation die Mitwirkungsverpflichtung der Behörde bei ausschließlich ihr zugänglichen Informationen (z.B. hinsichtlich der konkreten Ergebnisse des Bewerbungsverfahrens sowie hinsichtlich der Eignung von Mitbewerbern) besondere Bedeutung erlangt (vgl. ).
21 Der Hinweis im angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts auf die unbestritten gebliebene Reihung der Drittgereihten durch die Parteien ist vor dem Hintergrund der oben angeführten Rechtsprechung nicht als Begründung dafür geeignet, dass keine Feststellungen getroffen wurden, auf deren Grundlage beurteilt werden könnte, ob die Drittgereihte zu ernennen gewesen wäre.
22 Indem das Bundesverwaltungsgericht die Rechtslage verkannte und die erforderlichen Feststellungen zur Beurteilung der Frage, welcher der Bewerber - unter Einbeziehung der Drittbeteiligten - als Bestgeeigneter bzw. Bestgeeignete zu ernennen gewesen wäre, nicht getroffen hat, belastete es das angefochtene Erkenntnis in seinen Spruchpunkten A) I. und II. mit Rechtswidrigkeit des Inhalts, sodass es insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
23 Weiters vertritt die revisionswerbende Amtspartei den Standpunkt, das Bundesverwaltungsgericht hätte aufgrund der Beschwerde des Mitbeteiligten zum selben Ergebnis gelangen müssen wie bereits im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht W213 2230069-1 über Beschwerde der Drittgereihten, wonach die Drittgereihte aufgrund gleicher Eignung wie der Mitbeteiligte unter Anwendung von § 11c B-GlBG vorrangig zu bestellen gewesen wäre. Der Mitbeteiligte habe daher nur Anspruch auf Schadenersatz gemäß § 18a Abs. 2 Z 2 B-GlBG. Dazu ist anzumerken, dass eine Bindung des Mitbeteiligten an eine Entscheidung in einem bereits rechtskräftig abgeschlossenen anderen Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts betreffend die Frage, wer auf Grundlage des vorliegenden Bewerbungsverfahrens zu ernennen gewesen wäre, nur in Frage käme, wenn er diesem Verfahren als Partei beigezogen worden wäre. Dafür liegen allerdings keine Anhaltspunkte vor.
24 Der Antrag der Amtspartei auf Aufwandersatz war abzuweisen, weil gemäß § 47 Abs. 4 VwGG die revisionswerbende Partei im Fall einer Amtsrevision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG keinen Anspruch auf Aufwandersatz hat (vgl. etwa ).
25 Zur Zulässigkeit der Revision, soweit sie Spruchpunkt A) III. des angefochtenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage der Haftung des Bundes für Schäden des Revisionswerbers aufgrund der unterlassenen Ernennung zum Leiter Strafsachen beim Finanzamt Salzburg-Land betrifft, ist auszuführen, dass zwar die Aufhebung des Erkenntnisses „in vollem Umfang“ beantragt wurde, in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision betreffend diesen trennbaren Abspruch ein Vorbringen aber nicht erstattet wurde und somit die Geltendmachung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfolgte, sodass diesbezüglich mit Zurückweisung der Revision vorzugehen war.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022120135.L00 |
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VAAAF-45991