VwGH 11.05.2022, Ra 2022/12/0032
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Bei den der Behörde "zur Verfügung stehenden" Sachverständigen muss es sich um amtliche Sachverständige handeln die auch bei einer anderen Verwaltungsbehörde tätig sein können. Die in die Liste der gerichtlich beeideten Sachverständigen eingetragenen Sachverständigen sind allein aus dem Grund ihrer Eintragung in diese Liste keine amtlichen Sachverständigen iSd § 52 Abs 1 AVG 1950 (Hinweis auf E vom , 0973/76, VwSlg 9370 A/1977) |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 84/03/0369 E RS 2 |
Norm | AVG §52 Abs1 |
RS 2 | Die Stellung eines allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen (iSd BG v , BGBl 137) ist für die Abgabe eines Gutachtens im Verwaltungs(straf)verfahren in § 52 Abs 1 AVG nicht vorgesehen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 89/03/0199 E RS 1 |
Norm | AVG §52 Abs1 |
RS 3 | Die (offenbar von der Partei angestrebte) Beiziehung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen ordnet das Gesetz nicht an (vgl. ). Die Behörden haben im Verwaltungsverfahren (primär) Amtssachverständige heranzuziehen (hier § 52 AVG), es mangelt an einer Rechtsgrundlage, wonach im Verwaltungsverfahren nur gerichtlich beeidete und zertifizierte Sachverständige herangezogen werden dürften (vgl. und 0074). |
Normen | |
RS 4 | Gemäß § 23b Abs. 1 Z 2 GehG 1956 leistet der Bund als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden. Ersatzansprüche bei Zuerkennung in einem Anerkenntnisurteil werden nicht nach Prüfung des Bestands der Ansprüche durch ein Gericht zugesprochen. Das prozessuale Anerkenntnis ist nämlich die einseitige Erklärung des Beklagten an das Gericht in der prozessrechtlich vorgeschriebenen Form, dass der vom Kläger geltend gemachte Klagsanspruch ganz oder teilweise berechtigt ist (vgl. RIS-Justiz RS0040825). Gegenstand des prozessualen Anerkenntnis ist der Streitgegenstand, der "Klagsanspruch", also die Behauptung der rechtserzeugenden Tatsachen, das daraus abgeleitete Begehren und die Ableitung des Begehrens (vgl. RIS-Justiz RS0040064 sowie RS0040889). Anerkennt der Beklagte im Laufe des Verfahrens vorbehaltslos den Klagsanspruch, so bedeutet dies, dass dem Klagebegehren kein rechtsvernichtender Umstand entgegensteht, weshalb, falls derartige Vorbehalte nicht einwandfrei gemacht werden, frühere Einwendungen nicht mehr zu berücksichtigen sind (RIS-Justiz RS 0040887). Das prozessuale Anerkenntnis ist eine nur den Regeln des Prozessrechtes unterworfene Prozesshandlung, die dem Gericht die Möglichkeit nimmt, auf einen in der Prozesserklärung nicht zum Ausdruck gebrachten Parteiwillen Bedacht zu nehmen oder die materielle Rechtslage zu prüfen (RIS-Justiz RS 0040792, vgl. RS 0040845). Mit seinem Anerkenntnis hat der Beklagte daher den Klagsanspruch so wie er vom Beamten geltend gemacht wurde, anerkannt. Das Gericht hat dementsprechend in seinem Anerkenntnisurteil weder Feststellungen getroffen, noch eine Beweiswürdigung oder eine rechtliche Beurteilung durchgeführt. Das Anerkenntnisurteil wurde somit (rechtsrichtig) ohne gerichtliche Prüfung der Ersatzansprüche des Beamten erlassen. Es sind daher die Voraussetzungen des § 23b Abs. 1 Z 2 GehG 1956 durch die Erlassung eines Anerkenntnisurteiles nicht erfüllt worden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision des A K in E, vertreten durch Dr. Walter Suppan, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 24/I, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W213 2251004-1/2E, betreffend besondere Hilfeleistung gemäß § 23a und § 23b GehG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Kärnten), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber steht als Exekutivbeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
2 Mit Antrag vom begehrte der Revisionswerber eine besondere Hilfeleistung gemäß §§ 23a und 23b GehG, und zwar € 2.200,-- an Schmerzengeld und € 739,25 für Verdienstentgang. Er sei von S im Rahmen einer Amtshandlung verletzt worden.
3 Unstrittig ist, dass S mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom unter anderem wegen schwerer Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 2 StGB rechtskräftig verurteilt und dem Revisionswerber als Privatbeteiligtem € 1.000,-- als Teilschmerzengeldbetrag unter Verweisung des Mehrbegehrens auf den Zivilrechtsweg zuerkannt wurde.
4 Weiters ist unstrittig, dass S mit Anerkenntnisurteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom zur Bezahlung von € 1.939,25 s.A. verurteilt wurde. Dabei handelt es sich um den vom Revisionswerber eingeklagten Betrag von € 739,25 an Verdienstentgang und € 1.200,-- an Schmerzengeld.
5 Mit Bescheid vom erkannte die Landespolizeidirektion Kärnten dem Revisionswerber auf Grund seines Antrages vom gemäß § 23b Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 GehG aus Anlass seines Dienstunfalls vom als besondere Hilfeleistung einen Schadenersatzbetrag in der Höhe von € 1.000,-- zu, der ihm vom Landesgericht Klagenfurt mit Urteil vom rechtskräftig zugesprochen worden sei (Spruchpunkt 1.).
6 Weiters wurde dem Revisionswerber auf Grund seines Antrages gemäß § 23b Abs. 4 GehG ein Verdienstentgang in der Höhe von € 739,25 zuerkannt (Spruchpunkt 2.).
7 Hingegen wurde die im Antrag vom über Spruchpunkt 1. hinausgehende Vorschussforderung für Schmerzengeld in der Höhe von € 1.200,-- abgewiesen, weil dem Revisionswerber keine Ersatzansprüche im Zivilrechtsweg im Sinne des § 23b Abs. 1 Z 2 GehG rechtskräftig nach Prüfung des Bestandes zugesprochen worden seien und die amtswegige Prüfung des Bestandes gemäß § 23b Abs. 4 GehG ein Ergebnis erbracht habe, welches den unter Spruchpunkt 1. bereits zugesprochenen Betrag nicht überstiegen habe (Spruchpunkt 3.).
8 Weiters wurde der Antrag des Revisionswerbers von Zinsen in der Höhe von 4 % seit abgewiesen, weil der von ihm eingebrachte Antrag vom um Vorschussleistung zeitlich nach Erlassung des rechtskräftigen Urteils des Landesgerichts Klagenfurt liege (Spruchpunkt 4.).
9 Zu dem hier interessierenden Spruchpunkt 3. wurde zusammengefasst der Standpunkt vertreten, mangels einer gerichtlichen Sachverhaltsermittlung sei keine gemäß § 23b Abs. 1 Z 2 GehG geforderte Prüfung des Bestandes der Ansprüche des Revisionswerbers vor Erlassung des Anerkenntnisurteiles vom vorgenommen worden.
10 Über Beschwerde des Revisionswerbers änderte das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis Spruchpunkt 4. des bekämpften Bescheides dahin ab, dass gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 23b Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 3 und 4 GehG festgestellt werde, dass dem Revisionswerber hinsichtlich des ihm zugesprochenen Verdienstentganges in Höhe von € 739,25 4 % Zinsen für den Zeitraum vom bis gebührten. Das Mehrbegehren wurde als unbegründet abgewiesen und weiters ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
11 Was die hier interessierende Bestätigung der Abweisung des Mehrbegehrens an Schmerzengeld mit dem vom Verwaltungsgericht bestätigten Spruchpunkt 3. des Bescheides der Landesdirektion Kärnten betrifft, wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich aus dem Urteil des Obersten Gerichtshofs vom , 4 Ob 163/05g, ergebe, dass ein Anerkenntnisurteil nicht auf einer gerichtlichen Ermittlung bzw. Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes, sondern auf einer Übereinkunft der Parteien über den geltend gemachten Anspruch beruhe. In § 23b Abs. 1 Z 2 GehG habe der Gesetzgeber ausdrücklich angeordnet, dass nur solche im Zivilrechtsweg rechtskräftig zuerkannte Ersatzansprüche Gegenstand einer besonderen Hilfeleistung sein könnten, bei denen eine Prüfung des Bestandes dieser Ansprüche durch das Gericht stattgefunden habe. Auch in den Gesetzesmaterialien (EB zur RV 196, XXVI. GP, S 10) werde klargestellt, dass nur solche Entscheidungen Bindungswirkung entfalten würden, in denen der Bestand der geltend gemachten Ansprüche geprüft worden sei.
12 Soweit der Revisionswerber die materielle Rechtskraft des Anerkenntnisurteiles des Bezirksgerichts Klagenfurt vom ins Treffen führe, sei damit für seinen Anspruch nichts gewonnen, weil im gegenständlichen Verfahren nicht über den zivilrechtlichen Anspruch des Revisionswerbers auf Schadenersatz, sondern über den sich aus dem Gehaltsgesetz ergebenden Anspruch auf besondere Hilfeleistung abgesprochen werde.
13 Der beigezogene Amtssachverständige sei auf Grundlage der vom Revisionswerber unbestrittenen Diagnose des Unfallkrankenhauses K zum Ergebnis gelangt, dass beim Revisionswerber von 3 Tagen leichten Schmerzen auszugehen sei. Dafür habe die belangte Behörde € 100,-- pro Tag, insgesamt daher € 300,--, festgesetzt, was nicht zu beanstanden sei. Soweit sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt 3. des bekämpften Bescheides richte, sei sie daher als unbegründet abzuweisen gewesen.
14 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in deren Zulässigkeitsbegründung zunächst vorgebracht wird, bei der Beurteilung der Sach- und Rechtsfrage gingen die für die Vollziehung des Gehaltsgesetzes zuständigen Behörden unterschiedlich vor. In vergleichbaren Fällen, in denen Justizwachebeamte im dienstlichen Einsatz von Zelleninsassen tätlich angegriffen und verletzt würden, ziehe das Bundesministerium für Justiz als nach § 23 GehG zuständige Behörde zur Bemessung des Schmerzengeldes allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige bei. Im jüngsten Anlassfall habe die Behörde zur Bemessung des Schmerzengeldes einen Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie und allgemein zertifizierten und gerichtlich beeideten Sachverständigen beauftragt, ein fachärztliches Gutachten zu erstellen. Das BMJ habe einen weiteren Gerichtssachverständigen aus dem Fachbereich für Neurologie und Psychiatrie beigezogen, um das Ausmaß der psychischen Schmerzen festzustellen. Der Revisionswerber erachte sich durch die ungleiche Gesetzesanwendung durch das BMJ und die belangte Behörde in seinen Rechten verletzt. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes weiche von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes ab, eine einheitliche Rechtsprechung liege nicht vor.
15 § 23b Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG) in der Fassung BGBl. I Nr. 60/2018 lautet:
„Vorschuss zur besonderen Hilfeleistung
§ 23b.
(1) Der Bund leistet als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn
1. sich die Beamtin oder der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Abs. 1 an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder
2. solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden.“
16 Mit dem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.
17 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
18 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
19 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
20 Wenn in der Zulässigkeitsbegründung der Revision ausgeführt wird, das Bundesverwaltungsgericht weiche von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes ab, eine einheitliche Rechtsprechung liege nicht vor, wird damit schon deshalb die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan, weil es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG darauf ankommt, ob ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (nicht: Verwaltungsgerichtes) bzw. eine uneinheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.
21 Gemäß § 52 Abs. 1 AVG sind für den Fall, dass die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig wird, die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss es sich bei dem der Behörde „zur Verfügung stehenden“ Sachverständigen um amtliche Sachverständige handeln, die auch bei einer anderen Verwaltungsbehörde tätig sein können. Die in die Liste der gerichtlich beeideten Sachverständigen eingetragenen Sachverständigen sind allein aus dem Grund ihrer Eintragung in diese Liste keine amtlichen Sachverständigen im Sinne des § 52 Abs. 1 AVG (vgl. etwa ; , 88/04/0026). Die Stellung eines allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen ist für die Abgabe eines Gutachtens im Verwaltungs(straf)verfahren in § 52 Abs. 1 AVG nicht vorgesehen (; , 91/02/0121). Die (offenbar von der Partei angestrebte) Beiziehung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen ordnet das Gesetz nicht an (vgl. ). Die Behörden haben im Verwaltungsverfahren (primär) Amtssachverständige heranzuziehen (hier § 52 AVG), es mangelt an einer Rechtsgrundlage, wonach im Verwaltungsverfahren nur gerichtlich beeidete und zertifizierte Sachverständige herangezogen werden dürften (vgl. und 0074).
22 Im Übrigen wäre es dem Revisionswerber freigestanden, zur Entkräftung des Gutachtens des Amtssachverständigen ein auf gleicher fachlicher Ebene erstelltes Privatgutachten vorzulegen.
23 Das Bundesverwaltungsgericht ist durch die Beiziehung eines Amtssachverständigen im Sinne obiger Ausführungen auch von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen.
24 Weiters wird in der Zulässigkeitsbegründung vorgebracht, im Verfahren vor dem Bezirksgericht Klagenfurt sei das ordentliche Verfahren auf Grund des Einspruches des S durchgeführt worden. Der Revisionswerber habe als Kläger Urkunden vorgelegt und Beweisanträge gestellt. Der Beklagte habe die Forderung anerkannt. Das Gericht habe das Anerkenntnisurteil vom gefällt, das in Rechtskraft erwachsen sei.
25 Im Gegensatz zur Rechtsansicht der belangten Behörde handle es sich um eine Entscheidung eines inländischen Bezirksgerichtes, welche im ordentlichen Rechtswege im streitigen Verfahren zustande gekommen sei. Das Bezirksgericht Klagenfurt habe den Bestand der Forderung an Hand der vorgelegten ärztlichen Unterlagen und der Verdienstentgangsbestätigung der Landespolizeidirektion Kärnten geprüft. Ob der Beklagte auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens die Forderung anerkannt habe oder ob das Gericht ohne Anerkenntnis das gleichlautende Urteil fälle, sei unwesentlich. Das Bezirksgericht Klagenfurt habe den Bestand der Forderung geprüft und dem Revisionswerber den geltend gemachten Betrag zugesprochen. Die belangte Behörde weiche von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ab. Beim Anerkenntnisurteil vom handle es sich um eine Gerichtsentscheidung, die im kontradiktorischen Verfahren nach Prüfung des Bestands der Forderung ergangen sei. „Damit steht die Entscheidung des Bundes zur vorläufigen Übernahme dieses Ersatzanspruches nach § 23b Abs. 1 Z 2 GehG fest.“
26 Auch in diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht darauf ankommt, ob eine Abweichung von höchstgerichtlicher Rechtsprechung vorliegt, sondern ob eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.
27 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer Revision dann, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann. Ist somit die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa ).
28 Gemäß § 23b Abs. 1 Z 2 GehG leistet der Bund als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden.
29 Unzweifelhaft wurden jedoch Ersatzansprüche bei Zuerkennung in einem Anerkenntnisurteil nicht nach Prüfung des Bestands der Ansprüche durch ein Gericht zugesprochen. Das prozessuale Anerkenntnis ist nämlich die einseitige Erklärung des Beklagten an das Gericht in der prozessrechtlich vorgeschriebenen Form, dass der vom Kläger geltend gemachte Klagsanspruch ganz oder teilweise berechtigt ist (vgl. RIS-Justiz RS0040825). Gegenstand des prozessualen Anerkenntnis ist der Streitgegenstand, der „Klagsanspruch“, also die Behauptung der rechtserzeugenden Tatsachen, das daraus abgeleitete Begehren und die Ableitung des Begehrens (vgl. RIS-Justiz RS0040064 sowie RS0040889). Anerkennt der Beklagte im Laufe des Verfahrens vorbehaltslos den Klagsanspruch, so bedeutet dies, dass dem Klagebegehren kein rechtsvernichtender Umstand entgegensteht, weshalb, falls derartige Vorbehalte nicht einwandfrei gemacht werden, frühere Einwendungen nicht mehr zu berücksichtigen sind (RIS-Justiz RS 0040887). Das prozessuale Anerkenntnis ist eine nur den Regeln des Prozessrechtes unterworfene Prozesshandlung, die dem Gericht die Möglichkeit nimmt, auf einen in der Prozesserklärung nicht zum Ausdruck gebrachten Parteiwillen Bedacht zu nehmen oder die materielle Rechtslage zu prüfen (RIS-Justiz RS 0040792, vgl. auch RS 0040845).
30 Mit seinem Anerkenntnis hat der Beklagte daher den Klagsanspruch so wie er vom Revisionswerber geltend gemacht wurde, anerkannt. Das Bezirksgericht Klagenfurt hat dementsprechend in seinem Anerkenntnisurteil vom weder Feststellungen getroffen, noch eine Beweiswürdigung oder eine rechtliche Beurteilung durchgeführt. Das Anerkenntnisurteil wurde somit (rechtsrichtig) ohne gerichtliche Prüfung der Ersatzansprüche des Revisionswerbers erlassen.
31 Es sind daher die Voraussetzungen des § 23b Abs. 1 Z 2 GehG durch die Erlassung eines Anerkenntnisurteiles nicht erfüllt worden.
32 Da in der Zulässigkeitsbegründung somit keine Rechtsfragen aufgeworfen wurden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022120032.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
EAAAF-45988