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VwGH 04.05.2022, Ra 2022/12/0026

VwGH 04.05.2022, Ra 2022/12/0026

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
AVG §18 Abs4
AVG §56
AVG §58 Abs3
AVG §62 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §27
VwRallg
RS 1
Dass in einem Bescheid angegeben werden müsste, an welchem Ort er verfasst wurde, ist nicht gesetzlich vorgesehen, vor allem aber wurde in der Zulässigkeitsbegründung nicht ausgeführt und ist auch nicht ersichtlich, weshalb die unterlassene Ortsangabe nicht berichtigungsfähig sein und zur Rechtsunwirksamkeit des Bescheides führen sollte. Mit der Nichtanführung des Ortes seiner Verfassung wird in Rechte oder rechtliche Interessen des Revisionswerbers nicht eingegriffen, keinesfalls bewirkt ein derartiger Mangel eine Rechtsunwirksamkeit des davon betroffenen Bescheides. Feststellungen mussten in diesem Zusammenhang vom VwG daher nicht getroffen werden.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision des DI Dr. M T in S, vertreten durch Mag. Gottfried Tazol, Rechtsanwalt in 9100 Völkermarkt, Hauptplatz 24, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom , W228 2236397-1/11E, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Paritätische Schiedskommission für Kärnten), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers, soweit sie sich gegen den (ursprünglich undatierten) Bescheid der Paritätischen Schiedskommission für Kärnten vom , zugestellt am , richtete, als verspätet, und soweit sie sich gegen den Berichtigungsbescheid vom richtete, mangels Beschwer zurück. Weiters sprach es aus, die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2 Das Bundesverwaltungsgericht führte im Abschnitt „Feststellungen“ des angefochtenen Beschlusses Folgendes aus:

„Der ursprünglich undatierte Bescheid der belangten Behörde, mit welchem der Beschwerdeführer verpflichtet wurde, der ÖGK (Österreichischen Gesundheitskasse, Anmerkung des Verwaltungsgerichtshofes) den von ihr geforderten Betrag von € 10.700,00 binnen 14 Tagen zu bezahlen, wurde per Einschreiben an die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers übermittelt und wurde am Mittwoch, zugestellt. Dieser Bescheid beinhaltet eine richtige Rechtsmittelbelehrung, wonach die Frist zur Erhebung einer Beschwerde vier Wochen ab Zustellung beträgt.

Die vierwöchige Frist zur Beschwerdeeinbringung endete daher am Mittwoch, .

Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom den undatierten, der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers am zugestellten, Bescheid dahingehend berichtigt, dass dieser Bescheid mit dem Datum ergänzt wird. Dieser Bescheid wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am zugestellt. Diesem Bescheid vom  angeschlossen war eine weitere, um das Datum (konkret: ,Klagenfurt, ‘) berichtigte, ansonsten idente Ausfertigung des ursprünglichen Ausgangsbescheides.

Die gegenständliche Beschwerde ist datiert auf den und ist sohin die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid verspätet.“

3 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die belangte Behörde habe mit Bescheid vom den ursprünglich undatierten, der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers am zugestellten Bescheid dahin berichtigt, dass der ursprüngliche Bescheid mit dem Datum ergänzt worden sei. Dieser Berichtigungsbescheid sei dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am zugestellt worden. Diesem Bescheid vom sei eine weitere, um das Datum berichtigte, ansonsten idente Ausfertigung des ursprünglichen Ausgangsbescheides angeschlossen gewesen.

4 Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom , 2013/17/0344, Folgendes ausgeführt:

„Die Beschwerde gegen einen Berichtigungsbescheid kann sich in der Regel nur gegen die Zulässigkeit der Berichtigung und nicht auch gegen den berichtigten Bescheid selbst richten. Nur ausnahmsweise, nämlich wenn erst aus der berichtigten Fassung des Bescheids zu erkennen ist, dass oder in welchem Ausmaß dieser einen Eingriff in die Rechte oder rechtlichen Interessen des Beschwerdeführers bedeutet, besteht die Möglichkeit, in einem Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist gegen den Berichtigungsbescheid nicht nur die Überprüfung der Zulässigkeit der Berichtigung, sondern auch die Überprüfung des Bescheids in seiner berichtigten Fassung zu begehren (vgl , mwN, sowie Ritz, BAO5 § 293 Tz 20).“

5 Weiters habe der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom , 2002/14/0021, ausgeführt:

„Dem Ablauf der Beschwerdefrist steht nicht entgegen, dass der Bescheid der Berufungsbehörde mit einem weiteren Bescheid gemäß § 293 BAO berichtigt worden ist. Bereits durch den ursprünglichen Bescheid ist es zu einem potenziellen Eingriff in die Rechte der Beschwerdeführerin gekommen, während der Berichtigungsbescheid als solcher nicht in ihre Rechte eingreift. Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Beschwerde ist somit der Umstand, dass der angefochtene Bescheid gemäß § 293 BAO berichtigt worden ist, nicht von Bedeutung (Hinweis B , 91/13/0241). Die Beschwerdefrist wäre nur dann von der Zustellung des Berichtigungsbescheides an zu berechnen, wenn erst in der berichtigten Fassung des Bescheides ein Eingriff in die Rechte oder rechtlichen Interessen des Beschwerdeführers zum Ausdruck kommt (Hinweis E , 98/14/0228).“

6 Ein solcher Fall liege gegenständlich nicht vor, weil der Berichtigungsbescheid vom ausschließlich den Ort und das Datum ergänze. Die Beschwerde könne sich daher nur noch gegen die Korrektur des fehlenden Ortes und Datums „Klagenfurt, “ richten. Eine Rechtsverletzung durch diese Berichtigung sei jedoch nicht erkennbar.

7 Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den am zugestellten Bescheid betrage - wie auch in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides richtig ausgeführt - vier Wochen. Im gegenständlichen Fall begann die Frist zur Erhebung einer Beschwerde daher am Mittwoch, den , zu laufen und habe in Anwendung des § 32 Abs. 2 AVG am Mittwoch, den , geendet. Die Beschwerde ist jedoch mit datiert und daher verspätet eingebracht.

8 Die Beschwerde sei daher hinsichtlich des (ursprünglich undatierten) Bescheids vom als verspätet und hinsichtlich des Berichtigungsbescheids vom  mangels Beschwer zurückzuweisen gewesen.

9 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Revision.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird zusammengefasst behauptet, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es die Ausführungen des Revisionswerbers unberücksichtigt gelassen und dazu keine Feststellungen getroffen habe, dass auf Grund des Fehlens des Ortes und des Datums auf dem ursprünglichen Bescheid dieser gegenüber dem Revisionswerber nicht rechtswirksam erlassen worden sei, weil dieser mit wesentlichen Formmängeln behaftet und daher rechtswidrig gewesen sei.

14 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt:

15 Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der das Verwaltungsgericht nach den Behauptungen des Revisionswerbers abgewichen sein soll, wurde in der Zulässigkeitsbegründung nicht genannt.

16 Es trifft zwar zu, dass ein Bescheid gemäß § 58 Abs. 3 iVm § 18 Abs. 4 AVG mit einem Datum zu versehen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein schriftlicher Bescheid allerdings mit seiner Zustellung an die Partei erlassen und erst ab diesem Zeitpunkt rechtswirksam. Dem Datum hingegen, mit dem eine schriftliche Ausfertigung eines Bescheides versehen ist, kommt keine rechtliche Bedeutung zu; die darin zum Ausdruck gekommene Zeitangabe ist für den Eintritt der mit einem Bescheid verbundenen Rechtswirkungen ohne Belang (vgl. etwa ; , 89/10/0162; , 2007/07/0053, jeweils mwN).

17 Dass der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen habe, in einem Bescheid müsste angegeben werden, an welchem Ort er verfasst wurde, hat der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung unbelegt behauptet. Derartiges ist auch nicht gesetzlich vorgesehen, vor allem aber wurde in der Zulässigkeitsbegründung nicht ausgeführt und ist auch nicht ersichtlich, weshalb die unterlassene Ortsangabe nicht berichtigungsfähig sein und zur Rechtsunwirksamkeit des Bescheides führen sollte. Mit der Nichtanführung des Ortes seiner Verfassung wird - ebenso wie mit der Nichtanführung des Datums im Bescheid - in Rechte oder rechtliche Interessen des Revisionswerbers nicht eingegriffen, keinesfalls bewirkt ein derartiger Mangel - entgegen der unsubstantiierten Behauptung des Revisionswerbers - eine Rechtsunwirksamkeit des davon betroffenen Bescheides. Feststellungen mussten in diesem Zusammenhang vom Bundesverwaltungsgericht daher nicht getroffen werden.

18 Eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde somit in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt, sodass die Revision sich als unzulässig erweist und gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG unter Abstandnahme von einer Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG zurückzuweisen war.

19 Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am

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AVG §18 Abs4
AVG §56
AVG §58 Abs3
AVG §62 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §27
VwRallg
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle Erfordernisse Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022120026.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-45987