VwGH 07.12.2023, Ra 2022/10/0195
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | SHG NÖ 2000 §38 Abs1 Z1 |
RS 1 | Der Einsatz eigener Mittel (nämlich des Einkommens und des verwertbaren Vermögens) ist unabhängig davon vorzunehmen, von wem und aus welchem Rechtsgrund bzw. Titel der Hilfesuchende dieses Einkommen und/oder Vermögen erhält bzw. erhalten hat. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Arten eigener Mittel besteht lediglich darin, dass es sich beim Einkommen um laufende, aber nicht unbedingt regelmäßige Einnahmen in Geld handelt, beim Vermögen hingegen um (im jeweiligen Zeitraum) bereits vorhandene Werte, mögen sie auch aus dem Überschuss nicht verbrauchten Einkommens entstanden sein (vgl. ). Bei der Frage des nachträglichen Kostenersatzes aus verwertbarem Vermögen oder aus nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammendem Einkommen, welches nach Empfang der Leistungen aus der Mindestsicherung erworben wurde, geht es nicht um die Frage, ob Geldmittel in einem bestimmten Zuerkennungszeitraum zugeflossen oder bereits vorhanden waren. Vielmehr ist nach § 24 Abs. 2 Wr MSG 2010 entscheidend, ob - aufgrund von nachträglich erworbenem verwertbarem Vermögen oder Einkommen, das nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt - Ersatz für geleistete Mindestsicherung zu leisten ist. Für eine solche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung maßgeblich, zumal es nicht um den Abspruch geht, was zu einem bestimmten Zeitpunkt (etwa jenem der Erlassung des verwaltungsbehördlichen Bescheides) oder in einem bestimmten Zeitraum rechtens war, sondern um die aktuelle Begründung einer Zahlungsverpflichtung des Ersatzpflichtigen (vgl. ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2016/10/0055 E RS 2 (hier nur die ersten beiden Sätze) |
Normen | |
RS 2 | Nach § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ SHG 2000 ist entscheidend, ob der Hilfeempfänger - weil er zu hinreichendem Einkommen gelangt ist - Ersatz für die für ihn aufgewendeten Kosten zu leisten hat. Für eine solche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung maßgeblich, zumal es nicht um den Abspruch geht, was zu einem bestimmten Zeitpunkt (etwa jenem der Erlassung des verwaltungsbehördlichen Bescheides) oder in einem bestimmten Zeitraum rechtens war, sondern um die aktuelle Begründung einer Zahlungsverpflichtung des Ersatzpflichtigen (vgl. ). Im Zusammenhang mit sozialhilferechtlichen Kostenersatzregelungen sind daher Nachzahlungen von Ausgleichszulage oder Familienbeihilfe nicht als Einkommen, sondern als Vermögen anzusehen (vgl. ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2020/10/0032 B RS 2 |
Normen | |
RS 3 | Der Hilfeempfänger hat in dem Jahr (auf das sich das Einkommensteuerguthaben bezieht [hier: im Jahr 2021]) über einen Pensionsanspruch (gegen die Pensionsversicherungsanstalt) verfügt. Dieser Pensionsanspruch ist - seit der "Verpflegung" in einem Heim auf Kosten des Trägers der Sozialhilfe (hier: seit dem ) - im Wege der Legalzession nach § 324 Abs. 3 ASVG (im dort genannten Umfang) auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen. Diese Legalzession umfasst - da es dafür eines besonders normierten Forderungsübergangs in den Steuergesetzen nicht bedarf - auch das die Pensionsansprüche betreffende Steuerguthaben (im Umfang des § 324 Abs. 3 ASVG; vgl. ; , 2 Ob 161/18t; , 2 Ob 72/19f). |
Normen | |
RS 4 | Der (Ersatz-)Anspruch des Sozialhilfeträgers (gegen den Hilfeempfänger) ist im Umfang der Legalzession erfüllt und besteht insoweit kein Raum für eine verwaltungsbehördliche Entscheidung über den Anspruch (vgl. , VwSlg. 19100 A; , Ro 2014/10/0063, VwSlg. 19075 A). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2019/10/0002 B RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Prendinger, über die Revision der Niederösterreichischen Landesregierung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-900/001-2022, betreffend Kostenersatz nach dem Niederösterreichischen Sozialhilfegesetz 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld; mitbeteiligte Partei: Ing. E S in H, vertreten durch Mag. Alfred Schneider, Rechtsanwalt in 3180 Lilienfeld, Dörflstraße 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Mitbeteiligte gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 Niederösterreichisches Sozialhilfegesetz 2000 (NÖ SHG) verpflichtet, die Kosten der mit Bescheid vom bewilligten Sozialhilfe durch Hilfe bei stationärer Pflege für die Zeit vom bis zum in der Höhe von € 5.391,20 zu ersetzen.
2 Begründend ging die belangte Behörde im Kern davon aus, dass sich die für die Zeit vom bis zum aufgelaufenen Sozialhilfekosten von € 10.945,29 daraus ergeben würden, dass den Betreuungskosten von € 36.001,34 „geleistete[...] Ersätze aus den Pensions- und Pflegegeldüberweisungen in Höhe von insgesamt € 24.056,05“ gegenüberstünden. Der Mitbeteiligte sei „auf Grund des am vorgelegten Einkommenssteuerbescheid[es] 2021 ..., datiert am , zu einem hinreichenden Einkommen in der Höhe von € 6.739,00 gelangt“. Auf Grund des nunmehr zur Verfügung stehenden Einkommens sei durch die Vorschreibung des Kostenersatzes der Erfolg der Sozialhilfe nicht gefährdet. Ein „zufließendes Einkommen wie zB. eine Steuergutschrift, Miet- oder Pachteinnahmen, Zugewinne von Zinsen, Aktien, Bausparer, Sparbüchern, usw.“ würde zum nachträglichen Kostenersatz herangezogen, wenn Sozialhilfe bezogen worden sei „in Höhe des zufließenden Einkommens“.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich wurde der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde dahin Folge gegeben, dass dieser gemäß § 38 Abs. 1 Z 2 NÖ SHG verpflichtet wurde, die Kosten der mit Bescheid der belangten Behörde vom bewilligten Sozialhilfe durch Hilfe bei stationärer Pflege für den Zeitraum vom bis zum in der Höhe von € 2.407,18 zu ersetzen. Weiters wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, bei Einkommen im Sinne des § 38 Abs. 1 NÖ SHG handle es sich um laufende, aber nicht unbedingt regelmäßige Einnahmen in Geld. Aus der Systematik der Rückforderungstatbestände ergebe sich, dass ein Rückersatz nach § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ SHG dann in Betracht komme, wenn der Sozialhilfeempfänger nach Gewährung der Hilfeleistung zu hinreichendem Einkommen gelangt sei. Demgegenüber sei ein Rückersatz nach § 38 Abs. 1 Z 2 NÖ SHG dann zulässig, wenn nachträglich bekannt werde, dass der Sozialhilfeempfänger zur Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen gehabt habe. Der zuletzt genannte Tatbestand sei dann anzuwenden, wenn „ein bereits bestehendes Einkommen erst während der Gewährung von Sozialhilfe hervorkommt“. Dies treffe hier zu, weil der Mitbeteiligte „ein (anrechenbares) Einkommen im Jahr 2021 erhalten“ habe, wie durch den Einkommensteuerbescheid im Mai 2022 nachträglich bekannt geworden sei. Es sei der Argumentation des Mitbeteiligten zu folgen, wonach dieses Einkommen im Jahr 2021 relevant sei und somit weder zur Gänze noch für die im Jahr 2022 erbrachten Leistungen heranzuziehen sei.
5 Die Steuergutschrift für das Jahr 2021 in der Höhe von € 6.739,-- sei zu aliquotieren, sie betrage € 18,46 pro Tag. Der Mitbeteiligte habe sich ab in stationärer Pflege befunden, er sei daher im Jahr 2021 an 163 Tagen untergebracht gewesen. Für diesen Zeitraum sei Ersatz zu leisten. Da das nachträglich hervorgekommene Einkommen für das Jahr 2021 zustehe, sei auch nur für diesen Zeitraum „die Unterbringung relevant“ gewesen. Ob für den weiteren von der belangten Behörde herangezogenen Zeitraum (1. Jänner bis ) Einkommen des Mitbeteiligten vorliege, könne aus dem Einkommensteuerbescheid, der das Jahr 2021 betreffe, nicht ermittelt werden. Für die relevanten Tage errechne sich ein Einkommen in Höhe von € 3.008,98, sodass gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 der Verordnung über die Berücksichtigung von Eigenmitteln ein Kostenersatz in Höhe von € 2.407,18 zu leisten sei.
6 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der Niederösterreichischen Landesregierung, die in ihrer Anfechtungserklärung ausführt, die Revision werde wegen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses erhoben, dieses weiche wesentlich von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.
7 Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor.
8 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.
9 Die belangte Behörde schloss sich in ihrer „Revisionsbeantwortung“ der Revision an.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Das Niederösterreichische Sozialhilfegesetz 2000, LGBl. 9200-13 in der Fassung LGBl. Nr. 52/2022 (NÖ SHG), lautet auszugsweise:
„§ 38
Ersatz durch den Hilfeempfänger
(1) Der Hilfeempfänger ist zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn
1. er zu hinreichendem Einkommen gelangt oder
2. nachträglich bekannt wird, dass er zur Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen hatte.
...
(3) Von der Verpflichtung zum Kostenersatz ist abzusehen, wenn dies für den Hilfeempfänger eine Härte bedeuten oder den Erfolg der Sozialhilfe gefährden würde.
...“
11 Die Verordnung über die Berücksichtigung von Eigenmitteln, LGBl. 9200/2-0 idF LGBl. Nr. 60/2020, lautet auszugsweise:
„§ 4
Einsatz von Einkommen (pflegebezogenen Geldleistungen) bei stationären Diensten
(1) Bei stationären Diensten haben, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, von einem Einkommen des Hilfeempfängers monatlich außer Ansatz zu bleiben:
...
3. 20 % eines sonstigen Einkommens (z. B. einer Rente, Pension).
...“
12 Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. I Nr. 2/2015 (ASVG), lautet auszugsweise:
„Ersatzanspruch des Trägers der Sozialhilfe
§ 324. (1) ...
(3) Wird ein Renten(Pensions)berechtigter auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe oder auf Kosten eines Trägers der Jugendwohlfahrt in einem Alters(Siechen)heim oder Fürsorgeerziehungsheim, einer Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Geisteskranke, einer Trinkerheilstätte oder einer ähnlichen Einrichtung bzw. außerhalb einer dieser Einrichtungen im Rahmen eines Familienverbandes oder auf einer von einem Träger der öffentlichen Wohlfahrtspflege oder von einer kirchlichen oder anderen karitativen Vereinigung geführten Pflegestelle verpflegt, so geht für die Zeit dieser Pflege der Anspruch auf Rente bzw. Pension (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) bis zur Höhe der Verpflegskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH, wenn der Renten(Pensions)berechtigte aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung für den Unterhalt eines Angehörigen zu sorgen hat, bis zu 50 vH dieses Anspruches auf den Träger der Sozialhilfe oder auf den Träger der Jugendwohlfahrt über; das gleiche gilt in Fällen, in denen ein Renten(Pensions)berechtigter auf Kosten eines Landes im Rahmen der Behindertenhilfe in einer der genannten Einrichtungen oder auf einer der genannten Pflegestellen untergebracht wird, mit der Maßgabe, daß der vom Anspruchsübergang erfaßte Teil der Rente (Pension) auf das jeweilige Land übergeht. Der vom Anspruchsübergang erfaßte Betrag vermindert sich für jeden weiteren unterhaltsberechtigten Angehörigen um je 10 v. H. dieses Anspruches. Der vom Anspruchsübergang erfaßte Betrag vermindert sich in dem Maß, als der dem unterhaltsberechtigten Angehörigen verbleibende Teil der Pension (Rente) zuzüglich seines sonstigen Nettoeinkommens (§ 292 Abs. 3) den jeweils geltenden Richtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb nicht erreicht. Die dem Renten(Pensions)berechtigten für seine Angehörigen zu belassenden Beträge können vom Versicherungsträger unmittelbar an die Angehörigen ausgezahlt werden.
...“
13 In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zunächst das Fehlen einer „gefestigten Rechtsprechung“ des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob eine „mittels Einkommenssteuerbescheid zuerkannte Gutschrift als Einkommen im Veranlagungsjahr oder als Einkommen im Zeitpunkt der bescheidmäßigen Festsetzung durch das Finanzamt im Hinblick auf die Kostenersatzpflicht“ gemäß § 38 Abs. 1 NÖ SHG zu qualifizieren sei, sowie zur Frage, ob „im NÖ SHG Einkünfte zu dem Zeitpunkt Einkommen dar[stellen], in welchem sie in die Verfügungsgewalt der betroffenen Person gelangen - analog des dem NÖ SAG immanenten Zuflussprinzips“, geltend gemacht. Die Amtsrevisionswerberin führt im Weiteren aus, die durch die Steuergutschrift entstandenen Geldmittel seien dem Hilfeempfänger im vom Verwaltungsgericht bestimmten Zuerkennungszeitraum ( bis ) nicht zugeflossen und habe der Hilfeempfänger darüber auch nicht disponieren können. Einkommen wäre vorgelegen, wenn dieses dem Mitbeteiligten auch zugeflossen wäre, was aber nicht der Fall gewesen sei. Eine Rückforderung gemäß § 38 Abs. 1 Z 2 NÖ SHG gehe sohin ins Leere. Der Mitbeteiligte sei erst aufgrund der durchgeführten Arbeitnehmerveranlagung „zu weiterem Einkommen gelangt.“ Aus Sicht der Amtsrevisionswerberin sei im Falle der Gutschrift aus der Arbeitnehmerveranlagung der Rückforderungstatbestand des § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ SHG erfüllt. Im Weiteren wird Folgendes ausgeführt:
„So entschied der Verwaltungsgerichtshof bereits am zu Ra 2020/10/0032, dass nach § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ SHG es entscheidend ist, ob der Hilfeempfänger - weil er zu hinreichendem Einkommen gelangt ist - Ersatz für die für ihn aufgewendeten Kosten zu leisten hat. Im Zusammenhang mit sozialhilferechtlichen Kostenersatzregelungen seien Nachzahlungen von Ausgleichszulage oder Familienbeihilfe nicht als Einkommen, sondern als Vermögen anzusehen (vgl. ). In diesem Fall der Nachzahlung hat das Höchstgericht klar zum Ausdruck gebracht, dass - auch wenn der Anspruch zB rückwirkend zuerkannt wurde - der Zeitpunkt der Zahlung relevant ist.“
14 Die Revision erweist sich als zulässig und - allerdings nur im Ergebnis - begründet.
15 Im von der Amtsrevisionswerberin genannten Beschluss vom , Ra 2020/10/0032, hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgeführt:
„Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Vorschriften der Sozialhilfegesetze der Länder ist der Einsatz eigener Mittel (nämlich des Einkommens und des verwertbaren Vermögens) unabhängig davon vorzunehmen, von wem und aus welchem Rechtsgrund bzw. Titel der Hilfesuchende dieses Einkommen und/oder Vermögen erhält bzw. erhalten hat. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Arten eigener Mittel besteht unter dem zu behandelnden Gesichtspunkt lediglich darin, dass es sich beim Einkommen um laufende, aber nicht unbedingt regelmäßige Einnahmen in Geld handelt, beim Vermögen hingegen um (im jeweiligen Zeitraum) bereits vorhandene Werte, mögen sie auch aus dem Überschuss nicht verbrauchten Einkommens entstanden sein (vgl. , mit Verweis auf das vom Verwaltungsgericht genannte Erkenntnis ; siehe weiters ; , Ra 2018/10/0199).
Bei der hier relevanten Frage des nachträglichen Kostenersatzes geht es aber nicht um die Frage, ob Geldmittel in einem bestimmten Zuerkennungszeitraum zugeflossen oder bereits vorhanden waren. Vielmehr ist nach § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ SHG entscheidend, ob der Hilfeempfänger - weil er zu hinreichendem Einkommen gelangt ist - Ersatz für die für ihn aufgewendeten Kosten zu leisten hat. Für eine solche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung maßgeblich, zumal es nicht um den Abspruch geht, was zu einem bestimmten Zeitpunkt (etwa jenem der Erlassung des verwaltungsbehördlichen Bescheides) oder in einem bestimmten Zeitraum rechtens war, sondern um die aktuelle Begründung einer Zahlungsverpflichtung des Revisionswerbers (vgl. nochmals , mit Verweis auf das zum NÖ SHG ergangene Erkenntnis ). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu sozialhilferechtlichen Kostenersatzregelungen daher etwa Nachzahlungen von Ausgleichszulage oder Familienbeihilfe nicht als Einkommen, sondern als Vermögen angesehen (vgl. abermals , mit Verweis auf ; , 2007/10/0011; , 2003/10/0203; , 2000/11/0214). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Vorschriften der Sozialhilfegesetze der Länder über die Heranziehung des Vermögens bei der Vorschreibung eines Kostenbeitrages zu den Kosten der Sozialhilfe sind zudem Ersparnisse als Vermögen des Hilfeempfängers zu behandeln; es ist nicht maßgeblich, aus welchen Quellen die Ersparnisse gebildet wurden. Auch wenn die Ersparnisse aus Einkommensteilen gebildet wurden, die bei der Gewährung von Sozialhilfe ‚außer Ansatz zu bleiben haben‘, sind sie als Vermögen im Sinne der Regelungen über die Heranziehung des Vermögens bei der Leistung von Kostenersatz anzusehen (vgl. zu § 38 NÖ SHG etwa ; , 2003/10/0203; , 2003/10/0200).“
16 Davon ausgehend ist zunächst - entgegen der Ansicht sowohl der Amtsrevisionswerberin als auch des Verwaltungsgerichtes - nicht ersichtlich, weshalb eine offenkundig erst nach dem Einkommensteuerbescheid 2021 vom (einmalig) zugeflossene Steuergutschrift - Feststellungen dazu, wann diese Gutschrift dem Mitbeteiligten zugeflossen ist, wurden nicht getroffen - im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung im Oktober 2022 als „laufende Einnahme in Geld“ anzusehen gewesen wäre. Die nicht weiter begründete Ansicht der Amtsrevisionswerberin, im Zeitpunkt des (wie erwähnt: nicht festgestellten) Zuflusses der Steuergutschrift sei der Mitbeteiligte „zu Einkommen gelangt, sodass ein Kostenersatz auf Grundlage des § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ SHG möglich und rechtsrichtig“ sei, trifft nach der oben wiedergegebenen hg. Judikatur zu sozialhilferechtlichen Kostenersatzbestimmungen nicht zu. Der Sichtweise des Verwaltungsgerichtes, der Mitbeteiligte habe im Jahr 2021 - wie erst nachträglich bekannt geworden sei - im Sinne des § 38 Abs. 1 Z 2 NÖ SHG „zur Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen“ gehabt, steht andererseits entgegen, dass dem Mitbeteiligten diejenigen Geldmittel, die aus der Steuergutschrift für das Jahr 2021 resultierten, offenkundig nicht im Jahr 2021 zugeflossen sind.
17 Ein weiteres Eingehen darauf erübrigt sich im Revisionsfall allerdings, weil von den Parteien des Revisionsverfahrens und vom Verwaltungsgericht Folgendes unberücksichtigt gelassen wird:
18 Der Mitbeteiligte hat den vorgelegten Verfahrensakten zufolge im Jahr 2021 (auf das sich das hier in Rede stehende Einkommensteuerguthaben bezieht) über einen Pensionsanspruch (gegen die Pensionsversicherungsanstalt) verfügt. Dieser Pensionsanspruch ist - seit der „Verpflegung“ in einem Heim auf Kosten des Trägers der Sozialhilfe (hier somit seit dem ) - im Wege der Legalzession nach § 324 Abs. 3 ASVG (im dort genannten Umfang) auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen, wobei diese Legalzession - da es dafür eines besonders normierten Forderungsübergangs in den Steuergesetzen nicht bedarf - auch das die Pensionsansprüche betreffende Steuerguthaben (im Umfang des § 324 Abs. 3 ASVG) umfasst (vgl. ; , 2 Ob 161/18t; , 2 Ob 72/19f). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den sozialhilferechtlichen Bestimmungen der Länder ist aber der (Ersatz-)Anspruch des Sozialhilfeträgers (gegen den Hilfeempfänger) im Umfang der Legalzession erfüllt und besteht insoweit kein Raum für eine verwaltungsbehördliche Entscheidung über den Anspruch (vgl. , mit Verweis auf , VwSlg. 19.100 A; , Ro 2014/10/0063, VwSlg. 19.075 A).
19 Das angefochtene Erkenntnis war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022100195.L00 |
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DAAAF-45971