VwGH 22.12.2022, Ra 2022/10/0190
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2022/10/0196 B
Ra 2022/10/0197 B
Ra 2022/10/0200 B
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Derfler, über die Revision der B B in B, vertreten durch die Beneder Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 27/DG/9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W203 2260256-1/2E, betreffend Untersagung der Teilnahme an häuslichem Unterricht und Anordnung der Erfüllung der Schulpflicht (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bildungsdirektion für Steiermark), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Bildungsdirektion für Steiermark vom wurde der mit Schreiben der Revisionswerberin vom angezeigte häusliche Unterricht ihres im November 2008 geborenen Sohnes im Schuljahr 2022/2023 untersagt, die Erfüllung der Schulpflicht im Schuljahr 2022/2023 an einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung angeordnet und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde eine dagegen von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
3 Begründend ging das Verwaltungsgericht im Kern davon aus, dass der mj. Sohn der Revisionswerberin im Schuljahr 2021/2022 seine allgemeine Schulpflicht durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt habe. Ein Nachweis über den zureichenden Erfolg des Unterrichts im Schuljahr 2021/2022 in Form eines positiven Externistenprüfungszeugnisses sei nicht vorgelegt worden. Eine Überprüfung des Unterrichtserfolges durch andere Methoden als die Durchführung einer Externistenprüfung an einer entsprechenden Schule sei gesetzlich nicht vorgesehen. Von einem rechtzeitigen Nachweis des zureichenden Erfolges im Sinne des § 11 Abs. 4 Schulpflichtgesetz 1985 (SchPflG) könne nur gesprochen werden, wenn die Externistenprüfung bestanden worden sei (Verweis auf ). Das Beschwerdevorbringen, es sei ein alternativer Erfolgs- bzw. Gleichwertigkeitsnachweis in Form einer „Reifegrad-Reflektion“ vorgelegt worden, gehe somit ins Leere.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. ; , Ra 2021/10/0194; , Ra 2020/10/0081).
8 In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision wird geltend gemacht, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ob „eine Reifegrad-Reflexion mit einer Externistenprüfung gleichwertig“ sei.
9 Mit diesem Vorbringen wird allerdings übergangen, dass - wie vom Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt - nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der „Nachweis des zureichenden Erfolges des Unterrichts“ im Sinne des § 11 Abs. 4 SchPflG nur durch eine entsprechend den Bestimmungen über die Externistenprüfungen (§ 42 Schulunterrichtsgesetz) - erfolgreich - abgelegte Prüfung erbracht werden kann (vgl. ; , 97/10/0060 bis 0062; , 2000/10/0187, VwSlg. 15.600 A; , 2012/10/0154; , Ro 2020/10/0007; , Ra 2022/10/0162, 0163). Die von der Revisionswerberin geltend gemachte Rechtsfrage ist somit geklärt.
10 Zu den von der Revisionswerberin in diesem Zusammenhang unterbreiteten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die in Rede stehende Regelung ist auf Art. 133 Abs. 5 B-VG zu verweisen. Eine (behauptete) Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten fällt in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes (vgl. nochmals , 0163, mit Verweis auf , mwN).
11 Soweit in der Revision „Abweichungen von der ständigen Rechtsprechung“ behauptet werden, die „insbesondere die Zustellproblematik und das Unterlassen der mündlichen Verhandlung“ beträfen, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gestellten Anforderungen nicht entsprochen wird, wenn die revisionswerbende Partei - wie hier - bloß allgemein behauptet, das Verwaltungsgericht sei von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, ohne konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher hg. Rechtsprechung ihrer Ansicht nach das Verwaltungsgericht in welchen Punkten abgewichen sein soll (vgl. ; , Ra 2019/10/0099; , Ra 2018/10/0134).
12 Im Übrigen ist es aber außerhalb des Anwendungsbereiches des Art. 47 GRC bzw. des Art. 6 EMRK - wie im vorliegenden Fall, welcher eine Schulsache betrifft - Sache der revisionswerbenden Partei, die Relevanz der unterbliebenen mündlichen Verhandlung aufzuzeigen (vgl. abermals , 0163, mit Verweis auf , mwN). Dies kann der Revisionswerberin nach dem Gesagten (vgl. oben Rz 9) mit dem Vorbringen, eine Verhandlung wäre nötig gewesen, um dem Gericht „die Qualität und die Vorzüge der Reifegrad-Reflexion“ nachzuweisen, von vornherein nicht gelingen.
13 Was schließlich den in der Zulässigkeitsbegründung angesprochenen Zustellmangel anbelangt - es wird geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis sei der Revisionswerberin persönlich und nicht der ausgewiesenen Rechtsvertretung zugestellt worden, diese habe „vom Erkenntnis erst durch Übermittlung“ durch die Revisionswerberin Kenntnis erlangt -, so kann damit eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, von deren Lösung das rechtliche Schicksal der vorliegenden Revision abhängt, nicht aufgezeigt werden. Im Übrigen ist auf § 9 Abs. 3 letzter Satz ZustG hinzuweisen, wonach die Zustellung - wenn der Zustellungsbevollmächtigte nicht als Empfänger bezeichnet wurde - als in dem Zeitpunkt bewirkt gilt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
15 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
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Normen | B-VG Art133 Abs4 B-VG Art133 Abs5 MRK Art6 SchPflG 1985 §11 Abs4 SchUG 1986 §42 VwGG §28 Abs3 VwGG §34 Abs1 VwGVG 2014 §24 ZustG §9 Abs3 12010P/TXT Grundrechte Charta Art47 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022100190.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
TAAAF-45970