VwGH 31.05.2022, Ra 2022/10/0063
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | EURallg UIG 1993 VwGG §30 Abs2 32003L0004 Umweltinformationen-RL |
RS 1 | Stattgebung - Mitteilung von Umweltinformationen - Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien wurde festgestellt, dass der Magistrat der Stadt Wien der mitbeteiligten Partei näher genannte Umweltinformationen, sofern diese vorhanden seien, mitzuteilen habe. Mit der gegen dieses Erkenntnis an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen außerordentlichen Revision des Magistrats der Stadt Wien ist der Antrag verbunden, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Entgegen der Ansicht der mitbeteiligten Partei wird mit dem (bloßen) Verweis darauf, dass es sich bei der Verpflichtung zur Erteilung der Umweltinformationen um die Erfüllung europarechtlicher Vorgaben handelt, die dem Schutz und der Abwehr von Gefahren für die Gesundheit des Menschen dienen, noch nicht dargelegt, dass letztere Interessen eine sofortige Umsetzung der hier in Rede stehenden Maßnahme zwingend gebieten. |
Normen | UIG 1993 VwGG §30 Abs2 |
RS 2 | Stattgebung - Mitteilung von Umweltinformationen - Bei der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotenen Interessenabwägung ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass die aufschiebende Wirkung ein die Funktionsfähigkeit des Rechtsschutzsystems der Verwaltungsrechtsordnung stützendes Element ist. Die Rechtsschutzfunktion des Verwaltungsgerichtshofes soll durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses während der Dauer des Revisionsverfahrens nicht ausgehöhlt bzw. ausgeschaltet werden. Die Interessenabwägung schlägt daher in der Regel dann zugunsten der revisionswerbenden Partei aus, wenn der ihr durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses (Beschlusses) drohende Nachteil im Falle eines Erfolges der Revision nicht (oder nur schwer) rückgängig gemacht werden könnte (vgl. ; , Ra 2020/01/0239; , Ra 2020/02/0001). Dies ist hier aber der Fall, weil eine einmal erteilte Mitteilung der Umweltinformationen nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (vgl. auch dazu die soeben genannten hg. Beschlüsse sowie - zu Umweltdaten nach dem Oö. Umweltschutzgesetz 1996 - ; siehe weiters ; , Ra 2020/02/0058; , Ra 2020/03/0020; , Ra 2019/03/0128). Der Umstand, dass der Amtsrevisionswerber "das Gesetz zu vollziehen" hat, ändert daran nichts. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher stattzugeben. |
Normen | EURallg UmweltinformationsG Wr 2001 UmweltinformationsG Wr 2001 §1 Abs2 UmweltinformationsG Wr 2001 §2 Z1 UmweltinformationsG Wr 2001 §2 Z2 UmweltinformationsG Wr 2001 §6 Abs1 Z4 32003L0004 Umweltinformationen-RL 62019CJ0619 Land Baden-Württemberg VORAB |
RS 1 | Der Begriff der Umweltinformation ist schon vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Grundlagen (vgl. den Umsetzungshinweis in § 1 Abs. 2 Wr. UmweltinformationsG 2001) grundsätzlich weit zu verstehen. Eine richtlinienkonforme Auslegung macht es notwendig, Umweltinformationen so umfassend wie möglich öffentlich zugänglich zu machen und zu verbreiten; die Bekanntgabe von Informationen soll die allgemeine Regel sein (vgl. ; ; , Ra 2015/10/0113, VwSlg. 19334 A; Land Baden-Württemberg, C-619/19). Davon ausgehend ist nicht zu erkennen, dass nicht auch die Anzahl der in einem bestimmten Zeitraum in einem bestimmten Gebiet eingeleiteten Verfahren, deren Verfahrensziel die Erlangung einer behördlichen Bewilligung zur Entfernung von Bäumen ist, als Information über Maßnahmen (einschließlich Verwaltungsmaßnahmen), wie zB Politiken, Gesetze, Pläne und Programme, Verwaltungsakte, Umweltvereinbarungen und Tätigkeiten anzusehen ist, die sich auf die in den § 2 Z 1 und 2 legcit. genannten Umweltbestandteile und Umweltfaktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Dass diese Information noch keine Gewissheit über die zur Entfernung beantragte bzw. bewilligte Anzahl von Bäumen verschafft, ändert nichts daran, dass eine wahrscheinliche Auswirkung auf die in den § 2 Z 1 und 2 Wr. UmweltinformationsG 2001 genannten Umweltbestandteile und Umweltfaktoren nicht verneint werden kann. |
Normen | UmweltinformationsG Wr 2001 §1 Abs1 Z1 UmweltinformationsG Wr 2001 §1 Abs1 Z2 UmweltinformationsG Wr 2001 §5 Abs1 UmweltinformationsG Wr 2001 §6 Abs1 Z4 |
RS 2 | Eine Einschränkung dahin, dass der Informationssuchende nur dann, wenn er bereits in Kenntnis eines bestimmten Verfahrens oder Projekts ist und dadurch in die Lage versetzt wurde, ein solches zu bezeichnen, ein Begehren auf Mitteilung von Umweltinformationen stellen kann, ist dem Wr UmweltinformationsG 2001 nicht zu entnehmen. Eine derartige Sichtweise steht auch mit den in § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 Wr UmweltinformationsG 2001 genannten Zielen, wonach Ziel dieses Gesetzes die Information der Öffentlichkeit über die Umwelt, insbesondere durch 1. Gewährleistung des Rechts auf Zugang zu den bei den informationspflichtigen Stellen vorhandenen oder für diese von anderen Stellen bereitgehaltenen Umweltinformationen und 2. Förderung der systematischen und umfassenden Verfügbarkeit und Verbreitung von Umweltinformationen ist, nicht im Einklang. |
Normen | UmweltinformationsG Wr 2001 §6 Abs1 Z2 UmweltinformationsG Wr 2001 §6 Abs1 Z4 |
RS 3 | Aus dem bloßen Umstand, dass die Umweltinformationen hinsichtlich aller in einem bestimmten Zeitraum in einem bestimmten Gebiet eingeleiteter Verfahren zur Bewilligung von Baumentfernungen begehrt werden, lässt sich in keiner Weise ableiten, dass das Informationsbegehren gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 Wr. UmweltinformationsG 2001 offenbar missbräuchlich gestellt wurde. Auch der Hinweis darauf, dass gleichartige Begehren für andere Zeiträume gestellt wurden, lässt Derartiges nicht erkennen (vgl. ). |
Normen | BaumschutzG Wr 1974 §4 UmweltinformationsG Wr 2001 §2 Z1 UmweltinformationsG Wr 2001 §2 Z2 UmweltinformationsG Wr 2001 §4 Abs1 UmweltinformationsG Wr 2001 §6 Abs1 Z4 |
RS 4 | Es kann nicht gesagt werden, die räumliche Situierung von zur Entfernung beantragten Bäumen stelle keine Information über Maßnahmen (einschließlich Verwaltungsmaßnahmen), die sich auf die in den § 2 Z 1 und 2 Wr. UmweltinformationsG 2001 genannten Umweltbestandteile und Umweltfaktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken, dar (vgl. , VwSlg. 19334 A). |
Normen | BaumschutzG Wr 1974 §4 DSG 2000 §1 Abs1 UmweltinformationsG Wr 2001 §2 UmweltinformationsG Wr 2001 §4 Abs1 UmweltinformationsG Wr 2001 §6 Abs2 Z3 UmweltinformationsG Wr 2001 §6 Abs4 |
RS 5 | Baubewilligungen und diesen zugrunde liegende bezughabende Pläne enthalten auch personenbezogene Daten, an denen ein schutzwürdiges Interesse an deren Geheimhaltung im Sinne des DSG 2000 besteht. Ferner kann die Identität eines Grundstückseigentümers unschwer durch Einsichtnahme im Grundbuch festgestellt werden, sodass in einer Baubewilligung oder dieser zugrunde liegenden Plänen enthaltene Daten anhand der Grundstücksnummer auf den Grundstückseigentümer, der in vielen Fällen auch der Bauwerber und Baukonsensinhaber ist, im Sinne des § 1 Abs. 1 DSG 2000 rückführbar sind (vgl. in diesem Zusammenhang etwa ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/05/0078 E RS 8 (hier ohne den ersten Satz) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Magistrats der Stadt Wien, der gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zl. VGW-101/092/1211/2022-2, betreffend Mitteilung von Umweltinformationen (mitbeteiligte Partei: Verein B, vertreten durch Breitenecker Kolbitsch Vana Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt in 1020 Wien, Taborstraße 10/2), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien wurde festgestellt, dass der Magistrat der Stadt Wien der mitbeteiligten Partei näher genannte Umweltinformationen, sofern diese vorhanden seien, mitzuteilen habe.
2 Mit der gegen dieses Erkenntnis an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen außerordentlichen Revision des Magistrats der Stadt Wien ist der Antrag verbunden, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründet wird dieser Antrag im Wesentlichen damit, dass das mit der Revision verfolgte Ziel, die begehrte Auskunft nicht erteilen zu müssen, vereitelt würde, wenn diese Auskunft noch während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof erteilt werden müsste. In diesem Fall würde der Rechtsschutz vereitelt, weil eine bereits erteilte Auskunft nicht mehr zurückgenommen werden könnte.
3 In ihrer Stellungnahme zu diesem Antrag nimmt die mitbeteiligte Partei zusammengefasst den Standpunkt ein, es bestehe ein zwingendes öffentliches Interesse an der sofortigen Umsetzung der Verpflichtung zur Erteilung der Umweltinformationen, da es sich „um die Erfüllung der europarechtlichen Vorgaben (Richtlinie 2003/04/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über den Zugang der Öffentlichkeit zur Umweltinformation)“ handle. Diese europarechtlichen Vorgaben dienten aus näher dargestellten Gründen „dem Schutz und Abwehr von Gefahren für die Gesundheit des Menschen“. Die vom Amtsrevisionswerber ins Treffen geführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf ; , Ra 2020/03/0020) sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar, da das Wiener Umweltinformationsgesetz und nicht das Auskunftspflichtgesetz zur Anwendung gelange. Es liege kein unverhältnismäßiger Nachteil für die revisionswerbende Partei vor bzw. sei ein solcher nicht konkretisiert worden. Der Verweis des Amtsrevisionswerbers darauf, dass der Rechtsschutz bei sofortiger Mitteilung vereitelt würde, da eine bereits erteilte Auskunft nicht mehr zurückgenommen werden könne, stelle keinen unverhältnismäßigen Nachteil dar, da der Amtsrevisionswerber „das Gesetz zu vollziehen“ habe.
4 Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
5 Von zwingenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG kann nur gesprochen werden, wenn die konkrete Interessenslage öffentliche Rücksichten berührt, die einen umgehenden Vollzug der angefochtenen Entscheidung gebieten. Der Umstand, dass öffentliche Interessen am Vollzug einer Maßnahme bestehen, berechtigt nicht ohne weiteres schon zur Annahme, dass eben diese Interessen auch eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen zwingend gebieten. Hiezu bedarf es noch des Hinzutretens weiterer Umstände, um die öffentlichen Interessen als „zwingend“ im Sinne der genannten Gesetzesstelle ansehen zu können (vgl. bis 0119; , Ra 2019/03/0040; , AW 2013/10/0036). Entgegen der Ansicht der mitbeteiligten Partei wird mit dem (bloßen) Verweis darauf, dass es sich bei der Verpflichtung zur Erteilung der Umweltinformationen um die Erfüllung europarechtlicher Vorgaben handelt, die dem Schutz und der Abwehr von Gefahren für die Gesundheit des Menschen dienen, noch nicht dargelegt, dass letztere Interessen eine sofortige Umsetzung der hier in Rede stehenden Maßnahme zwingend gebieten.
6 Im Provisorialverfahren betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung geht es im Übrigen nicht um die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses, sondern einzig und allein um die Auswirkungen eines (möglichen) sofortigen Vollzuges dieses Erkenntnisses. Bei der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotenen Interessenabwägung ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass die aufschiebende Wirkung ein die Funktionsfähigkeit des Rechtsschutzsystems der Verwaltungsrechtsordnung stützendes Element ist. Die Rechtsschutzfunktion des Verwaltungsgerichtshofes soll durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses während der Dauer des Revisionsverfahrens nicht ausgehöhlt bzw. ausgeschaltet werden. Die Interessenabwägung schlägt daher in der Regel dann zugunsten der revisionswerbenden Partei aus, wenn der ihr durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses (Beschlusses) drohende Nachteil im Falle eines Erfolges der Revision nicht (oder nur schwer) rückgängig gemacht werden könnte (vgl. ; , Ra 2020/01/0239; , Ra 2020/02/0001).
7 Entgegen der Ansicht der mitbeteiligten Partei ist dies hier aber der Fall, weil eine einmal erteilte Mitteilung der Umweltinformationen nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (vgl. auch dazu die soeben genannten hg. Beschlüsse sowie - zu Umweltdaten nach dem Oö. Umweltschutzgesetz 1996 - ; siehe weiters ; , Ra 2020/02/0058; , Ra 2020/03/0020; , Ra 2019/03/0128). Der Umstand, dass der Amtsrevisionswerber „das Gesetz zu vollziehen“ hat, ändert daran nichts.
8 Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher stattzugeben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl und die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger sowie den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Stoisser, über die Revision des Magistrats der Stadt Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zl. VGW-101/092/1211/2022-2, betreffend Mitteilung von Umweltinformationen (mitbeteiligte Partei: Verein B H in Wien, vertreten durch die Heger & Partner Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Esslinggasse 17/9), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt I.2., soweit damit die Mitteilung der jeweiligen Grundstücksadresse aufgetragen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom wurde - in teilweiser Abänderung eines Bescheides des Magistrats der Stadt Wien (des nunmehrigen Amtsrevisionswerbers) vom - ausgesprochen, dass der Amtsrevisionswerber der mitbeteiligten Partei Umweltinformationen gemäß Wiener Umweltinformationsgesetz (Wr. UIG), sofern diese vorhanden seien, darüber mitzuteilen habe, wie viele Verwaltungsverfahren nach § 4 Wiener Baumschutzgesetz zur Entfernung von Bäumen in den Kalenderwochen 38 bis 42 des Jahres 2021 betreffend Liegenschaften im 17. Wiener Gemeindebezirk eingeleitet worden seien (Spruchpunkt I.1.). Weiters seien für jedes der eingeleiteten Verfahren weitere Informationen (Grundstücksadresse; Anzahl der Bäume, für welche eine Genehmigung zur Baumentfernung beantragt worden sei; je Baum jeweils: Nummer des Baumes; Baumart; Stammumfang in Zentimeter; Entfernungsgrund; ergänzende Begründung [soweit im Antrag angegeben]; Angaben zur Ersatzpflanzung) mitzuteilen (Spruchpunkt I.2.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht nach Wiedergabe des Verfahrensganges - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - aus, es erscheine nicht zweifelhaft, dass das Entfernen von Bäumen als „Tätigkeit“ iSd § 2 Z 3 Wr. UIG anzusehen sei, die sich auf die in Z 1 und Z 2 des § 2 Wr. UIG genannten Umweltbestandteile und Umweltfaktoren auswirke. Auch beabsichtigte (beantragte) Baumentfernungen stellten derartige Umweltinformationen dar (Verweis auf ). Der Mitteilung dieser Umweltinformationen stehe auch nicht - wie vom Amtsrevisionswerber angenommen - die Mitteilungsschranke des § 6 Abs. 1 Z 4 Wr. UIG entgegen. Die begehrten Informationen bezögen sich nicht auf gerade vervollständigt werdendes Material, auf noch nicht abgeschlossene Schriftstücke oder auf noch nicht aufbereitete Daten. Der Amtsrevisionswerber scheine dem Irrtum zu unterliegen, die mitbeteiligte Partei begehre Informationen über bewilligte oder allenfalls zu bewilligende Baumentfernungen. Informationen während eines anhängigen Verfahrens zur Frage, ob der verfahrenseinleitende Antrag bewilligt werde, wären in der Tat von der genannten Mitteilungsschranke erfasst. Derartige Informationen begehre die mitbeteiligte Partei aber nicht.
3 Die in Spruchpunkt I. 1. formulierte Anfrage betreffe Umweltinformationen und sei schlicht mit der konkreten Zahl zu beantworten. Die Pflicht des Amtsrevisionswerbers zur Mitteilung der Informationen bestehe nur insoweit, als diese Umweltinformationen bei ihm vorhanden seien oder für ihn bereitgehalten würden; er habe keine Ermittlungsschritte zu setzen, um zu jenen Umweltinformationen zu gelangen, deren Mitteilung begehrt werde. Entgegen der Ansicht des Amtsrevisionswerbers könne die Mitteilung der Liegenschaftsadresse, auf die sich „das Rodungsansuchen“ beziehe, nicht aus Datenschutzgründen verweigert werden, da „die Liegenschaftsadresse an sich kein personenbezogenes Datum“ sei. Die vom Amtsrevisionswerber angesprochene Möglichkeit, Identität und Wohnadresse des Grundstückseigentümers durch Einsichtnahme im Grundbuch festzustellen, bestehe unabhängig von der begehrten Umweltinformation.
4 Den Ausspruch nach § 25a Abs. 1 VwGG begründete das Verwaltungsgericht damit, dass keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Weder weiche die gegenständlichen Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehle es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Auch sei diese Rechtsprechung nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision des Magistrats der Stadt Wien.
6 Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor.
7 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
8 Das Wiener Umweltinformationsgesetz, LGBl. Nr. 15/2001 idF LGBl. Nr. 62/2018 (Wr. UIG), lautet auszugsweise:
„I. Zielbestimmung
Ziel des Gesetzes
§ 1. (1) Ziel dieses Gesetzes ist die Information der Öffentlichkeit über die Umwelt, insbesondere durch
1. Gewährleistung des Rechts auf Zugang zu den bei den informationspflichtigen Stellen vorhandenen oder für diese von anderen Stellen bereitgehaltenen Umweltinformationen;
2. Förderung der systematischen und umfassenden Verfügbarkeit und Verbreitung von Umweltinformationen. Zu diesem Zweck werden, nach Maßgabe vorhandener Mittel, bevorzugt elektronische Kommunikationsmittel eingesetzt.
(2) Durch dieses Gesetz wird die Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates, ABl. Nr. L 41/26 vom , CELEX-Nr. 32003L0004, in österreichisches Recht umgesetzt.
II. Begriffsbestimmungen
Umweltinformationen
§ 2. Umweltinformationen sind sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über
1. den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Berggebiete, Feuchtgebiete, Küsten und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich genetisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen;
2. Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung oder Abfall einschließlich radioaktiven Abfalls, Emissionen, Ableitungen oder sonstiges Freisetzen von Stoffen oder Organismen in die Umwelt, die sich auf die in Z 1 genannten Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken;
3. Maßnahmen (einschließlich Verwaltungsmaßnahmen), wie zB Politiken, Gesetze, Pläne und Programme, Verwaltungsakte, Umweltvereinbarungen und Tätigkeiten, die sich auf die in den Z 1 und 2 genannten Umweltbestandteile und -faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken, sowie Maßnahmen oder Tätigkeiten zu deren Schutz;
...
Freier Zugang zu Umweltinformationen
§ 4. (1) Das Recht auf freien Zugang zu Umweltinformationen, die
1. bei den informationspflichtigen Stellen vorhanden sind oder
2. für sie bereitgehalten werden,
wird jeder natürlichen oder juristischen Person ohne Nachweis eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen gewährleistet. Umweltinformationen sind vorhanden, wenn sie sich im Besitz der informationspflichtigen Stelle befinden und von ihr erstellt wurden oder bei ihr eingegangen sind. Umweltinformationen werden bereitgehalten, wenn eine natürliche oder juristische Person, die selbst nicht informationspflichtige Stelle ist, Umweltinformationen für eine informationspflichtige Stelle aufbewahrt und diese Stelle darauf einen Übermittlungsanspruch hat.
(2) Dem freien Zugang unterliegen jedenfalls Informationen über
1. den Zustand von Umweltbestandteilen wie Wasser, Luft und Atmosphäre, Boden, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile einschließlich genetisch veränderter Organismen und natürliche Lebensräume, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen;
2. die Lärmbelastung oder Belastung durch Strahlen einschließlich der durch radioaktiven Abfall verursachten;
3. Emissionen gemäß § 2 Z 2 in die Umwelt in zeitlich aggregierter oder statistisch dargestellter Form;
4. eine Überschreitung von Emissionsgrenzwerten;
5. den Verbrauch der natürlichen Ressourcen Wasser, Luft oder Boden in aggregierter oder statistisch dargestellter Form.
III. Recht auf freien Zugang, Mitteilungsschranken und Rechtsschutz
Mitteilungspflicht
§ 5. (1) Das Begehren auf Mitteilung von Umweltinformationen kann schriftlich oder soweit es der Natur der Sache nach tunlich erscheint, mündlich gestellt werden. Dies kann in jeder technischen Form geschehen, die die informationspflichtige Stelle zu empfangen in der Lage ist. Geht aus einem angebrachten Begehren der Inhalt oder der Umfang der gewünschten Mitteilung nicht ausreichend klar hervor, so ist dem/der Informationssuchenden innerhalb einer zwei Wochen nicht übersteigenden Frist eine schriftliche Präzisierung des Ansuchens aufzutragen. Der/Die Informationssuchende ist dabei zu unterstützen. Bei Entsprechung dieses Präzisierungsauftrages gilt das Begehren als an dem Tag des Einlangens des präzisierten Antrages bei der informationspflichtigen Stelle eingebracht.
...
(3) Die informationspflichtigen Stellen haben Umweltinformationen unter Bedachtnahme auf die Mitteilungsschranken und Ablehnungsgründe (§ 6) sowie in möglichst aktueller, exakter, vergleichbarer und allgemein verständlicher Form mitzuteilen. Auf Antrag teilen die informationspflichtigen Stellen dem/der Informationssuchenden mit, wo – sofern verfügbar – Informationen über die zur Erhebung der Informationen bezüglich Anfragen gemäß § 2 Z 2 angewandten Messverfahren, einschließlich der Verfahren zur Analyse, Probenahme und Vorbehandlung der Proben, gefunden werden können oder weisen auf ein angewandtes standardisiertes Verfahren hin.
(4) Die begehrte Mitteilung ist in jener Form zu erteilen, die im Einzelfall vom/von der Informationssuchenden verlangt wird oder in einer anderen Form, wenn dies zweckmäßig ist, wobei der elektronischen Datenübermittlung, nach Maßgabe vorhandener Mittel, der Vorzug zu geben ist. Insbesondere kann der/die Informationssuchende auf andere, öffentlich verfügbare Informationen (§ 10), die in einer anderen Form oder einem anderen Format vorliegen, verwiesen werden, sofern diese dem/der Informationssuchenden leicht zugänglich sind und dadurch der freie Zugang zu den bei den informationspflichtigen Stellen vorhandenen oder für diese bereitgehaltenen Umweltinformationen gewährleistet ist. Die Gründe für die Wahl eines anderen Formates oder einer anderen Form sind anzugeben und dem/der Informationssuchenden so bald wie möglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags bei der informationspflichtigen Stelle mitzuteilen.
...
Mitteilungsschranken und Ablehnungsgründe
§ 6. (1) Die Mitteilung von Umweltinformationen darf unterbleiben, wenn
1. sich das Informationsbegehren auf die Übermittlung interner Mitteilungen bezieht;
2. das Informationsbegehren offenbar missbräuchlich gestellt wurde;
3. das Informationsbegehren zu allgemein geblieben ist;
4. das Informationsbegehren Material, das gerade vervollständigt wird, noch nicht abgeschlossene Schriftstücke oder noch nicht aufbereitete Daten betrifft.
(2) Andere als die in § 4 Abs. 2 genannten Umweltinformationen sind unbeschadet der Mitteilungsschranken des Abs. 1 mitzuteilen, sofern ihre Bekanntgabe keine negativen Auswirkungen hätte auf
...
3. die Vertraulichkeit personenbezogener Daten, sofern ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung im Sinne der Bestimmungen der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom S. 1, sowie der Bestimmungen des Bundesgesetzes zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz – DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idF BGBl. I Nr. 24/2018, besteht;
...
(4) Die in Abs. 1 und 2 genannten Mitteilungsschranken und Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Umweltinformationen zu berücksichtigen ist. In jedem Einzelfall ist das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abzuwägen. Öffentliches Interesse an der Bekanntgabe kann insbesondere im Schutz folgender Rechtsgüter liegen:
1. Schutz der Gesundheit;
2. Schutz vor nachhaltigen oder schwerwiegenden Umweltbelastungen; oder
3. Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
...“
9 Das Wiener Baumschutzgesetz, LGBl. Nr. 27/1974 idF LGbl. Nr. 71/2018, lautet auszugsweise:
„Bewilligungspflicht
§ 4. (1) Das Entfernen von Bäumen bedarf einer behördlichen Bewilligung. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn
1. die Bäume die physiologische Altersgrenze nach Art und Standort erreicht oder überschritten haben oder sich in einem Zustand befinden, daß ihr Weiterbestand nicht mehr gesichert und daher die Entfernung geboten erscheint oder
2. ein Teil des auf einem Grundstück stockenden Baumbestandes im Interesse der Erhaltung des übrigen wertvolleren Bestandes entfernt werden muß (Pflegemaßnahmen) oder
3. die Bäume durch ihren Wuchs oder Zustand den Bestand von baulichen Anlagen, fremdes Eigentum oder die körperliche Sicherheit von Personen gefährden und keine andere zumutbare Möglichkeit der Gefahrenabwehr gegeben ist oder
4. bei Bauvorhaben ohne die Entfernung von Bäumen die Bebauung der im Bebauungsplan ausgewiesenen oder nach der festgesetzten Bauweise sich ergebenden unmittelbar bebaubaren Fläche eines der Bauordnung für Wien entsprechenden Bauplatzes nicht zur Gänze möglich ist, wobei jedoch in den Bauklassen I und II bei offener oder gekuppelter Bauweise, wenn keine Baufluchtlinien festgesetzt sind, die Gebäude und baulichen Anlagen so zu situieren sind, daß grundsätzlich höchstens 20 v. H. der durch dieses Gesetz geschützten Bäume entfernt werden müssen oder
5. bei anderen als in Z. 4 genannten Bauvorhaben, Straßen-, Verkehrs- oder sonstigen Projekten das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens oder Projektes das Interesse an der Erhaltung des Baumbestandes bedeutend überwiegt oder
6. der Grundeigentümer (Bauberechtigte) eine ihm auf Grund zwingender gesetzlicher Vorschriften unmittelbar obliegende Verpflichtung oder behördliche Anordnungen ohne die Entfernung von Bäumen nicht erfüllen könnte.
(2) Die Bewilligung ist in jedem Falle auf das unumgänglich notwendige Ausmaß zu beschränken.
(3) Müssen Bäume auf Grund von Maßnahmen nach dem Kulturpflanzenschutzgesetz, LGBl. für Wien Nr. 21/1949, in der jeweils geltenden Fassung, entfernt werden, so bedarf es hiezu keiner Bewilligung nach diesem Gesetz.“
10 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird mit Blick auf die Begründung des Verwaltungsgerichtes, wonach die Mitteilung der Liegenschaftsadresse nicht aus Datenschutzgründen verweigert werden könne, da „die Liegenschaftsadresse an sich kein personenbezogenes Datum“ sei, das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur „Bekanntgabe der Liegenschaftsadresse durch die Behörde selbst“ unter dem Gesichtspunkt des Ablehnungsgrundes nach § 6 Abs. 2 Z 3 Wr. UIG geltend gemacht. Auch habe sich der Verwaltungsgerichtshof noch nicht mit einem Begehren wie dem hier vorliegenden befasst, mit dem Auskunft über sämtliche (in einem Gemeindebezirk) eingeleiteten Verfahren nach dem Wiener Baumschutzgesetz ohne Nennung eines konkreten Verfahrens begehrt werde.
11 Die Revision erweist sich als zulässig und - im Ergebnis - als teilweise begründet.
12 Der Amtsrevisionswerber nimmt zunächst den Standpunkt ein, die bloße Anzahl der eingeleiteten Verfahren nach § 4 Wiener Baumschutzgesetz stelle keine Umweltinformation iSd § 2 Wr. UIG dar, da diese Anzahl keinen umweltrelevanten Inhalt aufweise. Der Anzahl der eingeleiteten Verfahren sei weder zu entnehmen, wie viele Bäume zur Entfernung beantragt noch wie viele Baumentfernungen genehmigt worden seien.
13 Zu diesem Vorbringen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Begriff der Umweltinformation nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schon vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Grundlagen (vgl. den Umsetzungshinweis in § 1 Abs. 2 Wr. UIG) grundsätzlich weit zu verstehen ist. Eine richtlinienkonforme Auslegung macht es notwendig, Umweltinformationen so umfassend wie möglich öffentlich zugänglich zu machen und zu verbreiten; die Bekanntgabe von Informationen soll die allgemeine Regel sein (vgl. etwa das zum Wr. UIG ergangene Erkenntnis , mit Verweis auf ; , Ra 2015/10/0113, VwSlg. 19334 A; siehe zur Richtlinie 2003/4/EG etwa Land Baden-Württemberg, C-619/19, Rz 33).
14 Davon ausgehend ist nicht zu erkennen, dass nicht auch die Anzahl der in einem bestimmten Zeitraum in einem bestimmten Gebiet eingeleiteten Verfahren, deren Verfahrensziel die Erlangung einer behördlichen Bewilligung zur Entfernung von Bäumen ist, als Information über Maßnahmen (einschließlich Verwaltungsmaßnahmen), wie zB Politiken, Gesetze, Pläne und Programme, Verwaltungsakte, Umweltvereinbarungen und Tätigkeiten anzusehen ist, die sich auf die in den § 2 Z 1 und 2 Wr. UIG genannten Umweltbestandteile und Umweltfaktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Dass diese Information noch keine Gewissheit über die zur Entfernung beantragte bzw. bewilligte Anzahl von Bäumen verschafft, ändert nichts daran, dass eine wahrscheinliche Auswirkung auf die in den § 2 Z 1 und 2 Wr. UIG genannten Umweltbestandteile und Umweltfaktoren nicht verneint werden kann.
15 Die Revision bringt auch vor, das Verwaltungsgericht lasse außer Acht, dass es sich hier „nicht um ein einzelnes Auskunftsbegehren hinsichtlich einer bestimmten Liegenschaft, sondern um ein Auskunftsbegehren zur umfassenden und systematischen Erfassung sämtlicher ... eingeleiteter Verfahren nach dem Wiener Baumschutzgesetz ohne Bezug auf eine konkrete Liegenschaft oder ein konkretes Projekt“ handle. Ein derartiges systematisches und umfassendes Auskunftsbegehren sei vom Wr. UIG nicht umfasst. Die in § 2 Z 3 Wr. UIG angeführten „Verwaltungsakte“ seien so zu verstehen, dass darunter „nicht die Information über sämtliche in unzähliger Menge anfallenden individuellen, antragsbedürftigen Hoheitsakte in Form von Bewilligungs- oder Abweisungsbescheiden zu verstehen“ sei, sondern vielmehr „die Auskunft aufgrund proaktiver bestimmter Anfragen einzelne Verfahren mit Umweltbezug iSd Wr. UIG betreffend“.Das Auskunftsbegehren müsse sich „auf ein bestimmtes, von der Auskunftswerberin oder dem Auskunftswerber bezeichnetes Verfahren oder Projekt“ beziehen und nicht „auf weitere eventuell anhängige Verfahren“. Aus dem gesamten Regelungsinhalt des Wr. UIG ergebe sich, dass ein Auskunftsbegehren ausreichend konkretisiert und bestimmt werden müsse.
16 Dem ist zunächst zu erwidern, dass es zwar zutrifft, dass aus dem Begehren auf Mitteilung von Umweltinformationen der Inhalt und der Umfang der gewünschten Mitteilung ausreichend klar hervorgehen muss, andernfalls im Grunde des § 5 Abs. 1 dritter Satz Wr. UIG eine schriftliche Präzisierung des Ansuchens aufzutragen ist. Dass das vorliegende Ansuchen (soweit ihm mit dem angefochtenen Erkenntnis stattgegeben wurde) diesen Anforderungen nicht entsprochen hätte, wird vom Amtsrevisionswerber aber nicht aufgezeigt. Auch ein Auftrag zur Präzisierung wurde vom Amtsrevisionswerber nicht erteilt. Dieser hat seine Versagung der Mitteilung der begehrten Informationen auch nicht etwa darauf gestützt, dass das Informationsbegehren nach § 6 Abs. 1 Z 3 Wr. UIG zu allgemein geblieben ist.
17 Soweit dem wiedergegebenen Revisionsvorbringen aber die Ansicht zugrunde liegt, ein Begehren auf Mitteilung von Umweltinformationen gemäß § 5 Abs. 1 Wr. UIG müsse sich „auf ein bestimmtes, von der Auskunftswerberin oder dem Auskunftswerber bezeichnetes Verfahren oder Projekt“ beziehen, ist dem nicht zu folgen. Eine derartige Einschränkung dahin, dass der Informationssuchende nur dann, wenn er bereits in Kenntnis eines bestimmten Verfahrens oder Projekts ist und dadurch in die Lage versetzt wurde, ein solches zu bezeichnen, ein Begehren auf Mitteilung von Umweltinformationen stellen kann, ist dem Wr. UIG nicht zu entnehmen. Eine derartige Sichtweise steht auch mit den in § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 Wr. UIG genannten Zielen, wonach Ziel dieses Gesetzes die Information der Öffentlichkeit über die Umwelt, insbesondere durch 1. Gewährleistung des Rechts auf Zugang zu den bei den informationspflichtigen Stellen vorhandenen oder für diese von anderen Stellen bereitgehaltenen Umweltinformationen und 2. Förderung der systematischen und umfassenden Verfügbarkeit und Verbreitung von Umweltinformationen ist, nicht im Einklang. Wie bereits ausgeführt, sind Umweltinformationen in richtlinienkonformer Auslegung so umfassend wie möglich öffentlich zugänglich zu machen und zu verbreiten.
18 Soweit der Amtsrevisionswerber in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, Mitteilungsbegehren wie das vorliegende grenzten „an mutwillige bzw. missbräuchliche Inanspruchnahme der informationspflichtigen Stelle iSd § 6 Abs. 1 Z 2 Wr. UIG“, kann dem nicht gefolgt werden. Aus dem bloßen Umstand, dass die in Spruchpunkt I.2. genannten Umweltinformationen hinsichtlich aller in einem bestimmten Zeitraum in einem bestimmten Gebiet eingeleiteter Verfahren zur Bewilligung von Baumentfernungen begehrt werden, lässt sich in keiner Weise ableiten, dass das Informationsbegehren gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 Wr. UIG offenbar missbräuchlich gestellt wurde. Auch der Hinweis darauf, dass gleichartige Begehren für andere Zeiträume gestellt wurden, lässt Derartiges nicht erkennen (vgl. etwa zu § 6 Abs. 1 Z 2 UIG 1993 nochmals , Rz 29f).
19 Die Amtsrevision macht auch geltend, die Mitteilung einer Liegenschaftsadresse stelle keine Umweltinformation im Sinne des § 2 Wr. UIG dar; diese Mitteilung entbehre „jeglichen umweltrelevanten Aussageinhalts“ bzw. sei „keine Umweltinformation von maßgeblicher Bedeutung“.
20 Dem ist zu erwidern, dass mit Spruchpunkt I.2. des angefochtenen Erkenntnisses die Mitteilung der jeweiligen Grundstücksadresse, auf die sich ein eingeleitetes Verfahren nach § 4 Wiener Baumschutzgesetz bezieht, aufgetragen wurde. Entgegen der Ansicht des Amtsrevisionswerbers kann nicht gesagt werden, die räumliche Situierung von zur Entfernung beantragten Bäumen stelle keine Information über Maßnahmen (einschließlich Verwaltungsmaßnahmen), die sich auf die in den § 2 Z 1 und 2 Wr. UIG genannten Umweltbestandteile und Umweltfaktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken, dar (vgl. dazu, dass es sich beim Inhalt von Plänen und sonstigen Projektunterlagen, aus denen die Situierung des Projektes, das sich auf Umweltbestandteile und Umweltfaktoren auswirken kann, abgeleitet werden kann, um Umweltinformationen im Sinne des NÖ AuskG handelt, nochmals , VwSlg. 19334 A). Soweit in diesem Zusammenhang geltend gemacht wird, es sei widersprüchlich, dass nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes (von der mitbeteiligten Partei begehrte weitere) „Angaben zum Grundstück“ keine Umweltinformationen sein sollten, die „Grundstücksadresse“ hingegen schon, wird übergangen, dass das Verwaltungsgericht insofern lediglich ausgeführt hat, dass bei Mitteilung der Adresse jenes Grundstücks, auf dem sich die zu entfernenden Bäume befänden, die (zusätzliche) Mitteilung der weiteren Angaben zum Grundstück keinen umweltinformativen „Mehrwert“ hätte. Dass es sich dabei um keine - auf die Situierung eines Projekts bezogene - Umweltinformationen handeln würde, hat das Verwaltungsgericht nicht behauptet.
21 Die Amtsrevision macht mit Blick auf Spruchpunkt I.2. im Weiteren geltend, für den 17. Bezirk würden jährlich durchschnittlich ca. 200 Verfahren zur Entfernung von Bäumen durchgeführt. Die von der mitbeteiligten Partei begehrten Daten würden sich „ausschließlich in den einzelnen Akten/Verfahren“ finden, eine laufende Erfassung in der „begehrten Form“ finde nicht statt. Diese Informationen würden nicht systematisch erfasst und seien „insofern nicht vorhanden“. Die begehrten Daten „müssten aus jedem Verfahren exzerpiert und eigens zusammengestellt werden“ und wären nur „mit einem hohen Verwaltungsaufwand zu beschaffen“. Die Amtsrevisionswerberin sei zu umfangreichen Ausarbeitungen nicht verpflichtet. Das „Exzerpieren der begehren Umweltdaten“ aus jedem individuellen Verwaltungsverfahren sei mit sehr hohen Kosten und einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden.
22 Mit diesen Ausführungen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufgezeigt: Abgesehen davon, dass mit dem angefochtenen Erkenntnis aufgetragen wurde, die genannten Umweltinformationen mitzuteilen, „sofern diese vorhanden“ seien, wird mit dem wiedergegebenen Revisionsvorbringen letztlich zugestanden, dass die begehrten Informationen beim Amtsrevisionswerber vorhanden sind und somit der Ablehnungsgrund des § 6 Abs. 1 Z 4 Wr. UIG nicht vorliegt. Dass diese Informationen nur in den betreffenden Verfahrensakten - nach den Revisionsausführungen für den hier begehrten Zeitraum von fünf Kalenderwochen somit bei einer Durchschnittsbetrachtung in rund 20 Verfahrensakten - vorhanden sind, ändert nichts daran, dass es sich um im Sinne des § 4 Abs. 1 Wr. UIG beim Amtsrevisionswerber vorhandene Umweltinformationen handelt.
23 Die Amtsrevision macht auch geltend, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes könne aus der Mitteilung der Liegenschaftsadresse an den Auskunftswerber auf die Identität und Wohnadresse des Grundstückseigentümers geschlossen werden, sodass gemäß § 6 Abs. 2 Z 3 Wr. UIG eine „Abwägung des öffentlichen Interesses an der Weitergabe der Information und des Datenschutzes vorzunehmen“ vorzunehmen gewesen wäre.
24 Damit wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufgezeigt:
25 Das Verwaltungsgericht vertritt die Ansicht, dass „die Liegenschaftsadresse an sich kein personenbezogenes Datum“ sei; die Möglichkeit, Identität und Wohnadresse des Grundstückseigentümers durch Einsichtnahme im Grundbuch festzustellen, bestehe „unabhängig von der begehrten Umweltinformation“.
26 Dem ist zu erwidern, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits darauf hingewiesen hat, dass die Identität eines Grundstückseigentümers unschwer durch Einsichtnahme im Grundbuch festgestellt werden kann, sodass in einer Baubewilligung oder in zugrundeliegenden Plänen enthaltene Daten anhand der Grundstücksnummer auf den Grundstückseigentümer im Sinne des § 1 Abs. 1 des Datenschutzgesetzes rückführbar sind (, mit Verweis auf , VwSlg. 17854 A). Nichts anderes gilt aber für die hier in Rede stehende Mitteilung der Grundstücksadressen in Bezug auf beantragte Baumfällungen nach § 4 Wiener Baumschutzgesetz. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes handelt es sich daher insoweit um personenbezogene Daten im Sinne des § 6 Abs. 2 Z 3 Wr. UIG, deren Mitteilung dann zu erfolgen hat, wenn die Bekanntgabe keine negativen Auswirkungen auf die Vertraulichkeit dieser personenbezogenen Daten hätte, sofern ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung im Sinne der Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung sowie des Datenschutzgesetzes besteht. Bei Bestehen eines schutzwürdigen Interesses an der Geheimhaltung personenbezogener Daten wäre demnach gemäß § 6 Abs. 4 Wr. UIG eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe vorzunehmen gewesen, dies nach der zitierten Norm unter enger Auslegung des Ablehnungsgrundes nach § 6 Abs. 2 Z 3 Wr. UIG.
27 Da das Verwaltungsgericht dies verkannt hat, war das angefochtene Erkenntnis in seinem Spruchpunkt I.2., soweit damit die Mitteilung der jeweiligen Grundstücksadresse aufgetragen wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
28 Im Übrigen war die Revision als unbegründet abzuweisen.
29 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | EURallg UIG 1993 VwGG §30 Abs2 32003L0004 Umweltinformationen-RL |
Schlagworte | Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Zwingende öffentliche Interessen |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022100063.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
NAAAF-45959