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VwGH 21.10.2022, Ra 2022/09/0073

VwGH 21.10.2022, Ra 2022/09/0073

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AuslBG §2 Abs14 idF 2018/I/056
AuslBG §2 Abs15 idF 2018/I/056
AuslBG §2 Abs16 idF 2018/I/056
AuslBG §2 Abs2 idF 2018/I/056
AuslBG §2 Abs2 litc idF 2018/I/056
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 2020/I/098
AuslBG §3 Abs1 idF 2019/I/104
AuslBG §3 Abs5 idF 2019/I/104
VwGG §42 Abs2 Z1
RS 1
Jede Beschäftigung eines Ausländers iSd. § 2 Abs. 2 AuslBG darf nur unter den in § 3 Abs. 1 AuslBG genannten Voraussetzungen erfolgen. Für die Beschäftigung von Ausländern als Volontäre (§ 2 Abs. 14 AuslBG), Ferial- oder Berufspraktikanten (§ 2 Abs. 15 AuslBG) oder Praktikanten (§ 2 Abs. 16 AuslBG) sieht § 3 Abs. 5 AuslBG insofern eine Erleichterung gegenüber dem - bei einer Beschäftigung in jedem anderen Ausbildungsverhältnis (§ 2 Abs. 2 lit. c AuslBG) bestehenden - Erfordernis der Einholung einer Beschäftigungsbewilligung vor, dass in diesem Fall eine Anzeigebestätigung ausreichend ist. In diesem Fall ist die Beschäftigung vom Inhaber des Betriebs, in dem der Ausländer beschäftigt wird, spätestens drei Wochen vor Beginn den zuständigen Stellen anzuzeigen. Das Vorliegen einer Beschäftigung kann in diesem Zusammenhang nicht bloß deshalb verneint werden, weil das Klinisch-Praktische-Jahr einen verpflichtenden Teil des Studiums ausmacht, ändert eine aufgrund eines Lehrplans oder eines Curriculums bestehende Verpflichtung zur Absolvierung eines Praktikums doch nichts am wahren wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit im Rahmen dieser Verwendung. Lag aber eine Beschäftigung iSd. § 2 Abs. 2 AuslBG vor, ist es für die Strafbarkeit nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG unerheblich, ob für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung hätte eingeholt werden müssen oder eine Anzeigebestätigung ausgereicht hätte.
Normen
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 2020/I/098
AuslBG §3 idF 2019/I/104
VStG §44a Z1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §38
RS 2
Die Strafbestimmung des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG knüpft an die entgegen § 3 AuslBG erfolgende Beschäftigung eines Ausländers an. Deshalb erfüllt sowohl die bei Vorliegen einer Bewilligungspflicht bewilligungslose Beschäftigung wie auch die bei Vorliegen einer Anzeigepflicht anzeigelose Beschäftigung den Verwaltungsstraftatbestand. Es ist bei einer solchen Übertretung daher ausreichend, dem Beschuldigten (generell) vorzuwerfen, dass eine Beschäftigung erfolgt ist, obwohl für den beschäftigten Ausländer keine arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen sind. Es stellt kein Tatbestandsmerkmal dieser Übertretungen dar, welche der im AuslBG enthaltenen vielfältigen Bewilligungen der Ausländer im Einzelnen nicht besessen hat (vgl. ).
Normen
AuslBG §2 Abs14 idF 2018/I/056
AuslBG §2 Abs16 idF 2018/I/056
VwGG §42 Abs2 Z1
RS 3
Die Beschäftigung eines Studenten im Rahmen des Klinisch-Praktischen-Jahres ist weder als Volontariat iSd. § 2 Abs. 14 AuslBG noch als Praktikum nach § 2 Abs. 16 AuslBG einzuordnen. So ist für das Vorliegen eines Volontariats iSd. § 2 Abs. 14 AuslBG maßgebend, dass der Ausländer ausschließlich zum Zweck der Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen, zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis ohne Arbeitspflicht und ohne Entgeltanspruch gegenüber dem mit der Ausbildung betrauten Unternehmen in Österreich nicht länger als drei Monate im Kalenderjahr eingesetzt wird. Liegt auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht vor, kann von einer Tätigkeit als Volontär nicht gesprochen werden (vgl. ). Schon wegen einer sich aus dem Praktikumsvertrag ergebenden Arbeitspflicht von 40 Wochenstunden kann die Tätigkeit im Rahmen eines Klinisch-Praktischen-Jahres, eines für den Abschluss des Studiums der Humanmedizin verpflichtend zu absolvierenden Teils des Curriculums, nicht als Volontariat beurteilt werden. Zudem überschreitet die Dauer des Klinisch-Praktischen-Jahres das für ein solches vorgesehene zeitliche Ausmaß.
Normen
AuslBG §2 Abs15 idF 2018/I/056
AuslBG §2 Abs2 litc idF 2018/I/056
AuslBG §2 idF 2018/I/056
AuslBG §3 Abs5 idF 1995/895
AuslBG §3 Abs5 idF 1997/I/078
AuslBG §3 Abs5 idF 2019/I/104
VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg
RS 4
Der Begriff "Schüler" wird im AuslBG nicht näher definiert. Der Gesetzgeber bediente sich bei der Definition von Ferial- oder Berufspraktikanten in dieser Bestimmung jedoch auch der Begriffe "Lehr- oder Studiengang" sowie "inländische Bildungseinrichtung mit Öffentlichkeitsrecht". Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird unter dem Begriff "Studiengang" ein Studienangebot für Studierende (auch Studenten, Hochschüler) verstanden. Auch der Begriff "Bildungseinrichtungen mit Öffentlichkeitsrecht" bezieht sich bereits nach seinem Wortsinn nicht ausschließlich auf Schulen im engeren Sinn, sondern umfasst auch Hochschulen oder Universitäten. Somit ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut, dass unter dem Begriff "Schüler" in § 2 Abs. 15 AuslBG auch Studenten - für die im allgemeinen Sprachgebrauch synonym der Begriff "Hochschüler" Verwendung findet - zu verstehen sind. Aber auch eine historische Interpretation führt zu diesem Ergebnis: Hatte sich die Bestimmung des § 3 Abs. 5 AuslBG zunächst auf Volontäre beschränkt, wurde sie mit dem Antimißbrauchsgesetz, BGBl. Nr. 895/1995, auf Ferialpraktikanten und mit BGBl. I Nr. 78/1997 auch auf Berufspraktikanten ausgedehnt. Die Definitionen von Volontären sowie Ferial- und Berufspraktikanten fanden sich bis zu ihrer Transferierung in die Absätze 14 und 15 des § 2 AuslBG durch BGBl. I Nr. 56/2018 in § 3 Abs. 5 AuslBG. Zur Ausdehnung des § 3 Abs. 5 AuslBG auf Berufspraktikanten ist in den Materialien zur Novelle, BGBl. I Nr. 78/1997, (ErläutRV 689 BlgNR 20. GP 12) Folgendes ausgeführt: "Durch diese Ergänzungen und Änderungen soll dem Umstand Rechnung getragen werden, daß eine Reihe von Studienrichtungen, insbesondere die Studienrichtungen an den Fachhochschulen, Praktika vorschreiben, die länger als drei Monate dauern und daher nicht ausschließlich während der Sommer- oder Semesterferien absolviert werden können. Die Studierenden sollen die Möglichkeit haben, ihr Ferial- oder Berufspraktikum in der verpflichtend vorgeschriebenen Dauer ausüben zu können. Vom im Rahmen des Studiums vorgeschriebenen Ferial- oder Berufspraktikum jedoch streng zu unterscheiden ist die reine Ferialarbeit, die nicht Teil einer vorgeschriebenen praktischen Ausbildung ist und vorwiegend aus Lohnerwerbsgründen ausgeübt wird. Für diese ist eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich." Auch aus den Materialien geht somit unzweifelhaft hervor, dass nach dem Willen des historischen Gesetzgebers diese Bestimmung auch Studierende erfasst, die ein im Rahmen des Studiums vorgeschriebenes Ferial- oder Berufspraktikum absolvieren. Es liegt daher keine erst durch Analogie zu schließende echte Lücke vor.

Entscheidungstext

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Ra 2022/09/0073 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen Dr. Koprivnikar und Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die außerordentliche Revision der Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Graz gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , LVwG 30.12-2816/2022-9, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Univ.-Prof. Dr. A B in C, vertreten durch Dr. Uwe Niernberger, Dr. Angelika Kleewein, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Elisabethstraße 50c), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Graz (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde und nun revisionswerbende Partei) vom  wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Krankenanstaltengesellschaft (in der Folge: X GmbH) zu verantworten, dass diese als Arbeitgeberin einen namentlich genannten russischen Staatsangehörigen (in der Folge: Y) vom  bis zum beschäftigt habe, obwohl für ihn keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) in Verbindung mit § 9 VStG begangen, weshalb über ihn - unter Anwendung des § 20 VStG - gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG eine Geldstrafe von 500 Euro (im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden) verhängt wurde.

2 Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde.

3 Mit dem nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark der Beschwerde statt, behob das angefochtene Straferkenntnis und stellte das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z 1 VStG in Verbindung mit § 38 VwGVG ein. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.

4 Das Verwaltungsgericht ging dabei zusammengefasst von folgendem Sachverhalt aus:

5 Der Mitbeteiligte sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH, die im Eigentum des Landes D stehe. Sie sei nicht auf Gewinn ausgerichtet, gemeinnützig und diene dem Allgemeinwohl. Ihre unternehmerische Kernaufgabe seien die Errichtung und der Betrieb von Landeskrankenanstalten im Land D und deren Führung.

Der russische Staatsangehörige Y sei Student der Humanmedizin an der Medizinischen Universität E gewesen. Im Rahmen dieses Studiums müsse im dritten Studienabschnitt das sogenannte Klinisch-Praktische-Jahr in einem der Krankenhäuser der X GmbH absolviert werden. Dieses umfasse 48 Wochen und sei in drei Tertiale zu je 16 Wochen gegliedert. Entgeltlichkeit sei an sich nicht vorgesehen, die Medizinstudenten würden jedoch aufgrund einer Vereinbarung zwischen der X GmbH und der Medizinischen Universität E in Hinblick auf den abgeschlossenen Praktikumsvertrag für 40 Wochenstunden für jeweils vier Wochen ein Entgelt in der Höhe von 650 Euro brutto erhalten.

Y sei vom 20. Jänner bis sowie vom 17. Februar bis im Rahmen des Klinisch-Praktischen-Jahres bei der X GmbH beschäftigt gewesen. Er sei bei der Sozialversicherung angemeldet gewesen und es seien sämtliche mit der Entlohnung verbundenen Abgaben ordnungsgemäß abgeführt worden. Für den Zeitraum 20. Jänner bis sei eine Bestätigung des Arbeitsmarktservice für ein Ferial- oder Berufspraktikum von Y ausgestellt gewesen. Mit Schreiben vom sei aufgrund der Verlängerung des Praktikums von Y abermals eine Anzeigebestätigung beantragt worden, die für den Zeitraum 24. Februar bis neuerlich für ein Ferial- oder Berufspraktikum ausgestellt worden sei. Für den Zeitraum 17. Februar bis sei für die Beschäftigung des Y weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt gewesen und habe Y auch keine anderen - im Einzelnen aufgezählten - arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen besessen.

6 Rechtlich kam das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass die Beschwerde des Mitbeteiligten deshalb berechtigt sei, weil kein Verstoß gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz vorliege. Es führte dazu - auszugsweise - Folgendes aus (Schreibweise im Original, ohne die darin enthaltenen Hervorhebungen; Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

„In gegenständlicher Angelegenheit stellt sich nun die Frage, ob nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt die Beschäftigung von Y im Rahmen des Klinischen praktischen Jahres einerseits überhaupt als Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs 2a AuslBG [gemeint: § 2 Abs. 2 lit. a AuslBG; Anmerkung des Verwaltungsgerichtshofes] vorliegt und andererseits ob ein Volontariat oder Ferial- oder Berufspraktikum oder sonstiges Praktikum vorgelegen hat.

Würde eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs 2 AuslBG vorliegen, so wäre eine Beschäftigungsbewilligung und nicht eine Anzeigebestätigung einzuholen gewesen.

Im gegenständlichen Fall handelte es sich jedoch nicht um eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs 2 AuslBG, sondern um einen Teil des Studiums des Studenten Y. Dass tatsächlich ein Teil des Studiums absolviert worden ist, lässt sich auch aus dem Curriculum der Medizinischen Universität entnehmen, welches hier teilweise zur besseren Verständlichkeit wiedergegeben wird:

...

Eine Tätigkeit im Rahmen des klinischen praktischen Jahres kann daher nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt nicht als Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs 2 iVm § 2 Abs 4 AusIBG angesehen werden, zumal die Absolvierung des KPJ [Klinisch-Praktisches-Jahr; Anmerkung des Verwaltungsgerichtshofes] einen verpflichtenden Teil des Studiums der Humanmedizin ausmacht. Dies wurde auch weder vom AMS, noch von der mitbeteiligten Partei, noch von der belangten Behörde angenommen.

Sowohl das AMS, als auch die Finanzpolizei als mitbeteiligte Partei und die belangte Behörde sind davon ausgegangen, dass keine Beschäftigungsbewilligung, sondern eine Anzeigebestätigung zu beantragen ist und der Ausländer Y gemäß § 3 Abs 5 AusIBG als Volontär (§ 2 Abs 14), Ferial- oder Berufspraktikant (§ 2 Abs 15) oder Praktikant (§ 2 Abs 16) beschäftigt worden ist und er deshalb keine Beschäftigungsbewilligung benötigt, jedoch die Beschäftigung spätestens drei Wochen vor Beginn der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des AMS anzuzeigen ist. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs 14 gelten Ausländer als Volontäre, die ausschließlich zum Zwecke der Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis ohne Arbeitspflicht und ohne Entgeltanspruch bis zu drei Monate im Kalenderjahr beschäftigt werden und dabei keine Hilfsarbeiten, einfache angelernte Tätigkeiten oder Arbeiten auf Baustellen verrichten. Y konnte unter zu Grundlegung der gesetzlichen Definition auf den KPJ-Studenten niemals als Volontär angesehen werden. Das klinisch praktische Jahr ist aufgrund des Studienplans der medizinischen Universität verpflichtend vorgeschrieben, weshalb es sich um einen verpflichtend zu absolvierenden Teil des Universitätsstudiums und nicht um ein Volontariat im Sinne des AuslBG handelt.

Als Ferial- oder Berufspraktikanten gelten gemäß § 3 Abs 15 AuslBG Schüler, die eine im Rahmen eines geregelten Lehr- oder Studiengangs an einer inländischen Bildungseinrichtung mit Öffentlichkeitsrecht vorgeschriebene Tätigkeiten verrichten. Zweifelsfrei ist ein Medizinstudent nicht als Schüler im Sinne des § 3 Abs 15 anzusehen, weshalb auch eine Anzeigenbestätigung für Ferial- oder Berufspraktikanten im konkreten Fall ausscheiden muss.

Als Praktikanten im Sinn der Richtlinie (EU) 2016/801, über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem freiwilligen Dienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au Pair-Tätigkeit (im Folgenden: Forscher- und Studenten-Richtlinie), ABI. Nr. L 132 vom , S. 21, gelten Ausländer, die in einem Drittstaat ein Studium absolvieren, das zu einem Hochschulabschluss führt oder vor nicht mehr als zwei Jahren einen Hochschulabschluss erlangt haben und im Rahmen einer Vereinbarung eines studienbezogenen Praktikums mit einer aufnehmenden Einrichtung auf entsprechenden Qualifikationsniveau für die Dauer von 91 bis 180 Tagen beschäftigt werden, um sich Wissen, praktische Kenntnisse und Erfahrungen in einem beruflichen Umfeld anzueignen (§ 3 Abs 16 AusIBG). Ebenfalls kann Y mit seiner Tätigkeit im Rahmen des klinischen praktischen Jahres nicht als Praktikant im Sinne des § 3 Abs 16 oder als Praktikant im Sinne der Richtlinie EU 2016/801 angesehen werden, weil es sich hier einerseits um einen Teil des Studiums gehandelt hat und auch der Zeitraum weit mehr als 180 Tage beträgt, welche die ausländischen Studenten im Rahmen des 3. Studienabschnitts bei der X GmbH absolvieren müssen.

Es liegt somit, so wie der Beschwerdeführer richtigerweise erkannt hat, eine Lücke im Gesetz vor. Da es sich im gegenständlichen Fall um Strafrecht handelt, kann diese Lücke nicht durch Analogie geschlossen werden. Nach Art. 7 der EMRK kann niemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach inländischem oder internationalem Recht nicht strafbar war.“

7 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Landesverwaltungsgericht fallunspezifisch mit dem Fehlen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der Mitbeteiligte erstattete in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

9 Die revisionswerbende Partei sieht die Zulässigkeit ihrer Revision zusammengefasst darin gelegen, dass keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vorliege, ob ein ausländischer Medizinstudent bei Absolvierung des Klinisch-Praktischen-Jahres dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterliege und ein Anwendungsfall des § 2 Abs. 2 lit. c AuslBG vorliege.

10 Mit diesem Vorbringen erweist sich die Revision entgegen dem, den Verwaltungsgerichtshof nicht bindenden (§ 34 Abs. 1a VwGG) Ausspruch des Landesverwaltungsgerichts Steiermark als zulässig; sie ist auch begründet:

11 Die maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, § 2 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, § 3 in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2019, § 28 in der Fassung BGBl. I Nr. 98/2020, lauten auszugsweise:

„Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,

...

(14) Als Volontäre gelten Ausländer, die ausschließlich zum Zwecke der Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis ohne Arbeitspflicht und ohne Entgeltanspruch bis zu drei Monaten im Kalenderjahr beschäftigt werden und dabei keine Hilfsarbeiten, einfache angelernte Tätigkeiten oder Arbeiten auf Baustellen verrichten.

(15) Als Ferial- oder Berufspraktikanten gelten Schüler, die eine im Rahmen eines geregelten Lehr- oder Studienganges an einer inländischen Bildungseinrichtung mit Öffentlichkeitsrecht vorgeschriebene Tätigkeit verrichten.

(16) Als Praktikanten im Sinne der Richtlinie (EU) 2016/801 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (im Folgenden: Forscher- und Studenten-Richtlinie), ABl. Nr. L 132 vom S. 21 gelten Ausländer, die in einem Drittstaat ein Studium absolvieren, das zu einem Hochschulabschluss führt, oder vor nicht mehr als zwei Jahren einen Hochschulabschluss erlangt haben und im Rahmen einer Vereinbarung eines studienbezogenen Praktikums mit einer aufnehmenden Einrichtung auf entsprechendem Qualifikationsniveau für die Dauer von 91 bis 180 Tagen beschäftigt werden, um sich Wissen, praktische Kenntnisse und Erfahrungen in einem beruflichen Umfeld anzueignen.

...

Voraussetzungen für die Beschäftigung von Ausländern

§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige ‚Rot-Weiß-Rot - Karte‘, ‚Blaue Karte EU, Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer (´ICT`), Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer (΄mobile ICT`), Aufenthaltsbewilligung ´Familiengemeinschaft` mit Zugang zum Arbeitsmarkt (§ 20f Abs. 4)‘ oder ‚Niederlassungsbewilligung - Künstler‘ oder eine ‚Rot-Weiß-Rot - Karte plus‘, eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus‘, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel ‚Familienangehöriger‘ oder ‚Daueraufenthalt - EU‘ besitzt.

...

(5) Ausländer, die als Volontäre (§ 2 Abs. 14), Ferial- oder Berufspraktikanten (§ 2 Abs. 15) oder Praktikanten (§ 2 Abs. 16) beschäftigt werden, bedürfen keiner Beschäftigungsbewilligung. Die Beschäftigung ist vom Inhaber des Betriebs, in dem der/die AusländerIn beschäftigt wird, spätestens drei Wochen vor Beginn der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice und der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz des Amtes für Betrugsbekämpfung anzuzeigen. Die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zweier Wochen eine Anzeigebestätigung auszustellen. Nach Ablauf dieser Frist darf die Beschäftigung aber auch vor Ausstellung der Anzeigebestätigung aufgenommen werden. Bei einer allfälligen Ablehnung der Anzeigebestätigung nach Ablauf dieser Frist ist die bereits begonnene Beschäftigung umgehend, spätestens jedoch binnen einer Woche nach Zustellung der Ablehnung, zu beenden. Die Anzeigebestätigung ist nur auszustellen, wenn die Gewähr gegeben ist, dass der wahre wirtschaftliche Gehalt der beabsichtigten Beschäftigung dem eines Volontariates (§ 2 Abs. 14) oder eines Praktikums (§ 2 Abs. 15 oder 16) entspricht.

...

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 28c), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1. wer

a) entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige ‚Rot-Weiß-Rot - Karte‘, ‚Blaue Karte EU, Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer (´ICT`), Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer (´mobile ICT`), Aufenthaltsbewilligung ´Familiengemeinschaft` mit Zugang zum Arbeitsmarkt (§ 20f Abs. 4)‘ oder ‚Niederlassungsbewilligung - Künstler‘ oder keine ‚Rot-Weiß-Rot - Karte plus‘, keine ‚Aufenthaltsberechtigung plus‘, keinen Befreiungsschein (§ 4c) oder keinen Aufenthaltstitel ‚Familienangehöriger‘ oder ‚Daueraufenthalt - EU‘ besitzt, oder

b) ...

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis 50 000 Euro;

...“

12 Als Beschäftigung im Sinn des Ausländerbeschäftigungsgesetzes gilt nach § 2 Abs. 1 AuslBG - unter anderem - die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis (lit. a leg. cit.), in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis (lit. b leg. cit.) und in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5 AuslBG (lit. c leg. cit.). Jede Beschäftigung eines Ausländers im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG darf nur unter den in § 3 Abs. 1 AuslBG genannten Voraussetzungen erfolgen.

13 Für die Beschäftigung von Ausländern als Volontäre (§ 2 Abs. 14 AuslBG), Ferial- oder Berufspraktikanten (§ 2 Abs. 15 AuslBG) oder Praktikanten (§ 2 Abs. 16 AuslBG) sieht § 3 Abs. 5 AuslBG insofern eine Erleichterung gegenüber dem - bei einer Beschäftigung in jedem anderen Ausbildungsverhältnis (§ 2 Abs. 2 lit. c AuslBG) bestehenden - Erfordernis der Einholung einer Beschäftigungsbewilligung vor, dass in diesem Fall eine Anzeigebestätigung ausreichend ist. In diesem Fall ist die Beschäftigung vom Inhaber des Betriebs, in dem der Ausländer beschäftigt wird, spätestens drei Wochen vor Beginn den zuständigen Stellen anzuzeigen.

14 Wenn das Verwaltungsgericht nun zunächst die Frage aufwarf, ob die Tätigkeit im Rahmen des Klinisch-Praktischen-Jahres überhaupt eine Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG darstelle, die in diesem Fall einer Beschäftigungsbewilligung bedürfe, verkannte es bereits, dass - wie dargestellt - jede Verwendung auch in einem Ausbildungsverhältnis einschließlich der Tätigkeiten der Volontäre, Ferial- und Berufspraktikanten oder Praktikanten gemäß lit. c dieser Norm als Beschäftigung im Sinn dieser Bestimmung gilt, die nur unter den Voraussetzungen des § 3 AuslBG zulässig ist.

15 Das Vorliegen einer Beschäftigung kann in diesem Zusammenhang - wie das Verwaltungsgericht vermeinte - auch nicht bloß deshalb verneint werden, weil das Klinisch-Praktische-Jahr einen verpflichtenden Teil des Studiums ausmacht, ändert eine aufgrund eines Lehrplans oder eines Curriculums bestehende Verpflichtung zur Absolvierung eines Praktikums doch nichts am wahren wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit im Rahmen dieser Verwendung.

16 Lag aber eine Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG vor, ist es für die Strafbarkeit nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG unerheblich, ob für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung hätte eingeholt werden müssen oder eine Anzeigebestätigung ausgereicht hätte.

17 So knüpft die Strafbestimmung des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG an die entgegen § 3 AuslBG erfolgende Beschäftigung eines Ausländers an. Deshalb erfüllt sowohl die bei Vorliegen einer Bewilligungspflicht bewilligungslose Beschäftigung wie auch die bei Vorliegen einer Anzeigepflicht anzeigelose Beschäftigung den Verwaltungsstraftatbestand. Es ist bei einer solchen Übertretung nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes daher ausreichend, dem Beschuldigten (generell) vorzuwerfen, es sei eine Beschäftigung erfolgt, obwohl für den beschäftigten Ausländer keine arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Es stellt kein Tatbestandsmerkmal der gegenständlichen Übertretungen dar, welche der im Ausländerbeschäftigungsgesetz enthaltenen vielfältigen Bewilligungen der Ausländer im Einzelnen nicht besessen hätte (vgl. etwa , mwN).

18 Da nach dem Ausgeführten im Revisionsfall ausgehend von den unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts im inkriminierten Zeitraum weder eine Bewilligung noch eine Bestätigung für die zu bejahende Beschäftigung des Y durch die X GmbH im Rahmen des Klinisch-Praktischen-Jahres vorlag, war der Straftatbestand des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG bereits deshalb erfüllt.

19 Darüber hinaus hat das Landesverwaltungsgericht aber auch die Art der Verwendung des Ausländers im Rahmen des Klinisch-Praktischen-Jahres verkannt:

20 Insoweit zutreffend kam das Verwaltungsgericht noch zur Beurteilung, dass die Beschäftigung des Studenten im Rahmen des Klinisch-Praktischen-Jahres weder als Volontariat im Sinn des § 2 Abs. 14 AuslBG noch als Praktikum nach § 2 Abs. 16 AuslBG einzuordnen ist.

21 So ist für das Vorliegen eines Volontariats im Sinn des § 2 Abs. 14 AuslBG maßgebend, dass der Ausländer ausschließlich zum Zweck der Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen, zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis ohne Arbeitspflicht und ohne Entgeltanspruch gegenüber dem mit der Ausbildung betrauten Unternehmen in Österreich nicht länger als drei Monate im Kalenderjahr eingesetzt wird. Liegt auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht vor, kann von einer Tätigkeit als Volontär nicht gesprochen werden (vgl. , zu § 3 Abs. 5 lit. a AuslBG idF BGBl. I Nr. 78/1997). Schon wegen der sich aus dem Praktikumsvertrag ergebenden Arbeitspflicht von 40 Wochenstunden kann die Tätigkeit im Rahmen des Klinisch-Praktischen-Jahres, eines für den Abschluss des Studiums der Humanmedizin verpflichtend zu absolvierenden Teils des Curriculums, nicht als Volontariat beurteilt werden. Zudem überschreitet die Dauer des Klinisch-Praktischen-Jahres das für ein solches vorgesehene zeitliche Ausmaß.

22 Als Praktikanten im Sinn des § 2 Abs. 16 AuslBG gelten Ausländer, die in einem Drittstaat ein Studium absolvieren, das zu einem Hochschulabschluss führt, oder vor nicht mehr als zwei Jahren einen Hochschulabschluss erlangt haben und im Rahmen einer Vereinbarung eines studienbezogenen Praktikums mit einer aufnehmenden Einrichtung auf entsprechendem Qualifikationsniveau für die Dauer von 91 bis 180 Tagen beschäftigt werden, um sich Wissen, praktische Kenntnisse und Erfahrungen in einem beruflichen Umfeld anzueignen. Neben der auch hier gegen eine Einordnung des Klinisch-Praktischen-Jahres unter diesen Begriff sprechenden Dauer desselben, kann der Ausländer im vorliegenden Fall vor allem schon deshalb nicht als Praktikant im Sinn des § 2 Abs. 16 AuslBG beurteilt werden, weil dieser sein Studium nach den Feststellungen nicht an einer Hochschule in einem Drittstaat, sondern in Österreich absolviert.

23 Die Einordnung von Y als Ferial- oder Berufspraktikant im Sinn des § 2 Abs. 15 AuslBG lehnte das Verwaltungsgericht mit der Begründung ab, dass ein Medizinstudent „zweifelsfrei“ nicht als Schüler anzusehen sei. Diese Argumentation greift hingegen zu kurz:

24 Als Ferial- oder Berufspraktikanten gelten gemäß § 2 Abs. 15 AuslBG „Schüler, die eine im Rahmen eines geregelten Lehr- oder Studienganges an einer inländischen Bildungseinrichtung mit Öffentlichkeitsrecht vorgeschriebene Tätigkeit verrichten“.

25 Der Begriff „Schüler“ wird im Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht näher definiert. Der Gesetzgeber bediente sich bei der Definition von Ferial- oder Berufspraktikanten in dieser Bestimmung jedoch auch der Begriffe „Lehr- oder Studiengang“ sowie „inländische Bildungseinrichtung mit Öffentlichkeitsrecht“.

26 Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird unter dem Begriff „Studiengang“ ein Studienangebot für Studierende (auch Studenten, Hochschüler) verstanden. Auch der Begriff „Bildungseinrichtungen mit Öffentlichkeitsrecht“ bezieht sich bereits nach seinem Wortsinn nicht ausschließlich auf Schulen im engeren Sinn, sondern umfasst auch Hochschulen oder Universitäten.

27 Somit ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut, dass unter dem Begriff „Schüler“ in § 2 Abs. 15 AuslBG auch Studenten - für die im allgemeinen Sprachgebrauch synonym der Begriff „Hochschüler“ Verwendung findet - zu verstehen sind. Aber auch eine historische Interpretation führt zu diesem Ergebnis:

28 Hatte sich die Bestimmung des § 3 Abs. 5 AuslBG zunächst auf Volontäre beschränkt, wurde sie mit dem Antimißbrauchsgesetz, BGBl. Nr. 895/1995, auf Ferialpraktikanten und mit BGBl. I Nr. 78/1997 auch auf Berufspraktikanten ausgedehnt. Die Definitionen von Volontären sowie Ferial- und Berufspraktikanten fanden sich bis zu ihrer Transferierung in die Absätze 14 und 15 des § 2 AuslBG durch BGBl. I Nr. 56/2018 in § 3 Abs. 5 AuslBG.

29 Zur Ausdehnung des § 3 Abs. 5 AuslBG auf Berufspraktikanten ist in den Materialien zur Novelle, BGBl. I Nr. 78/1997, (ErläutRV 689 BlgNR 20. GP 12) Folgendes ausgeführt:

„Durch diese Ergänzungen und Änderungen soll dem Umstand Rechnung getragen werden, daß eine Reihe von Studienrichtungen, insbesondere die Studienrichtungen an den Fachhochschulen, Praktika vorschreiben, die länger als drei Monate dauern und daher nicht ausschließlich während der Sommer- oder Semesterferien absolviert werden können. Die Studierenden sollen die Möglichkeit haben, ihr Ferial- oder Berufspraktikum in der verpflichtend vorgeschriebenen Dauer ausüben zu können. Vom im Rahmen des Studiums vorgeschriebenen Ferial- oder Berufspraktikum jedoch streng zu unterscheiden ist die reine Ferialarbeit, die nicht Teil einer vorgeschriebenen praktischen Ausbildung ist und vorwiegend aus Lohnerwerbsgründen ausgeübt wird. Für diese ist eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich.“

30 Auch aus den Materialien geht somit unzweifelhaft hervor, dass nach dem Willen des historischen Gesetzgebers diese Bestimmung auch Studierende erfasst, die ein im Rahmen des Studiums vorgeschriebenes Ferial- oder Berufspraktikum absolvieren. Entgegen der in der Literatur vereinzelt vertretenen Ansicht (vgl. Kind, AuslBG [2018] § 3 Rz 7) liegt daher keine erst durch Analogie zu schließende echte Lücke vor.

31 Die hier zu beurteilende Beschäftigung (§ 2 Abs. 2 lit. c AuslBG) des russischen Medizinstudenten im Rahmen des Klinisch-Praktischen-Jahres ist somit als Berufspraktikum im Sinn des § 2 Abs. 15 AuslBG zu qualifizieren, für die es einer Anzeigebestätigung nach § 3 Abs. 5 AuslBG bedurfte.

32 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AuslBG §2 Abs14 idF 2018/I/056
AuslBG §2 Abs15 idF 2018/I/056
AuslBG §2 Abs16 idF 2018/I/056
AuslBG §2 Abs2 idF 2018/I/056
AuslBG §2 Abs2 litc idF 2018/I/056
AuslBG §2 idF 2018/I/056
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 2020/I/098
AuslBG §3 Abs1 idF 2019/I/104
AuslBG §3 Abs5 idF 1995/895
AuslBG §3 Abs5 idF 1997/I/078
AuslBG §3 Abs5 idF 2019/I/104
AuslBG §3 idF 2019/I/104
VStG §44a Z1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §38
VwRallg
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere Rechtsgebiete "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022090073.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAF-45951