VwGH 07.06.2022, Ra 2022/08/0079
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Die Eintragung der Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH im Firmenbuch hat nur deklarative Bedeutung; die Bestellung ist nach Zustimmung des Geschäftsführers sofort wirksam, und er ist bereits vor der Eintragung zu Vertretungshandlungen für die Gesellschaft berechtigt (vgl. , mwN). Das muss auch eine kontoführende Bank gegen sich gelten lassen, sobald ihr (im Sinn des § 15 Abs. 1 UGB) die Geschäftsführerbestellung bekannt gemacht wird. |
Norm | ASVG §67 Abs10 |
RS 2 | Der Masseverwalter kann nur für Masseforderungen haften (vgl. , und die dort verwiesene Vorjudikatur). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des C, vertreten durch die Stix Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in 1120 Wien, Rotenmühlgasse 11/10, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. L501 2216578-1/11E, betreffend Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Gesundheitskasse Landesstelle Salzburg), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Um die vom Gesetzgeber bei einer Entscheidung über die aufschiebende Wirkung geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.381/A) erforderlich, dass der Antragsteller konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt. Im Fall der Auferlegung von Geldleistungen ist es notwendig, die im Zeitpunkt der Antragstellung bezogenen Einkünfte sowie Vermögensverhältnisse (unter Einschluss der Schulden nach Art und Ausmaß) konkret - tunlichst ziffernmäßig - anzugeben; weiters sind Angaben dazu erforderlich, welcher Vermögensschaden durch welche Maßnahme droht und inwiefern dieser Schaden im Hinblick auf die sonstigen Vermögensumstände der beschwerdeführenden Partei unverhältnismäßig ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , AW 2010/08/0003).
2 Die Begründung des vorliegenden Antrags beschränkt sich demgegenüber auf die Behauptung, dass die Höhe der auferlegten Geldleistung für den Revisionswerber eine unverhältnismäßige wirtschaftliche Belastung darstellen und eine prekäre finanzielle Lage begründen würde; jedenfalls wäre es ihm unmöglich, diesen Betrag rechtzeitig zu bezahlen, weshalb gegen ihn eine Exekution beantragt werden könnte. Mit der Eintragung in das Exekutionsregister und „diverse Schuldenregister“ könne er seine Erwerbstätigkeit nicht mehr ausüben, womit ihm alters- und gesundheitsbedingt Altersarmut und damit ein unwiederbringlicher Schaden drohen würde.
3 Dieses Vorbringen genügt nicht den oben dargestellten Anforderungen, weshalb dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben werden konnte.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision des C H in T, vertreten durch die Stix Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in 1120 Wien, Rotenmühlgasse 11/10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , L501 2216578-1/11E, betreffend Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Gesundheitskasse), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem im Beschwerdeweg ergangen angefochtenen Erkenntnis wurde dem Revisionswerber als ehemaligem Geschäftsführer der B. GmbH gemäß § 67 Abs. 10 ASVG die Haftung für rückständige Beiträge in Höhe von € 13.197,47 zuzüglich Verzugszinsen auferlegt. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Unter diesem Gesichtspunkt macht der Revisionswerber geltend, dass er zu Unrecht zur Haftung herangezogen worden sei, weil er im maßgeblichen Zeitraum - im August und September 2016 - noch nicht als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen gewesen sei und dementsprechend auch keine Verfügungsgewalt über die Geschäftskonten gehabt habe, da ihm auf Grund der Publizitätswirkung des Firmenbuchs keine Bank Zugang zu den Konten gewährt hätte.
6 Der Revisionswerber bestreitet aber nicht, dass er mit Gesellschafterbeschluss vom zum alleinigen Geschäftsführer der B. GmbH mit selbständigem Vertretungsrecht ab Beschlussfassung bestellt wurde. Demgegenüber hat die (im vorliegenden Fall am erfolgte) Eintragung im Firmenbuch nur deklarative Bedeutung; die Bestellung ist nach Zustimmung des Geschäftsführers sofort wirksam, und er ist bereits vor der Eintragung zu Vertretungshandlungen für die Gesellschaft berechtigt (vgl. , mwN). Das muss auch eine kontoführende Bank gegen sich gelten lassen, sobald ihr (im Sinn des § 15 Abs. 1 UGB) die Geschäftsführerbestellung bekannt gemacht wird. Dass dem Revisionswerber entgegen dieser Rechtslage tatsächlich die Verfügung über die Konten der B. GmbH verweigert worden sei - was dazu geführt hätte, dass die GmbH überhaupt keine Zahlungen mehr hätte leisten können -, hat er nicht behauptet.
7 Soweit der Revisionswerber vorbringt, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, wonach zu den nach § 67 Abs. 10 ASVG zur Vertretung berufenen Personen auch der Masseverwalter im Konkurs gehöre, übersieht er, dass der Masseverwalter nach dem in der Revision zitierten Erkenntnis , (und der dort verwiesenen Vorjudikatur) nur für Masseforderungen haften kann. Auf die Haftung des Revisionswerbers, die sich auf Zeiträume vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bezieht, hat eine allfällige Haftung des Masseverwalters schon deswegen keine Auswirkungen.
8 Der Revisionswerber rügt außerdem das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung. Das Bundesverwaltungsgericht durfte aber vertretbar von einem im Sinn des § 24 Abs. 4 VwGVG geklärten Sachverhalt ausgehen und daher von der Durchführung einer Verhandlung absehen, hatte der Revisionswerber doch weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag die Feststellungen der belangten Behörde substantiiert bestritten, sondern sich im Wesentlichen auf seine mangelnde Verantwortlichkeit vor Eintragung der Bestellung zum Geschäftsführer in das Firmenbuch berufen.
9 Entgegen dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen trifft es auch nicht zu, dass die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Pflichtverletzung durch den Revisionswerber sowie zur Kausalität dieser Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden unzureichend waren. Als Pflichtverletzung wurde die Nichtentrichtung der fälligen bzw. rückständigen Beiträge festgestellt; von einem Verschulden des Revisionswerbers daran durfte das Bundesverwaltungsgericht ohne weiteres ausgehen, weil er keinerlei Nachweise zur Gläubigergleichbehandlung vorgelegt hatte (vgl. zur Mitwirkungspflicht des Vertreters insoweit etwa ). Was die Kausalität der Nichtentrichtung der Beiträge für deren Uneinbringlichkeit betrifft, so liegt sie auf der Hand und bedarf keiner besonderen Begründung; anders ist das bei sonstigen Pflichtverletzungen, insbesondere bei Meldepflichtverletzungen (vgl. zu einem derartigen Fall etwa ) - solche wurden dem Revisionswerber aber nicht vorgeworfen.
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | VwGG §30 Abs2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022080079.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAF-45935