VwGH 21.06.2022, Ra 2022/08/0076
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Norm | VwGG §30 Abs2 |
RS 1 | Nichtstattgebung - Feststellung von Beitragsgrundlagen in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG - Das übrige Vorbringen des Aufschiebungsantrages beschränkt sich auf Fragen der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses (und damit die Erfolgsaussichten der Revision), welche im Provisorialverfahren betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Allgemeinen nicht weiter maßgebend ist (vgl. dazu ; , AW 2005/13/0040). Relevanz hätte ein solcher Umstand dann, wenn die angefochtene Entscheidung evident bzw. offenkundig rechtswidrig ist, im Zusammenhang mit der Frage, ob bei der Beurteilung der gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung allenfalls sprechenden (zwingenden) öffentlichen Interessen von den Sachverhaltsannahmen in der angefochtenen Entscheidung ausgegangen werden kann (vgl. -0044; , Ra 2021/11/0007, mwN; , Ra 2020/11/0041; vgl. weiters ; , Ra 2014/04/0004; , Ra 2017/08/0058, jeweils zur Annahme eines unverhältnismäßigen Nachteils dann, wenn der Antragsteller mit den "nicht geringfügigen" Folgen "eines offenkundig vorliegenden Fehlers ... belastet würde"). |
Norm | VwGG §30 Abs3 |
RS 2 | Nichtstattgebung - Festsetzung der Gesamtbeurteilung nach dem RStDG - Der Antragsteller hat bereits in seinem Aufschiebungsantrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil liege, wobei der Verwaltungsgerichtshof an die Konkretisierungspflicht strenge Anforderungen stellt. Die Beurteilung, ob die geltend gemachten Nachteile die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit erreichen, hängt entscheidend von den im Aufschiebungsantrag vorgebrachten konkreten Angaben über den eintretenden Nachteil ab (vgl. , mwN). Mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen wird ein für den Revisionswerber unverhältnismäßiger Nachteil nicht hinreichend konkretisiert. Bloß abstrakte von konkreten Sachverhaltsumständen losgelöste (hypothetische) Möglichkeiten sind nicht als ausreichend anzusehen (vgl. ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2021/09/0028 B RS 2 (hier nur der zweite Satz; Feststellung von Beitragsgrundlagen in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG) |
Normen | |
RS 1 | Im Verfahren über Beiträge zur Sozialversicherung unterliegt die Behörde (das VwG) der Verpflichtung, auch den Umfang der Beitragspflicht nachvollziehbar zu begründen. Die Begründung einer Entscheidung, mit der Beiträge nachverrechnet werden, ist einer nachprüfenden Rechtskontrolle nur zugänglich, wenn diese darlegt, aus welchen Bestandteilen sich die Beitragsgrundlage im konkreten Fall zusammensetzt und wie sich die Höhe des vorgeschriebenen Beitrages errechnet (vgl. ; , 2010/08/0069, sowie etwa das dort zitierte Erkenntnis ). Es ist zwar in Fällen, in denen die rechnerische Richtigkeit der Beiträge im Beschwerdeverfahren nicht in Frage gestellt wurde, nicht ausgeschlossen, auf die dem bekämpften Bescheid zugrunde liegenden Berechnungen zu verweisen (vgl. , wonach auch ohne eine solche Bestreitung als Minimalerfordernis der Begründung eines die Beitragspflicht auferlegenden verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses zumindest die nachvollziehbare Angabe des Zeitraums, auf den sich diese Pflicht bezieht, anzusehen ist). Jedenfalls im Fall einer entsprechenden Bestreitung wird aber in der Entscheidung selbst darzulegen sein, welche Beiträge sich aus welchen Beitragsgrundlagen aufgrund welches anzuwendenden Beitragssatzes ergeben (vgl. ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2021/08/0089 E RS 2 (hier: Nichts anderes kann im Hinblick auf die Begründung der Entscheidung über Beitragsgrundlagen gelten, wenn deren Zusammensetzung oder Berechnung konkret bestritten wird.) |
Norm | GSVG 1978 §25 Abs2 Z2 |
RS 2 | Hinsichtlich der gemäß § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG hinzuzurechnenden Krankenversicherungsbeiträge und Pensionsversicherungsbeiträge kommt es nur darauf an, ob die Beiträge im betreffenden Jahr vorgeschrieben wurden, nicht aber darauf, für welche Kalenderjahre sie vorgeschrieben wurden (vgl. ; 2005/08/0208, mwN). Es kommt nicht darauf an, ob es im betreffenden Jahr zu einer Auswirkung auf die Beitragsgrundlage gekommen ist () beziehungsweise, ob Beiträge tatsächlich im jeweiligen Kalenderjahr als Betriebsausgaben geltend gemacht wurden; etwaigen Stundungen oder Ratenzahlungen, auf die die Aktenlage hinweist, kommt keine Relevanz zu (). |
Normen | |
RS 3 | Bei der Höhe der "vorgeschriebenen Beiträge", an die § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG anknüpft, handelt es sich um eine Sachverhaltsfrage, zu welcher - jedenfalls im Bestreitungsfall - durch eine nachvollziehbare Beweiswürdigung untermauerte Feststellungen zu treffen sind. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen bestimmte Beträge als "vorgeschriebene Beiträge" im Sinn des § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG zu qualifizieren sind, ist demgegenüber eine Rechtsfrage. |
Normen | |
RS 4 | Der Umstand, dass die Partei der mündlichen Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben ist, kann allenfalls als ergänzendes Element im Rahmen einer Beweiswürdigung zu bestimmten Tatsachenfragen (wie solchen, bezüglich derer die abwesende Partei eine Darlegungs- oder Nachweisobliegenheit trifft) eine Rolle spielen, er kann aber die Behörde (das VwG) nicht davon entheben, sich bei entsprechendem Vorbringen auch mit der der Sachverhaltsfrage zugrunde liegenden Rechtsfrage auseinanderzusetzen und zum strittigen Sachverhalt geeignete - auf eine taugliche Beweiswürdigung gestützte - eigene Feststellungen zu treffen. |
Normen | |
RS 5 | Das Nichterscheinen einer Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung hindert die Durchführung der Verhandlung nicht. Voraussetzung für die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Partei ist eine "ordnungsgemäße Ladung". Davon kann dann nicht gesprochen werden, wenn einer der im § 19 Abs. 3 AVG genannten - das Nichterscheinen des Geladenen rechtfertigenden - Gründe vorliegt. Die Rechtfertigungsgründe haben auch für einen geladenen Vertreter Geltung (vgl. , mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/20/0137 E RS 1 (hier ohne den letzten Satz) |
Normen | |
RS 6 | Eine rechtswirksam geladene Partei hat die zwingenden Gründe für ihr Nichterscheinen darzutun. Sie muss etwa im Fall einer Erkrankung nicht nur deren Vorliegen behaupten und dartun, sondern auch die Hinderung am Erscheinen bei der Verhandlung aus diesem Grund (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2013/02/0260, sowie vom , 2012/02/0079). Die Triftigkeit des Nichterscheinens muss überprüfbar sein (vgl. das Erkenntnis vom , 2009/02/0292). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2015/08/0006 E RS 3 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Dipl.-Ing. P, vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W228 2250183-2/14E, betreffend Feststellung von Beitragsgrundlagen in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG und in der Pensionsversicherung nach dem FSVG sowie Verpflichtung zur Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit Bescheid vom traf die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen gegenüber dem Revisionswerber die Feststellung der Höhe der monatlichen Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung nach dem GSVG (Spruchpunkt 1.), der Höhe der monatlichen Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung nach dem GSVG (Spruchpunkt 2.), sowie der Höhe der monatlichen Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 FSVG (Spruchpunkt 3.), jeweils für die Jahre 2012 bis 2018 und (vorläufig) für die Jahre 2019 bis 2021. Weiters sprach sie aus, dass der Revisionswerber verpflichtet sei, einen Gesamtbetrag in der Höhe von € 4.998,25 an Sozialversicherungsbeiträgen zur Pensions- Kranken- und Unfallversicherung, Beiträgen zur Selbständigenvorsorge sowie Nebengebühren und Verzugszinsen zu bezahlen (Spruchpunkt 4.) und verpflichtete ihn, ab Verzugszinsen in Höhe von 3,38 % aus den offenen Beiträgen der Kranken-, Pensions-, und Unfallversicherung zu zahlen (Spruchpunkt 5.).
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis behob das Bundesverwaltungsgericht den Spruchpunkt 5. dieses Bescheides, setzte den mit Spruchpunkt 4. festgesetzten Betrag auf € 4.194,08 herab und wies die Beschwerde im Übrigen ab.
3 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision beantragt der Revisionswerber die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Zur Begründung bringt er vor, der Vollzug der angefochtenen Entscheidung würde „dahingehend“ einen unverhältnismäßigen Nachteil nach sich ziehen, weil „offensichtlich und klar erkennbar“ ein Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht und darüber hinaus unklar bleibe, ob die Höhe des ausgewiesenen Rückstandes richtig oder falsch sei. Dieser sei sohin nicht ausreichend begründet.
4 Darüber hinaus habe die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts „erhebliche Auswirkungen auf die Pensionsbeiträge des Revisionswerbers“. Dies wird (nach Ausführungen zu den §§ 52 Abs. 2 BMSVG und 35 GSVG) damit begründet, dass der „Verdacht“ bestehe, dass „mögliche Versicherungsbeiträge“ des Revisionswerbers (von der belangten Behörde) als Beiträge zur Selbständigenvorsorge („SeVo Beiträge“) gewertet worden seien. Der Revisionswerber habe „jedenfalls“ nie „SeVo Beiträge“ bezahlt, da er „alle Überweisungen gewidmet“ habe. Nachdem die gesamte Beitragsschuld nie beglichen worden und immer ein Rückstand vorgelegen sei, hätte eine „Überweisung von SeVo Beiträgen“ (gemeint: von der belangten Behörde an eine Mitarbeitervorsorgekasse) nicht erfolgen können. Darüber hinaus sei eine „Weiterleitung an eine Mitarbeitervorsorgekasse generell nicht zulässig“, weil kein Vertrag mit einer solchen bestehe; dieses Vorbringen des Revisionswerbers habe das Bundesverwaltungsgericht nicht erörtert und thematisiert. Sollte die belangte Behörde Beiträge, die „keine SeVo Beiträge“ waren, als solche qualifiziert haben, hätte sie „die Pensionsbeiträge des Revisionswerbers“ rechtswidrig gekürzt. Dies habe zur Folge, dass der Revisionswerber „eine geringere Pension“ erhalte.
5 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof einer Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegen stehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
6 Um die vom Gesetzgeber bei einer Entscheidung über die aufschiebende Wirkung geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.381/A) erforderlich, dass der Antragsteller konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt. Wird der unverhältnismäßige Nachteil - wie hier - auf den Eintritt nachteiliger Einkunfts- oder Vermögensfolgen gestützt, ist es notwendig, die im Zeitpunkt der Antragstellung bezogenen Einkünfte sowie Vermögensverhältnisse (unter Einschluss der Schulden nach Art und Ausmaß) konkret - tunlichst ziffernmäßig - anzugeben; weiters sind Angaben dazu erforderlich, welcher Vermögensschaden durch welche Maßnahme droht und inwiefern dieser Schaden im Hinblick auf die sonstigen Vermögensumstände der revisionswerbenden Partei unverhältnismäßig ist.
7 Der vorliegende Antrag enthält weder konkrete Angaben zur Art und Höhe des befürchteten Vermögensschadens noch Näheres zu den aktuellen Einkunfts- und Vermögensverhältnissen des Revisionswerbers. Das übrige Vorbringen des Aufschiebungsantrags beschränkt sich auf Fragen der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses (und damit die Erfolgsaussichten der Revision), welche im Provisorialverfahren betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Allgemeinen nicht weiter maßgebend ist (vgl. dazu ; , AW 2005/13/0040). Relevanz hätte ein solcher Umstand dann, wenn die angefochtene Entscheidung evident bzw. offenkundig rechtswidrig ist, im Zusammenhang mit der Frage, ob bei der Beurteilung der gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung allenfalls sprechenden (zwingenden) öffentlichen Interessen von den Sachverhaltsannahmen in der angefochtenen Entscheidung ausgegangen werden kann (-0044; , Ra 2021/11/0007, mwN; , Ra 2020/11/0041; vgl. weiters ; , Ra 2014/04/0004; , Ra 2017/08/0058, jeweils zur Annahme eines unverhältnismäßigen Nachteils dann, wenn der Antragsteller mit den „nicht geringfügigen“ Folgen „eines offenkundig vorliegenden Fehlers ... belastet würde“).
8 Das in Rn. 6 näher dargelegte Erfordernis der Konkretisierung des dem Antragsteller drohenden Nachteils besteht unabhängig vom notwendigen Fehlen eines zwingenden öffentlichen Interesses. An diese Konkretisierungspflicht stellt der Verwaltungsgerichtshof strenge Anforderungen. Die Beurteilung, ob die geltend gemachten Folgen der angefochtenen Entscheidung die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit erreichen, hängt entscheidend von den im Aufschiebungsantrag vorgebrachten konkreten Angaben über die eintretenden Nachteile ab. Da dem Verwaltungsgerichtshof eine Beurteilung der Folgen der angefochtenen Entscheidung für den Antragsteller mangels jeglicher Konkretisierung des befürchteten Vermögensschadens und seiner aktuellen Einkunfts- und Vermögensverhältnisse nicht möglich ist, war dem Antrag nicht stattzugeben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision des Dipl.-Ing. P S in W, vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W228 2250183-2/14E, betreffend Feststellung von Beitragsgrundlagen nach dem GSVG und dem FSVG und Verpflichtung zur Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen und Beiträgen zur Selbständigenvorsorge (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen),
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird - mit Ausnahme der Bestätigung der Feststellung der monatlichen Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG für das Jahr 2012 (Spruchpunkt 2.a. des Bescheides der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen vom ) und der unangefochten gebliebenen Aufhebung des Spruchpunkts 5. des Bescheides - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom traf die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (im Folgenden: SVS) dem Revisionswerber gegenüber
1. die Feststellung der Höhe der monatlichen Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung nach dem GSVG für die Jahre 2012 bis 2018 (Spruchpunkte 1.a. bis 1.g.) sowie vorläufig für die Jahre 2019 bis 2021 (Spruchpunkte 1.h. bis 1.j.),
2. die Feststellung der Höhe der monatlichen Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG für die Jahre 2012 bis 2018 (Spruchpunkte 2.a. bis 2.g.) und vorläufig für die Jahre 2019 bis 2021 (Spruchpunkte 2.h. bis 2.j.),
3. die Feststellung der Höhe der monatlichen Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 FSVG für die Jahre 2013 bis 2018 (Spruchpunkte 3.a. bis 3.f.) und vorläufig für die Jahre 2019 bis 2021 (Spruchpunkte 3.g. bis 3.i.),
4. die Feststellung, dass der Revisionswerber zum verpflichtet gewesen sei, einen Gesamtbetrag von € 4.998,25 an Sozialversicherungsbeiträgen zur Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung, Beiträgen zur Selbständigenvorsorge sowie Nebengebühren und Verzugszinsen zu zahlen,
sowie
5. die Feststellung, dass der Revisionswerber verpflichtet sei, ab Verzugszinsen in Höhe von 3,38 % aus den offenen Beiträgen der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung zu zahlen.
2 In der Begründung dieses Bescheides findet sich nach einer Darstellung des Verfahrensgangs und einer Zusammenfassung des bisherigen Vorbringens des Revisionswerbers eine Auseinandersetzung mit einzelnen Punkten dieses Vorbringens, gefolgt von einem als „Sachverhalt“ überschriebenen Abschnitt.
3 Diesem Abschnitt des Bescheides zufolge unterliege der Revisionswerber seit aufgrund einer Gewerbeberechtigung „Anfertigung von technischen Zeichnungen auf Grund inhaltlich vollständig vorgegebener Angaben, unter Ausschluß jeder an einen Befähigungsnachweis gebundenen Tätigkeit“ der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG und erziele Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Darüber hinaus sei er als Ziviltechniker tätig und erziele für diese Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Aus diesem Grund unterliege er der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 14b GSVG sowie seit der Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 FSVG. Aufgrund der genannten Tätigkeiten unterliege er zudem ex lege der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG.
4 Seit 2012 erziele der Revisionswerber näher bezifferte Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit und seien ihm entsprechend Beiträge nach dem GSVG bzw. FSVG vorgeschrieben worden (Hinzurechnungsbeträge). Als Beiträge zur Selbständigenvorsorge seien im bescheidgegenständlichen Zeitraum bis inklusive September 2021 insgesamt € 2.232,75 vorgeschrieben worden. Die vorläufigen Beitragsgrundlagen in der Krankenversicherung zur Berechnung der Selbständigenvorsorge seien auf Grundlage der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, nicht jedoch aus der Tätigkeit als Ziviltechniker zu ermitteln.
5 Im Weiteren folgen nähere Ausführungen zu den Beträgen und Zeitpunkten der vom Revisionswerber geleisteten Zahlungen, zu Gutschriften sowie zur erfolgten Vorschreibung von Verzugszinsen, Kostenanteilen und Nebengebühren für eine Mahnung.
6 In den weiteren Ausführungen wird ausgehend von den festgestellten Einkünften und den in den Feststellungen angeführten Hinzurechnungsbeträgen näher dargelegt, wie sich die endgültigen Beitragsgrundlagen für die Jahre 2011 bis 2018 und die vorläufigen Beitragsgrundlagen für die Jahre 2019 bis 2021 errechneten und welche Beiträge sich daraus unter Anwendung der Beitragssätze ergäben. Des Weiteren findet sich eine Tabelle, in der der im Spruch ausgewiesene Beitragsrückstand näher aufgeschlüsselt wurde.
7 In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde machte der Revisionswerber insbesondere Folgendes geltend:
8 Die in der Bescheidbegründung als „vorläufige Beitragsgrundlage“ ermittelte Zahl bezüglich der Beiträge zur Krankenversicherung nach dem GSVG für 2019 sei „rechnerisch falsch“ und wäre richtig mit € 743,98 anzusetzen (das Beschwerdevorbringen führt folgende Rechenoperation an: „692,228[2016]*1,020*1,029*1,024“). Ebenso sei die als „vorläufige Beitragsgrundlage“ ermittelte Zahl der Beitragsgrundlage für Beiträge zur Pensionsversicherung nach dem GSVG für 2019 „rechnerisch falsch“ und es sei richtigerweise (aufgrund der Rechenoperation „250,45[2016]*1,020*1,029*1,024) der Wert von € 269,18 anzusetzen. Diese Beitragsgrundlagen wirkten sich auch auf die Höhe der Beiträge zur Selbständigenvorsorge aus. Die Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach dem GSVG für das Jahr 2016 sei „falsch ermittelt“ worden. Die richtigen Beitragsgrundlagen wären € 692,22 (KV) und € 250,45 (PV) gewesen. Der Fehler der SVS sei wohl darauf zurückzuführen, dass in der Bescheidbegründung von einer falschen Höhe des Hinzurechnungsbetrags ausgegangen worden sei, welcher richtigerweise („gemäß Vorschreibungen im Jahr 2016 - Beiträge 2016 und Korrekturen Vorjahre“) nur € 5.487,60 betragen habe.
9 Der in Spruchpunkt 4. des angefochtenen Bescheides ausgewiesene Beitragsrückstand zum sei unrichtig und im Spruch nicht nachvollziehbar angegeben. Der Betrag enthalte zudem auch Anteile, welchen „bescheidmäßig keine Beitragsgrundlagen zugeordnet werden“. Die Beitragsgrundlage für die Beiträge zur Krankenversicherung nach dem GSVG sowie zur Pensionsversicherung nach dem GSVG und zur Pensionsversicherung nach dem FSVG seien „bescheidmäßig festgestellt“ worden, jene der Beiträge zur Selbständigenvorsorge hingegen nicht.
10 Der in der Begründung des Bescheides enthaltene Betrag der Beitragsgrundlagen der Krankenversicherung nach dem GSVG für das Jahr 2015 entspreche nicht dem betreffenden im Spruch für dieses Jahr angeführten Betrag. Die für das Jahr 2017 in der Bescheidbegründung angeführte Beitragsgrundlage für Beiträge zur Selbständigenvorsorge sei auf € 759,19 zu korrigieren (der Revisionswerber führt als Rechenvorgang an: „704,99[2014]*1,024*1,024*1,027“), weil diese anhand des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2014 zu ermitteln sei, der schon am vorgelegen sei, weshalb kein Grund ersichtlich sei, warum dieser für das Jahr 2017 nicht habe herangezogen werden können.
11 Die Höhe der vorgeschriebenen Verzugszinsen sei nicht nachvollziehbar. Insbesondere dürfe bei der Verzugszinsenberechnung der auf die Vorschreibung von Beiträgen zur Selbständigenvorsorge entfallende Betrag nicht zum verzinsten Kapital gerechnet werden.
12 Eine gesetzliche „Beitragsverpflichtung zur SeVo iSd § 52 Abs 1 BMSVG“ werde „grundsätzlich“ nicht in Abrede gestellt. Allerdings seien die im BMSVG normierten Voraussetzungen nicht erfüllt, weil dem Revisionswerber gegenüber kein zivilrechtlicher Vertrag mit einer BV-Kasse bestehe. Dem Revisionswerber seien auch keine Unterlagen hinsichtlich eines Zuweisungsverfahrens im Sinne des § 27a BMSVG bekannt und es gebe kein Dokument, welches als „rechtswirksamer Beitrittsvertrag iSd § 53 Abs 3 [BMSVG]“ interpretiert werden könne. Solange eine Verpflichtung zur Zahlung von SeVo-Beiträgen an eine definierte BV-Kasse nicht nachgewiesen werden könne, sei auch die Einhebung derartiger Beiträge rechtswidrig. Die gesetzliche Grundlage des § 52 Abs. 1 BMSVG sei für die Einhebung derartiger Beiträge nicht ausreichend. Im Beschwerdeverfahren werde auch darüber zu entscheiden sein, wie weit ein rechtswirksamer Vertrag mit einer BV-Kasse vorliege.
13 Das Bundesverwaltungsgericht hielt in der Beschwerdesache des Revisionswerbers am eine mündliche Verhandlung ab, welcher der Revisionswerber fernblieb. Dem Akteninhalt zufolge hatte der Revisionswerber am eine „Krankmeldung“ unter Beilage einer ärztlich bestätigten und mit dem selben Tag datierten „Arbeitsunfähigkeitsmeldung“ eingebracht, aus der als Grund der Arbeitsunfähigkeit das Wort „Krankheit“ und der Vermerk „Bettruhe: Nein“ hervorgingen. Nach Schluss der Verhandlung verkündete das Bundesverwaltungsgericht das Erkenntnis und fertigte es - nach einem entsprechenden Antrag des Revisionswerbers - am schriftlich aus. Das Bundesverwaltungsgericht gab der Beschwerde im Umfang der Anfechtung der im angefochtenen Bescheid festgesetzten Verzugszinsen (Spruchpunkt 5.) statt und hob den Bescheid in diesem Punkt auf. Spruchpunkt 4. des angefochtenen Bescheides änderte das Bundesverwaltungsgericht insofern ab, als an die Stelle des Betrags von € 4.998,25 der Betrag von € 4.194,08 zu treten habe. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.
14 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem die SVS eine Revisionsbeantwortung erstattete, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
1. Zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses mit Ausnahme der Bestätigung des Spruchpunkts 2.a. des Bescheids der SVS:
15 Unter Bezugnahme auf die Begründungspflicht des Verwaltungsgerichts zeigt die Zulässigkeitsbegründung schon insofern eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf, als sie im Hinblick auf die Beurteilung der den Beitragsgrundlagen gemäß § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG zugrunde líegenden Hinzurechnungsbeträge Mängel in der Begründung aufzeigt.
16 Der mit „Feststellungen“ überschriebene Abschnitt des angefochtenen Erkenntnisses beschränkt sich auf Ausführungen dazu, dass der Revisionswerber zur Verhandlung vom „rechtzeitig und ordnungsgemäß“ geladen worden sei, am eine „Arbeitsunfähigkeitsmeldung“ mit dem Vermerk „Bettruhe: Nein“ übermittelt habe und eine „ordnungsgemäße Entschuldigung“ für sein Fernbleiben von der Verhandlung unterblieben sei, weshalb „festzustellen“ sei, dass er unentschuldigt nicht zur Verhandlung erscheinen sei. Im Abschnitt „Beweiswürdigung“ werden diese Ausführungen näher begründet. In der rechtlichen Würdigung des angefochtenen Erkenntnisses handelt das Bundesverwaltungsgericht einzelne Punkte des Beschwerdevorbringens ab.
17 Mit diesen Ausführungen genügt das angefochtene Erkenntnis den Anforderungen an eine Begründung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen jedoch nicht.
18 Im Verfahren über Beiträge zur Sozialversicherung unterliegt die Behörde (das Verwaltungsgericht) der Verpflichtung, auch den Umfang der Beitragspflicht nachvollziehbar zu begründen. Die Begründung einer Entscheidung, mit der Beiträge nachverrechnet werden, ist einer nachprüfenden Rechtskontrolle nur zugänglich, wenn diese darlegt, aus welchen Bestandteilen sich die Beitragsgrundlage im konkreten Fall zusammensetzt und wie sich die Höhe des vorgeschriebenen Beitrages errechnet. Es ist zwar in Fällen, in denen die rechnerische Richtigkeit der Beiträge im Beschwerdeverfahren nicht in Frage gestellt wurde, nicht ausgeschlossen, auf die dem bekämpften Bescheid zugrunde liegenden Berechnungen zu verweisen. Jedenfalls im Fall einer entsprechenden Bestreitung ist aber in der Entscheidung selbst darzulegen, welche Beiträge sich aus welchen Beitragsgrundlagen aufgrund welches anzuwendenden Beitragssatzes ergeben (vgl. ). Nichts anderes kann im Hinblick auf die Begründung der Entscheidung über Beitragsgrundlagen gelten, wenn deren Zusammensetzung oder Berechnung konkret bestritten wird.
19 Der Revisionswerber hat in seiner Beschwerde (unter anderem) die Richtigkeit der für das Jahr 2016 errechneten Hinzurechnungsbeträge im Sinne des § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG in Frage gestellt, dazu als Beweismittel die „diesbezüglichen Quartalsvorschreibungen 2016“ ins Treffen geführt und somit im Ergebnis die Höhe der für das Jahr 2016 veranschlagten Beitragsgrundlagen sowie darauf aufbauend jene der (von der Beitragsgrundlage für 2016 abgeleiteten) vorläufigen Beitragsgrundlagen für 2019 bestritten.
20 Nach § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG sind zu dem gemäß § 25 Abs. 1 leg.cit. ermittelten Betrag die „vom Versicherungsträger im Beitragsjahr im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz“ hinzuzurechnen, letztere nur soweit sie als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 gelten. Hinsichtlich der gemäß § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG hinzuzurechnenden Krankenversicherungsbeiträge und Pensionsversicherungsbeiträge kommt es nur darauf an, ob die Beiträge im betreffenden Jahr vorgeschrieben wurden, nicht aber darauf, für welche Kalenderjahre sie vorgeschrieben wurden (vgl. ; 2005/08/0208, mwN). Es kommt nicht darauf an, ob es im betreffenden Jahr zu einer Auswirkung auf die Beitragsgrundlage gekommen ist () beziehungsweise, ob Beiträge tatsächlich im jeweiligen Kalenderjahr als Betriebsausgaben geltend gemacht wurden; etwaigen Stundungen oder Ratenzahlungen, auf die die Aktenlage hinweist, kommt keine Relevanz zu ().
21 Bei der Höhe der „vorgeschriebenen Beiträge“, an die die zitierte Vorschrift anknüpft, handelt es sich um eine Sachverhaltsfrage, zu welcher - jedenfalls im Bestreitungsfall - durch eine nachvollziehbare Beweiswürdigung untermauerte Feststellungen zu treffen sind. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen bestimmte Beträge als „vorgeschriebene Beiträge“ im Sinn des § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG zu qualifizieren sind, ist demgegenüber eine Rechtsfrage.
22 In der Beweiswürdigung des Bescheides der SVS scheint der folgende Absatz betreffend „vorgeschriebene GSVG-Beiträge 2015 und 2016“ auf:
„Ad vorgeschriebene GSVG-Beiträge 2015 und 2016: Die laut Verständigung erhobene Vorschreibung im Jahr 2015 ergibt sich aus den vorgeschriebenen Beiträgen für 2015 sowie der erfolgten Gutschrift des Jahres 2012. Diese erfolgte mit , somit nach dem Stichtag des 4. Quartals 2015 (), und schien somit erst im 1. Quartal 2016 in der Vorschreibung auf. Zu berücksichtigen war die erfolgte Gutschrift aufgrund der Verarbeitung und damit Gutbuchung mit jedoch bereits im Jahr 2015. Im Jahr 2016 erfolgte eine Berichtigung des Jahres 2013, welche zu - über die Beitragsgrundlage des Jahres 2016 hinaus - höheren Vorschreibebeträgen führte.“
23 In den Feststellungen des angefochtenen Bescheides der SVS fand sich eine Tabelle mit jeweils für die Jahre 2012 bis 2018 angeführten, mit den Worten „Vorschreibung GSVG“ und „Vorschreibung FSVG“ bezeichneten Beträgen. Nähere Angaben dazu, auf welche Vorschreibungen jeweils Bezug genommen wurde und welche in diesen Vorschreibungen enthaltenen Posten jeweils herangezogen wurden, um die in der Tabelle errechneten Summen zu bilden, sind der Bescheidbegründung nicht zu entnehmen. Dies erschließt sich auch nicht unmittelbar aus den im Akt befindlichen Kopien der den Revisionswerber betreffenden Quartalsvorschreibungen. Zum einen enthält der vorgelegte Akt derartige Quartalsvorschreibungen nur betreffend das Jahr 2016, zum anderen lässt sich aber auch aus diesen nicht ohne Weiteres nachvollziehen, woraus sich die in den Feststellungen des Bescheides errechneten Summen der „Vorschreibung GSVG“ für 2016 (von € 6.195,72) und der „Vorschreibung FSVG“ für 2016 (von € 3.160,32) bilden. Soweit die SVS in einem Begleitschreiben zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht eine (auf das Jahr 2016 beschränkte) Berechnung angestellt hat, ist festzuhalten, dass auch aus dieser nicht unmittelbar hervorgeht, wie sich die Summe „GSVG Beiträge“ (€ 6.195,72) und wie sich die Summe „FSVG-Beiträge (€ 3.160,32) jeweils zusammensetzt und das angefochtene Erkenntnis selbst keinerlei Begründung in diesem Zusammenhang enthält.
24 Die wiedergegebene Passage der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheids der SVS lässt (als insofern einziges näheres Begründungselement betreffend die Höhe der von der SVS veranschlagten Hinzurechnungsbeträge) erkennen, dass die SVS davon ausging, dass eine „Gutschrift 2012“ zwar in einer Vorschreibung von „GSVG-Beiträgen“ des Jahres 2016 aufgeschienen sei, dieser Betrag aber dennoch für die Hinzurechnung 2016 nicht maßgeblich sei, weil er dem Revisionswerber bereits am „gutgebucht“ worden sei. Das Beschwerdevorbringen des Revisionswerbers, welches demgegenüber auf die „Quartalsvorschreibungen 2016“ abstellte, vertritt erkennbar eine andere rechtliche Prämisse, jedenfalls aber eine vom Bescheidinhalt abweichende betragliche Höhe.
25 Das Bundesverwaltungsgericht traf zur Höhe der somit strittigen Hinzurechnungsbeträge keine eigenen Feststellungen und unterließ auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob (und warum) die Prämisse des Bescheides (wonach die „Gutschrift 2012“ den Vorschreibungen für 2015 zuzuordnen sei) oder aber das Beschwerdevorbringen zutrifft. Es begnügte sich zu diesem Punkt vielmehr mit der Bemerkung, das diesbezügliche Vorbringen des Revisionswerbers sei „aufgrund der mangelnden Mitwirkung an der Verhandlung“ nicht nachvollziehbar und ergebe „keine Bedenken bei der Nachvollziehbarkeit des Bescheides“. Zur Richtigkeit und Vollständigkeit der dem Bescheid zugrundeliegenden Sachverhaltsannahmen und rechtlichen Beurteilung sagt dieser Satz jedoch nichts aus.
26 Das angefochtene Erkenntnis weist aber nicht nur mit Blick auf die Beitragsgrundlagen nach dem GSVG für die Jahre 2015 und 2016 und die vorläufigen Beitragsgrundlagen nach dem GSVG für 2019, sondern - jedenfalls was die Zusammensetzung und Berechnung der Hinzurechnungsbeträge betrifft - auch für die sonstigen festgestellten Beitragsgrundlagen Begründungsmängel auf, weil weder dem Bescheid noch dem angefochtenen Erkenntnis eine nachvollziehbare Begründung für die Höhe der für die festgestellten Beitragsgrundlagen relevanten Hinzurechnungsbeträge zu entnehmen war. Nur hinsichtlich des Spruchpunkts 2.a. des Bescheids der SVS konnte sich dieser Mangel des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu Lasten des Revisionswerbers auswirken, weil im genannten Spruchpunkt nur die gesetzliche Mindestbeitragsgrundlage festgesetzt wurde. Da - mit dieser Ausnahme - auch die weiteren vom Anfechtungsumfang der Revision betroffenen Spruchpunkte des Bescheides ihrerseits von der Richtigkeit der von den Hinzurechnungsbeträgen betroffenen Aussprüche abhingen, war das angefochtene Erkenntnis (mit der im Spruch ersichtlichen Ausnahme) insgesamt im Umfang seiner Anfechtung aufzuheben.
27 Daran ändert auch der vom Bundesverwaltungsgericht ins Treffen geführte Umstand nichts, dass der Revisionswerber der mündlichen Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben sei. Ein solcher Umstand kann allenfalls als ergänzendes Element im Rahmen einer Beweiswürdigung zu bestimmten Tatsachenfragen (wie solchen, bezüglich derer die abwesende Partei eine Darlegungs- oder Nachweisobliegenheit trifft) eine Rolle spielen, er kann aber die Behörde (und hier: das Verwaltungsgericht) nicht davon entheben, sich bei entsprechendem Vorbringen auch mit der der Sachverhaltsfrage zugrunde liegenden Rechtsfrage auseinanderzusetzen und zum strittigen Sachverhalt (hier: hinsichtlich der veranschlagten Hinzurechnungsbeträge) geeignete - auf eine taugliche Beweiswürdigung gestützte - eigene Feststellungen zu treffen.
28 Dem Vorbringen des Revisionswerbers, wonach die Einhebung von Beiträgen zur Selbständigenvorsorge ohne Nachweis der Verpflichtung zur Zahlung „an eine definierte BV-Kasse“ und ohne Vorliegen eines „rechtswirksamen Vertrags“ mit einer BV-Kasse rechtswidrig sei, entgegnete das Bundesverwaltungsgericht nur kursorisch unter Hinweis darauf, dass § 27a BMSVG ein Zuweisungsverfahren vorsehe und die SVS „als belangte Behörde“ hiefür nicht zuständig sei. Dieser Hinweis trifft zwar zu (vgl. dazu, dass eine bescheidmäßige Zuweisung nicht vorgesehen ist, bereits ), er geht aber am eigentlichen Inhalt des diesbezüglichen Vorbringens des Revisionswerbers, wonach Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Vorschreibung der Beiträge zur Selbständigenvorsorge der Abschluss eines Vertrages mit einer BV-Kasse - erforderlichenfalls nach Zuweisung zu einer solchen - sei (und dass in seinem Fall weder das eine noch das andere faktisch erfolgt sei), vorbei. Eine Auseinandersetzung mit dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen ist dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen.
29 Das angefochtene Erkenntnis war bereits aus den angeführten Gründen in dem im Spruch ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
30 Angemerkt wird, dass die Aufhebung des Spruchpunkts 5. des angefochtenen Bescheides (betreffend die Vorschreibung von Verzugszinsen) vom Revisionswerber nicht angefochten wurde und er durch diese Aufhebung auch nicht beschwert wäre. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich dazu dennoch zur Klarstellung veranlasst, dass der vom Bundesverwaltungsgericht ins Treffen geführte Umstand, die Behörde habe die Berechnung der Verzugszinsen aufgrund einer Systemumstellung nicht mehr nachvollziehbar „darstellen“ können und im Beschwerdeverfahren auf die „Geltendmachung“ der Verzugszinsen „verzichtet“, auf dem Boden der gesetzlichen Grundlagen keinen Grund zur Aufhebung eines Bescheidspruchs über die Vorschreibung von Verzugszinsen darstellt.
31 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
2. Zur Zurückweisung der Revision im übrigen Umfang:
32 Auf das weitere in der Revision erstattete Vorbringen, wie die im Zusammenhang mit der Höhe der Beiträge der Selbständigenvorsorge und die mit der Behauptung widersprüchlicher Rückstandsausweise begründete Argumentation musste angesichts der Aufhebung im dargestellten Umfang nicht mehr eingegangen werden. Das diesbezügliche Vorbringen kann sich auf das angefochtene Erkenntnis nur in Ansehung der ohnehin bereits aufgrund des Vorgesagten von der Aufhebung des Erkenntnisses betroffenen Spruchpunkte des Bescheides auswirken. Das betrifft auch jenen Abschnitt des Zulässigkeitsvorbringens, wonach zu Unrecht bei der Ermittlung der Beitragsgrundlagen für Beiträge zur Selbständigenvorsorge eine Berücksichtigung „einer früheren Datenübermittlung der Abgabenbehörde“ anstelle des bereits am vorliegenden Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2014 erfolgt sei, weshalb die Beitragsgrundlage der Beiträge zur Selbständigenvorsorge für das Jahr 2017 unzutreffend angenommen worden sei; auch dieses Vorbringen kann sich nur auf die Bestätigung des Spruchpunkts 4. des angefochtenen Bescheides auswirken.
33 Die Bestätigung des verbleibenden Spruchpunkts des Bescheids der SVS berührt das Zulässigkeitsvorbringen der Revision durch ein fallbezogenes Vorbringen nur insofern, als darin vorgebracht wird, das Bundesverwaltungsgericht habe zu Unrecht eine Verhandlung in Abwesenheit des Revisionswerbers geführt.
34 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung wiederholt festgehalten, dass das Nichterscheinen einer Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung die Durchführung der Verhandlung nicht hindert (vgl. § 17 VwGVG iVm § 42 Abs. 4 AVG). Voraussetzung für die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Partei ist eine „ordnungsgemäße Ladung“. Davon kann dann nicht gesprochen werden, wenn einer der in § 19 Abs. 3 AVG genannten - das Nichterscheinen des Geladenen rechtfertigenden - Gründe vorliegt. Eine rechtswirksam geladene Partei hat die zwingenden Gründe für ihr Nichterscheinen darzutun. Sie muss etwa im Fall einer Erkrankung nicht nur deren Vorliegen behaupten und dartun, sondern auch die Hinderung am Erscheinen bei der Verhandlung aus diesem Grund. Die Triftigkeit des Grundes des Nichterscheinens muss überprüfbar sein (vgl. etwa , mwN).
35 Aus dem Akteninhalt geht hervor, dass dem Bundesverwaltungsgericht zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und Verkündung des angefochtenen Erkenntnisses lediglich eine vom Revisionswerber eingebrachte und vom Vortag datierte allgemein gehaltene „Arbeitsunfähigkeitsmeldung“ mit dem Vermerk „Bettruhe: Nein“ vorlag, die als „Grund für die Arbeitsunfähigkeit“ bloß das Wort „Krankheit“ anführte. Soweit es auf die Verhandlung in Abwesenheit Bezug nimmt, zeigt des Zulässigkeitsvorbringen vor diesem Hintergrund nicht auf, dass das Bundesverwaltungsgericht, indem es im Zeitpunkt der Verhandlung (und Verkündung) davon ausging, dass das Nichterscheinen des Revisionswerbers zur Verhandlung aus einem zwingenden Grund nicht dargetan war, von der hg. Rechtsprechung abgewichen ist (vgl. zB ; , Ra 2020/18/0463).
36 Insofern zeigt das Zulässigkeitsvorbringen daher nicht auf, dass die Revision von einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhinge. Die Revision war daher in diesem Umfang gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | VwGG §30 Abs2 VwGG §30 Abs3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022080076.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAF-45934