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VwGH 17.01.2022, Ra 2022/08/0005

VwGH 17.01.2022, Ra 2022/08/0005

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Norm
VwGG §30 Abs2
RS 1
Nichtstattgebung - Beitragsnachverrechnung nach dem ASVG - Im Fall der Auferlegung von Geldleistungen ist es notwendig, die im Zeitpunkt der Antragstellung bezogenen Einkünfte sowie Vermögensverhältnisse (unter Einschluss der Schulden nach Art und Ausmaß) konkret - tunlichst ziffernmäßig - anzugeben; weiters sind Angaben dazu erforderlich, welcher Vermögensschaden durch welche Maßnahme droht und inwiefern dieser Schaden im Hinblick auf die sonstigen Vermögensumstände der beschwerdeführenden Partei unverhältnismäßig ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2010/08/0003).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2021/08/0119 B RS 1 (hier Beiträge nach dem GSVG)
Normen
RS 1
Aussprüche über die Feststellung der Pflichtversicherung (hier: nach dem GSVG 1978) und die Festsetzung der Höhe der monatlichen Beiträge werden durch ein Insolvenzverfahren nicht berührt. Anderes gilt für das Verfahren zur Eintreibung der Beiträge (§ 37 GSVG 1978), zu welchem auch die Ausfertigung eines Rückstandsausweises (§ 37 Abs. 2 GSVG 1978) zählt, bzw. die Erlassung eines Leistungsbefehls mit Bescheid, mit dem rückständige Beträge unmittelbar zur Zahlung vorgeschrieben werden (vgl. ).
Normen
RS 2
In Ermangelung abweichender Anordnungen besteht im Fall der Aufhebung der Insolvenz infolge Bestätigung eines Zahlungsplans gegenüber den Massegläubigern die in § 60 Abs. 1 IO normierte Haftung des Schuldners mit dem "zur freien Verfügung bleibende[n] oder nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erworbenen Vermögen" (und im Sinne der Gesetzesmaterialien zur GIN 2006, BGBl. I Nr. 8, [1168 BlgNR, 22. GP, 19]: mit dem "gesamten Vermögen des Schuldners").

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des W, vertreten durch MMag. Martin Harthaller, LL.M., Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 13/IV, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , I413 2234849-1/11E, betreffend Beiträge nach dem GSVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen, Landesstelle Tirol), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof einer Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegen stehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

2 Um die vom Gesetzgeber bei einer Entscheidung über die aufschiebende Wirkung geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.381/A) erforderlich, dass der Antragsteller konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt. Im Fall der Auferlegung von Geldleistungen ist es notwendig, die im Zeitpunkt der Antragstellung bezogenen Einkünfte sowie Vermögensverhältnisse (unter Einschluss der Schulden nach Art und Ausmaß) konkret - tunlichst ziffernmäßig - anzugeben; weiters sind Angaben dazu erforderlich, welcher Vermögensschaden durch welche Maßnahme droht und inwiefern dieser Schaden im Hinblick auf die sonstigen Vermögensumstände der beschwerdeführenden Partei unverhältnismäßig ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , AW 2010/08/0003).

3 Der vorliegende Antrag beschränkt sich zur Begründung eines unverhältnismäßigen Nachteils auf das Vorbringen, dass der Revisionswerber „mit einem die Zahlungsverpflichtung festlegenden Bescheid konfrontiert wäre und wiederum ein Exekutionsverfahren riskieren oder durch die Zahlung eine Schmälerung seines Vermögens in Kauf nehmen müsste“, und genügt somit den dargestellten Anforderungen nicht

4 Dem Antrag war daher nicht Folge zu geben.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie die Hofräte Mag. Stickler, Mag. Cede und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision des W V in A, vertreten durch MMag. Martin Harthaller LL.M., Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 13/IV, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , I413 2234849-1/11E, betreffend Feststellung der Beitragsgrundlage und Beitragsvorschreibung nach dem GSVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen - SVS), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde im Umfang des Spruchpunktes 1. des Bescheides der SVS vom richtet, zurückgewiesen.

Im Übrigen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde im Umfang des Spruchpunktes 2. des Bescheides der SVS vom richtet, wird die Revision abgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber verfügte im Zeitraum bis über eine Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe „Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Bauträger) gemäß § 94 Z 35 GewO 1994, eingeschränkt auf Immobilienmakler“. Seit dem verfügte er über eine Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe „Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik“, welche er ab ruhend stellte.

Mit wurde über das Vermögen des Revisionswerbers ein Insolvenzverfahren eröffnet. Die SVS meldete im Insolvenzverfahren Forderungen für den Zeitraum Jänner 2014 bis inklusive März 2016 in Zusammenhang mit Sozialversicherungsbeiträgen samt Nebenbeträgen sowie Beiträgen, welche sie im übertragenen Wirkungsbereich einzuheben hat, an. Mit Beschluss vom wurde die Schließung der Unternehmensbereiche „Ausgelagerte Maklertätigkeiten“ („freie Dienstnehmer“ auf Basis der Gewerbeberechtigung „Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Bauträger) gemäß § 94 Z 35 GewO 1994, eingeschränkt auf Immobilienmakler“ angeordnet. Mit Beschluss vom wurde (unter anderem) der Zahlungsplan angenommen und die Schlussrechnung des Masseverwalters genehmigt. Mit Beschluss vom wurde der Zahlungsplan bestätigt. Mit Beschluss vom erfolgte - nach rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplans - die Aufhebung der Insolvenz.

2 Mit dem Bescheid vom sprach die SVS über die Beitragsgrundlage und Beitragspflicht des Revisionswerbers im Kalenderjahr 2016 wie folgt ab:

„1. Die endgültige monatliche Beitragsgrundlage in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG beträgt im Kalenderjahr 2016 EUR 1.624,22.

2. Sie sind verpflichtet zum EUR 2.754,18 bestehend aus monatlichen Beiträgen in der Krankenversicherung iHv 124,25, in der Pensionsversicherung iHv EUR 300,48, in der Unfallversicherung iHv 9,11 sowie für die Selbständigenvorsorge iHv EUR 29,01 für die Kalendermonate April 2016 bis August 2016 (insgesamt EUR 2.314,25) zuzüglich Verzugszinsen samt Nebengebühren bis iHv EUR 439,93 zuzüglich Verzugszinsen im gesetzlichen Ausmaß seit zu entrichten.“

3 In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde brachte der Revisionswerber (neben näheren Ausführungen zur Frage einer geltend gemachten Verjährung) unter anderem vor, es handle sich bei den im angefochtenen Bescheid festgestellten Beitragsforderungen um Masseforderungen, welche nicht im Insolvenzverfahren angemeldet worden seien. Dem Revisionswerber sei während der Insolvenz die Unternehmensfortführung gestattet worden, sodass er trotz Insolvenzeröffnung noch „notwendigerweise“ Inhaber zweier Gewerbeberechtigungen gewesen und „zwangsläufig“ bis einschließlich August 2016 bei der SVS versichert gewesen sei. § 60 Abs. 1 IO (betreffend das Recht der Massegläubiger, ihre unberichtigten Forderungen auf das zur freien Verfügung bleibende oder nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erworbene Vermögen des Schuldners geltend zu machen) umfasse nicht den Fall der Aufhebung durch einen Zahlungsplan, sondern lediglich jenen der Bestätigung eines Sanierungsplans, wobei ein Sanierungsplan sich von einem Zahlungsplan gravierend unterscheide. Massegläubiger, deren Forderungen erst nach Insolvenzeröffnung entstanden seien, könnten lediglich auf die Insolvenzmasse als Sondervermögen zugreifen, nicht jedoch auf den Schuldner selbst bzw. sein insolvenzfreies Vermögen. Es bestehe diesen Massegläubigern gegenüber lediglich eine auf den Wert der ihm ausgefolgten Masseaktiven beschränkte Haftung des ehemaligen Gemeinschuldners (pro-viribus Haftung). Der Revisionswerber habe solche Masseaktiven nicht ausgefolgt erhalten, weshalb seine persönliche Haftung für Masseforderungen ausscheide. Die Festsetzung der Beitragsgrundlage sowie der Zahlungsverpflichtung hätte unter anderem aus diesem Grund nicht erfolgen dürfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht dieser Beschwerde nicht Folge. Wesentlich sei die Abgrenzung zwischen Insolvenz- und Masseforderungen. Insolvenzforderungen (§ 51 Abs. 1 IO) seien Forderungen von Gläubigern, denen vermögensrechtliche Ansprüche an den Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zustehen (Insolvenzgläubiger). Nach § 46 Z 2 IO seien Masseforderungen unter anderem alle die Masse treffenden Steuern, Gebühren, Zölle, Beiträge zur Sozialversicherung und anderen öffentlichen Abgaben, wenn und soweit der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Insolvenzverfahrens verwirklicht werde. Im vorliegenden Fall sei „während aufrechter Pflichtversicherung“, nämlich am , die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt. Zutreffenderweise habe die SVS im Hinblick auf das erste Quartal 2016 im Zuge ihrer Anmeldung einer Forderung im Insolvenzverfahren für die Monate Jänner bis inklusive März 2016 eine Masseforderung (§ 46 IO) von EUR 1.464,14 angemeldet. Die Zuordnung zu Masseforderungen gelte auch hinsichtlich der hier strittigen Monate April bis August 2016. Masseforderungen seien von vornherein nicht von den Rechtswirkungen der rechtskräftigen Bestätigung des Zahlungsplanes nach § 156 Abs. 1 IO erfasst, sodass es insoweit hinsichtlich des Bestehens der Zahlungsverpflichtung nicht auf § 156 Abs. 4 IO ankomme (Hinweis auf ). Daran könne auch das Vorbringen „in Zusammenhang mit § 60 IO“ nichts ändern. Die SVS habe daher zu Recht eine Verpflichtung des Revisionswerbers zur Beitragszahlung angenommen.

5 Die Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Bundesverwaltungsgericht für nicht zulässig.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem die SVS eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, erwogen:

7 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision zusammengefasst vor, diese hänge von einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ab, weil keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, „wie sich die Qualifikation von Forderungen eines Sozialversicherungsträgers als Masseforderungen auf die Möglichkeit der Festsetzung der endgültigen Beitragsgrundlage und die Festlegung einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung auswirkt“, vorliege. Bei den „gegenständlich festgesetzten und einer Zahlungsverpflichtung unterworfenen Forderungen“ handle es sich, wie das Bundesverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe, nicht um Insolvenzforderungen, sondern um Masseforderungen. Für Masseforderungen würden eigene insolvenzrechtliche Regelungen gelten, deren Anwendung das Bundesverwaltungsgericht verabsäumt habe. Das vom Bundesverwaltungsgericht herangezogene hg. Erkenntnis vom , Ra 2019/08/0082, enthalte dazu keine Aussagen. Nach diesen für Masseforderungen relevanten insolvenzrechtlichen Regeln hafte der ehemalige Gemeinschuldner einem Massegläubiger, dessen Forderung erst nach Insolvenzeröffnung entstanden sei, nur betragsmäßig beschränkt mit dem Wert des ihm (dem ehemaligen Gemeinschuldner) aus der Insolvenzmasse ausgefolgten Vermögens (sog. pro-viribus-Haftung; Hinweise u.a. auf ; , 3 Ob 184/11x). Da der Revisionswerber im vorliegenden Fall keine Masseaktiven ausgefolgt erhalten habe, bestehe keine Haftung für die hier strittigen Forderungen, weshalb die „Festlegung der endgültigen Beitragshöhe sowie der diesbezüglichen Zahlungspflicht“ zu Unrecht erfolgt sei.

8 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ra 2019/08/0082 (Rz. 13 und 14), unter Hinweis auf seine Vorjudikatur ausgeführt hat, werden die Aussprüche über die Feststellung der Pflichtversicherung (hier: nach dem GSVG) und die Festsetzung der Höhe der monatlichen Beiträge durch ein Insolvenzverfahren nicht berührt. Anderes gilt für das Verfahren zur Eintreibung der Beiträge (§ 37 GSVG), zu welchem auch die Ausfertigung eines Rückstandsausweises (§ 37 Abs. 2 GSVG) zählt, bzw. die Erlassung eines Leistungsbefehls mit Bescheid, mit dem rückständige Beträge unmittelbar zur Zahlung vorgeschrieben werden.

9 Der beim Bundesverwaltungsgericht angefochtene Bescheid der SVS vom betraf in seinem Spruchpunkt 1. ausschließlich die Feststellung der Höhe der monatlichen Beitragsgrundlage in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG im Kalenderjahr 2016, nicht aber die (dem Verfahren zur Eintreibung zuzurechnende) Erlassung eines Leistungsbefehls, mit dem rückständige Beiträge unmittelbar zur Zahlung vorgeschrieben werden. Nach dem zitierten hg. Erkenntnis vom folgt bereits aus diesem Umstand, dass das Insolvenzverfahren diesen Ausspruch (Spruchpunkt 1. des Bescheides) nicht berührt. Aus diesem Grund hängt in Ansehung dieses Spruchpunktes das Schicksal der Revision von der darin aufgeworfenen Frage, wie eine Beitragsforderung des SVS als Masseforderung im Lichte der Regeln des Insolvenzrechts zu behandeln ist, nicht ab. Insoweit wird daher in der Revision keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in Ansehung der Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides zurückzuweisen.

10 Im übrigen Umfang (Abweisung der Beschwerde im Umfang des Spruchpunktes 2. des Bescheides der SVS) ist die Revision im Hinblick auf die in ihren gesonderten Zulässigkeitsausführungen dargelegte Rechtsfrage, ob der ehemalige Gemeinschuldner nach Aufhebung der Insolvenz für als Masseforderungen zu qualifizierende Sozialversicherungsbeiträge eine Haftungsbeschränkung mit dem Wert des ihm ausgefolgten Massevermögens geltend machen kann, im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

11 Sie ist aber nicht berechtigt.

12 Zutreffend ist das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Forderungen als Masseforderungen zu werten waren, weil sie Beiträge für die Monate April bis August 2016 (samt Nebenaussprüchen) betrafen (zur Qualifikation als Masseforderungen bei Entstehen der Beitragsschuld für die auf die Eröffnung der Insolvenzmasse folgenden Monate vgl. , Rz 27). Es hat sich jedoch mit der vom Revisionswerber im Beschwerdeverfahren geltend gemachten Haftungsbeschränkung nicht näher auseinandergesetzt.

13 Gemäß § 38 Abs. 1 GSVG (vgl. auch die wortgleiche Bestimmung in § 65 Abs. 1 ASVG) sind „[f]ür die Behandlung der Beiträge im Insolvenzverfahren ... die Vorschriften der Insolvenzordnung maßgebend“. Gemäß dem ersten Satz des § 60 Abs. 1 IO können „Insolvenzgläubiger ..., gleichviel ob sie ihre Forderungen im Insolvenzverfahren angemeldet haben oder nicht, ihre unberichtigten Forderungen auf das zur freien Verfügung bleibende oder nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erworbene Vermögen des Schuldners geltend machen“. Der zweite Satz des § 60 Abs. 1 IO ordnet an, dass dies für den Fall, dass „das Insolvenzverfahren infolge Bestätigung eines Sanierungsplans aufgehoben (§ 152b Abs.)“ ist, auch für Massegläubiger gilt (die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Gerichtsgebühren- und Insolvenzrechts-Novelle 2006 - GIN 2006, BGBl. I Nr. 8, mit welcher die in § 60 Abs. 1 IO nunmehr vorgesehene Haftung des Schuldners gegenüber Massegläubigern gesetzlich normiert wurde, sprechen von der Möglichkeit zur Geltendmachung der Forderung „auf das gesamte Vermögen des Schuldners“; vgl. 1168 BlgNR, 22. GP, 19).

14 Im Fall des Revisionswerbers wurde das Insolvenzverfahren durch Bestätigung eines Zahlungsplans aufgehoben. Für den Abschluss eines Zahlungsplans gelten gemäß § 193 Abs. 1 IO, „[s]oweit nichts anderes angeordnet ist“, die Bestimmungen über den Sanierungsplan.

15 Schon dies führt (in Ermangelung abweichender Anordnungen) dazu, dass auch im vorliegenden Fall der Aufhebung der Insolvenz infolge Bestätigung eines Zahlungsplans gegenüber den Massegläubigern die in § 60 Abs. 1 IO normierte Haftung des Schuldners mit dem „zur freien Verfügung bleibende[n] oder nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erworbenen Vermögen“ (und im Sinne der zitierten Gesetzesmaterialien: mit dem „gesamten Vermögen des Schuldners“) besteht, womit für die vom Revisionswerber geltend gemachte wertmäßige Haftungsbegrenzung schon aus diesem Grund kein Raum bleibt.

16 Die Revision war daher - soweit sie nicht zurückzuweisen war - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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Norm
VwGG §30 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022080005.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAF-45916