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VwGH 09.03.2023, Ra 2022/07/0052

VwGH 09.03.2023, Ra 2022/07/0052

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
WRG 1959 §102 Abs1 litb
WRG 1959 §12 Abs2
RS 1
Dem Begriff der Einwendung ist die Behauptung einer Rechtsverletzung in Bezug auf ein bestimmtes Recht immanent, sodass dem Vorbringen entnommen werden können muss, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird. Es ist darzutun, worin die Beeinträchtigung der in § 12 Abs. 2 WRG 1959 angeführten Rechte gelegen sein soll ( bis 0007).
Normen
AVG §8
VwGVG 2014 §17
VwRallg
WRG 1959 §102 Abs1 litb
WRG 1959 §105
RS 2
Derjenige, dessen Parteistellung durch § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 begründet wurde, ist zur Geltendmachung subjektiver Rechte im Bereich des Gesundheitsschutzes nicht berechtigt, weil die Wahrung der in § 105 WRG 1959 verankerten öffentlichen Interessen ausschließlich der Wasserrechtsbehörde überantwortet ist.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2016/07/0081 B RS 2
Normen
EURallg
12010M004 EUV Art4 Abs3
RS 3
Es trifft zu, dass das Recht eines Mitgliedstaates die sich aus dem Unionsrecht ergebenden Verpflichtungen grundsätzlich nicht zu konterkarieren vermag. Vielmehr ist es Sache (u.a.) der nationalen Gerichte, die volle Anwendung des Unionsrechtes und den Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus ihm erwachsen.
Normen
AVG §8
VwGVG 2014 §17
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47
32005D0370 AarhusKonvention Art9 Abs3
RS 4
Der VwGH hat unter Verweis auf das , Karoline Gruber, ausgesprochen, dass Nachbarn auf Grund der ihnen von der GewO 1994 im Verfahren zur Genehmigung einer Betriebsanlage eingeräumten subjektiven Rechte "als Teil der betroffenen Öffentlichkeit" die Anforderung eines ausreichendes Interesses nach den Kriterien des nationalen Rechts erfüllen, um gegen eine Entscheidung, dass kein UVP-Verfahren durchzuführen ist, einen Rechtsbehelf einlegen zu können (vgl. ). Damit mögen Nachbarn im Rahmen der ihnen eingeräumten subjektiven Rechte (hier: gemäß § 116 Abs. 3 MinroG) zwar "als Teil der betroffenen Öffentlichkeit" im Sinn der Aarhus-Konvention anzusehen sein (so etwa Schnedl, Umweltrecht [2020] Rz. 100, und Weichsel-Goby/Kuncio, Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutz in Umweltverfahren, in: Schulev-Steindl/Schnedl/Weichsel-Goby [Hrsg.], Partizipation im Umweltrecht [2019] 150 [158]). Wie der VwGH jedoch mit Blick auf die aus der Aarhus-Konvention abgeleitete Parteistellung von Umweltorganisationen schon ausgesprochen hat, sind diese darauf beschränkt, im Verfahren die Beachtung der aus dem Unionsumweltrecht hervorgegangenen Rechtsvorschriften überprüfen zu lassen. Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention verpflichtet die Mitgliedstaaten in Verbindung mit Art. 47 GRC dazu, für Mitglieder der Öffentlichkeit im Sinn dieser Bestimmung der Aarhus-Konvention einen wirksamen gerichtlichen Schutz der durch das Recht der Union garantierten Rechte, insbesondere der Vorschriften des Umweltrechts, zu gewährleisten (vgl. etwa , mwN). Wie der VwGH jedoch bereits klargestellt hat, kommt es in diesem Zusammenhang entscheidend darauf an, ob im jeweiligen Fall "(auch) der Schutz von Normen des Unionsumweltrechts auf dem Spiel [steht]" (vgl. zuletzt ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2018/04/0078 B RS 4 (hier nur vorletzter und letzter Satz)
Normen
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
WRG 1959
WRG 1959 §102 Abs1 litb
WRG 1959 §12 Abs2
32002L0049 Lärmschutz-RL
32005D0370 AarhusKonvention Art9 Abs3
RS 5
Insoweit in der Zulässigkeitsbegründung pauschal auf die Lärmschutz-RL - ohne eine Bestimmung dieser Richtlinie zu nennen - verwiesen wird, verkennt der Revisionswerber, dass die Lärmschutz-RL nicht im WRG 1959 umgesetzt wurde und demnach keinen Prüfgegenstand des Bewilligungsverfahrens nach dem WRG 1959 bildet (vgl. , 0169). Mangels Bezugnahme auf eine Bestimmung der Lärmschutz-RL unterlässt es der Revisionswerber auch aufzuzeigen, dass und gegebenenfalls welche Bestimmungen der Lärmschutz-RL im gegenständlichen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren unmittelbar anwendbar wären.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, über die Revision des A M in G, vertreten durch Mag.a Dr.in Gerit Katrin Jantschgi, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Bischofplatz 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 41.23-3119/2021-5, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Steiermark), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Stadt G die wasserrechtliche Bewilligung für die Durchführung von Baumaßnahmen für ihren zentralen Speicherkanal im Bauabschnitt 72 (R-brücke bis P-brücke) erteilt.

2 Am richtete der Revisionswerber an die Stadt Graz folgendes Schreiben:

„Ich ... [Revisionswerber] ... wohnhaft in G ... stelle den Antrag auf Übermittlung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides für den zentralen Speicherkanal als (übergangene) Partei und damit Zuerkennung der Parteieigenschaft. Durch den Lärm und die Erschütterungen bei der Errichtung des zentralen Speicherkanals kommt es zu einer unzumutbaren Belästigung und Gesundheitsbeeinträchtigung.

Meine Parteistellung ergibt sich unmittelbar aus dem Unionsrecht (Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention iVm Art. 3, 41 und 47 GRC). Eine Wahrung meiner Interessen in einem anderen Verfahren ist - mangels eines weiteren Materienverfahrens - nicht möglich.

Im Falle der Versagung wird der Antrag auf bescheidmäßigen Abspruch über die Parteistellung gestellt.“

3 Dieser Antrag wurde zuständigkeitshalber an die belangte Behörde weitergeleitet.

4 Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Zustellung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides betreffend den zentralen Speicherkanal der Stadt G (Bauabschnitt 72, R-brücke bis P-brücke) vom „mangels Parteilegitimation“ zurückgewiesen.

5 Begründet wurde die Zurückweisung im Wesentlichen damit, dass aus den Ausführungen des Revisionswerbers keine Parteistellung im Sinne des § 102 WRG 1959 abzuleiten sei. Der Revisionswerber hätte als Einzelperson keine Partei- oder Beteiligtenstellung im gegenständlichen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren. Er sei weder Vertreter einer anerkannten Umweltorganisation noch habe er eine sonstige Parteistellung im Sinne des § 102 WRG 1959 glaubhaft machen können.

6 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Verwaltungsgericht und beantragte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

7 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom wurde die Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe abgewiesen, dass im Spruch des Bescheides der belangten Behörde die Wortfolge „mangels Parteilegitimation“ zu entfallen habe (Spruchpunkt I.). Die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig (Spruchpunkt II.).

8 Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass der Revisionswerber mangels rechtzeitiger Erhebung von Einwendungen seine Parteistellung verloren hätte, weil die gegenständlichen Verhandlungen doppelt kundgemacht worden seien und die doppelte Kundmachung gemäß § 42 Abs. 1 AVG an die Voraussetzungen für den Verlust der Parteistellung knüpfe. Der Revisionswerber sei demnach, anders als von ihm behauptet, keine übergangene Partei und könne auch keine unzumutbaren Belästigungen sowie eine erlittene Gesundheitsbeeinträchtigung geltend machen.

9 Für eine nicht persönlich zu ladende Partei, die ordnungsgemäß durch öffentliche Kundmachung geladen worden sei, aber keine Einwendungen erhoben habe, trete Präklusion ein. Der Revisionswerber hätte spätestens vor Beginn der Verhandlung bzw. im Zuge der öffentlich durchgeführten Verhandlungen seine Parteirechte geltend machen müssen. Dies gelte auch dann, wenn der Revisionswerber - wie in der Beschwerde ausgeführt - als „betroffene Öffentlichkeit“ Parteistellung auf Grund der Regelungen des Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention hätte. Beide Verhandlungen seien von der belangten Behörde doppelt kundgemacht worden. Der Revisionswerber habe aber innerhalb der vorgesehenen Frist seine Parteirechte nicht geltend gemacht. Daher sei ihm gegenüber jedenfalls Präklusion eingetreten; dies auch unter dem Aspekt der Partei der „betroffenen Öffentlichkeit“.

10 Zudem habe sich zum Zeitpunkt der Antragstellung des Revisionswerbers der Speicherkanal nicht mehr in einer Errichtungsphase befunden. „Bereits aus diesem Faktum“ habe der Revisionswerber nicht mehr durch die Errichtung des Speicherkanals eine unzumutbare Belästigung bzw. Gesundheitsbeeinträchtigung erfahren können. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei die Betroffenheit des Revisionswerbers nicht ersichtlich gewesen. Aus diesem Grund wäre der Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung mangels Beschwer zurückzuweisen gewesen.

11 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit den verba legalia des Art. 133 Abs. 4 B-VG.

12 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

13 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragt, der Revision „keine Folge“ zu geben.

14 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

15 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

17 Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

18 Die demnach für eine Beurteilung der Zulässigkeit allein maßgebliche Zulässigkeitsbegründung macht geltend, das Verwaltungsgericht sei von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen; zudem fehle zu (näher dargestellten) relevanten Rechtsfragen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

19 Beim Revisionswerber handelt es sich unzweifelhaft nicht um eine anerkannte Umweltorganisation. Schon deshalb ist der dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegende Sachverhalt nicht mit jenen in der Zulässigkeitsbegründung angeführten hg. Entscheidungen vergleichbar (; , Ra 2018/07/0380 bis 0382; , Ra 2018/07/0410; , Ro 2018/10/0010), weshalb es dem Revisionswerber damit nicht gelingt, ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung aufzuzeigen ( bis 0065).

20 Aus der Umschreibung jener Umstände, die die Parteistellung im Sinne des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren begründen, ergibt sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Rahmen jener Einwendungen, die in einem solchen Verfahren von diesen Parteien mit Erfolg geltend gemacht werden können. Solche Einwendungen haben sich bei sonstiger Präklusion auf eine Verletzung jenes Rechtes zu beziehen, aus welchem die Parteistellung abgeleitet wird (, mwN). Dem Begriff der Einwendung ist die Behauptung einer Rechtsverletzung in Bezug auf ein bestimmtes Recht immanent, sodass dem Vorbringen entnommen werden können muss, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird. Es ist darzutun, worin die Beeinträchtigung der in § 12 Abs. 2 WRG 1959 angeführten Rechte gelegen sein soll ( bis 0007, mwN).

21 Derjenige, dessen Parteistellung durch § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 begründet wurde, ist zur Geltendmachung subjektiver Rechte im Bereich des Gesundheitsschutzes nicht berechtigt, weil die Wahrung der in § 105 WRG 1959 verankerten öffentlichen Interessen ausschließlich der Wasserrechtsbehörde überantwortet ist (, mwN).

22 Dass sich vor dem Hintergrund der - nationalen - Bestimmungen des WRG 1959 keine Parteistellung des Revisionswerbers im gegenständlichen Bewilligungsverfahren ergibt, wird in der Revision nicht substantiiert bestritten. Der Revisionswerber macht vielmehr unter dem Gesichtspunkt des Fehlens von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend, dass er als Teil der betroffenen Öffentlichkeit durch Verweis auf „gesundheitliche Auswirkungen“ sowie Lärm- und Erschütterungseinwirkungen dargelegt habe, dass er ein ausreichendes Interesse daran habe, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht zu erhalten. Diese Interessen des Revisionswerbers seien durch unionsrechtliche Umweltbestimmungen wie die Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (Umgebungslärm-RL) ausreichend geschützt.

23 Zwar trifft es zu, dass das Recht eines Mitgliedstaates die sich aus dem Unionsrecht ergebenden Verpflichtungen grundsätzlich nicht zu konterkarieren vermag. Vielmehr ist es Sache (u.a.) der nationalen Gerichte, die volle Anwendung des Unionsrechtes und den Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus ihm erwachsen.

24 Daraus ist aber für den Revisionswerber nichts gewonnen. Die Zulässigkeitsausführungen im Zusammenhang mit der Betroffenheit und Präklusion gehen nämlich auch unter Berücksichtigung der dort zitierten Judikatur des EuGH (, LB, Stichting Varkens in Nood, u.a.), aus folgenden Gründen an der Sache vorbei:

25 Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention verpflichtet die Mitgliedschaften in Verbindung mit Art. 47 GRC dazu, für Mitglieder der Öffentlichkeit in Sinn dieser Bestimmung der Aarhus-Konvention einen wirksamen gerichtlichen Schutz der durch das Recht der Union garantierten Rechte, insbesondere der Vorschriften des Umweltrechts, zu gewährleisten ( bis 0082, mwN).

26 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt hat, kommt es in diesem Zusammenhang entscheidend darauf an, ob im jeweiligen Fall „(auch) der Schutz von Normen des Unionsumweltrechts auf dem Spiel [steht]“ ( bis 0080, mwN).

27 Dies vermag die Revision nicht darzutun. Insoweit nämlich in der Zulässigkeitsbegründung pauschal auf die Umgebungslärm-RL - ohne eine Bestimmung dieser Richtlinie zu nennen - verwiesen wird, verkennt der Revisionswerber, dass die Umgebungslärm-RL nicht im WRG 1959 umgesetzt wurde und demnach keinen Prüfgegenstand des Bewilligungsverfahrens nach dem WRG 1959 bildet (vgl. in diesem Sinne , 0169). Mangels Bezugnahme auf eine Bestimmung der Umgebungslärm-RL unterlässt es der Revisionswerber auch aufzuzeigen, dass und gegebenenfalls welche Bestimmungen der Umgebungslärm-RL im gegenständlichen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren unmittelbar anwendbar wären.

28 Vor diesem Hintergrund gelingt es dem Revisionswerber nicht darzutun, dass ihm im revisionsgegenständlichen Verfahren nach dem WRG 1959 Parteistellung zur Geltendmachung (unions-)umweltrechtlicher Bedenken eingeräumt hätte werden müssen. Hinzu kommt, dass die Einwirkungen nicht von der wasserrechtlich bewilligten Anlage selbst ausgehen, sondern offenkundig anlässlich der Errichtung derselben hervorgerufen wurden (zum Erfordernis der unmittelbaren anlagenbezogenen Betroffenheit im Zusammenhang mit der WRRL als das für das WRG 1959 maßgebliche Unionsumweltrecht vgl.  bis 0065, mit Verweis auf Rechtsprechung des EuGH).

29 Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht nur dann ungeachtet eines Parteienantrages - wie im vorliegenden Fall - von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

30 Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 47 GRC stehen einem Entfall der Verhandlung nicht entgegen, wenn es ausschließlich um rechtliche oder sehr technische Fragen geht, oder wenn das Vorbringen des Revisionswerbers angesichts der Beweislage und angesichts der Beschränktheit der zu entscheidenden Fragen nicht geeignet ist, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich macht. Der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung kann auch in Fällen gerechtfertigt sein, in welchen lediglich Rechtsfragen beschränkter Natur oder von keiner besonderen Komplexität aufgeworfen werden (vgl. zum Ganzen , mwN).

31 Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren war der relevante Sachverhalt nicht strittig. Darüber hinaus waren - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt - keine Rechtsfragen zu klären, zu deren Beantwortung nicht auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen werden konnte. Vor diesem Hintergrund zeigt der Revisionswerber nicht auf, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich gewesen wäre ().

32 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

33 Nach dem sich aus § 59 VwGG ergebenden Antragsprinzip kann Aufwandersatz nur zugesprochen werden, wenn ein diesbezüglicher Antrag gestellt wird (, mwN). Vorliegend wurde ein solcher Antrag von der belangten Behörde nicht gestellt.

Wien, am 

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §8
B-VG Art133 Abs4
EURallg
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwRallg
WRG 1959
WRG 1959 §102 Abs1 litb
WRG 1959 §105
WRG 1959 §12 Abs2
12010M004 EUV Art4 Abs3
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47
32002L0049 Lärmschutz-RL
32005D0370 AarhusKonvention Art9 Abs3
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang, partielle Nichtanwendung von innerstaatlichem Recht EURallg1 Gemeinschaftsrecht Auslegung Allgemein EURallg3 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022070052.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAF-45908