VwGH 14.07.2022, Ra 2022/06/0099
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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RS 1 | Das Vorbringen des Nachbarn betreffend eine unnötige Bodenversiegelung und eine Grünlandverschwendung bezieht sich klar auf das Schutzgut Boden und kann weder als unzumutbare Beeinträchtigung durch Anlagen zur Sammlung und Beseitigung von Abwässern noch als solche aufgrund der Änderung der Abflussverhältnisse durch Geländeveränderungen interpretiert werden. Darüber hinaus besteht auch kein Nachbarrecht betreffend eine ausreichende Dimensionierung des Retentionsbeckens bzw. des Oberflächenentwässerungskanals (vgl. etwa , mwN). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des W F in S, vertreten durch Mag. Dr. Marlies Folger, Rechtsanwalt in 8530 Deutschlandsberg, Schulgasse 27/2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , LVwG 50.27-2750/2021-27, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde St. Stefan ob Stainz; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: R GmbH in S), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S. vom , mit dem der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für die Errichtung einer „Zufahrtsstraße samt Oberflächenentwässerung für die geplante Zufahrtsstraße sowie den Bauplätzen Veränderungen des natürlichen Geländes im Bauland“ auf näher genannten Grundstücken in S. erteilt worden war, als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig.
Begründend führte das LVwG - soweit für das gegenständliche Verfahren relevant - aus, mit Ausnahme der Einwendungen betreffend eine gesteigerte Lärm- und Abgasbelastung habe der Revisionswerber keine Nachbarrechte im Sinn des § 26 Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk. BauG) geltend gemacht; teilweise sei das Vorbringen auch verspätet (etwa jenes zur Hochwassergefahr). Die durch das Bauvorhaben verursachte Lärm- und Abgasbelastung sei den eingeholten Gutachten zufolge für die Widmungskategorie „Allgemeines Wohngebiet“ typisch und gehe nicht über das bei Wohnbauten übliche Maß hinaus.
5 In der Zulässigkeitsbegründung rügt der Revisionswerber ein Abweichen von bzw. eine unrichtige Auslegung der hg. Rechtsprechung durch das LVwG dadurch, dass der Einwand, die zu bewilligende Straße stelle eine unnötige Bodenversiegelung und eine Grünlandverschwendung dar, nicht als Frage der Ableitung der Oberflächenwässer erkannt und als subjektiv-öffentliches Recht gemäß § 26 Abs. 1 Z 5 iVm § 57 Abs. 2 (unzumutbare Beeinträchtigungen durch Anlagen zur Sammlung und Beseitigung von Abwässern) bzw. § 88 (unzumutbare Beeinträchtigungen aufgrund der Änderung der Abflussverhältnisse durch Geländeveränderungen) Stmk. BauG beurteilt worden sei. Aufgrund der Klimaerwärmung und der zu erwartenden größeren Niederschlagsmengen hätte die Bemessung der Retentionsbecken bzw. des Oberflächenentwässerungskanales nicht anhand des 20-jährigen, sondern des 50-jährigen Bemessungsereignisses erfolgen müssen.
6 Mit diesem Vorbringen wendet sich der Revisionswerber gegen die Auslegung seiner Einwendungen durch das LVwG. Nach ständiger hg. Rechtsprechung betrifft die Auslegung einer konkreten Parteienerklärung nur den Einzelfall. Eine solche Auslegung wäre nur dann revisibel, wenn dem Verwaltungsgericht dabei eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen und die im Einzelfall erfolgte Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. etwa , Rn. 7, mwN).
Eine solche Fehlbeurteilung vermag die Revision jedoch nicht aufzuzeigen. Das Vorbringen betreffend eine unnötige Bodenversiegelung und eine Grünlandverschwendung bezieht sich klar auf das Schutzgut Boden und kann weder als unzumutbare Beeinträchtigung durch Anlagen zur Sammlung und Beseitigung von Abwässern noch als solche aufgrund der Änderung der Abflussverhältnisse durch Geländeveränderungen interpretiert werden. Darüber hinaus besteht auch kein Nachbarrecht betreffend eine ausreichende Dimensionierung des Retentionsbeckens bzw. des Oberflächenentwässerungskanals (vgl. etwa , mwN).
7 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022060099.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
RAAAF-45894