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VwGH 14.07.2022, Ra 2022/06/0078

VwGH 14.07.2022, Ra 2022/06/0078

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
BauG Stmk 1995 §41 Abs3
MRK Art6
VwGVG 2014 §24
VwGVG 2014 §24 Abs4
RS 1
Verfahren betreffend behördliche Beseitigungsaufträge von baulichen Anlagen fallen unter Art. 6 MRK (siehe das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte - EGMR - vom , Nr. 41.666/98, Kyrtatos/Griechenland).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2014/05/0058 E RS 2

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des A C in G, vertreten durch Mag. Werner Purr, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Neutorgasse 49/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , LVwG 50.14-3097/2021-2, betreffend einen Beseitigungsauftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgericht Steiermark (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wies dieses die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom , mit dem dem Revisionswerber der Auftrag erteilt worden war, die in Punkt 1. bis 14. genannten Bauwerke/Anlagen auf näher bezeichneten Grundstücken unverzüglich zu beseitigen, ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung, als unbegründet ab. Gleichzeitig sprach es aus, dass die Erhebung einer ordentlichen Revision nicht zulässig sei.

6 In der Zulässigkeitsbegründung bringt der Revisionswerber zusammengefasst vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es entsprechende Feststellungen über die Art und das Ausmaß des landwirtschaftlichen Betriebes des Revisionswerbers unzureichend getroffen habe. Entscheidend sei, ob das Projekt eine Betriebsanlage darstelle, die einer Genehmigung durch die Gewerbebehörde bedürfe. Schließlich habe das Verwaltungsgericht auch verabsäumt eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, um den Revisionswerber einzuvernehmen und ein Gutachten aus dem Fache der Land- und Forstwirtschaft einzuholen. Es sei nicht auszuschließen, dass dies zu einem günstigeren Ergebnis für den Revisionswerber geführt hätte.

7 Soweit die Zulässigkeitsbegründung die Verletzung von Verfahrensmängeln (fehlende Feststellungen, mangelnde Einholung eines Sachverständigengutachtens) geltend macht, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach Rechtsfragen des Verfahrensrechtes nur dann solche von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG sein können, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. z.B. , oder auch , Ra 2016/05/0121, jeweils mwN), wobei in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden muss, das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa , oder auch , Ra 2019/06/0011, jeweils mwN). Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Revision nicht, weil sie nicht ansatzweise aufzeigt, welche anderen Feststellungen das Verwaltungsgericht hätte treffen müssen und inwieweit diese Feststellungen das Ergebnis des angefochtenen Erkenntnisses beeinflusst hätten (vgl. z.B. , oder auch , Ra 2017/06/0191, jeweils mwN).

8 Der Verwaltungsgerichtshof hielt in Bezug auf § 24 Abs. 4 VwGVG bereits wiederholt fest, dass der Gesetzgeber als Zweck einer mündlichen Verhandlung die Klärung des Sachverhaltes und die Einräumung von Parteiengehör sowie darüber hinaus auch die mündliche Erörterung einer nach der Aktenlage strittigen Rechtsfrage zwischen den Parteien und dem Gericht vor Augen habe. Ferner komme eine ergänzende Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht regelmäßig erst nach einer mündlichen Verhandlung in Frage (vgl. etwa , mwN). Verfahren betreffend behördliche Beseitigungsaufträge von baulichen Anlagen fallen unter Art. 6 EMRK (vgl. etwa , mwN). Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen dem Absehen von einer Verhandlung von Seiten eines Verwaltungsgerichtes (§ 24 Abs. 4 VwGVG) aber ua. dann nicht entgegen, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht und auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten können, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist (, mwN). Das Zulässigkeitsvorbringen zeigt dahingehend nicht auf, inwieweit der festgestellte Sachverhalt einer weiteren Klärung bedürft hätte.

9 Ist das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung von einem Sachverhalt ausgegangen, der in der Revision - wie im vorliegenden Fall - nicht konkret in Abrede gestellt wird, lässt sich nicht erkennen, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eine weitere Klärung der Rechtssache im Sinne des § 24 Abs. 4 VwGVG hätte erwarten lassen. Damit stand der entscheidungswesentliche Sachverhalt fest, weshalb diesbezüglich weder Fragen seiner Ergänzung noch Fragen der Beweiswürdigung auftreten können (vgl. , mwN).

10 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BauG Stmk 1995 §41 Abs3
MRK Art6
VwGVG 2014 §24
VwGVG 2014 §24 Abs4
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022060078.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAF-45892