VwGH 15.06.2022, Ra 2022/06/0073
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des J P in B, vertreten durch die Rechtsanwälte Lang & Schulze-Bauer OG in 8280 Fürstenfeld, Realschulstraße 2a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , LVwG 50.38-1113/2022-7, betreffend einen Beseitigungsauftrag gemäß § 41 Stmk BauG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde B; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wies dieses die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom , mit dem dem Revisionswerber der Auftrag erteilt worden war, das auf dem näher bezeichneten Grundstück befindliche Gebäude innerhalb von sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen, mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass das Gebäude binnen acht Monaten ab Zustellung des Erkenntnisses zu beseitigen sei. Gleichzeitig sprach es aus, dass die Erhebung einer ordentlichen Revision unzulässig sei.
5 Begründend führte das Verwaltungsgericht - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - aus, mit Bescheid der belangten Behörde vom sei ein in seinen Abmessungen anderes Gebäude auf der Liegenschaft des Revisionswerbers bewilligt worden. Die Abweichungen der Abmessungen des gegenständlichen Gebäudes zu dieser Bewilligung lägen außerhalb von Messungenauigkeiten, weshalb es sich um ein sogenanntes „aliud“ handle. Für das gegenständliche Gebäude liege daher keine baurechtliche Bewilligung vor, weswegen die Erlassung eines Beseitigungsauftrages in Betracht komme. Eine Frist von acht Monaten sei geeignet, um die Beseitigung bautechnisch durchzuführen.
6 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung zusammengefasst vor, das gegenständliche baupolizeiliche Verfahren betreffend die hier zu beurteilende bauliche Anlage sei mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom (wohl gemeint: 2018) bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen ausgesetzt worden. Entgegen diesem rechtskräftigen Aussetzungsbescheid habe die belangte Behörde das Verfahren fortgesetzt und den Beseitigungsbescheid vom erlassen. Es sei die klare und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass derartige verfahrensleitende Bescheide wie ein solcher auf Aussetzung des Verfahrens zur Klärung einer Vorfrage zu beachten seien und die Fortführung des Verfahrens und die Erlassung eines Bescheides rechtswidrig sei.
7 Damit wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gestellten Anforderungen nicht entsprochen, wenn die revisionswerbende Partei bloß allgemein behauptet, das Verwaltungsgericht sei von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen, ohne konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher hg. Rechtsprechung ihrer Ansicht nach das Verwaltungsgericht in welchen Punkten abgewichen sein soll.
9 Mit der in der Zulässigkeitsbegründung enthaltenen bloßen Behauptung, die Auffassung des Verwaltungsgerichtes widerspräche der - nicht näher bezeichneten - ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wird die Begründung für die Zulässigkeit der Revision somit nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl. zum Ganzen , mwN).
10 Im Übrigen liegt eine Vorfrage dann vor, wenn der relevante Tatbestand ein (explizit angeführtes oder durch Auslegung zu ermittelndes) Element enthält, das für sich allein Gegenstand der bindenden Entscheidung einer anderen Behörde bzw. eines Gerichts (oder allenfalls derselben Behörde in einem anderen Verfahren) sein kann (vgl. , mwN). Präjudiziell und damit Vorfragenentscheidung im verfahrensrechtlich relevanten Sinn ist nur eine Entscheidung, die erstens eine Rechtsfrage betrifft, deren Beantwortung für die Hauptfragenentscheidung unabdingbar (das heißt eine notwendige Grundlage) ist und die zweitens diese in einer die Verwaltungsbehörde bindenden Weise regelt (vgl. , mwN).
11 Im vorliegenden Fall wurde nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts ein Beseitigungsauftrag aufgrund einer nicht bewilligten baulichen Anlage erteilt, die zu dem mit Bescheid vom bewilligten Gebäude ein „aliud“ darstelle. Nach der Aktenlage hat das vom Revisionswerber ins Treffen geführte Verfahren vor dem Vermessungsamt F. den Grenzverlauf zwischen dem Grundstück des Revisionswerbers und dessen Nachbargrundstück zum Inhalt. Inwiefern der Ausgang dieses Verfahrens präjudiziell für das gegenständliche Verfahren sein sollte, wird von der Revision nicht dargestellt und ist auch nicht ersichtlich. Ergänzend ist anzumerken, dass dieses Verfahren - wie dem Akteninhalt zu entnehmen ist - mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom eingestellt wurde.
12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022060073.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
NAAAF-45891