VwGH 23.05.2023, Ra 2022/06/0031
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | AVG §13 Abs3 |
RS 1 | Ein Verbesserungsauftrag muss konkret sein und eine unmissverständliche Aufforderung enthalten, welche Mängel zu beheben sind (Hinweis E vom , 2005/11/0216). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2016/05/0040 E RS 4 |
Normen | AVG §13 Abs3 BauRallg |
RS 2 | Ein Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG ist immer nur dann gesetzmäßig, wenn der angenommene Mangel tatsächlich vorliegt, was etwa bedeutet, dass ein Verbesserungsauftrag, mit dem Unterlagen bzw. Angaben für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens angefordert werden, nur dann zulässig erscheint, wenn diese Unterlagen bzw. Angaben für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nach den jeweiligen gesetzlichen Regelungen (bzw. den darauf gestützten Verordnungen) erforderlich sind (Hinweis E vom , 2000/06/0143). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2009/05/0109 E RS 4 |
Normen | BauO Tir 2018 §31 BauO Tir 2018 §34 BauRallg |
RS 3 | Bei einem Baubewilligungsverfahren, auch dann wenn eine nachträgliche Baubewilligung erteilt werden soll, handelt es sich um ein Projektgenehmigungsverfahren, in welchem es nicht darauf ankommt, welcher Zustand besteht, sondern darauf, welcher Zustand projektgemäß herbeigeführt werden soll. Auch in einem nachträglichen Baubewilligungsverfahren ist von der Behörde zu prüfen, ob die Errichtung des projektierten Gebäudes und nicht der tatsächlich vorhandene Bau zulässig ist. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2013/05/0058 E RS 3 |
Normen | BauO Tir 2018 §34 BauRallg |
RS 4 | Der Gegenstand jedes Baubewilligungsverfahrens wird durch das jeweilige Bauansuchen und das diesem zu Grunde liegende Projekt bestimmt (vgl. etwa ). |
Normen | |
RS 5 | Voraussetzung jedes Zu- bzw. Umbaus ist, dass der Bestand der baulichen Anlage ein rechtmäßiger ist (vgl. aus der jüngeren Rechtsprechung etwa ). Ob ein konsentierter bzw. rechtmäßiger Bestand vorliegt, ist jedoch bei der Erteilung der Baubewilligung für einen Zubau als Vorfrage zu beurteilen (vgl. z.B. , mwN). Sollte sich daher ergeben, dass der in den Plänen eingezeichnete Bestand kein rechtmäßiger ist, stünde dieser Umstand der baurechtlichen Bewilligung des gegenständlichen Um- und Zubaues entgegen (vgl. z.B. ). |
Normen | BauO Tir 2018 §33 Abs3 lite BauO Tir 2018 §6 Abs4 litf BauRallg |
RS 6 | Nur Lüftungsanlagen, die eine den Abluftanlagen von Heizungsanlagen entsprechende Funktion aufweisen, wenn also dadurch eine - beispielsweise mit Abgasen belastete - Luft nach außen geleitet wird, stellen Fangmündungen dar, wohingegen Öffnungen, die einer ausreichenden Versorgung - hier einer Tiefgarage - mit frischer Luft dienen, stellen keine Fangmündungen dar und dürfen daher im Mindestabstandsbereich errichtet werden (vgl. ). |
Normen | |
RS 7 | Die Wahrung des Parteiengehörs im Zuge des Ermittlungsverfahrens iSd §§ 37 ff AVG bzw. §§ 17, 24 f VwGVG 2014 ist von Amts wegen zu beachten und gehört zu den fundamentalen Grundsätzen des Verwaltungsverfahrens sowie des Verfahrens vor den Verwaltungsgerichten, sie stellt eine kardinale Voraussetzung eines rechtmäßigen Verfahrens sowie eine der wichtigsten Sicherungen des rechtstaatlichen Prinzips dar (vgl. B 125 und B 178/48 (VfSlg 1804/1949); , mwH; vgl. §§ 10, 45 VwGVG 2014). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2017/03/0069 E RS 9 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofrätinnen Mag.a Merl, Mag. Rehak, Mag. Liebhart-Mutzl und Mag. Bayer als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Mag. S B in K, vertreten durch die Eisenberger Rechtsanwälte GmbH in 8020 Graz, Schloßstraße 25, gegen den in Erkenntnisform ergangenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 17. Jänner „2021“ (richtig: 2022), LVwG-2014/36/0641-43, betreffend Zurückweisung eines Bauansuchens (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadtgemeinde Kitzbühel; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Stadtgemeinde Kitzbühel hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Die Revisionsbeantwortung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Kitzbühel wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Zum bisherigen Verfahrensgang wird auf die in der gegenständlichen Angelegenheit bereits ergangenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2014/06/0028 (Vorerkenntnis I), und vom , Ra 2019/06/0161, 0162 und 0163 (Vorerkenntnis II) verwiesen. Zusammengefasst ergibt sich Folgendes:
2 Der Revisionswerber ist grundbücherlicher Eigentümer einer näher genannten Liegenschaft in der KG K., auf der sich (u.a.) das Gebäude „G.hof“ befindet. Nach einem Brandereignis im Dezember 2006 wurde dem Revisionswerber mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde K. (belangte Behörde) vom die Baubewilligung für die Wiedererrichtung des Gebäudes „G.hof“ auf dem vorgenannten Baugrundstück nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Einreichunterlagen und unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.
3 Mit Eingaben vom bzw. vom , ergänzt am , suchte der Revisionswerber um die baurechtliche Bewilligung von Ergänzungen und Änderungen des mit dem genannten Bescheid vom bewilligten Bauvorhabens an. Als projektierte Änderungen wurden ein „zur Gänze unterirdisch[es] und mit Kellerlichtschächten ausgestattet[es]“ zusätzliches Kellergeschoss mit Lagerräumen, Technikräumen und Schwimmbad, die Adaptierung der nordseitigen Fenster im Erdgeschoss, ein mittels Schiebeelement schließbarer Ausschnitt im Dach sowie der Ersatz der geplanten Gaupen durch Dachflächenfenster beidseits beschrieben. Am legte der Revisionswerber einen nachgereichten Einreichplan vor.
4 Mit Bescheid vom wies der - im Devolutionsweg zuständig gewordene - Gemeinderat der Stadtgemeinde K. das Bauansuchen gemäß § 27 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Abs. 3 lit. a Z 1 Tiroler Bauordnung 2011 und § 42 Abs. 1 und 7 erster Satz Tiroler Raumordnungsgesetz 2011 (TROG 2011) ab. Begründend führte er zusammengefasst aus, im gegenständlichen Fall liege eine wiedererrichtete Hofstelle im Freiland vor. Die beantragten baulichen Veränderungen widersprächen § 42 Abs. 1 und § 42 Abs. 7 erster Satz TROG 2011.
5 Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid Vorstellung, welche mit Bescheid vom durch die Tiroler Landesregierung im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen wurde, dass es sich beim „G.hof“ um eine aufrechte Hofstelle handle und dem Antrag § 42 Abs. 7 TROG 2011 entgegenstehe.
6 Mit dem eingangs erwähnten Vorerkenntnis I wurde dieser Vorstellungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof darin zusammengefasst aus, beim „G.hof“ liege keine Hofstelle im Sinne der §§ 42 ff TROG 2011 vor. Von den Baubehörden wäre daher zu prüfen gewesen, ob die raumordnungsrechtlichen Regelungen betreffend den Um- oder Zubau von bzw. zu anderen als land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden der beantragten Änderungsbewilligung entgegenstanden.
7 Mit Beschluss vom gab das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG im Zuge der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz zuständig gewordene Landesverwaltungsgericht Tirol (in der Folge: LVwG) der Beschwerde des Revisionswerbers nach Einholung der Bauakten, eines hochbautechnischen Amtssachverständigengutachtens vom sowie nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am Folge, hob den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück.
8 Begründend führte das LVwG dazu zusammengefasst aus, die Einreichunterlagen entsprächen nicht den gesetzlichen Anforderungen an Planunterlagen. Der Revisionswerber wäre zur Verbesserung des Baugesuchs durch entsprechende vermessungs- und bautechnische Aufnahmen aufzufordern und es sei zu prüfen, ob und in welchem konkreten Umfang diesbezüglich Baukonsens gegeben sei. Zudem seien allenfalls in diesem Bereich vorgenommene Geländeveränderungen zu erheben und anhand der jeweils geltenden Rechtslage zu beurteilen. Zur abschließenden raumordnungs- und baurechtlichen Prüfung des antragsgegenständlichen Änderungsansuchens wären nicht bloß einzelne, sondern sämtliche Verfahrensschritte erforderlich.
9 Mit dem eingangs ebenfalls bereits erwähnten Vorerkenntnis II wurde dieser Beschluss des LVwG vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Die Rechtswidrigkeit der auf § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG gestützten Aufhebung und Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde durch das LVwG begründete der Verwaltungsgerichtshof zusammengefasst damit, dass das LVwG als notwendig erachtete ergänzende Ermittlungen selbst durchführen und, gegebenenfalls nach Abhaltung einer weiteren mündlichen Verhandlung, in der Sache selbst entscheiden hätte müssen. Sind lediglich ergänzende Ermittlungen vorzunehmen, liegt die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das LVwG im Interesse der Raschheit im Sinn des § 28 Abs. 2 Z 2 erster Fall VwGVG, zumal nicht bloß auf die voraussichtliche Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens alleine, sondern auf die Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens abzustellen ist.
10 In weiterer Folge erteilte das LVwG dem Revisionswerber mit Schreiben vom einen Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 34 Abs. 2 Tiroler Bauordnung 2018 (TBO 2018). In diesem führte es - unter Bezugnahme auf das hochbautechnische Gutachten vom - aus, die Geländeverläufe des antragsgegenständlichen Bauvorhabens nach Bauführung seien nicht identisch mit den mit Bescheid der belangten Behörde vom genehmigten Planunterlagen. Zudem bedürfe es einer entsprechenden Nachweisführung der Gesamtbaumasse von Seiten des beauftragten Planers, welche sich aus dem nunmehr antragsgegenständlichen Bauvorhaben und auf Grundlage der in diesem Vorhaben eingetragenen Geländeverläufe ergebe. Außerdem sei den Einreichunterlagen kein Lageplan angeschlossen und es könne daher nicht geprüft werden, ob das beantragte Untergeschoss die Abstandsbestimmungen „des § 6 TBO“ einhalte.
11 Dem Revisionswerber wurde in diesem Verbesserungsauftrag - unter Zitierung von Bestimmungen der Planunterlagenverordnung 1998 und der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Bauunterlagenverordnung 2020 - aufgetragen, die Einreichunterlagen hinsichtlich folgender Punkte zu verbessern: Lageplan nach § 31 Abs. 2 TBO 2018; Ansichten (Nord, Süd, West und Ost), jeweils samt Darstellung der Geländeverläufe vor und nach der gegenständlich beantragten Bauführung; die für die Berechnung der Mindestabstände maßgebenden Gebäudehöhen; Schnitte mit den zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens erforderlichen Höhenmaßen, wie insbesondere die Raumhöhe, Deckenstärken, Steigungsverhältnisse von Rampen und Geländehöhen; Verlauf des anschließenden Geländes vor und nach der gegenständlich beantragten Bauführung sowie bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 61 Abs. 3 dritter Satz Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 (TROG 2016), den Schnitt einer 33 Grad geneigten Linie mit der Außenhaut bzw. der gedachten Fläche in der Flucht der Außenhaut; Nachweisführung der Gesamtbaumasse vor und nach der gegenständlich beantragten Bauführung (zB auf Grundlage eines 3D Modells), Berechnung gemäß § 61 Abs. 3 TROG 2016; Gegenüberstellung der mit Bescheid vom bewilligten Baumasse und der Baumasse des gegenständlichen Bauvorhabens jeweils gemäß § 31 Abs. 4 TBO 2018 iVm § 42a TROG 2016.
12 Am legte der Revisionswerber mit datierte ergänzende Einreichpläne, die einen Lageplan, „Ansichten, Schnitte“ und Grundrisse der jeweiligen Geschoße beinhalten, sowie eine „Baumassenberechnung laut § 61 TROG 2016“ vor. Im Anschreiben zur Urkundenvorlage führte er zudem aus, das Gelände werde durch die Bauführung nicht verändert und entspreche dem bewilligten Gelände von 2007. Es komme durch das Bauvorhaben zu keiner Veränderung des umbauten Raums oberhalb der Erdoberfläche, weshalb aktuelle Baumassenberechnungen zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nicht erforderlich seien. Ungeachtet dessen übermittle der Revisionswerber die aktuelle Baumassenberechnung und führte aus, mit Bescheid vom sei eine Baumasse von 5.605,15 m³ bewilligt worden, wobei nicht nachvollziehbar, rechtlich jedoch irrelevant sei, wie die Baumasse damals errechnet worden sei.
13 Mit Schreiben vom ersuchte das LVwG den Amtssachverständigen um eine hochbautechnische Prüfung und Beantwortung der Frage, inwieweit dem Verbesserungsauftrag des LVwG entsprochen worden sei. Am erstattete der Amtssachverständige eine hochbautechnische Stellungnahme, die dem Revisionswerber, soweit aus den vorgelegten Verfahrensakten ersichtlich, mit E-Mail des LVwG vom übermittelt wurde; vor Erlassung der angefochtenen Entscheidung wurde dem Revisionswerber dazu, soweit nach der Aktenlage ersichtlich, keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
14 Mit dem angefochtenen, in Erkenntnisform ergangenen, Beschluss des LVwG vom 17. Jänner „2021“ (richtig: 2022) wurde das Bauansuchen des Revisionswerbers in der Fassung der zuletzt mit Schriftsatz vom eingebrachten Pläne vom , zurückgewiesen und ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
15 Begründend führte das LVwG dazu aus, es ergebe sich offenkundig und auch ohne entsprechende Fachkunde, dass dem Verbesserungsauftrag nicht vollinhaltlich entsprochen worden sei. Insbesondere sei den Plänen nach wie vor kein den gesetzlichen Vorgaben entsprechender Lageplan angeschlossen. In den nunmehr eingebrachten Plänen seien „die Umrisse und Außenmaße des Zubaus (zusätzliches UG in den Plänen als Keller bezeichnet) und dessen Abstände gegenüber den Grenzen des Bauplatzes“ nicht eingetragen und der Zubau nicht in roter Schraffierung dargestellt. Es ergebe sich bereits aus einem groben Vergleich der Grundrisse, dass das zusätzliche Untergeschoß gegenüber den Grundrissen der darüber liegenden Geschoße deutlich größer sei. Zudem fehlten die erforderlichen Angaben der Abstände gegenüber den Grenzen des Bauplatzes. Aufgrund des Fehlens eines Lageplanes im Sinne des § 31 Abs. 2 TBO 2018 sei eine hochbautechnische Prüfung der Einhaltung der Abstandsvorschriften nach § 6 TBO 2018 nicht möglich.
16 Darüber hinaus fehlten den Einreichplänen eine Darstellung der Geländeverläufe vor und nach der gegenständlich beantragten Bauführung. Auf den nunmehr vorgelegten Einreichplänen sei nur ein - als „genehmigter Geländeverlauf lt. Bescheid v “ bezeichneter - Geländeverlauf dargestellt. Aus diesem Grund sei keine Prüfung der zulässigen beschränkten Baumasse des im Freiland befindlichen Gebäudes möglich. Da der Revisionswerber dem Verbesserungsauftrag nicht vollinhaltlich nachgekommen sei, sei das Bauansuchen gemäß § 34 Abs. 2 TBO 2018 iVm § 17 VwGVG und § 13 Abs. 3 AVG zurückzuweisen.
17 Darüber hinaus führte das LVwG aus, es sei „lediglich der Vollständigkeit halber [...] ergänzend angemerkt“, dass in der ergänzend eingeholten Stellungnahme des hochbautechnischen Sachverständigen bestätigt werde, dass dem Verbesserungsauftrag nicht vollständig entsprochen worden sei. Der Sachverständige habe zahlreiche „weitere Mängel und Widersprüchlichkeiten der Einreichunterlagen“ aufgezeigt. So habe der Sachverständige ausgeführt, dass in den Einreichplänen nur auf den mit Bescheid vom genehmigten Geländeverlauf abgestellt, dieser jedoch nicht korrekt dargestellt worden sei. Es ergäben sich in dem als Bestand ausgewiesenen Bereich gegenüber den genehmigten Planunterlagen vom geänderte Deckenverläufe sowie Fußbodenaufbauten, woraus aus Sicht des Sachverständigen bewilligungspflichtige geänderte Raum- und Absoluthöhen in den Geschossen resultierten. Die vom Revisionswerber angeführte bewilligte Baumasse sei im Genehmigungsbescheid vom nicht auffindbar und die Angaben zur Baumasse könnten nicht geteilt werden, da die Geländeverläufe nicht stimmten.
18 Gegen diese Entscheidung erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom , E 430/2022-12, stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass der Revisionswerber durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist nach Art. 6 Abs. 1 EMRK verletzt worden sei. Der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wurde abgewiesen und im Übrigen die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
19 Gegen die Entscheidung des LVwG vom erhob der Revisionswerber ebenfalls die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Begehren, sie wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
20 Zu ihrer Zulässigkeit macht die Revision u.a. ein Abweichen von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit der Erlassung von Verbesserungsaufträgen und der Zurückweisung eines verfahrenseinleitenden Antrags nach § 13 Abs. 3 AVG geltend. Ein Mängelbehebungsauftrag dürfe nur hinsichtlich jener Unterlagen erteilt werden, die für die Entscheidung des Parteibegehrens notwendig seien. Der Verbesserungsauftrag entspreche den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Anforderungen an einen solchen nicht, weil nicht konkret ausgeführt worden sei, welche Inhalte der Lageplan aufweisen müsse und die Relevanz der vorzulegenden Unterlagen nicht nachvollziehbar dargelegt worden sei. Zudem habe der Revisionswerber dem Verbesserungsauftrag vollinhaltlich entsprochen. In den vorgelegten Ansichten sei der gegenüber der genehmigten Situation 2007 unveränderte Geländeverlauf vor und nach der Bauführung ersichtlich. Das zweite Untergeschoß sei zur Gänze unterirdisch und somit nicht abstandsrelevant.
21 Der Bürgermeister der Stadtgemeinde K. und der Gemeinderat der Stadtgemeinde K. erstatteten unter einem in dem vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragten. Die Tiroler Landesregierung brachte ebenfalls eine Revisionsbeantwortung ein.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
22 Die Revision ist im Hinblick auf die in der Zulässigkeitsbegründung dargestellten Abweichungen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig; sie ist auch begründet.
23 Die maßgeblichen Bestimmungen der Tiroler Bauordnung 2018 - TBO 2018, LGBl Nr. 28/2018 in der Fassung LGBl. Nr. 165/2021, lauten auszugsweise:
„§ 2
Begriffsbestimmungen
[...]
(8) Zubau ist die Vergrößerung eines Gebäudes durch die Herstellung neuer oder die Erweiterung bestehender Räume.
(9) Umbau ist die bauliche Änderung eines Gebäudes, durch die dessen Außenmaße nicht geändert werden und die geeignet ist, die mechanische Festigkeit und Standsicherheit, den Brandschutz, die Energieeffizienz oder das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes wesentlich zu berühren.
[...]“
„§ 6
Abstände baulicher Anlagen von den übrigen Grundstücksgrenzenund von anderen baulichen Anlagen
(1) Sofern nicht aufgrund der in einem Bebauungsplan festgelegten geschlossenen oder besonderen Bauweise oder aufgrund von darin festgelegtenBaugrenzlinien zusammenzubauen bzw. ein anderer Abstand einzuhalten ist, muss jeder Punkt auf der Außenhaut von baulichen Anlagen gegenüber den Grenzen des Bauplatzes zu den angrenzenden Grundstücken mindestens einen horizontalen Abstand aufweisen, der
[...]
d) im Freiland das 0,4fache des lotrechten Abstandes zwischen dem betreffenden Punkt und dem Geländeniveau darunter, jedenfalls aber drei Meter, zum Bauland, zu Sonderflächen nach den §§ 47a, 48, 48a, 49 und 49b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016, zu Vorbehaltsflächen jedoch das 0,6fache dieses Abstandes, jedenfalls aber vier Meter, beträgt. Auf Sonderflächen für Widmungen mit Teilfestlegungen nach § 51 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 sind die Abstände nach der jeweiligen Art der Widmung für die Ebene oder Teilfläche einer Ebene einzuhalten. Wurde das Geländeniveau durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert, so ist bei der Berechnung der Abstände nach lit. a bis d vom Geländeniveau vor dieser Veränderung auszugehen. Andernfalls ist vom bestehenden Geländeniveau auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn eine Geländeveränderung mehr als zehn Jahre zurückliegt. Ist jedoch in einem Bebauungsplan eine Höhenlage festgelegt, so ist in allen Fällen von dieser auszugehen.
(2) Wird eine bauliche Anlage wieder aufgebaut oder lotrecht erweitert, so ist bei Vorliegen eines Lageplanes, aus dem sich das der Baubewilligung oder Bauanzeige zugrunde gelegene Gelände ergibt, von diesem Geländeniveau auszugehen. Anderenfalls ist von jenem Gelände auszugehen, das sich aufgrund der geradlinigen Interpolierung der an die Außenhaut der baulichen Anlage anschließenden Geländekonturen ergibt.
[...]
(4) Folgende bauliche Anlagen oder Bauteile dürfen in die Mindestabstandsflächen von 3 bzw. 4 m ragen oder innerhalb dieser errichtet werden:
[...]
f) unterirdische bauliche Anlagen, wenn sie in den Mindestabstandsflächen keine Fangmündungen aufweisen;
[...]“
„§ 31
Bauunterlagen
(1) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über den Inhalt und die Form der Bauunterlagen zu erlassen. Dabei sind jedenfalls die Anforderungen an die Bauunterlagen für bewilligungspflichtige Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden, für sonstige bewilligungspflichtige und für anzeigepflichtige Bauvorhaben zu bestimmen. Darüber hinaus kann auch nach der Art der Bauvorhaben sowie nach sonstigen Merkmalen, wie insbesondere Größe, Art oder Verwendungszweck von baulichen Anlagen, unterschieden werden. Insgesamt ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die Bauunterlagen in übersichtlicher und leicht fassbarer Form alle zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nach den bau- und raumordnungsrechtlichen Vorschriften erforderlichen Angaben enthalten müssen.
(2) Bei bewilligungspflichtigen Neu- und Zubauten von Gebäuden haben die Bauunterlagen jedenfalls einen Lageplan zu umfassen, aus dem zumindest die Katastergrenzen des Bauplatzes und die Schnittpunkte mit den Grenzen der angrenzenden Grundstücke, die Umrisse und die Außenmaße des Neu- bzw Zubaus und der am Bauplatz bereits bestehenden Gebäude, dessen bzw. deren Abstände gegenüber den Grenzen des Bauplatzes sowie das Fußbodenniveau des Erdgeschoßes des Neu- bzw. Zubaus, bezogen auf die absolute Höhe oder auf einen angegebenen Fixpunkt, ersichtlich sind. Dem Lageplan sind die äußeren Wandfluchten nach Baufertigstellung zugrunde zu legen.
[...]
(4) Die Behörde kann dem Bauwerber, wenn die der Verordnung nach Abs1 entsprechenden Bauunterlagen zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nicht ausreichen, die Vorlage weiterer Bauunterlagen, insbesondere auch die Darstellung der Höhenverhältnisse des Geländes durch Höhenkoten, Höhenschichtlinien und dergleichen, auftragen. Die Behörde kann dem Bauwerber weiters die Darstellung des Bauvorhabens als Modell oder mittels Computersimulation auftragen, wenn dies insbesondere aufgrund seiner Größe oder Komplexität für die Zwecke des Verfahrens erforderlich ist. Aus diesem Grund kann dem Bauwerber weiters die Vorlage weiterer Ausfertigungen der Bauunterlagen aufgetragen werden. [...]
[...]“
24 Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom über den Inhalt und die Form der Unterlagen von Bauansuchen und Bauanzeigen (Bauunterlagenverordnung 2020), LGBl. Nr. 132/2020, lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 1
Bauunterlagen für Neu- und Zubauten von Gebäuden
(1) Die einem Bauansuchen für den Neu- oder Zubau eines Gebäudes anzuschließenden Bauunterlagen haben zu umfassen:
a) den Lageplan,
b) die Grundrisse,
c) die Ansichten,
d) die Schnitte,
[...]
(2) Der Lageplan hat zu enthalten:
a) den Maßstab,
b) die Nordrichtung,
c) die Grenzen des Grundstückes und die Grundstücksnummer des Bauplatzes samt den Schnittpunkten mit den Grenzen der an den Bauplatz angrenzenden Grundstücke, beruhend auf dem Grundsteuer- oder Grenzkataster,
d) Bezugsangaben zu übergeordneten Koordinatensystemen (Anschluss an das amtliche Festpunktefeld - Koordinatennetzmarken mit Beschriftung),
e) die Umrisse und die Außenmaße des Neu- bzw. Zubaus und der am Bauplatz bereits bestehenden baulichen Anlagen und dessen bzw. deren Abstände gegenüber den Grenzen des Bauplatzes unter Zugrundelegung der äußeren Wandfluchten nach Baufertigstellung,
f) die Umrisse der auf den an den Bauplatz angrenzenden Grundstücken bestehenden baulichen Anlagen, soweit dies zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens erforderlich ist,
g) die Namen der Eigentümer des Bauplatzes und der an den Bauplatz angrenzenden Grundstücke,
h) die Höhenverhältnisse des umgebenden Geländes, z. B. durch Verwendung eines Lage- und Höhenplanes, weiters das Fußbodenniveau des Erdgeschosses des Neu- bzw. Zubaus, bezogen auf die absolute Höhe oder auf einen angegebenen Fixpunkt, sowie die für die Berechnung der Mindestabstände maßgebenden Geländehöhen,
[...]
(4) Die Ansichten haben zu enthalten:
a) die äußeren Ansichten des Gebäudes,
b) den Verlauf des anschließenden Geländes vor und nach der Bauführung sowie, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 61 Abs. 3 dritter Satz des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016, LGBl. Nr. 101/2016, den Schnitt einer 33 Grad geneigten Linie mit der Außenhaut bzw. der gedachten Fläche in der Flucht der Außenhaut,
c) die an das Gebäude angrenzenden baulichen Anlagen, soweit dies zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens erforderlich ist,
d) die für die Berechnung der Mindestabstände maßgebenden Gebäudehöhen.
(5) Die Schnitte haben zu enthalten:
a) die Stiegenhäuser, Stiegen, Rampen, tragenden Bauteile und Dachaufbauten, Fenster- und Türöffnungen und Fundamente,
b) die zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens erforderlichen Höhenmaße, wie insbesondere die Raumhöhen, Deckenstärken, Steigungsverhältnisse von Rampen und Geländerhöhen,
c) das Fußbodenniveau der Geschosse und allfälliger Terrassen sowie, im Fall einer Festlegung nach § 62 Abs. 1 lit. d des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 im Bebauungsplan, die entsprechenden Höhen,
d) den Verlauf des anschließenden Geländes vor und nach der Bauführung sowie, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 61 Abs. 3 dritter Satz des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016, den Schnitt einer 33 Grad geneigten Linie mit der Außenhaut bzw. der gedachten Fläche in der Flucht der Außenhaut.
[...]“
„§ 5
Planunterlagen für bewilligungspflichtige Bauvorhaben
[...]
(5) Farbig darzustellen sind:
a) im Lageplan:
1. bestehende bauliche Anlagen (graue Schraffierung),
2. geplante bauliche Anlagen (rote Schraffierung),
3. abzubrechende bauliche Anlagen (gelbe Schraffierung),
4. Bauplatzgrenzen (grüne Schraffierung),
b) in Grundrissen und Schnitten bei Zu- und Umbauten von Gebäuden und bei bewilligungspflichtigen Änderungen von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen:
1. bestehende bauliche Anlagen (graue Schraffierung),
2. geplante bauliche Anlagen (rote Schraffierung),
3. abzubrechende bauliche Anlagen (gelbe Schraffierung).“
25 Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
26 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der genannten Gesetzesbestimmung ist im Verbesserungsauftrag konkret anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehle. Ein Verbesserungsauftrag muss somit konkret sein und eine unmissverständliche Aufforderung enthalten, welche Mängel zu beheben sind (vgl. für viele etwa , mwN).
27 Von Mängeln eines Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG sind sonstige Unzulänglichkeiten zu unterscheiden, welche nicht die Vollständigkeit des Anbringens betreffen, sondern sonst im Lichte der anzuwendenden Vorschriften seine Erfolgsaussichten beeinträchtigen (vgl. etwa , , 2007/04/0080, oder auch , 2005/05/0100). Ob es sich bei einer im Gesetz umschriebenen Voraussetzung um einen „Mangel“ im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG oder um das (zur Antragsabweisung führende) Fehlen einer Erfolgsvoraussetzung handelt, ist durch die Auslegung der jeweiligen Bestimmung des Materiengesetzes zu ermitteln (vgl. etwa , , 2008/05/0206 oder auch , Ra 2019/22/0212, mwN).
28 Als Mangel ist insbesondere das Fehlen von Belegen anzusehen, wenn die Partei auf Grund des Gesetzes erkennen konnte, welche Unterlagen erforderlich sind. Ein Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG ist immer nur dann gesetzmäßig, wenn der angenommene Mangel tatsächlich vorliegt, was etwa bedeutet, dass ein Verbesserungsauftrag, mit dem Unterlagen bzw. Angaben für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nachgefordert werden, nur dann zulässig erscheint, wenn diese Unterlagen bzw. Angaben für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nach den jeweiligen gesetzlichen Regelungen (bzw. den darauf gestützten Verordnungen) erforderlich sind (vgl. z.B. , mwN).
29 Vorweg ist festzuhalten, dass es sich bei einem Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, in welchem es nicht darauf ankommt, welcher Zustand besteht, sondern darauf, welcher Zustand projektgemäß herbeigeführt werden soll. Auch in einem nachträglichen Baubewilligungsverfahren ist von der Behörde zu prüfen, ob die Errichtung des projektierten Gebäudes, und nicht, ob der tatsächlich vorhandene Bau zulässig ist (vgl. ).
30 Der Gegenstand jedes Baubewilligungsverfahrens wird durch das jeweilige Bauansuchen und das diesem zu Grunde liegende Projekt bestimmt (vgl. etwa ).
31 Zunächst begründet das LVwG die Zurückweisung des gegenständlichen Bauansuchens damit, dass dem Mängelbehebungsauftrag, in den Einreichplänen den Geländeverlauf vor und nach der Bauführung darzustellen, insofern nicht nachgekommen worden sei, als die Pläne lediglich einen mit der Angabe „genehmigte Geländehöhe lt. Bescheid v “ bezeichneten Geländeverlauf beinhalteten. Es ist zutreffend und wird in der Revision auch nicht bestritten, dass in den vom Revisionswerber im Verfahren vor dem LVwG vorgelegten Einreichplänen lediglich ein Geländeverlauf eingezeichnet und dieser mit der Bemerkung versehen wurde, dass es sich dabei um die im Jahr 2007 genehmigte Geländehöhe handle. Weder den Einreichplänen noch der Baubeschreibung lassen sich Hinweise darauf entnehmen, dass der Revisionswerber mit dem vorliegenden Bauansuchen eine Änderung des Geländeverlaufs (gegenüber der Bewilligung vom ) beantragt hätte. Vielmehr hielt er in seinem Schreiben vom , mit dem die hier in Rede stehenden Einreichpläne dem LVwG vorgelegt wurden, ausdrücklich fest, dass das Gelände durch die Bauführung nicht verändert werde. Da eine Veränderung des Geländeverlaufes nach dem unmissverständlichen Willen des Revisionswerbers damit nicht Gegenstand des gegenständlichen Baubewilligungsverfahrens ist, konnte die Zurückweisung des Bauansuchens nicht darauf gestützt werden, dass die Einreichpläne in formaler Hinsicht mangelhaft wären, weil die Änderung des Geländeverlaufes gegenüber der Bewilligung vom nicht als Änderung dargestellt worden sei.
32 Soweit die diesbezügliche Argumentation des LVwG im Ergebnis (soweit nach Durchsicht der Pläne in den vorgelegten Verfahrensakten für den Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbar) darauf abzielt, dass die Darstellung des Geländeverlaufes im Einreichplan vom , zu welcher dort ausgeführt wird, dass es sich um den im Jahr 2007 bewilligten Geländeverlauf handelt, (zumindest teilweise) nicht mit dem dem Baubewilligungsbescheid vom tatsächlich zugrunde liegenden Geländeverlauf und somit mit dem konsentierten Bestand übereinstimme, rechtfertigt alleine dieser Umstand eine Zurückweisung des Bauansuchens nicht.
33 Zwar ist Voraussetzung jedes Zu- bzw. Umbaus, dass der Bestand der baulichen Anlage ein rechtmäßiger ist (vgl. aus der jüngeren Rechtsprechung etwa ). Ob ein konsentierter bzw. rechtmäßiger Bestand vorliegt, ist jedoch bei der Erteilung der Baubewilligung für einen Zubau als Vorfrage zu beurteilen (vgl. z.B. , mwN). Sollte sich daher ergeben, dass der in den Plänen eingezeichnete Bestand kein rechtmäßiger ist, stünde dieser Umstand der baurechtlichen Bewilligung des gegenständlichen Um- und Zubaues entgegen (vgl. z.B. ).
34 Das LVwG begründet die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrages darüber hinaus damit, dass „Umrisse und Außenmaße des Zubaues (zusätzliches UG)“ und dessen Abstände gegenüber den Grenzen des Bauplatzes im Lageplan nicht eingetragen seien. Aufgrund dieses Mangels sei eine Prüfung der Abstandsvorschriften nicht möglich. Die Revision bestreitet nicht, dass der gegenständliche Zubau nicht auf dem Lageplan eingezeichnet wurde, führt jedoch aus, dieser bestehe lediglich aus einem gänzlich unterirdischen Geschoß sowie Änderungen in den Innenräumen und sei somit nicht abstandsrelevant. Im Übrigen sei im Verbesserungsauftrag nicht konkret ausgeführt, welche Inhalte der Lageplan aufweisen müsse.
35 Der Revision ist zuzustimmen, dass gemäß § 6 Abs. 4 lit. f TBO 2018 unterirdische bauliche Anlagen, wenn sie in den Mindestabstandsflächen keine Fangmündungen aufweisen, in die Mindestabstandsflächen ragen oder innerhalb dieser errichtet werden dürfen (vgl. zur Definition einer unterirdischen baulichen Anlage ; , 98/06/0150; , Ra 2022/06/0060). Nach den vom Revisionswerber vorgelegten Einreichplänen kommt das zusätzliche Untergeschoß, dessen Errichtung mit dem vorliegenden Bauvorhaben beantragt wird und dessen Darstellung das LVwG auf dem vom Revisionswerber vorgelegten Lageplan vermisst, unterhalb des Geländeniveaus zu liegen. Es handelt sich dabei somit - nach den Einreichplänen - um eine unterirdische bauliche Anlage, die - sofern sie keine Fangmündungen aufweist -, auch innerhalb der Mindestabstandsfläche errichtet werden darf. Das LVwG legt nicht dar, dass die vorliegende bauliche Anlage Fangmündungen aufweise und somit nicht in die Mindestabstandsfläche ragen dürfte (vgl. , wonach nur Lüftungsanlagen, die eine den Abluftanlagen von Heizungsanlagen entsprechende Funktion aufweisen, wenn also dadurch eine - beispielsweise mit Abgasen belastete - Luft nach außen geleitet wird, Fangmündungen darstellen, wohingegen Öffnungen, die einer ausreichenden Versorgung - hier einer Tiefgarage - mit frischer Luft dienen, keine Fangmündungen darstellen und daher im Mindestabstandsbereich errichtet werden dürfen).
36 Insofern ist der Revision beizupflichten, dass sich die nicht näher begründete Argumentation des LVwG, wonach die Darstellung des Untergeschoßes auf dem Lageplan für die Ermittlung der Mindestabstandsfläche erforderlich sei, als nicht tragfähig erweist. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden Mängel des Lageplans legt das LVwG in der angefochtenen Entscheidung nicht nachvollziehbar dar, dass und inwiefern die fehlenden Angaben für die Beurteilung der Bewilligungsfähigkeit des Bauvorhabens erforderlich wären, weshalb der angefochtenen Entscheidung diesbezüglich ein wesentlicher Begründungsmangel anhaftet.
37 Abschließend ist festzuhalten, dass die Wahrung des Parteiengehörs, das zu den fundamentalen Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit der Hoheitsverwaltung gehört, von Amts wegen, ausdrücklich, in förmlicher Weise und unter Einräumung einer angemessenen Frist zu gewähren ist. Das Parteiengehör besteht nicht nur darin, den Parteien im Sinn des § 45 Abs. 3 AVG Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis einer Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen, sondern ihnen ganz allgemein zu ermöglichen, ihre Rechte und rechtlichen Interessen geltend zu machen, mithin Vorbringen zu gegnerischen Behauptungen zu erstatten, Beweisanträge zu stellen und überhaupt die Streitsache zu erörtern (vgl. , mwN). Sie stellt eine kardinale Voraussetzung eines rechtmäßigen Verfahrens sowie eine der wichtigsten Sicherungen des rechtstaatlichen Prinzips dar (vgl. , mwN). Auch von den Verwaltungsgerichten sind auf dem Boden des § 17 VwGVG sowohl das Amtswegigkeitsprinzip des § 39 Abs. 2 AVG als auch der Grundsatz der Einräumung von Parteiengehör im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG zu beachten (vgl. , mwN).
38 Soweit sich das LVwG in seinem Erkenntnis (wenn auch „lediglich der Vollständigkeit halber“) auf eine hochbautechnische Stellungnahme vom , zu der dem Revisionswerber - soweit nach der Aktenlage ersichtlich - vor Erlassung der angefochtenen Entscheidung kein rechtliches Gehör eingeräumt wurde, stützt, verletzt es den Grundsatz der Einräumung von Parteiengehör im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG.
39 Aus den genannten Gründen war der angefochtene Beschluss wegen vorrangig wahrzunehmender inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
40 Im fortzusetzenden Verfahren wird das LVwG, da ein Zu- bzw. Umbau einen rechtmäßigen Bestand voraussetzt, zunächst - unter Zugrundelegung entsprechender Feststellungen - zu prüfen haben, ob der im gegenständlichen - durch die Einreichpläne vom modifizierten - Baubewilligungsantrag dargestellte Bestand mit dem (entsprechend der Baubewilligung vom ) konsentierten Bestand übereinstimmt, bzw. ob, insbesondere im Hinblick auf eine - allfällig - teilweise abgeänderte Geländeführung, aus anderen Gründen (vgl. etwa § 58 TBO 2022) ein rechtmäßiger Bestand gegeben ist.
41 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
42 Die vom Gemeinderat der Stadtgemeinde K. erstattete Revisionsbeantwortung war mangels Parteistellung als belangte Behörde im vorliegenden Revisionsverfahren zurückzuweisen (vgl. dazu , 0162 und 0163).
Wien, am
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Normen | AVG §13 Abs3 AVG §37 AVG §38 AVG §45 Abs3 BauO Tir 2018 §2 Abs8 BauO Tir 2018 §2 Abs9 BauO Tir 2018 §31 BauO Tir 2018 §33 Abs3 lite BauO Tir 2018 §34 BauO Tir 2018 §6 Abs4 litf BauRallg VwGVG 2014 §10 VwGVG 2014 §17 VwGVG 2014 §24 VwGVG 2014 §25 |
Schlagworte | Baubewilligung BauRallg6 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1 Parteiengehör Parteiengehör Allgemein Pflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022060031.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
GAAAF-45889