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VwGH 14.09.2022, Ra 2022/04/0119

VwGH 14.09.2022, Ra 2022/04/0119

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
GewO 1994 §39 Abs2
VwRallg
RS 1
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 39 Abs. 2 dritter Satz GewO 1994 kann - sofern nicht die Eigenschaft als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer zutrifft - nur ein zur gesetzlichen Vertretung berufenes Organ der jeweiligen Gesellschaft als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt werden. Gewillkürte Organe sind davon nicht umfasst (zur Verfassungskonformität des § 39 Abs. 2 dritter Satz GewO 1994 vgl. ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der B, vertreten durch Mag. Sebastian Klackl, Rechtsanwalt in 2380 Perchtoldsdorf, Marktplatz 17/1/3, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-S-1195/001-2022, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Korneuburg), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

2 In Hinblick auf § 54b Abs. 3 VStG, dem zufolge einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung einer Geldstrafe nicht zuzumuten ist, auf Antrag ein angemessener Aufschub oder eine Teilzahlung zu bewilligen ist, sowie in Hinblick auf § 53b Abs. 2 und 3 VStG, wonach - sofern nicht Fluchtgefahr besteht - mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zuzuwarten ist, wenn gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem die Freiheitsstrafe verhängt wurde, Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben worden ist, wird im vorliegenden Antrag, in dem auf die Verpflichtung zur Zahlung der Geldstrafe verwiesen wird, kein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG aufgezeigt.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie den Hofrat Dr. Mayr und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter und Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Amesberger, über die Revision der B B in E, vertreten durch Mag. Sebastian Klackl, Rechtsanwalt in 2380 Perchtoldsdorf, Marktplatz 17/1/3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , LVwG-S-1195/001-2022, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Korneuburg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom wurde der Revisionswerberin zur Last gelegt, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin, demnach ein nach außen vertretungsbefugtes Organ der näher genannten GmbH, zu verantworten, dass sich diese Gesellschaft zur Ausübung des eines Befähigungsnachweises erforderlichen reglementierten Gewerbes „Unternehmensberatung einschließlich der Unternehmensorganisation“ eines gewerberechtlichen Geschäftsführers bedient, der nicht mehr den festgelegten Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 GewO 1994 entspreche. Deshalb verhängte die belangte Behörde über die Revisionswerberin gemäß § 367 Z 5 iVm § 39 Abs. 2 iVm § 9 Abs. 1 GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von € 350,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 53 Stunden).

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin ab, schrieb einen Kostenbeitrag in der Höhe von € 70,00 vor und sprach aus, dass eine Revision nicht zulässig sei.

Begründend führte das Verwaltungsgericht - soweit für das vorliegende Verfahren maßgeblich - aus, dass als gewerberechtlicher Geschäftsführer eine Person bestellt sei, welche weder dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der GmbH angehöre, noch ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechts voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sei. Diese Person sei nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Eine vertragliche Bevollmächtigung bewirke nicht die notwendige „Funktionswirkung“. Da die Vorgaben des § 39 Abs. 2 GewO 1994 nicht erfüllt seien, liege eine Verwaltungsübertretung vor, welche die handelsrechtliche Geschäftsführerin zu verantworten habe.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, dass das Verwaltungsgericht von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, und führte aus, dass die näher genannte Person „laut Vertrag sämtliche Haftungen wie die eines gewerberechtlichen Geschäftsführers zu übernehmen“ habe. Sie sei als Beirat und Berater bestellt, könne der handelsrechtlichen Geschäftsführerin Weisungen erteilen, sei eigenständig vertretungsbefugt und somit unzweifelhaft ein Organ der Gesellschaft. Zudem sei sie stark in das Unternehmen eingebunden.

8 Im vorliegenden Fall stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellte Person nicht zur Sozialversicherung angemeldet sei. Dies wurde von der Revisionswerberin nicht bestritten. Das Verwaltungsgericht geht in seinen Feststellungen unter Bezugnahme auf einen Firmenbuchauszug zudem davon aus, dass diese Person auch nicht dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der GmbH angehöre.

9 Gemäß § 39 Abs. 2 dritter Satz GewO 1994 muss der gemäß § 9 Abs. 1 GewO 1994 zu bestellende Geschäftsführer einer juristischen Person - wenn es sich um ein Gewerbe handelt, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist - entweder dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der juristischen Person angehören oder ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein.

10 Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung kann - sofern nicht die Eigenschaft als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer zutrifft - nur ein zur gesetzlichen Vertretung berufenes Organ der jeweiligen Gesellschaft als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt werden. Gewillkürte Organe sind davon nicht umfasst (vgl. auch Köhler in Ennöckl/Raschauer/Wessely [Hrsg], GewO 1994 [2015], § 39 Rz 46; zur Verfassungskonformität des § 39 Abs. 2 dritter Satz GewO 1994 vgl. ).

11 Die Revision verweist zur Begründung ihrer Zulässigkeit auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Voraussetzungen für einen gewerberechtlichen Geschäftsführer. Aus den angeführten Entscheidungen ist jedoch nicht ersichtlich, inwiefern das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis davon abgewichen wäre, zumal es feststellte, dass die Person weder ein Arbeitnehmer der GmbH sei, noch dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der GmbH angehöre. Sofern die Revisionswerberin auf Judikatur zur Einbindung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers in das Unternehmen Bezug nimmt, ist ihr entgegenzuhalten, dass im vorliegenden Fall der bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer bereits die gesetzlichen Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 dritter Satz GewO 1994 nicht erfüllt.

12 Wie der Verwaltungsgerichtshof aussprach, ist in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. , Rn. 9, mwN).

13 Im vorliegenden Fall gelingt es der Revision mit ihren pauschalen Ausführungen nicht, ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufzuzeigen, und belegen die angeführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zudem nicht die von der Revisionswerberin angenommene Rechtsansicht, wonach im vorliegenden Fall auch ein vertraglich bestelltes Organ gewerberechtlicher Geschäftsführer der GmbH sein könne.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
VStG §53b Abs2
VStG §53b Abs3
VStG §54b Abs3
VwGG §30 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022040119.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAF-45874