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VwGH 08.06.2022, Ra 2021/19/0297

VwGH 08.06.2022, Ra 2021/19/0297

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
AsylG 2005 §2 Abs1 Z23
AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §35
AVG §68 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
RS 1
Es genügt für die Annahme der für die Verhängung der Mutwillensstrafe nach § 35 AVG erforderlichen Mutwilligkeit und damit einhergehend letztlich für die Unterstellung einer Missbrauchsabsicht in Bezug auf Rechtschutzeinrichtungen nicht, dass der Revisionswerber zwei zeitlich nahe Folgeanträge stellt. Entscheidend wäre vielmehr gewesen, ob der letzte Folgeantrag auch aus der Sicht des Revisionswerbers von vornherein als grund- und aussichtslos hätte erscheinen müssen. Diese Frage lässt sich nicht allein mit der mangelnden Berechtigung des Antrags beantworten, sondern hätte unter Bedachtnahme auf die konkrete Antragsbegründung näher untersucht werden müssen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2020/20/0042 E RS 4
Norm
AVG §35
RS 2
Mit dem Vorwurf des Missbrauchs von Rechtsschutzeinrichtungen ist mit äußerster Vorsicht umzugehen. Ein derartiger Vorwurf ist nur dann am Platz, wenn für das Verhalten einer Partei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibt; die Verhängung einer Mutwillensstrafe kommt demnach lediglich im "Ausnahmefall" in Betracht (vgl. und VwSlg. 18.337 A/2012).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2018/19/0466 E RS 6

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des M, geboren 1978, vertreten durch Mag. Robert Rieger, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Maria-Theresia-Straße 25, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , W195 2244022-1/2E, betreffend Verhängung einer Mutwillensstrafe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Antragstellers gegen die Verhängung einer Mutwillensstrafe „gemäß § 35 AVG idgF“ in der Höhe von EUR 400,00 ab und erklärte, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, mit der ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden ist. Eine nähere Begründung enthält der Aufschiebungsantrag nicht.

3 Gemäß § 30 Abs. 1 erster Satz VwGG hat die Revision keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

4 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die revisionswerbende Partei - unabhängig vom Fehlen eines zwingenden öffentlichen Interesses - in ihrem Antrag zu konkretisieren, worin für sie der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre. Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist somit nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich, dass die revisionswerbende Partei schon in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihr behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt (vgl.  bis 0279, mwN).

5 Die Revisionswerber legt einen unverhältnismäßigen Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG nicht konkret dar. Ein solcher ist auch nicht ersichtlich (zur Möglichkeit, einen Antrag auf angemessenen Aufschub oder auf Teilzahlung der verhängten Strafe zu stellen, vgl. ).

6 Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher nicht stattzugeben.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Seiler, über die Revision des M E A, vertreten durch Mag. Robert Rieger, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Maria-Theresia-Straße 25, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W195 2244022-1/2E, betreffend Verhängung einer Mutwillensstrafe in Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte am erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten abwies. Unter einem erteilte das BFA keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria zulässig sei, und setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit rechtskräftigem Erkenntnis vom zur Gänze ab.

2 Die weiteren, am und am gestellten Anträge auf internationalen Schutz wies das BFA mit Bescheiden vom und vom hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurück. Unter einem erteilte das BFA jeweils einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass eine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei und eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht bestehe, wobei mit Bescheid vom überdies ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den Revisionswerber verhängt wurde. Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wies das BVwG mit den rechtskräftigen Erkenntnissen vom und als unbegründet ab.

3 Im Verfahren über den am gestellten (dritten) Folgeantrag hob das BFA mit mündlich verkündetem Bescheid vom den faktischen Abschiebeschutz auf. Mit rechtskräftigem Beschluss vom sprach das BVwG aus, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig sei. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom , mit dem der Antrag erneut wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde, wies das BVwG mit rechtskräftigem Erkenntnis vom als unbegründet ab.

4 Schließlich stellte der Revisionswerber am einen vierten Folgeantrag, den er sowohl mit den schon bisher geltend gemachten Fluchtgründen als auch mit einer bereits in den vorangegangenen Verfahren vorgebrachten Nierenerkrankung begründete. Eine Woche zuvor sei er im Krankenhaus gewesen; sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert. In diesem Zusammenhang wies er auf den nächsten Behandlungstermin sowie darauf hin, dass eine Behandlung in Nigeria nicht möglich sei.

5 Im Hinblick auf die in dem vom Revisionswerber vorgelegten Befund vom Jänner 2021 angegebene Medikation stellte das BFA Ermittlungen über ihre Verfügbarkeit in Nigeria an, deren Ergebnis dem Parteiengehör unterzogen wurde, wobei der Revisionswerber in seiner Stellungnahme vom unter anderem eine drastische Verschlechterung der medizinischen Versorgungslage in Nigeria durch den Ausbruch von COVID-19 behauptete.

6 Mit Bescheid vom wies das BFA den Antrag neuerlich wegen entschiedener Sache zurück, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria fest und setzte keine Frist für die freiwillige Ausreise fest. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das BVwG mit rechtskräftigem Erkenntnis vom ab und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

7 Mit Bescheid (ebenfalls) vom verhängte das BFA gegen den Revisionswerber „wegen offenbar mutwilliger Inanspruchnahme der Tätigkeiten einer Behörde“ gemäß § 35 AVG eine Mutwillensstrafe in Höhe von € 400,--. Begründend verwies das BFA auf die Erfolglosigkeit aller Anträge auf internationalen Schutz, woraus unter Berücksichtigung der Angaben des Revisionswerbers folge, dass er sämtliche Anträge nur deshalb gestellt habe, um seinen Aufenthalt im Bundesgebiet „zumindest temporär zu legalisieren“ bzw. um „soziale Unterstützungen in Österreich“ zu erlangen. Überdies habe er keinerlei aktive Bemühungen gezeigt, den vielfachen Aufforderungen der Behörde zur Vorlage eines gültigen Reisedokumentes seines Herkunftsstaates nachzukommen.

8 In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde, in der auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde, brachte der Revisionswerber insbesondere vor, dass die durch COVID-19 ausgelöste Überlastung des nigerianischen Gesundheitssystems im Hinblick auf seine Erkrankung eine „Neuerung“ gegenüber den vorangegangenen Verfahren darstelle. Was den fehlenden Reisepass anbelangt, dürfe ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass die nigerianische Botschaft derzeit nicht gewillt sei, einen solchen auszustellen.

9 Mit Erkenntnis vom wies das BVwG die Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. In seiner Begründung ging das BVwG davon aus, der Revisionswerber habe seinen Verbleib im Bundesgebiet dadurch „zu rechtfertigen“ versucht, dass er offenbar willkürlich Anträge gestellt habe. Ein neuer Beleg über einen Arztbesuch sei noch lange kein neuer Fluchtgrund. Das „subjektive Empfinden“ des Revisionswerbers und die wiederholt über die Jahre hinweg vorgebrachten Argumente, die dem Grunde nach objektiv nicht neu seien, könnten über die Realität nicht hinwegtäuschen. Der Revisionswerber habe nicht „glaubhaft“ dargelegt, dass er alle Möglichkeiten zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ergriffen habe. Vielmehr habe er keinerlei Anstalten gemacht, seinen Verpflichtungen zur Ausreise nachzukommen.

10 Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe unterbleiben können, weil der festgestellte Sachverhalt entweder mit dem Vorbringen des Revisionswerbers im Einklang stehe oder von ihm nicht hinreichend substantiiert worden sei.

11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit - unter anderem - vorbringt, das BVwG habe zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Revision sowie der Verfahrensakten durch das BVwG und nach Einleitung des Vorverfahrens - es wurde keine Revisionsbeantwortung erstattet - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

13 Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

14 Vorauszuschicken ist, dass die Revision nicht im Grunde des § 25a Abs. 4 VwGG absolut unzulässig ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Verhängung einer Mutwillensstrafe nämlich um keine Angelegenheit des Verwaltungsstrafrechts (vgl. , mwN).

15 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind zur Beurteilung, ob der Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt erscheint und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich:

16 Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. grundlegend ; sowie aus der ständigen Rechtsprechung etwa , mwN).

17 Diesen Grundsätzen hat das BVwG im vorliegenden Fall nicht entsprochen:

18 Zum einen hat der Revisionswerber in seiner Beschwerde die Beweiswürdigung des BFA nicht bloß unsubstantiiert bestritten, indem er den Ausführungen des BFA, wonach er keinerlei aktive Bemühungen hinsichtlich der Vorlage eines gültigen Reisedokumentes gezeigt habe, entgegentrat und vorbrachte, dass die nigerianische Botschaft nicht gewillt sei, einen Reisepass auszustellen. Hinzu kommt, dass der Revisionswerber bereits in seiner Einvernahme vom vor dem BFA behauptet hatte, mehrmals und zuletzt im Jahr zuvor die nigerianische Botschaft aufgesucht zu haben. Schon deshalb hätte auch die Annahme des BVwG, der Revisionswerber habe keine Anstalten gemacht, seiner Ausreisepflicht nachzukommen, entsprechende Schritte des BVwG im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht, insbesondere die nähere Befragung des Revisionswerbers dazu, vorausgesetzt.

19 Zum anderen stützte das BVwG die Verhängung der Mutwillensstrafe im Wesentlichen auf die wiederholte Stellung gleichbleibend begründeter und erfolgloser Folgeanträge, ohne sich mit der in der Beschwerde aufgeworfenen Frage auseinanderzusetzen, ob nicht bereits die behauptete Verschlechterung der medizinischen Versorgungslage in Nigeria aufgrund der COVID-19-Pandemie das Vorbringen im zuletzt angestrengten Verfahren von jenem der vorangegangenen Verfahren unterscheide. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, derzufolge mutwillig im Sinne des § 35 AVG handelt, wer sich im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und der Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet, sowie wer aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt. Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber noch, dass der Mutwille offenbar ist; dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseres Wissen erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist (vgl. nochmals VwGH Ra 2018/19/0466, mwN).

20 Somit wäre entscheidend gewesen, ob der letzte Folgeantrag auch aus der Sicht des Revisionswerbers von vornherein als grund- und aussichtslos hätte erscheinen müssen. Diese Frage lässt sich nicht allein mit der mangelnden Berechtigung des Antrags beantworten, sondern hätte unter Bedachtnahme auf die konkrete Antragsbegründung - nach Befragung des Revisionswerbers - näher untersucht werden müssen (vgl. ).

21 Demnach lagen die Voraussetzungen für das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung nicht vor.

22 Die Missachtung der Verhandlungspflicht führt im Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK und des - wie hier gegeben - Art. 47 GRC zur Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, ohne dass die Relevanz dieses Verfahrensmangels geprüft werden müsste (vgl. nochmals VwGH Ra 2021/19/0317, mwN).

23 Im fortgesetzten Verfahren wird das BVwG auch darauf Bedacht zu nehmen haben, dass mit dem Vorwurf des Missbrauchs von Rechtsschutzeinrichtungen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit äußerster Vorsicht umzugehen und ein derartiger Vorwurf nur dann am Platz ist, wenn für das Verhalten einer Partei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibt; die Verhängung einer Mutwillensstrafe komme lediglich im „Ausnahmefall“ in Betracht (vgl. erneut VwGH Ra 2018/19/0466, mwN).

24 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

25 Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG 1991 §35
VwGG §30 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021190297.L03
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAF-45806