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VwGH 14.02.2024, Ra 2021/17/0138

VwGH 14.02.2024, Ra 2021/17/0138

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
B-VG Art133 Abs4
GSpG 1989 §58 Abs3
VwGG §34 Abs1
RS 1
§ 58 Abs. 3 GSpG 1989 sieht eine verhältnismäßige Bemessung der Glücksspielabgabe bei grenzüberschreitenden Glücksspielen unter Zugrundelegung der auf das Inland entfallenden Teilnahmen oder Gewinne nicht vor. Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG 1989 bildet die Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne. Maßgeblich ist der Empfängerhorizont der inländischen Öffentlichkeit und nicht eine Intention oder Mentalreservation des Veranstalters (; , Ro 2019/17/0005). Bei grenzüberschreitenden Preisausschreiben ist nur jener Teil der Gewinne als Bemessungsgrundlage für die inländische Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG 1989 heranzuziehen, der der inländischen Öffentlichkeit in Aussicht gestellt wurde. Dies ergibt sich regelmäßig aus den Teilnahmebedingungen oder sonstigen Mitteilungen mit ähnlichem Informationsgehalt.
Normen
ABGB §860
ABGB §861
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
RS 2
Auch einseitige Rechtsgeschäfte - wie hier die Auslobung der Gewinne - sind Rechtsgeschäfte im zivilrechtlichen Sinn ( bis 0160).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Horvath als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Finanzamts Österreich - Dienststelle Sonderzuständigkeiten, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7104998/2018, betreffend Glücksspielabgabe nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: N GmbH in F, vertreten durch die e|n|w|c Natlacen Walderdorff Cancola Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Schwarzenbergplatz 7), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Schreiben vom teilte die mitbeteiligte Partei dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (im Folgenden belangte Behörde) mit, dass sie im Zeitraum vom bis  ein Preisausschreiben für Teilnehmer aus Österreich und Deutschland durchgeführt und dafür Glücksspielabgabe in Höhe von € 5.497,-- selbst berechnet habe.

2 Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde gemäß § 58 Abs. 3 Glücksspielgesetz (GSpG) die Glücksspielabgabe in Höhe € 51.309,50 mit der Begründung fest, dass sich die Selbstberechnung als nicht richtig erwiesen habe, weil ein „einheitliches“ Gewinnspiel in Deutschland und Österreich „gemeinsam“ veranstaltet worden sei. Es sei den Spielregeln keine quantitative oder qualitative Aufteilung der Gewinne auf einzelne Länder zu entnehmen gewesen. Die Selbstberechnung habe sich daher als unrichtig erwiesen.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der dagegen erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Partei statt und änderte die erstinstanzliche Abgabenvorschreibung dahingehend ab, dass die Glücksspielabgabe gemäß § 58 Abs. 3 GSpG mit € 5.578,25 festgesetzt werde. Die Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig.

4 Begründend stellte das Bundesfinanzgericht fest, dass laut den Teilnahmebedingungen (Spielregeln) die Gewinne in fünf Kategorien wie folgt aufgeteilt gewesen seien:

„Kategorie 1: Chance auf 1 von 35 x 10.000 € in bar.

Kategorie 2: Chance auf 1 von 55 Reisegutscheinen im Wert von jeweils 500 Euro.

Kategorie 3: Chance auf 1 von 1.555 Einkaufsgutscheinen im Wert von jeweils 200 Euro.

Kategorie 4: Chance auf 1 von 5.555 Einkaufsgutscheinen im Wert von jeweils 50 Euro“

Über die Preise der Kategorie 5 seien die Spielteilnehmer wie folgt informiert worden:

„Folgender Gewinn kann pro Teilnehmer nur 1x ausgeschüttet werden:

Jeder Online-Teilnehmer aus Deutschland und die ersten 1000 Online-Teilnehmer aus Österreich gewinnen: 1 Fotobuch Softcover im Wert von € 9,94 incl. Versand von F[...].“

Weiters stellte das Bundesfinanzgericht fest, dass die Spielteilnehmer unter dem Punkt „Gewinne“ der Teilnahmebedingungen (Spielregeln) darüber informiert worden seien, dass „maximal 10% aller ausgelobten Gewinne und 1000 Fotobücher nach Österreich gehen.“

5 Begründend führte das Bundesfinanzgericht aus, dass es im vorliegenden Fall darum gehe, ob mit der Mitteilung in den Spielregeln, dass „maximal 10% aller ausgelobten Gewinne und 1000 Fotobücher nach Österreich gehen“ der inländischen Öffentlichkeit hinreichend verdeutlicht worden sei, dass sie nicht alle in den Kategorien 1 bis 4 enthaltenen Gewinne erhalten könne. Im Revisionsfall sei die inländische Öffentlichkeit in den Spielbedingungen bei jeder der vier Kategorien sowohl über die Gewinne als auch über deren Werte informiert worden. Es sei ihr gleichzeitig zur Kenntnis gebracht worden, dass nur 10 % davon nach Österreich gingen. Sohin sei der inländischen Öffentlichkeit die für sie geltende Einschränkung der in Aussicht gestellten Gewinne anhand des ihr aufgezeigten Preispools erklärt worden. Es seien nicht alle Gewinne der Kategorien 1 bis 4 auch der inländischen Öffentlichkeit in Aussicht gestellt worden. Die Bemessung der Glücksspielabgabe für die Preise der Kategorie 1 bis 4 auf der Grundlage der Gewinnsumme aller, für Österreich und Deutschland in den Spiegelbedingungen in Aussicht gestellten Gewinne sei daher zu Unrecht erfolgt.

6 In der Folge ermittelte das Bundesfinanzgericht die Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe, indem es von jeder der Kategorien 1 bis 4 jeweils 10 % der jeweiligen in Aussicht gestellten Gewinne berechnete und die sich daraus ergebenden Summen um jenen Wert, der sich aus den in Aussicht gestellten Gewinnen aus der Kategorie 5 ergab, erhöhte.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision. Die mitbeteiligte Partei erstattete im vom Verwaltungsgerichtshof geführten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 In den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst gerügt, dass das Bundesfinanzgericht vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2015/16/0038, abweiche, weil die in diesem Erkenntnis dargestellten Voraussetzungen an einen gesonderten österreichischen Gewinnpool - ausdrückliche Begrenzung der Gewinnmöglichkeit für die inländische Öffentlichkeit und eine korrespondierende, nachweislich erfolgte Information an die Teilnehmer - im gegenständlichen Verfahren nicht bzw. nicht konkret genug vorliegen würden.

12 Gemäß § 58 Abs. 3 GSpG unterliegen Glücksspiele im Rahmen von Gewinnspielen (Preisausschreiben) ohne vermögenswerte Leistung gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 GSpG (Einsatz) einer Glücksspielabgabe von 5 vH der in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinn), wenn sich das Gewinnspiel (auch) an die inländische Öffentlichkeit richtet. Die Steuerpflicht entfällt, wenn die Steuer den Betrag von € 500,-- im Kalenderjahr nicht überschreitet.

13 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sieht § 58 Abs. 3 GSpG eine verhältnismäßige Bemessung der Glücksspielabgabe bei grenzüberschreitenden Glücksspielen unter Zugrundelegung der auf das Inland entfallenden Teilnahmen oder Gewinne nicht vor. Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG bildet die Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne. Maßgeblich ist der Empfängerhorizont der inländischen Öffentlichkeit und nicht eine Intention oder Mentalreservation des Veranstalters (vgl. ; , Ro 2019/17/0005).

14 Demnach ist bei grenzüberschreitenden Preisausschreiben nur jener Teil der Gewinne als Bemessungsgrundlage für die inländische Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG heranzuziehen, der der inländischen Öffentlichkeit in Aussicht gestellt wurde. Dies ergibt sich regelmäßig aus den Teilnahmebedingungen oder sonstigen Mitteilungen mit ähnlichem Informationsgehalt.

15 Im Revisionsfall hat das Bundesfinanzgericht seine Feststellungen, wonach vom Vorliegen eines inländischen Preispools auch für die Preiskategorien 1 bis 4 auszugehen sei, auf die im angefochtenen Erkenntnis wiedergegebenen Teilnahmebedingungen gestützt.

16 Mit seinem Zulässigkeitsvorbringen wendet sich die amtsrevisionswerbende Partei gegen die Auslegung des Bundesfinanzgerichts, dass die in den Teilnahmebedingungen enthaltene Begrenzung der den inländischen Teilnehmern in Aussicht gestellten Preise mit je 10 % der in den Preiskategorien 1 bis 4 in Aussicht gestellten Preise zu verstehen ist.

17 Im Revisionsmodell kann die im konkreten Einzelfall getroffene Auslegung von Verträgen (bzw. Stiftungssatzungen) nur dann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen, wenn sie grobe Auslegungsfehler oder sonstige krasse Fehlbeurteilungen erkennen lässt (vgl. ; , Ra 2018/01/0332; , Ro 2015/07/0040, jeweils mwN). Auch einseitige Rechtsgeschäfte - wie hier die Auslobung der Gewinne - sind Rechtsgeschäfte im zivilrechtlichen Sinn (vgl.  bis 0160).

18 Soweit sich die amtsrevisionswerbende Partei gegen die konkrete Auslegung der Teilnahmebedingungen durch das Bundesfinanzgericht wendet, zeigt sie einen solchen groben Auslegungsfehler oder eine sonstige krasse Fehlbeurteilung bei der Auslegung der Teilnahmebestimmungen im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung nicht auf. Dem steht auch der Umstand, dass im vorliegenden Einzelfall die Teilnahmebedingungen auch anders ausgelegt hätten werden können, nicht entgegen.

19 Wenn die amtsrevisionswerbende Partei in den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision weiters vorbringt, der Verwaltungsgerichtshof habe zur Rechtsfrage, wie ein „österreichischer Preispool“ rechtlich ausgestaltet sein müsse, noch keine Aussagen getätigt, ist ihr zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Beantwortung abstrakter Rechtsfragen auch bei Amtsrevisionen nicht berufen ist (vgl. , mwN).

20 Weiters bringt die amtsrevisionswerbende Partei vor, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur „Rechtsfrage, ob diese rechtliche Ausgestaltung des Preispools laut den Spielbedingungen den Anforderungen des § 58 Abs. 3 GSpG bei einem grenzüberschreitenden Preisausschreiben entspricht,“ fehle. Hierzu ist zu entgegnen, dass unstrittig ist, dass sich das gegenständliche Gewinnspiel - wie die amtsrevisionswerbende Partei ebenso ausführt - (auch) an die inländische Öffentlichkeit richtete und deswegen vom Bundesfinanzgericht als (auch) im Inland steuerbare Ausspielung nach § 58 Abs. 3 GSpG behandelt wurde. Welchen weiteren „Anforderungen“ des § 58 Abs. 3 GSpG nicht entsprochen worden wäre, wird in der Revision nicht ausgeführt.

21 Im Übrigen weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass es nicht an Rechtsprechung dazu fehlt, unter welchen Voraussetzungen sich die Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe bei grenzüberschreitenden Preisausschreiben auf den „österreichischen Preispool“ beschränkt (vgl. wieder ; , Ro 2019/17/0005; vgl. weiters ).

22 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

23 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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Normen
ABGB §860
ABGB §861
B-VG Art133 Abs4
GSpG 1989 §58 Abs3
VwGG §34 Abs1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2021170138.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
DAAAF-45796