VwGH 20.07.2021, Ra 2021/17/0102
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | GSpG 1989 §54 Abs1 VwGG §30 Abs2 |
RS 1 | Stattgebung hinsichtlich des Verfalls - Übertretung des Wiener Wettengesetzes - Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Beschluss vom , 1154/80, VwSlg 10274 A/1980, ausgesprochen, dass auch ein kassatorischer Bescheid einem Vollzug zugänglich sein kann, weil er die Grundlage für nachfolgende, der beschwerdeführenden Partei zum Nachteil gereichende Verwaltungsakte bilden kann. Diese Rechtsprechung gilt auch im Revisionsverfahren (vgl. ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2020/02/0057 B RS 1 (hier Stattgebung im Umfang der Aufhebung der Einziehung nach dem GspG) |
Normen | |
RS 2 | Stattgebung im Umfang der Aufhebung der Einziehung - Einziehung nach dem GSpG - Im Revisionsfall wurde der mitbeteiligten Partei mit dem (die erstinstanzliche Einziehung hinsichtlich der Geräte FA-Nr. 3 - 8 aufhebenden) angefochtenen Erkenntnis das Recht eingeräumt, die von der revisionswerbenden Bezirkshauptmannschaft in Beschlag genommenen Gegenstände herauszuverlangen (vgl. § 55 GSpG). Mit diesem Erkenntnis sind daher Wirkungen verbunden, die durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sistiert werden können. Das angefochtene Erkenntnis ist daher (auch in diesem Umfang) einem Vollzug im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG zugänglich (vgl. zum Verfall nach dem Wiener Wettengesetz ). |
Normen | |
RS 3 | Stattgebung im Umfang der Aufhebung der Einziehung - Einziehung nach dem GSPG - Bei einer Beschlagnahme handelt es sich um eine vorläufige Maßnahme der Entziehung eines Gegenstands aus der Verfügungsmacht eines Betroffenen mit dem Zweck der Sicherung während des Verfahrens darüber, was mit dem Gegenstand endgültig zu geschehen hat (vgl. ). |
Normen | |
RS 4 | Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom , 85/04/0025, die Auffassung vertreten, dass eine gemäß § 39 Abs. 1 VStG verfügte Beschlagnahme außer Kraft tritt, wenn das zugrunde liegende Strafverfahren rechtskräftig eingestellt wird. Ebenso hat er ausgesprochen, dass eine gemäß § 39 Abs. 1 VStG erfolgte Beschlagnahme durch den rechtskräftigen Ausspruch des Verfalls - zu dessen Sicherung sie verfügt wurde - mangels einer normativen Weiterwirkung außer Kraft tritt (vgl. ; , 87/04/0252). Diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Relevanz eines rechtskräftigen Ausspruches über den Verfall etwa in seinem Erkenntnis, vom , 2002/05/1033, neuerlich bekräftigt. Ist daher der Zweck der Beschlagnahme durch den Ausspruch des Verfalls erreicht, oder steht fest, dass der Zweck der Beschlagnahme nicht mehr gegeben ist, dann hat der Beschlagnahmebescheid seine normative Wirkung verloren. Dies ist auch bei Beschlagnahmen gemäß 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG der Fall: Diese Beschlagnahme dient nicht nur der Sicherung des Verfalls (§ 52 Abs. 4 zweiter Satz GSpG) sondern auch der Sicherung der Einziehung nach § 54 GSpG (vgl. näher , sowie , Rn. 15). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2018/17/0128 B RS 2 (hier Stattgebung im Umfang der Aufhebung der Einziehung nach dem GspG; ohne den dritten Satz) |
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RS 5 | Stattgebung im Umfang der Aufhebung der Einziehung - Einziehung nach dem GSpG - Angesichts der ohne Rechtsakt bewirkten Beendigung der Beschlagnahme durch die rechtskräftige Entscheidung zur Einziehung kommt auch einer Amtsrevision gegen die Aufhebung eines Einziehungsbescheides nur dann Effektivität zu, wenn ihr aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, weil andernfalls die Beendigung der Beschlagnahme durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes dem Sicherungszweck der Beschlagnahme zuwiderlaufen würde. |
Normen | |
RS 6 | Stattgebung im Umfang der Aufhebung der Einziehung - Einziehung nach dem GSpG - Die Bezirkshauptmannschaft verfügte gegenüber der mitbeteiligten Partei die Einziehung von acht näher bezeichneten Glücksspielgeräte gemäß § 54 Abs. 1 GSpG. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das LVwG der Beschwerde der mitbeteiligten Partei teilweise statt und hob die Einziehung der Geräte FA-Nr. 3 - 8 auf. Im Übrigen wurde die Beschwerde mit einer Spruchkorrektur als unbegründet abgewiesen. Das LVwG sprach aus, dass gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig sei. Dagegen wendet sich die vorliegende Revision der Bezirkshauptmannschaft verbunden mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. In ihrem Antrag führt die revisionswerbende Partei aus, dass bei Umsetzung der angefochtenen Entscheidung des LVwG die eingezogenen Eingriffsgegenstände im Rahmen des § 55 Abs. 1 GSpG wieder ausgefolgt werden müssten und dies eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der revisionswerbenden Partei zu vertretenden öffentlichen Interessen darstellen würde. Das Risiko, dass im Falle einer Ausfolgung der Geräte unverzüglich mit diesen in das Glücksspielmonopol eingegriffen werden könnte und dass (weitere) Verfahren verzögert oder gar vereitelt würden, stellt somit einen unverhältnismäßigen Nachteil für die revisionswerbende Partei dar (vgl. ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , LVwG-413854/7/GS/HUE, betreffend Einziehung nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: V s.r.o., vertreten durch Dr. Fabian A. Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/11), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag im Umfang der Aufhebung der Einziehung hinsichtlich der Geräte FA-Nr. 3 - 8 stattgegeben.
Begründung
1 Mit Bescheid vom ordnete die nunmehr revisionswerbende Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis gegenüber der mitbeteiligten Partei die Beschlagnahme von acht näher bezeichneten Glücksspielgeräten gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz - GSpG an. Die (u.a.) von der mitbeteiligten Partei dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) mit Erkenntnis vom als unbegründet abgewiesen.
2 Mit Bescheid vom verfügte die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis gegenüber der mitbeteiligten Partei die Einziehung dieser acht näher bezeichneten Glücksspielgeräte gemäß § 54 Abs. 1 GSpG.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das LVwG der Beschwerde der mitbeteiligten Partei teilweise statt und hob die Einziehung der Geräte FA-Nr. 3 - 8 auf. Im Übrigen wurde die Beschwerde mit einer Spruchkorrektur als unbegründet abgewiesen. Das LVwG sprach aus, dass gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig sei.
4 Dagegen wendet sich die vorliegende Revision der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis verbunden mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. In ihrem Antrag führt die revisionswerbende Partei aus, dass bei Umsetzung der angefochtenen Entscheidung des LVwG die eingezogenen Eingriffsgegenstände im Rahmen des § 55 Abs. 1 GSpG wieder ausgefolgt werden müssten und dies eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der revisionswerbenden Partei zu vertretenden öffentlichen Interessen darstellen würde. Es sei davon auszugehen, dass die Eingriffsgegenstände nach Ausfolgung an die mitbeteiligte Partei umgehend wieder zur Aufstellung gelangen würden und damit neuerlich Übertretungen nach dem GSpG begangen werden könnten. Weiters wären die Geräte einem von der Behörde zwingend durchzuführenden Einziehungsverfahren erfahrungsgemäß auf Dauer entzogen. Überdies würden sich sowohl die Ausgangsverfahren als auch damit zusammenhängende weitere Verfahren erheblich verzögern, was zu einer unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer führen könnte.
5 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG ist die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden.
6 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom , 1154/80, VwSlg. 10274 A/1980, ausgesprochen, dass auch ein kassatorischer Bescheid einem Vollzug zugänglich sein kann, weil er die Grundlage für nachfolgende, der beschwerdeführenden Partei zum Nachteil gereichende Verwaltungsakte bilden kann. Diese Rechtsprechung gilt auch im Revisionsverfahren (vgl. ).
7 Im Revisionsfall wurde der mitbeteiligten Partei mit dem (die erstinstanzliche Einziehung hinsichtlich der Geräte FA-Nr. 3 - 8 aufhebenden) angefochtenen Erkenntnis das Recht eingeräumt, die von der revisionswerbenden Bezirkshauptmannschaft in Beschlag genommenen Gegenstände herauszuverlangen (vgl. § 55 GSpG). Mit diesem Erkenntnis sind daher Wirkungen verbunden, die durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sistiert werden können. Das angefochtene Erkenntnis ist daher (auch in diesem Umfang) einem Vollzug im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG zugänglich (vgl. zum Verfall nach dem Wiener Wettengesetz ).
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Verfahren über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu überprüfen. Vielmehr geht es, soweit nicht zwingende öffentliche Interessen einem Aufschub entgegenstehen, ausschließlich um die Frage, ob eine Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses für die revisionswerbende Partei einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich bringen würde (vgl. ).
9 Ungeachtet der offenbar nicht auf Amtsrevisionen zugeschnittenen Formulierung des § 30 Abs. 2 VwGG ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch bei einer Amtsrevision zulässig. Als „unverhältnismäßiger Nachteil für den Revisionswerber“ ist hier jedoch eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses in die Wirklichkeit zu verstehen (vgl. , mwN).
10 Insoweit treten diese öffentlichen Interessen im Falle einer Amtsrevision bei der vorzunehmenden Interessenabwägung an die Stelle jener Interessenlage, die sonst bei einem „privaten“ Revisionswerber als Interesse an dem Aufschub des sofortigen Vollzugs der angefochtenen Entscheidung in die Abwägung einfließt (vgl. , mwN).
11 Bei einer Beschlagnahme handelt es sich um eine vorläufige Maßnahme der Entziehung eines Gegenstands aus der Verfügungsmacht eines Betroffenen mit dem Zweck der Sicherung während des Verfahrens darüber, was mit dem Gegenstand endgültig zu geschehen hat (vgl. ). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Beschluss vom , 85/04/0025, die Auffassung vertreten, dass eine gemäß § 39 Abs. 1 VStG verfügte Beschlagnahme außer Kraft tritt, wenn das zugrundeliegende Strafverfahren rechtskräftig eingestellt wird. Ebenso hat er ausgesprochen, dass eine gemäß § 39 Abs. 1 VStG erfolgte Beschlagnahme durch den rechtskräftigen Ausspruch des Verfalls - zu dessen Sicherung sie verfügt wurde - mangels einer normativen Weiterwirkung außer Kraft tritt (vgl. ; , jeweils mwN). Ist daher der Zweck der Beschlagnahme durch den Ausspruch des Verfalls erreicht, oder steht fest, dass der Zweck der Beschlagnahme nicht mehr gegeben ist, dann hat der Beschlagnahmebescheid seine normative Wirkung verloren.
12 Dies ist auch bei Beschlagnahmen gemäß 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG der Fall: Diese Beschlagnahme dient nicht nur der Sicherung des Verfalls (§ 52 Abs. 4 zweiter Satz GSpG), sondern auch der Sicherung der Einziehung nach § 54 GSpG (vgl. näher , sowie , jeweils mwN).
13 Angesichts der ohne Rechtsakt bewirkten Beendigung der Beschlagnahme durch die rechtskräftige Entscheidung zur Einziehung kommt auch einer Amtsrevision gegen die Aufhebung eines Einziehungsbescheides nur dann Effektivität zu, wenn ihr aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, weil andernfalls die Beendigung der Beschlagnahme durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes dem Sicherungszweck der Beschlagnahme zuwiderlaufen würde.
14 Die mitbeteiligte Partei hat zu dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung innerhalb der gesetzten Frist keine Stellungnahme abgegeben. Es ist daher nicht zu erkennen, welche - das Interesse der revisionswerbenden Bezirkshauptmannschaft übersteigenden - Interessen der mitbeteiligten Partei einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der angefochtenen Entscheidung entgegenstehen würden.
15 Das Risiko, dass im Falle einer Ausfolgung der Geräte unverzüglich mit diesen in das Glücksspielmonopol eingegriffen werden könnte und dass (weitere) Verfahren verzögert oder gar vereitelt würden, stellt somit einen unverhältnismäßigen Nachteil für die revisionswerbende Partei dar (vgl. ).
16 Da mit dem angefochtenen Erkenntnis der Einziehungsbescheid nur hinsichtlich der Geräte FA-Nr. 3 - 8 aufgehoben und hinsichtlich der übrigen Geräte kein Vorbringen erstattet wurde, war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
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Normen | GSpG 1989 §52 Abs4 GSpG 1989 §53 Abs1 GSpG 1989 §53 Abs1 Z1 lita GSpG 1989 §54 GSpG 1989 §54 Abs1 GSpG 1989 §55 GSpG 1989 §55 Abs1 VStG §39 Abs1 VwGG §30 Abs2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021170102.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAF-45794