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VwGH 26.07.2022, Ra 2021/16/0094

VwGH 26.07.2022, Ra 2021/16/0094

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
FinStrG §23 Abs3
FinStrG §33 Abs5
RS 1
Nach § 33 Abs. 5 FinStrG wird die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages geahndet. Die Verhängung einer Geldstrafe für eine Abgabenverkürzung, die auch den aus der Tat gezogenen Nutzen berücksichtigen soll, ist von einem bestimmten Wertbetrag abhängig und nicht unmittelbar nur nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters auszumessen. Der Umstand, dass ein Täter kein Vermögen und nur geringes Einkommen hat, steht einer Bestrafung nicht entgegen (vgl. Leitner/Toifl/Brandl, Österreichisches Finanzstrafrecht3, Rz 649f). Der Täter kann sich nicht durch das Einstellen der Erwerbstätigkeit einer Bestrafung entziehen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der durch die Tat lukrierte Zinsgewinn als äußerste Untergrenze der Geldstrafe anzusehen, bei deren Unterschreitung eine Geldstrafe ihren Zweck verfehlen würde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 99/13/0149).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2008/15/0284 E RS 1 (hier ohne die letzten beiden Sätze)
Normen
COVID-19-Förderungen steuerliches Wohlverhalten 2021 §1
COVID-19-Förderungen steuerliches Wohlverhalten 2021 §3 Z4
FinStrG §23
RS 2
Die mangelnde Förderungswürdigkeit nach § 1 iVm. § 3 Z 4 des Bundesgesetzes, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, BGBl. I Nr. 11/2021, ist mittelbare Folge einer Strafbemessung und damit Wirkung der, aber nicht maßgeblicher Gesichtspunkt für die Strafbemessung iSd. § 23 FinStrG.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie den Hofrat Mag. Straßegger und die Hofrätin Dr. Funk-Leisch als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Mag. A K L, vertreten durch Möstl & Pfeiffer Steuerberatungs GmbH in 8010 Graz, Paulustorgasse 10, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2300006/2021, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens, den Beschluss gefasst

Spruch

:Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Erkenntnis vom verhängte das damalige Finanzamt Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde aufgrund von Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG Geldstrafen iHv € 10.000,-- über den Revisionswerber und iHv € 7.000,-- gegen die A L GmbH.

2 Mit Erkenntnis vom wies das Bundesfinanzgericht (BFG) die dagegen erhobenen Beschwerden des Revisionswerbers und des belangten Verbandes A L GmbH als unbegründet ab, gliederte die im Spruch des Finanzamtes Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde angegebenen Wertbeträge in näher bezeichneter Weise auf, gab den Strafbeschwerden des Amtsbeauftragten insoweit statt, als über den Revisionswerber gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG eine Geldstrafe von € 11.000,-- verhängt werde, der Ausspruch über die Ersatzfreiheitsstrafe unverändert bleibe, die Geldbuße des belangten Verbandes gemäß § 28a Abs. 2 iVm § 33 Abs. 5 FinStrG mit € 8.000,-- bestimmt werde, wies die Beschwerde des Amtsbeauftragten im Übrigen als unbegründet ab, setzte die Kosten des Verfahrens fest und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

3 Mit Schriftsatz vom beantragten der Revisionswerber und die A L GmbH gemäß § 165 Abs. 4 iVm Abs. 6 FinStrG beim BFG die Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens. Begründend brachten der Revisionswerber und die A L GmbH vor, die Strafbemessung habe zur Folge, dass die A L GmbH, deren geschäftsführendes Organ der Revisionswerber sei, von sämtlichen Förderungen des Bundes, welche im Zuge der Covid-19-Pandemie gewährt würden, ausgeschlossen sei. Aufgrund einer schriftlichen Auskunft der COFAG vom seien die Anspruchsvoraussetzungen für die Förderungen so auszulegen, dass beim Ausschluss von Förderinstrumenten jeweils auf die einzelne Strafe abzustellen sei, eine Kumulierung von Verbandsgeldbuße und Strafe gegen das geschäftsführende Organ werde nicht vorgenommen. So wäre auch die vormalige Strafbemessung gegen das geschäftsführende Organ iHv € 10.000,-- und gegen den Verband iHv € 7.000,-- unschädlich gewesen. Diese schriftliche Auskunft stelle aufgrund der Nichtberücksichtigung im Finanzstrafverfahren in Form eines möglichen Milderungsgrundes einen tauglichen Wiederaufnahmegrund dar.

4 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das BFG den Antrag des Revisionswerbers auf Wiederaufnahme als unzulässig zurück und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig. Begründend führte das BFG zusammengefasst aus, die dreimonatige Frist des § 165 Abs. 4 FinStrG zur Einbringung eines Wiederaufnahmeantrages aufgrund der Tatsache, dass nunmehr eine Geldstrafe gegen den Geschäftsführer [der A L GmbH] ausgesprochen worden sei, die eine zukünftige Förderung für den von ihm geführten belangten Verband hintanhalte, sei bei Antragstellung bereits abgelaufen gewesen. Die Auskunft der COFAG stelle keinen Wiederaufnahmegrund einer neuen Tatsache dar, weshalb der Wiederaufnahmeantrag als unzulässig (verspätet) eingebracht zurückzuweisen sei.

5 Die dagegen erhobene Revision legte das BFG dem Verwaltungsgerichtshof unter Anschluss der Akten vor.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Die Zulässigkeit der Revision setzt neben einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage „abhängt“. Davon kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz der Rechtsfrage für den Verfahrensausgang begründet wird (vgl. ).

Der Wiederaufnahmeantrag vom geht ebenso wie die Revision von der Annahme aus, dass die Auskunft der COFAG über die Förderungswürdigkeit eine neue Tatsache oder ein neues Beweismittel darstelle, das zwar nicht für den Schuldspruch, aber für die Strafbemessung von Bedeutung wäre. Weder im Wiederaufnahmeverfahren noch in der Revision nimmt der Revisionswerber auf die ausführlich begründete Strafbemessung des Erkenntnisses vom Bezug.

Nach § 33 Abs. 5 FinStrG wird die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages geahndet. Die Verhängung einer Geldstrafe für eine Abgabenverkürzung, die auch den aus der Tat gezogenen Nutzen berücksichtigen soll, ist von einem bestimmten Wertbetrag abhängig und nicht unmittelbar nur nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters auszumessen. Der Umstand, dass ein Täter etwa kein Vermögen und nur geringes Einkommen hat, steht einer Bestrafung nicht entgegen (vgl. etwa , mwN).

Die im Raum stehende mangelnde Förderungswürdigkeit nach § 1 iVm. § 3 Z 4 des Bundesgesetzes, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, BGBl. I Nr. 11/2021, ist mittelbare Folge einer - im Übrigen vom Revisionswerber nicht bemängelten - Strafbemessung und damit Wirkung der, aber nicht maßgeblicher Gesichtspunkt für die Strafbemessung iSd. § 23 FinStrG.

Selbst wenn man den Folgen der Strafbemessung Relevanz für die Strafbemessung - und damit für den Wiederaufnahmeantrag und für den Erfolg der Revision - zubilligen wollte, gelingt es der Revision nicht, ihre Zulässigkeit aufzuzeigen:

9 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst vor, entgegen den Ausführungen des BFG werde die Frist des § 165 Abs. 4 FinStrG nicht bereits mit der Verkündung des Straferkenntnisses vom , sondern erst in dem Moment ausgelöst, in dem die Partei Kenntnis vom Wiederaufnahmegrund gehabt habe, oder sich habe verschaffen können. Die Argumentation des BFG, wonach bereits zum Zeitpunkt des Straferkenntnisses vom erkennbar gewesen sei, dass in Bezug auf die in Rede stehenden Ausschlussbestimmungen für Förderungen keine Kumulierung der Strafen stattzufinden habe, beruhe auf einer grob fehlerhaften Beweiswürdigung. Das BFG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es angenommen habe, der Revisionswerber habe sich jederzeit Kenntnis vom Wiederaufnahmegrund verschaffen können.

10 Eine in einem Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. , mwN).

11 Das BFG führte aus, die Konsequenz des Verlustes von Förderungen auch bei der Bestrafung des Geschäftsführers einer potentiellen Förderungswerberin bei Vorliegen der in § 3 Z 4 des Bundesgesetzes, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, genannten Hinderungsgründe hätte sich aus dem Gesetzestext ergeben. Das Gesetz sei am in Kraft getreten. Es habe daher keiner Auskunft der Corona-Hotline zur Wahrung der Rechte des Wiederaufnahmewerbers im Finanzstrafverfahren bedurft.

12 Die Revision zeigt mit dem wiedergegebenen Vorbringen nicht auf, dass die Würdigung des BFG an einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit leidet.

13 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit des Weiteren vor, zur Rechtsfrage, wie die Wortfolge „nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat“ in § 165 Abs. 4 FinStrG auszulegen sei, liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.

14 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht oder konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. , mwN).

15 Diesen Vorgaben wird die Revision mit ihrem allgemein gehaltenen Vorbringen, das keinen konkreten Bezug zu dem angefochtenen Erkenntnis herstellt, nicht gerecht.

16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
COVID-19-Förderungen steuerliches Wohlverhalten 2021 §1
COVID-19-Förderungen steuerliches Wohlverhalten 2021 §3 Z4
FinStrG §23
FinStrG §23 Abs3
FinStrG §33 Abs5
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021160094.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-45782