VwGH 29.08.2024, Ra 2021/16/0053
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG 1995 ist unionsrechtskonform iSd Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, ABl. L 283 vom , auszulegen (vgl. ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/16/0104 E RS 1 |
Normen | EURallg MinStG 1995 §4 Abs1 Z1 32003L0096 Energiesteuer-RL Art14 Abs1 litb 62010CJ0079 Systeme Helmholz VORAB 62010CJ0250 Haltergemeinschaft LBL VORAB |
RS 2 | Wie der , Haltergemeinschaft LBL GbR, Rn. 22, ausgesprochen hat, ist im Falle der Vermietung oder Vercharterung eines Luftfahrzeugs einschließlich des Kraftstoffs, bei der es sowohl einen Vermieter oder Vercharterer des Luftfahrzeugs als auch einen Mieter oder Charterer gibt, der mit diesem Luftfahrzeug Flüge unternimmt, die Gewährung oder Versagung der in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG vorgesehenen Befreiung davon abhängig, in welcher Weise das Luftfahrzeug von Letzterem genutzt wird. Daher kann nicht angenommen werden, dass die Vercharterung eines Luftfahrzeugs einschließlich Kraftstoff als gewerbliche Tätigkeit zur Steuerbefreiung nach dieser Bestimmung unabhängig davon führt, in welcher Weise das Luftfahrzeug vom Mieter oder Charterer genutzt wird (vgl. auch , mwN). Maßgeblich für die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG ist in diesem Fall, ob das Luftfahrzeug unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen durch den Mieter oder Charterer dient (vgl. , Haltergemeinschaft LBL GbR, Rn. 24, 26, mVa , Systeme Helmholz GmbH; sowie ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision der M K, vertreten durch die Centurion Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH in 1010 Wien, Hegelgasse 8/14, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7200140/2017, betreffend Mineralölsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Österreich), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde des Revisionswerbers, eines Vereins, gegen den Bescheid des (damaligen) Zollamts St. Pölten Krems Wiener Neustadt (nunmehr: Zollamt Österreich), mit dem dessen Antrag auf Ausstellung eines eingeschränkten Freischeins inklusive Betankungsscheinen abgewiesen worden war, ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
2 In der Begründung führte das Bundesfinanzgericht aus, der Revisionswerber, ein 1996 gegründeter Verein, sei Halter von Luftfahrzeugen, die in Österreich und Deutschland in das Luftfahrzeugregister eingetragen seien. Diese Luftfahrzeuge würden von den Vereinsmitgliedern nicht nur für Schulungsflüge, sondern auch für andere Flüge (Reiseflüge etc.) verwendet. Der Revisionswerber verfüge über eine Zulassung als Ausbildungsorganisation, die ihn zur Durchführung von „Teil-FCL (Flight Crew Licensing)-Ausbildungslehrgängen“, einschließlich der Verwendung von „FSTD (Flight Simulation Training Device)“ berechtige. Der Verein biete die theoretische Ausbildung (Skripten, Lehrsäle, Onlinesysteme, Lehrer) an, stelle die Fluglehrer zur Verfügung, vermittle deren Abrechnung mit den Flugschülern und vermiete den Flugschülern das Luftfahrzeug. Bei den Schulungsflügen stellten die Personen, die die Schulungsflüge zu absolvieren hätten, das Luftfahrzeug im Rahmen ihrer Vereinsmitgliedschaft zur Verfügung. Sie mieteten das Luftfahrzeug vom Verein. Die Gebühren für die Benützung der Vereinsflugzeuge rechne der Revisionswerber mit den die Schulungsflüge absolvierenden Personen ab. Berechnungsbasis seien die jeweiligen Flugminuten. Die Fluglehrer seien nicht beim Revisionswerber angestellt. Die Leistungen am Fluggerät würden von den Fluglehrern direkt erbracht, diese seien keine Leistungen des Revisionswerbers.
3 Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG lege den Mitgliedstaaten eine klare und genaue Verpflichtung auf, Kraftstoff, der für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt verwendet werde, nicht der Verbrauchsteuer zu unterwerfen. Die Steuerbefreiung sei nicht allein Luftfahrtunternehmen vorbehalten. Sie sei aber nur anwendbar, wenn das Luftfahrzeug unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen diene (Hinweis auf ). Dabei sei entscheidend, in welcher Weise das Luftfahrzeug von seinem Eigentümer oder von der durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigten natürlichen oder juristischen Person genutzt werde, also davon, ob es zu gewerblichen Zwecken oder für die private nichtgewerbliche Luftfahrt genutzt werde. Daher könne nicht angenommen werden, dass die Vermietung (Vercharterung) eines Luftfahrzeugs einschließlich Kraftstoff oder die Nutzung eines Luftfahrzeugs durch ein Vereinsmitglied, das vom Verein das Luftfahrzeug anmiete, als gewerbliche Tätigkeit zur Steuerbefreiung unabhängig davon führte, in welcher Weise das Luftfahrzeug vom Mieter oder vom Vereinsmitglied genutzt werde (Hinweis auf ).
4 Aufgrund des festgestellten Sachverhalts sei auszuschließen, dass der Revisionswerber im Rahmen von Schulungsflügen bzw. im Rahmen der Flugschule mit den Luftfahrzeugen unmittelbare entgeltliche Luftfahrtdienstleistungen erbringe. Nicht der Revisionswerber als zugelassene Ausbildungsorganisation verwende im Rahmen seiner Berechtigung die Luftfahrzeuge, sondern die Personen, die die Schulungsflüge zu absolvieren hätten, würden die Luftfahrzeuge vom Verein anmieten und diese für die Schulungsflüge im Rahmen ihrer Mitgliedschaft zur Verfügung stellen. Die Mieter oder Nutzer der Luftfahrzeuge, also die Personen, die die Schulungsflüge zu absolvieren hätten, würden mit dem Luftfahrzeug keine unmittelbare entgeltliche Luftfahrtdienstleistung erbringen. Diese würden das Luftfahrzeug lediglich für die den Erwerb oder die Verlängerung ihrer Zivilluftfahrtscheine erforderlichen Schulungsflüge nutzen.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, die das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vorlegte.
6 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); das Zollamt erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der es die kostenpflichtige Zurück-, in eventu Abweisung der Revision beantragte.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 In der Revision wird zur Zulässigkeit vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die entgeltliche Zurverfügungstellung eines Luftfahrzeugs gegen ein minutenbasiertes Entgelt im Zuge einer Pilotenausbildung oder Pilotenfortbildung nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG bzw. nach § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG 1995 tatbestandlich sei. Zu klären sei, ob die gegenständliche Vermietung bzw. Zurverfügungstellung eine gewerbliche oder nichtgewerbliche Luftfahrt iSd Richtlinie 2003/96/EG bzw. eine entgeltliche Erbringung einer Luftfahrtdienstleistung iSd § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG 1995 darstelle. Auch sei vollkommen ungeklärt, ob die Revisionswerberin ihre Luftfahrzeuge bei ihrer Flugschultätigkeit iSd Richtlinie 2003/96/EG für kommerzielle Zwecke, sohin insbesondere für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen einsetze oder für nichtkommerzielle Zwecke nutze, also eine iSd § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG 1995 gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen oder eine sonstige gewerbsmäßige Dienstleistung unmittelbar an den Kunden erbringe oder nicht.
11 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt.
12 Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG 1995 unionsrechtskonform iSd Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG auszulegen (vgl. etwa ).
13 Wie der , Haltergemeinschaft LBL GbR, Rn. 22, ausgesprochen hat, ist im Falle der Vermietung oder Vercharterung eines Luftfahrzeugs einschließlich des Kraftstoffs, bei der es sowohl einen Vermieter oder Vercharterer des Luftfahrzeugs als auch einen Mieter oder Charterer gibt, der mit diesem Luftfahrzeug Flüge unternimmt, die Gewährung oder Versagung der in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG vorgesehenen Befreiung davon abhängig, in welcher Weise das Luftfahrzeug von Letzterem genutzt wird. Daher kann nicht angenommen werden, dass die Vercharterung eines Luftfahrzeugs einschließlich Kraftstoff als gewerbliche Tätigkeit zur Steuerbefreiung nach dieser Bestimmung unabhängig davon führt, in welcher Weise das Luftfahrzeug vom Mieter oder Charterer genutzt wird (vgl. auch , mwN).
14 Maßgeblich für die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG ist in diesem Fall, ob das Luftfahrzeug unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen durch den Mieter oder Charterer dient (vgl. nochmals , Haltergemeinschaft LBL GbR, Rn. 24, 26, mVa , Systeme Helmholz GmbH; sowie nochmals ).
15 Dem zitierten lag der Fall einer Haltergemeinschaft zugrunde, die ein Flugzeug einschließlich des benötigten Kraftstoffs an ihre Gesellschafter und andere Unternehmen vercharterte, die das Flugzeug überwiegend für ihre betrieblichen Zwecke und zum geringen Teil für nichtkommerzielle Zwecke einsetzten. Dabei berechnete sie ihren Kunden nur die jeweils von ihnen in Anspruch genommenen Flugzeiten, wobei im Preis der von ihr erworbene Kraftstoff eingeschlossen war.
16 Nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts vermietete der revisionswerbende Verein als Halter der Luftfahrzeuge diese an die Flugschüler, wobei er die Gebühren für die Benützung der Vereinsflugzeuge nach Flugminuten mit den die Schulungsflüge absolvierenden Personen abrechnete.
17 Dass das Bundesfinanzgericht - das für die Beurteilung der Anwendbarkeit der Steuerbefreiung auf die Art der Nutzung der Luftfahrzeuge durch die, die Luftfahrzeuge anmietenden, Flugschüler abstellte und mangels entgeltlicher Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen durch diese die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung verneinte - von der angeführten Rechtsprechung des EuGH und des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, zeigt die Revision nicht auf.
18 Aus dem im Zulässigkeitsvorbringen der Revision ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2005/16/0172, ist schon mangels vergleichbaren Sachverhalts für den Revisionswerber nichts zu gewinnen.
19 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
20 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | EURallg MinStG 1995 §4 Abs1 Z1 32003L0096 Energiesteuer-RL Art14 Abs1 litb 62010CJ0079 Systeme Helmholz VORAB 62010CJ0250 Haltergemeinschaft LBL VORAB |
Schlagworte | Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RA2021160053.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-45767