VwGH 23.03.2023, Ra 2021/15/0101
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Voraussetzung für die Bildung einer wirtschaftlichen Einheit mehrerer Betriebe ist, dass zwischen den Betrieben ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht (vgl. ). Das BFG muss im Rahmen seiner Sachverhaltsermittlungspflicht daher alle Indizien, die für und die gegen einen solchen Zusammenhang sprechen, erheben und dazu Feststellungen treffen. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2021/15/0102
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LLM, über die Revisionen von 1. F L und 2. R L, beide in W, beide vertreten durch Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Mag. Dr. Michael Pichlmair und Ing. MMag. Michael A. Gütlbauer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Eisenhowerstraße 27, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5101481/2015, betreffend u.a. Feststellung des Einheitswertes zum , zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt 1.346,40 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die revisionswerbenden Parteien sind - nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) - Eheleute mit gemeinsamen Wohnsitz, die land- und forstwirtschaftlich tätig sind. Der Erstrevisionswerber ist grundbücherlicher Alleineigentümer einer Liegenschaft mit einer Gesamtfläche von 19,8017 ha. Zu dieser Einlagezahl gehört auch das Grundstück A im Ausmaß von 11,4321 ha. Er hat diesen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit der Hofstelle in W laut Grundbuch zur Hälfte mit Übergabsvertrag vom und zur anderen Hälfte aufgrund des gerichtlichen Vergleiches vom erworben. Zu diesem Betrieb gehören auch die Liegenschaft B mit einer Gesamtfläche von 6,0571 ha, die der Erstrevisionswerber mit Kaufvertrag vom erworben hat, sowie die Liegenschaft C mit einer Gesamtfläche von 3,9772 ha, welche er aufgrund des Realteilungsvertrages vom erworben hat.
2 Die Zweitrevisionswerberin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft D, bestehend aus einem Waldgrundstück im Ausmaß von 18.044 m². Sie hat diese Liegenschaft laut Grundbuch mit Kaufvertrag vom erworben.
3 Zwischen den revisionswerbenden Parteien wurde am ein Miet- und Superädifikatsvertrag über eine Teilfläche des Grundstückes A geschlossen. Diese umfasst „eine Fläche im Ausmaß von ca. 2.025 m², die für die Errichtung des Stallgebäudes vorgesehen ist und die an der nördlichen und südlichen Breitseite der Bestandfläche anschließenden Flächen, die als Manipulationsflächen vorgesehen sind im Gesamtausmaß von ca. 800 m². Diese (gelb angelegten) Flächen dienen sohin der alleinigen Nutzung durch die Mieterin.“ Laut Vertrag begann das Mietverhältnis am und wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Das Mietverhältnis könne von jedem Vertragsteil unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist zum 30. Juni und 31. Dezember eines jeden Jahres gekündigt werden. Der Vermieter verzichte auf die Dauer von 35 Jahren auf eine Kündigung des Mietverhältnisses, sodass dieses erstmals zum gekündigt werden kann. Zudem wurde die Verbücherung des Bestandrechtes und die Ersichtlichmachung im Grundbuch vereinbart.
4 Mit Bescheid vom wurde der Erstrevisionswerber gemäß § 81 Abs. 2 BAO als Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit der Miteigentümer des im Betreff angeführten Grundbesitzes hinsichtlich der Feststellung des Einheitswertes und des Grundsteuermessbetrages bestellt. Mit Verständigung vom wurde die Zweitrevisionswerberin über dessen Bestellung als Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit der Miteigentümer des im Betreff angeführten Grundbesitzes informiert.
5 Mit Feststellungsbescheid vom nahm das Finanzamt zum eine Wert- und Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 BewG vor und stellte den Einheitswert für den Grundbesitz in Höhe von 54.100 € fest.
6 Mit Grundsteuermessbescheid vom (Fortschreibungsveranlagung) wurde der Grundsteuermesstrag zum in Höhe von 106,74 € festgesetzt.
7 Mit Bescheid über die Zerlegung des Einheitswertes und des Grundsteuermessbetrages vom wurde der Einheitswert und der Grundsteuermesstrag auf die Gemeinden, über die sich die angenommene wirtschaftliche Einheit erstreckte, aufgeteilt.
8 Mit Bescheid über Beiträge und die Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben vom wurden die dort genannten Beiträge und Abgaben (Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, Beitrag von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe, Beiträge zur Unfallversicherung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Landwirtschaftskammerumlage) in Höhe von insgesamt 1.894,63 € festgesetzt.
9 Mit Schriftsatz vom erhoben die revisionswerbenden Parteien gegen den Einheitswertbescheid, den Zerlegungsbescheid und den Bescheid über die Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben Beschwerde, beantragten deren Aufhebung sowie die getrennte Feststellung der Einheitswerte für die beiden revisionswerbenden Parteien. Das Finanzamt habe zu Unrecht unterstellt, dass die revisionswerbenden Parteien ihre beiden landwirtschaftlichen Betriebe als einen einheitlichen landwirtschaftlichen Betrieb führten. Tatsächlich handle es sich um zwei völlig getrennt geführte landwirtschaftliche Betriebe. Die Kriterien für zwei getrennt betriebene Landwirtschaftsbetriebe seien gegeben. Die für die betrieblichen Tätigkeiten geschlossenen Vereinbarungen seien nach außen hin klar erkennbar, sie seien fremdüblich und entsprächen den tatsächlichen Gegebenheiten; sie seien für die Anerkennung von zwei getrennten Betrieben ausreichend.
10 Am fand eine Besichtigung des strittigen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes durch den amtlichen Bodenschätzer satt.
11 Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde teilweise statt und stellte den Einheitswert für den Grundbesitz in Höhe von 42.100 € fest, woraufhin auch der Grundsteuermessbescheid, der Zerlegungsbescheid und der Bescheid über die Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben neu erlassen wurden.
12 Mit Eingabe vom stellten die revisionswerbenden Parteien einen Vorlageantrag. Darin brachten sie vor, sie hätten zwar einen gemeinsamen Wohnsitz, der auch ihren Lebensmittelpunkt bilde. Von dort aus führe jedoch jeder der Eheleute seinen Betrieb, wobei jedem Ehegatten eigene Büroräumlichkeiten getrennt voneinander zur Verfügung stünden. Jeder Betrieb sei eine eigene organisatorische Einheit und arbeite mit eigener Arbeitskraft. Die Förderungsabwicklung mache jeder Betrieb für sich eigenständig und getrennt. Die Buchhaltungen seien für jeden Betrieb extra. Jeder Betrieb habe eigene Lieferanten und auch eigene Abnehmer. Beide revisionswerbende Parteien trügen das Risiko des eigenen Betriebes individuell. Jeder Betrieb habe eine eigene Betriebsnummer bei der AMA. Jeder Betrieb baue zwar unter anderem auch Feldfrüchte an. Beide Betriebsinhabende hätten aber ihren eigenen Anbauplan und es werde unabhängig vom anderen Betrieb bewirtschaftet. Für jeden Betrieb gelte, dass das Futter für den jeweiligen Aufzuchtbetrieb zum überwiegenden Teil aus der eigenen Produktion bezogen werde. Futterzukauf für die Putenmast sei nur untergeordnet. Jeder Betrieb verfüge über eigene Betriebseinrichtungen und Betriebsmittel. Die vorhandenen Betriebsmittel würden je nach Zweckmäßigkeit zwar auch auf dem Betrieb des jeweils anderen eingesetzt, was aber in der Landwirtschaft - im Rahmen der Maschinenringe und der Nachbarschaftshilfe - durchaus fremdüblich sei. Dementsprechend würden auch jene Leistungen, die für den jeweils anderen Betrieb erbracht würden, zu fremdüblichen Bedingungen abgerechnet. Die beiden Betriebe wiesen auch eine unterschiedliche Ausrichtung und Betriebsphilosophie auf. Während der Betrieb des Erstrevisionswerbers auf konventionelle Landwirtschaft ausgerichtet sei, produziere die Zweitrevisionswerberin gentechnikfrei und strebe die Qualifizierung und Zertifizierung als biologischer Landwirtschaftsbetrieb an. Die Einführung einer biologischen Betriebsweise erfordere erhebliche Aufwendungen und es sei für die Führung eines Bio-Betriebes spezielles Know-How erforderlich. Bis die biologisch reine Bearbeitung der Flächen eingeführt werden könne, dauere es einige Jahre, da der Abbau nichtbiologischer Substanzen im Anbau erst langsam aus den Feldern erfolgen könne. Erst danach könne die zertifizierte Prüfung der Felder gemacht werden. Diese Vorbereitungsaktivitäten seien im Betrieb der Zweitrevisionswerberin seit Beginn der betrieblichen Tätigkeiten im Gange. Auch Gespräche mit den Abnehmern, insbesondere der Firma H fänden laufend statt. Die Zertifizierung der Aufzucht könne erst im Anschluss an die Zertifizierung der Felder erfolgen. Wichtig sei in dem Zusammenhang die Tatsache, dass für die Bio-Produktion erhebliche Freilaufflächen vorhanden sein müssten, die ausschließlich am Stall der Zweitrevisionswerberin angrenzend vorhanden seien. Daher werde auf lange Sicht davon ausgegangen werden müssen, dass sie ihren Betrieb in Form einer Bio-Landwirtschaft führe, der Erstrevisionswerber hingegen weiterhin konventionell produzieren müsse. Beide Betriebe verfügten über eine eigene Steuernummer beim Finanzamt, eigene betriebliche Aufzeichnungen und führten getrennte Bankkonten und Kreditlinien. Sowohl der Einkauf der Betriebsmittel als auch die Vermarktung der Erzeugnisse erfolge vollkommen getrennt und an großteils verschiedene Abnehmer. Auch die Lagerhaltung (Silos) sei voneinander getrennt. Jeder Betrieb werde vom jeweiligen Betriebsführenden auf dessen alleinige Rechnung und Gefahr geführt. Beide Betriebsinhabende hätten eine landwirtschaftliche Ausbildung. Vor dem Hintergrund der dargelegten Faktenlage ergebe sich, dass zwischen den Betrieben der revisionswerbenden Parteien kein solcher innerer wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe, wonach die beiden Betriebe nach der Verkehrsanschauung als einheitlicher land- und forstwirtschaftlicher Betrieb zu beurteilen wären. Die völlig getrennte Organisation beider Betriebe trete nach außen in jeder Hinsicht in Erscheinung, sei es im Zuge der betrieblichen Tätigkeit im Einkauf, in der Verwaltung und in der Arbeitsleistung, sei es im unterschiedlichen Auftritt auf dem Markt, durch die getrennten Baulichkeiten, aber auch durch die Grundbuchseintragungen sowie die unterschiedliche Gefahrtragung und getrennte Haftung. Alle Rechtsbeziehungen zwischen den revisionswerbenden Parteien betreffend die zwei landwirtschaftlichen Betriebe seien fremdüblich gestaltet. Bereits aus diesen Gründen seien die angefochtenen Bescheide inhaltlich rechtswidrig.
13 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, gab das BFG der Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur entsprechend der Beschwerdevorentscheidung der Höhe nach teilweise Folge; an der Zusammenfassung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der Eheleute dem Grunde nach hielt es jedoch fest. Begründend führte das BFG aus, im Bewertungsrecht gelte aufgrund der Bestimmung des § 24 BewG nach wie vor das Prinzip der gemeinsamen Zurechnung von Eigentum, egal ob es dem einen oder dem anderen Ehegatten gehöre. Voraussetzung für die gemeinsame Zurechnung sei allerdings, dass eine einzige wirtschaftliche Einheit vorliege. Dieser einheitliche Betrieb der Land- und Forstwirtschaft sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (in Auslegung des Begriffes der Verkehrsanschauung) dann anzunehmen, wenn alle Flächen, die nach Lage der Verhältnisse von einem Mittelpunkt (in der Regel: der Hofstelle) aus bewirtschaftet werden können und demselben Eigentümer (unter den Voraussetzungen des § 24 BewG: Ehegatten) gehörten. Die privatrechtlichen Beziehungen des einzelnen Ehegatten zu den verschiedenen Teilen der wirtschaftlichen Einheit könnten dabei außer Betracht bleiben. Die Frage, ob das Superädifikat bewertungsrechtlich der Zweitrevisionswerberin (wirtschaftliches Eigentum) oder dem Erstrevisionswerber (zivilrechtliches Eigentum) zuzurechnen sei, könne in diesem Fall ebenso außer Betracht bleiben, wie die Frage, ob der Miet- und Superädifikatsvertrag fremdüblich sei.
14 Nach dem unstrittigen Sachverhalt würden die Flächen beider Ehepartner von einer Hofstelle aus bewirtschaftet. Die den revisionswerbenden Parteien jeweils als wesentlichen Teil ihres behaupteten eigenständigen Betriebes gehörenden Ställe befänden sich also in unmittelbarer Nachbarschaft. Es gebe keinen wie immer gearteten Grund, warum diese behaupteten eigenständigen Betriebe nicht gemeinsam bewirtschaftet werden könnten. Die behauptete eigenständige Bewirtschaftung der beiden Betriebe liege nach den Ausführungen der revisionswerbenden Parteien auch nicht in tatsächlichen Gegebenheiten (wie z.B. große Entfernung), sondern ausschließlich in persönlichen Gründen, wie z.B. der leichteren Regelung einer möglichen Ehescheidung oder eines Erbfalles. Für einen einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb sprächen folgende Umstände und Indizien: Hofstellen (Ställe) an der gleichen Adresse; gleicher Betriebsgegenstand (Putenmast und Ackerbau); Nutzung des beim Erstrevisionswerber vorhandenen Maschinenbestandes auch auf den von der Zweitrevisionswerberin bewirtschafteten Flächen; gemeinsame Mistausbringung. Bei Würdigung aller Umstände und Indizien sowie bei Beurteilung des Gesamtbildes entspreche die von der Abgabenbehörde vorgenommene Bewertung als einheitlicher land- und forstwirtschaftlicher Betrieb der Gesetzeslage.
15 Zur Beweiswürdigung führte das BFG aus, die Ausführlichkeit und die genaue Auflistung der auf der Hofstelle bzw. beim Superädifikat vorgefundenen Maschinen und Geräte lasse darauf schließen, dass der damalige amtliche Bodenschätzer die Besichtigung vom gewissenhaft und ordnungsgemäß durchgeführt habe. Eine neuerliche Besichtigung im Rahmen eines vom BFG durchzuführenden Ortsaugenscheines würde keine für das gegenständliche Verfahren wesentlichen neuen Tatsachen oder Umstände hervorbringen, zumal der strittige Bewertungszeitpunkt der und die damalige Besichtigung für diesen Bewertungszeitpunkt wesentlich aussagekräftiger als ein möglicher heutiger Ortsaugenschein sei.
16 Die Behauptung, dass sämtliche in der Niederschrift vom aufgelisteten Maschinen und Geräte ausschließlich auf den vom Erstrevisionswerber bewirtschafteten Flächen und keinesfalls auf den von der Zweitrevisionswerberin bewirtschafteten Flächen verwendet worden seien, sei nach Ansicht des BFG aus folgenden Gründen weder glaubhaft noch beweisbar: 1. Die revisionswerbenden Parteien hätten damals die aufgenommene Niederschrift unterschrieben und daher offensichtlich die dort ausgeführten Feststellungen zumindest damals als richtig angesehen. 2. Es widerspreche jeder wirtschaftlichen Vernunft und jeder Lebenserfahrung, wenn der Maschinenring beauftragt werde, obwohl die entsprechenden Maschinen und Geräte beim Ehepartner vorhanden seien. 3. Es finde eine in der mündlichen Verhandlung erörterte gemeinsame Mistausbringung statt. 4. Es widerspreche der ehelichen Beistandspflicht, wenn sämtliche Arbeiten auf den vom Ehepartner bewirtschafteten Flächen verweigert würden. Dies sei nur bei stark zerrütteten Ehen bzw. bei Erwerbsunfähigkeit eines Partners denkbar. Eine solche stark zerrüttete Ehe sei nicht behauptet worden. 5. Die vom Vertreter der revisionswerbenden Parteien beantragten Zeugen könnten nur Angaben dazu machen, welche Arbeiten damals vom Maschinenring durchgeführt worden seien. Sie könnten aber nicht bezeugen, dass der Erstrevisionswerber auf den von der Zweitrevisionswerberin bewirtschafteten Flächen mit seinen Maschinen und Geräten rein gar nichts gearbeitet habe. Sie könnten auch nicht bezeugen, dass die ihm gehörenden Maschinen und Geräte niemals im Betrieb der Zweitrevisionswerberin eingesetzt worden seien. Diese Beweisanträge seien daher für die vom BFG vorzunehmende Beweiswürdigung entbehrlich.
17 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision der revisionswerbenden Parteien. Zur Zulässigkeit ihrer Revision bringen sie u.a. vor, das BFG habe tragende Grundsätze des Verfahrensrechts missachtet. So gehöre es zur selbstverständlichen Pflicht eines Verwaltungsgerichts, beantragte Beweise aufzunehmen. Beweisanträge dürften nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden oder es auf dieselben nicht ankomme oder das Beweismittel generell nicht geeignet wäre, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts beizutragen (Hinweis auf , mwN).
18 Die revisionswerbenden Parteien hätten während des Verfahrens eine Reihe von Tatsachen vorgebracht, aus denen sich ergebe, dass ihre Betriebe völlig getrennt voneinander geführt würden, das BFG habe dazu jedoch keine Ermittlungen angestellt bzw. Feststellungen getroffen. So habe das BFG - ungeachtet des diesbezüglichen Parteivorbringens - nicht festgestellt, dass unter der Adresse der revisionswerbenden Parteien nicht Land- und Forstwirtschaft betrieben werde, sondern derzeit auch zusätzlich zwei Gewerbebetriebe (2013 ein Gewerbebetrieb) des Erstrevisionswerbers situiert seien, für jeden der beiden Landwirtschaftsbetriebe eigene, getrennte Büroräume zur Verfügung stünden, die Förderungsabwicklung je eigenständig und getrennt erfolge, jeder Betrieb seine eigenen Lieferanten und Abnehmer, eine eigene Betriebsnummer der AMA, eigene Anbaupläne habe und die Futtermittelproduktion bzw. -Verarbeitung sowie die Vermarktung und Lagerhaltung jeweils getrennt erfolgten; ebensowenig sei festgestellt worden, welche konkreten Betriebsmittel (Maschinen und Geräte) zum Betrieb der Zweitrevisionswerberin gehörten und dass der Betrieb des Erstrevisionswerbers konventionell betrieben werde, während jener der Zweitrevisionswerberin in Richtung einer Zertifizierung als biologischer Landwirtschaftsbetrieb orientiert sei. Aus dem angefochtenen Erkenntnis gehe demgegenüber nicht deutlich hervor, welcher Sachverhalt letztlich vom BFG als erwiesen angenommen worden sei. So werde im Erkenntnis unter der Überschrift „Sachverhalt“ lediglich festgehalten, dass sich der (relevante) Sachverhalt „aus dem oben dargestellten Verfahrensgang“ ergebe. Zwar lasse sich aus den Entscheidungsgründen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung entnehmen, dass der Entscheidung mehrere Tatsachen zugrunde gelegt worden seien; es sei aus ihr aber nicht zu entnehmen, ob bzw. welche der von den revisionswerbenden Parteien vorgetragenen Tatsachen vom BFG als erwiesen oder nicht erwiesen angenommen worden seien. Damit sei aber die angefochtene Entscheidung nicht, jedenfalls nicht vollständig, überprüfbar und erfülle nicht die Vorgaben der hg. Rechtsprechung.
19 Das BFG habe seinem Erkenntnis u.a. erkennbar die Sachverhaltsannahme zugrunde gelegt, dass der beim Erstrevisionswerber vorhandene Maschinenbestand auch für die von der Zweitrevisionswerberin bewirtschafteten Flächen benutzt werde. Dieser Annahme hätten die revisionswerbenden Parteien in der mündlichen Verhandlung entgegengehalten, dass die Zweitrevisionswerberin jene maschinellen Tätigkeiten, für die sie selbst keine Maschinen zur Verfügung habe, über den Maschinenring zu fremdüblichen Bedingungen durchführen lasse. Zum Beweis dafür, dass die maschinellen Arbeiten für den Betrieb der Zweitrevisionswerberin vom Maschinenring durch dritte Personen zu fremdüblichen Bedingungen durchgeführt und abgerechnet worden seien, hätten die revisionswerbenden Parteien die Vernehmung zweier Zeugen beantragt. Bereits in der mündlichen Verhandlung, mit noch größerer Deutlichkeit aber im angefochtenen Erkenntnis, halte das BFG fest, dass die beantragten Zeugen keine Aussagen zu dem relevierten Beweisthema treffen könnten. Sie würden nur bezeugen können, welche Arbeiten der Maschinenring ausgeführt habe. Unabhängig davon, dass man allein aus den ausgeführten Arbeiten des Maschinenrings ableiten könne, ob überhaupt zusätzliche eigene Arbeiten noch in Betracht kämen, liege hier in jedem Fall ein drastischer Akt einer vorgreifenden Beweiswürdigung vor.
20 Nach Einleitung des Vorverfahrens erstattete das Finanzamt eine Revisionsbeantwortung.
21 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
22 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Begründung einer Entscheidung in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist. Von zentraler Bedeutung ist dabei die zusammenhängende Darstellung des vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhaltes, den das Verwaltungsgericht als Ergebnis seiner - nachvollziehbar dazustellenden - Überlegungen zur Beweiswürdigung als erwiesen annimmt (vgl. , mwN).
23 Diesen Anforderungen an eine Begründung genügt das angefochtene Erkenntnis nicht, weil es keinerlei ausdrückliche Sachverhaltsfeststellungen enthält. Der im angefochtenen Erkenntnis im Abschnitt „Sachverhalt“ enthaltene allgemeine Verweis auf die Schilderung des Verfahrensgangs („Der Sachverhalt ergibt sich aus dem oben dargestellten Verfahrensgang.“) kann die vom Verwaltungsgerichtshof geforderten zusammenhängende Darstellung des Sachverhalts, den das BFG mit Erlassung der nunmehr angefochtenen Entscheidung als festgestellt annimmt, im Revisionsfall nicht ersetzen (vgl. erneut , mwN).
24 Gemäß § 24 BewG wird die Zurechnung mehrerer Wirtschaftsgüter zu einer wirtschaftlichen Einheit nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Wirtschaftsgüter zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Ehegatten gehören. Dabei können auch mehrere Betriebe, wenn sie zusammen bewirtschaftet werden, eine wirtschaftliche Einheit iSd § 2 BewG bilden. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn zwischen den Betrieben ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht (vgl. ; sowie , 98/15/0114).
25 Voraussetzung für die Bildung einer wirtschaftlichen Einheit mehrerer Betriebe ist demnach, dass zwischen den Betrieben ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht (vgl. ). Das BFG muss im Rahmen seiner Sachverhaltsermittlungspflicht daher alle Indizien, die für und die gegen einen solchen Zusammenhang sprechen, erheben und dazu Feststellungen treffen.
26 Die revisionswerbenden Parteien haben in ihrem Vorlageantrag ein umfassendes Parteivorbringen zu den Umständen erstattet, die gegen das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit sprechen. Die Betriebe würden organisatorisch getrennt geführt, hätten verschiedene Lieferanten sowie Abnehmer und würden eine unterschiedliche Unternehmensphilosophie verfolgen (konventionelle Landwirtschaft vs. Ausrichtung auf eine Bio-Zertifizierung). Diverse maschinelle Vorarbeiten ließe die Zweitrevisionswerberin über den Maschinenring in wesentlichem Ausmaß durch näher bezeichnete Dritte durchführen.
27 Zu diesem für die Frage des Bestehens einer wirtschaftlichen Einheit relevanten Tatsachenvorbringen der revisionswerbenden Parteien hat das BFG im angefochtenen Erkenntnis jedoch - auch disloziert - keine ausreichenden Feststellungen getroffen, sodass für den Verwaltungsgerichtshof offen bleibt, inwieweit dem Tatsachenvorbringen der revisionswerbenden Parteien seitens des BFG gefolgt wurde und inwieweit nicht.
28 Auch die Beweisrüge der revisionswerbenden Parteien hinsichtlich der unterlassenen Zeugeneinvernahmen erfolgt zu Recht.
29 Gemäß § 269 Abs. 1 BAO haben die Verwaltungsgerichte im Beschwerdeverfahren - abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen - die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind. Zu solchen Obliegenheiten und Befugnissen zählen insbesondere Beweisaufnahmen (vgl. ). Nach § 270 BAO ist auf neue Tatsachen, Beweise und Anträge im Beschwerdeverfahren Bedacht zu nehmen. Gemäß § 183 Abs. 3 BAO ist von der Aufnahme von den Parteien beantragter Beweise nur abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, oder wenn sich aus den Umständen erhellt, dass die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind.
30 Das BFG stützt sich in seiner Entscheidung u.a. wesentlich darauf, dass auch auf den von der Zweitrevisionswerberin bewirtschafteten Flächen der Maschinenbestand des Erstrevisionswerbers maßgeblich eingesetzt worden sei, während die Zweitrevisionswerberin darauf verwies, viele Arbeiten über den Maschinenring durch näher bezeichnete Dritte durchführen zu lassen. Vor diesem Hintergrund kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die beantragten Zeugen, an die die Fremdarbeiten vergeben worden sein sollen, keine Aussagen zu dem relevierten Beweisthema, inwieweit der Maschinenpark des Erstrevisionswerbers im Betrieb der Zweitrevisionswerberin eingesetzt worden sei, treffen könnten. Wenn das BFG demgegenüber die Eignung der Zeugen, zum Beweisthema Angaben machen zu können, anzweifelt, nimmt es das Ergebnis noch nicht aufgenommener Beweise vorweg (vgl. ). Eine solche antizipierende Beweiswürdigung ist unzulässig.
31 Im fortgesetzten Verfahren wird sich das BFG sohin mit dem von den revisionswerbenden Parteien erstatteten Tatsachenvorbringen im Einzelnen auseinanderzusetzen und zum von ihm angenommenen Sachverhalt umfassende Feststellungen zu treffen haben, um dann vor diesem Hintergrund eine rechtliche Würdigung vorzunehmen.
32 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
33 Die antragsgemäße Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021150101.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
TAAAF-45730