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VwGH 29.07.2021, Ra 2021/15/0053

VwGH 29.07.2021, Ra 2021/15/0053

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Gemäß § 13 Abs. 4 KStG 1988 können durch eine Veräußerung von Beteiligungen aufgedeckte stille Reserven auf eine im Veräußerungsjahr angeschaffte Beteiligung übertragen werden. Voraussetzung ist, dass damit ein Anteil von mehr als 10% an der Körperschaft erworben wird. Durch eine Übertragung können die Anschaffungskosten der Ersatzbeteiligung nicht negativ werden. Das ergibt sich schon aus einer Parallele zu § 12 EStG 1988.
Normen
RS 2
Zweck der Übertragungsmöglichkeit für stille Reserven ist es, den ungeschmälerten Erlös aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes für Neuinvestitionen zur Verfügung zu haben. Es handelt sich somit um eine Investitionsbegünstigung, um Ersatzbeschaffungen zu ermöglichen.
Norm
RS 3
Eine Übertragbarkeit der stillen Reserven ist gegeben, wenn eine Tochtergesellschaft durch die Privatstiftung neu gegründet wird. Gleiches gilt in der Regel auch, wenn eine ordentliche Kapitalerhöhung bei einer Gesellschaft erfolgt und die Privatstiftung durch eine solche einen mindestens 10%igen Anteil an der Körperschaft (zusätzlich) erwirbt. Kann an der Kapitalerhöhung nur teilnehmen, wer für die neuen Anteile ein Agio leistet, steht dieses, den Anschaffungskosten der neu erworbenen Anteile zuzuordnende Agio beim Erwerber der neuen Anteile für eine Übertragung stiller Reserven iSd § 13 Abs. 4 KStG 1988 zur Verfügung; es liegen keine nachträglichen Anschaffungskosten der bestehenden Beteiligung vor. Zahlungen für einen Gesellschafterzuschuss stellen demgegenüber weitere Anschaffungskosten auf die Beteiligung dar, sind aber im gegebenen Zusammenhang nicht als Anschaffung einer Beteiligung zu werten. Dies ergibt sich schon aus dem Zweck der Bestimmung als Investitionsbegünstigung, die eine Ersatzanschaffung von neuen Anteilen ermöglichen, nicht aber die Ausstattung von bestehenden Tochtergesellschaften mit zusätzlichen Mitteln fördern soll. Ein Erwerb neuer Beteiligungen ist bei Gesellschafterzuschüssen - unabhängig davon, ob sie im Jahr des Erwerbs oder später geleistet werden - nicht gegeben, weil sie nicht für die Anschaffung eines Anteiles gewährt werden, sondern vielmehr deshalb, um diese Beteiligung mit Kapital auszustatten.
Norm
RS 4
Im Fall einer Kapitalerhöhung durch die 100%ige Alleingesellschafterin, die nur von ihr gezeichnet werden soll, liegt weder eine Änderung des Beteiligungsausmaßes noch ein Erwerb einer zusätzlichen 10%igen Beteiligung vor. Durch die Kapitalerhöhung hat die Privatstiftung keinen zusätzlichen Anteil an ihrer Tochtergesellschaft von über 10% erworben, weil sie bereits zu 100% an der Gesellschaft beteiligt war. Es wurden somit keine neuen Anteile in Höhe von über 10% im Sinne des § 13 Abs. 4 KStG 1988 angeschafft, weshalb die Kapitalerhöhung nicht zu einer Übertragung stiller Reserven berechtigt. Da das Agio den neu ausgegebenen Anteilen zuzuordnen ist und zudem nicht im Ausgleich der Beiträge der verschiedenen Gesellschafter der Kapitalgesellschaft seine Ursache hat, kann auch keine Übertragung stiller Reserven auf das Agio erfolgen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der G, vertreten durch Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, der gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts Außenstelle Klagenfurt vom , Zl. RV/4100845/2015, betreffend Körperschaftsteuer 2009 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Großbetriebe), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

1 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag eines Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides oder mit der Ausübung der mit dem Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

2 Die Revisionswerberin hat nähere Angaben zu ihrer wirtschaftlichen Situation gemacht und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt, weil ihr aus näher dargestellten Gründen aus dem sofortigen Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses ein unverhältnismäßiger Nachteil drohe.

3 Die belangte Behörde hat zu dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung innerhalb der gesetzten Frist keine Stellungnahme abgegeben. Es ist daher nicht zu erkennen, welche - das Interesse der Revisionswerberin übersteigenden - Interessen der belangten Behörde einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der angefochtenen Entscheidung entgegenstehen würden. Angesichts des von der Revisionswerberin dargestellten unverhältnismäßigen Nachteils war dem Antrag stattzugeben.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der G Privatstiftung in K, vertreten durch die Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/4100845/2015, betreffend Körperschaftsteuer 2009, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, eine Privatstiftung gemäß § 1 Abs. 1 PSG, veräußerte am 100% der Aktien an der MI AG an die R S.A. (British Virgin Islands). Die stillen Reserven aus der Veräußerung wurden auf eine Rücklage gemäß § 13 Abs. 4 KStG 1988 übertragen. Am erwarb die Revisionswerberin 100% der Anteile an der F GmbH. Mit Beschluss vom selben Tag wurde eine ordentliche Kapitalerhöhung von 35.000 € auf 1.000.000 € durchgeführt und ein Agio in Höhe von 10.200.000 € zugesagt. Die Revisionswerberin übertrug gemäß § 13 Abs. 4 KStG 1988 die stillen Reserven aus der Veräußerung der MI AG in Höhe von 11.169.687 € auf die Anschaffungskosten der F GmbH inklusive des Agios.

2 Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung erkannte das Finanzamt die Übertragung der stillen Reserven auf das Agio nicht an. Das Agio sei im Revisionsfall nicht geleistet worden, um im Zuge des Anteilserwerbs eine Wertdiskrepanz auszugleichen, sondern um eine bestehende nicht werthaltige Tochtergesellschaft der Privatstiftung mit Kapital auszustatten. Weiters sei mit Hilfe von „im Kreis geschickten“ Darlehen an verschiedene Gesellschaften, die zum Teil bei der F GmbH im selben Jahr wertberichtigt worden seien, das Agio binnen kurzer Zeit wieder an die Revisionswerberin zurückgezahlt worden. Das Agio gehöre daher nicht zu den begünstigungsfähigen Anschaffungskosten, auf die eine Übertragung stiller Reserven zulässig sei. Das Finanzamt nahm die Verfahren zur Körperschaftsteuer 2009 wieder auf und erließ einen neuen Sachbescheid.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde auf Antrag der Revisionswerberin ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

4 Das Bundesfinanzgericht wies die Beschwerde als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges stellte es fest, die F GmbH sei zum Zeitpunkt ihres Erwerbes nicht mehr operativ tätig gewesen und habe keine Vermögenswerte besessen. Der ursprüngliche Wertansatz der F GmbH in Höhe von 11.189.500 € sei in der Bilanz der Revisionswerberin zum auf 5.000.000 € abgeschrieben worden. Die für den Ausweis der übertragenen stillen Reserven gebildete Rücklage sei entsprechend vermindert worden. Die F GmbH habe kurz nach Erhalt des Agios Darlehen an die Revisionswerberin und an die SL GmbH sowie an die A N.V. vergeben, welche ihrerseits davor Darlehen bei der Revisionswerberin aufgenommen hatten, die diese aus dem Verkaufserlös der MI AG finanziert habe. Mit dem Darlehen der F GmbH hätten die beiden Gesellschaften ihre Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Revisionswerberin zurückgezahlt, wodurch gemeinsam mit dem Darlehen an die Revisionswerberin nahezu der gesamte Betrag des Agios binnen weniger Tage wieder an die Revisionswerberin zurückgeflossen sei. Das Darlehen an die SL GmbH habe die F GmbH bereits im Jahresabschluss zum um zwei Drittel wertberichtigt. Das Darlehen an die A N.V. sei ebenfalls im Hingabejahr und im Folgejahr teilweise wertberichtigt worden.

5 Dem geleisteten Agio stehe kein „innerer“ Wert der Beteiligung gegenüber. Die Finanzierung des zu leistenden Agios sei in einer ungewöhnlichen Gestaltungsweise erfolgt und als unangemessen im Sinne des § 22 BAO zu beurteilen.

6 Rechtlich führte das Bundesfinanzgericht aus, die stillen Reserven aus der Veräußerung der MI AG könnten auf eine als Ersatz angeschaffte Beteiligung übertragen werden, wenn der erworbene Anteil mehr als 10% betrage. Eine Übertragung auf neu geschaffene Anteile im Rahmen einer Kapitalerhöhung bei einer bestehenden Tochtergesellschaft sei zulässig. Im Revisionsfall sei durch die F GmbH eine Beteiligung von mehr als 10% erworben worden; auch die Erhöhung des Stammkapitals sei in einem Ausmaß von mehr als 10% erfolgt. Eine Übertragung der stillen Reserven auf diese Anschaffungskosten sei zulässig. Hinsichtlich des Agios führte das Bundesfinanzgericht aus, ein Agio zähle wie ein Gesellschafterzuschuss zu (nachträglichen) Anschaffungskosten, die entstünden, nachdem ein Wirtschaftsgut in die wirtschaftliche Verfügungsmacht des Erwerbers gelangt sei. Grundsätzlich könnten auch auf ein solches Agio stille Reserven übertragen werden. Im Revisionsfall liege allerdings Missbrauch im Sinne des § 22 BAO vor, weil das Agio der F GmbH nicht dauernd betrieblich gewidmet gewesen sei, sondern über diverse Darlehensvergaben innerhalb kürzester Zeit wieder an die Mutter zurückgeflossen sei. Es sei kein wirtschaftlicher Grund dafür erkennbar, die Tochtergesellschaft mit einem Agio in Höhe von über 10 Mio € auszustatten, nur damit die Tochtergesellschaft binnen weniger Tage denselben Betrag über Darlehenskonstruktionen wieder an die Muttergesellschaft (Revisionswerberin) zurückzahlen könne. Eine weitere wirtschaftliche Funktion der F GmbH im Zusammenhang mit dem Agio als die Umleitung desselben an die Revisionswerberin liege nicht vor.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die in ihrer Zulässigkeitsbegründung ausführt, es sei unstrittig, dass ein Agio, wenn es mit dem Erwerbsvorgang in einem kausalen oder zeitlichen Zusammenhang stehe, gleich wie ein Gesellschafterzuschuss zu Anschaffungskosten oder auch nachträglichen Anschaffungskosten führe. Auf derartige Anschaffungskosten könnten stille Reserven im Sinne des § 13 Abs. 4 KStG 1988 übertragen werden. Es könne nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein Missbrauch vorliegen, wenn eine steuerliche Begünstigung auf einem Weg erreicht werde, der vom Gesetz ausdrücklich vorgesehen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht begründet.

9 § 13 Abs. 4 KStG 1988 lautet:

10 „(...)

(4) Wird ein nicht in einem Betriebsvermögen gehaltener Anteil an einer Körperschaft veräußert, an dem die Privatstiftung oder bei unentgeltlichem Erwerb ihr Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens 1% beteiligt war, gilt Folgendes:

1. Soweit nicht Abs. 3 letzter Satz anzuwenden ist, können die dabei aufgedeckten stillen Reserven von den Anschaffungskosten eines im Kalenderjahr der Veräußerung angeschafften Anteils an einer Körperschaft, der mehr als 10% beträgt, abgesetzt werden (Übertragung stiller Reserven). Davon ausgenommen sind Anschaffungen von bestehenden Anteilen von einer Körperschaft, an der die Privatstiftung, der Stifter oder ein Begünstigter allein oder gemeinsam unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 20% beteiligt sind.

2. Stille Reserven sind der Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten und dem Veräußerungserlös.

3. Als Anschaffungskosten des erworbenen Anteils gelten die um die übertragenen stillen Reserven gekürzten Beträge. Diese Anschaffungskosten sind in Evidenz zu nehmen.

4. Erfolgt im Kalenderjahr der Aufdeckung keine Übertragung stiller Reserven, kann dafür ein steuerfreier Betrag gebildet werden. Der steuerfreie Betrag kann innerhalb von zwölf Monaten ab der Veräußerung der Beteiligung als stille Reserve im Sinne der Z 1 bis 3 übertragen werden. Steuerfreie Beträge, die nicht innerhalb dieser Frist übertragen werden, sind nach § 22 Abs. 2 zu versteuern. Abs. 3 letzter Satz ist sinngemäß anzuwenden.“

11 Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Budgetbegleitgesetz 2001 (ErlRV 311 BlgNR 21. GP, 176f), mit dem diese Bestimmung eingeführt wurde, lauten:

12 „Als weitere Maßnahme werden auch Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen gemäß § 31 EStG 1988 in die Zwischenbesteuerung einbezogen. Das dafür vorgesehene Besteuerungsregime entspricht grundsätzlich jenem, wie es für Zinserträge vorgesehen wird. Die Zwischenbesteuerung kann allerdings insoweit vermieden werden, als im Kalenderjahr der Veräußerung bzw. innerhalb von zwölf Monaten ab der Veräußerung eine mehr als 10% betragende Beteiligung an einer Körperschaft erworben wird und der ‚Veräußerungsgewinn‘ auf die Anschaffungskosten dieser Beteiligung übertragen wird. Die Regelung ist der Übertragung stiller Reserven im Sinne des § 12 EStG 1988 nachgebildet. In Anlehnung an diese Bestimmung ist auch die Bildung eines steuerfreien Betrages vorgesehen. Dieser ist innerhalb von zwölf Monaten ab der Veräußerung bestimmungsgemäß zu verwenden. Erfolgt keine bestimmungsgemäße Verwendung, ist der steuerfreie Betrag aufzulösen und einer Zwischenbesteuerung zuzuführen. Die Zwischenbesteuerung des Veräußerungsgewinnes bzw des aufgelösten steuerfreien Betrages unterbleibt insoweit, als im Jahr des Anfallens des Veräußerungsgewinnes bzw der Auflösung des steuerfreien Betrages Zuwendungen erfolgen.“

13 Mit dem Abgabensicherungsgesetz 2007 wurde § 13 Abs. 4 Z 1 letzter Satz eingefügt, um Steuergestaltungen durch Erwerb aus dem Umfeld der Privatstiftung zu verhindern. Die Erläuterungen führen dazu aus (ErlRV 270 BlgNR 23. GP, 10):

14 „Mit der vorgesehenen Einschränkung der Übertragung stiller Reserven auf die Anschaffung von Ersatzbeteiligungen sollen Steuergestaltungen im Bereich der einer Privatstiftung nahe stehenden Gesellschaften ausgeschlossen werden. Insbesondere soll ausgeschlossen werden, dass eine Privatstiftung zum Zwecke der Übertragung stiller Reserven von einer Tochterkapitalgesellschaft die Anteile erwirbt und die Tochtergesellschaft sodann den erhaltenen Kaufpreis wieder an die Privatstiftung steuerfrei ausschüttet.

Der Ausschluss der Übertragung stiller Reserven soll nur die Anschaffung von bestehenden Anteilen von einer Körperschaft betreffen, an der die Privatstiftung, der Stifter oder ein Begünstigter allein oder gemeinsam mindestens zu 20% beteiligt sind. Der Ausschluss soll nicht die Gründung einer neuen Kapitalgesellschaft durch die Privatstiftung oder eine Kapitalerhöhung an einer bestehenden Tochter-Kapitalgesellschaft betreffen, weil sowohl bei Neugründung als auch bei Kapitalerhöhung nicht bestehende Anteile erworben werden. Der Ausschluss soll auf Anschaffungen nach dem anzuwenden sein.“

15 Die Revision bringt vor, es sei durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt, dass stille Reserven auf die Anschaffungskosten aus einer Kapitalerhöhung zuzüglich eines geleisteten Agios übertragen werden könnten. Dazu ist darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2009/15/0220, nicht dazu Stellung genommen hat, in welchen Fällen eine Übertragung stiller Reserven bei einer Kapitalerhöhung und einem Agio zulässig ist, zumal diese Frage nicht von der seinerzeitigen Anfechtung umfasst war, weil vom Finanzamt die Übertragbarkeit der stillen Reserven dem Grunde nach außer Streit gestellt worden war. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich daher nur damit beschäftigt, ob in dem damaligen Beschwerdefall ein Missbrauch im Sinne des § 22 BAO vorgelegen ist.

16 Gemäß § 13 Abs. 4 KStG 1988 können durch eine Veräußerung von Beteiligungen aufgedeckte stille Reserven auf eine im Veräußerungsjahr angeschaffte Beteiligung übertragen werden. Voraussetzung ist, dass damit ein Anteil von mehr als 10% an der Körperschaft erworben wird. Durch eine Übertragung können die Anschaffungskosten der Ersatzbeteiligung nicht negativ werden (vgl. König/Rief in FS Wiesner, 231). Das ergibt sich schon aus einer Parallele zu § 12 EStG 1988 (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen, EStG 2022, § 12, Rz 35).

17 Zweck der Übertragungsmöglichkeit für stille Reserven ist es, den ungeschmälerten Erlös aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes für Neuinvestitionen zur Verfügung zu haben (vgl. etwa zu § 12 EStG 1988 Doralt et al, EStG9, § 12 Tz 1). Es handelt sich somit um eine Investitionsbegünstigung, um Ersatzbeschaffungen zu ermöglichen.

18 Eine Übertragbarkeit der stillen Reserven ist auch gegeben, wenn eine Tochtergesellschaft durch die Privatstiftung neu gegründet wird. Gleiches gilt in der Regel auch, wenn eine ordentliche Kapitalerhöhung bei einer Gesellschaft erfolgt und die Privatstiftung durch eine solche einen mindestens 10%igen Anteil an der Körperschaft (zusätzlich) erwirbt. Kann an der Kapitalerhöhung nur teilnehmen, wer für die neuen Anteile ein Agio leistet, steht dieses, den Anschaffungskosten der neu erworbenen Anteile zuzuordnende Agio beim Erwerber der neuen Anteile für eine Übertragung stiller Reserven iSd § 13 Abs. 4 KStG 1988 zur Verfügung; es liegen keine nachträglichen Anschaffungskosten der bestehenden Beteiligung vor.

19 Zahlungen für einen Gesellschafterzuschuss stellen demgegenüber weitere Anschaffungskosten auf die Beteiligung dar, sind aber im gegebenen Zusammenhang nicht als Anschaffung einer Beteiligung zu werten (vgl. König/Rief in FS Wiesner, 232). Dies ergibt sich schon aus dem Zweck der Bestimmung als Investitionsbegünstigung, die eine Ersatzanschaffung von neuen Anteilen ermöglichen, nicht aber die Ausstattung von bestehenden Tochtergesellschaften mit zusätzlichen Mitteln fördern soll. Ein Erwerb neuer Beteiligungen ist bei Gesellschafterzuschüssen - unabhängig davon, ob sie im Jahr des Erwerbs oder später geleistet werden - nicht gegeben, weil sie nicht für die Anschaffung eines Anteiles gewährt werden, sondern vielmehr deshalb, um diese Beteiligung mit Kapital auszustatten.

20 Die Revisionswerberin hat im Jahr 2009 eine 100% Beteiligung an der F GmbH erworben. In der Folge wurde eine Kapitalerhöhung inklusive eines Agios durchgeführt, nach der die Revisionswerberin weiterhin mit 100% beteiligt war. Ob das geleistete Agio, das nicht gewährt wurde, um den über das Nominale hinausgehenden, höheren Wert des Anteils abzugelten, sondern einen zusätzlichen Kapitalzuschuss der 100% Gesellschafterin zu geben, in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Gesellschafterzuschuss angesehen werden müsste, kann dahinstehen, weil im Revisionsfall in beiden Fällen eine Übertragung der stillen Reserven nicht zulässig ist.

21 Im Fall einer Kapitalerhöhung durch die 100%ige Alleingesellschafterin, die nur von ihr gezeichnet werden soll, liegt weder eine Änderung des Beteiligungsausmaßes noch ein Erwerb einer zusätzlichen 10%igen Beteiligung vor. Durch die Kapitalerhöhung hat die Revisionswerberin keinen zusätzlichen Anteil an ihrer Tochtergesellschaft von über 10% erworben, weil sie bereits zu 100% an der Gesellschaft beteiligt war. Es wurden somit keine neuen Anteile in Höhe von über 10% im Sinne des § 13 Abs. 4 KStG 1988 angeschafft, weshalb die Kapitalerhöhung nicht zu einer Übertragung stiller Reserven berechtigt. Da das Agio den neu ausgegebenen Anteilen zuzuordnen ist und im Revisionsfall zudem nicht im Ausgleich der Beiträge der verschiedenen Gesellschafter der Kapitalgesellschaft seine Ursache hat, kann auch keine Übertragung stiller Reserven auf das Agio erfolgen.

22 Das Bundesfinanzgericht hat somit im Ergebnis zu Recht die Übertragung auf das Agio als unzulässig angesehen. Die vom Bundesfinanzgericht gewährte Übertragung der stillen Reserven auf die Anschaffungskosten der Kapitalerhöhung verletzt die Revisionswerberin nicht in ihren Rechten.

23 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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VwGG §30 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021150053.L00
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Fundstelle(n):
UAAAF-45708