VwGH 30.06.2021, Ra 2021/15/0046
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | 32015L1535 Notifikations-RL Art1 62019CJ0711 Admiral Sportwetten VORAB |
RS 1 | Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ro 2019/15/0029, unter Verweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom , Admiral Sportwetten GmbH, C-711/19, ausgesprochen, dass eine nationale Abgabenvorschrift, die eine Besteuerung des Haltens von Wettterminals vorsieht, keine "technische Vorschrift" iSd Art. 1 der Richtlinie (EU) 2015/1535 ist. |
Normen | VergnügungssteuerG Wr 2005 §1 Abs1 Z3 VergnügungssteuerG Wr 2005 §6 32015L1535 Notifikations-RL Art1 Abs1 litc 62019CJ0711 Admiral Sportwetten VORAB |
RS 2 | Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes liegt eine "technische Spezifikation" im Sinne von Art. 1 Abs. 1 lit. c der Richtlinie (EU) 2015/1535 nur dann vor, wenn sich eine nationale Maßnahme auf das Erzeugnis oder seine Verpackung als solche bezieht und daher eines der vorgeschriebenen Merkmale für ein Erzeugnis festlegt (vgl. Admiral Sportwetten GmbH, C-711/19, Rn. 26, mwN). Eine solche Vorschreibung spezifischer (technischer) Merkmale enthält der Spielapparatebegriff des Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005 jedoch gerade nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Wiener Vergnügungssteuergesetz sind Spielapparate Apparate, deren Betätigung aus Freude an der betreffenden Beschäftigung selbst, um der Entspannung oder Unterhaltung willen erfolgt. Auf die Art der technischen Einrichtungen, mit denen dieser Zweck erzielt werden soll, kommt es - zur Vermeidung von Umgehungen - nicht an (vgl. sowie , 2012/17/0042). |
Normen | |
RS 3 | Der Verspätungszuschlag stellt auf die nicht fristgerechte Einreichung der Abgabenerklärung bzw. Anmeldung zur Vergnügungssteuer (und nicht auf die nicht fristgerechte Entrichtung der Abgabe) ab. |
Normen | |
RS 4 | Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2012/15/0206, ausgesprochen, dass Säumniszuschläge in einem gesonderten Bescheid vorgeschrieben werden, der für sich anfechtbar und der Rechtskraft fähig ist. Schon daraus ergibt sich, dass das Unterbleiben des Abspruchs über die Beschwerde gegen den Säumniszuschlag nicht die Rechtswidrigkeit der Entscheidung über die Beschwerde gegen die Vorschreibung der Vergnügungssteuer und den Verspätungszuschlag nach sich ziehen kann (vgl. , und , Ra 2017/13/0023). |
Entscheidungstext
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2021/15/0047 B
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der U s.r.o. in B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7400097/2020, betreffend Vergnügungssteuer Juni 2014 bis Oktober 2014 samt Verspätungszuschlag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom wurde gegenüber der Revisionswerberin für das Halten zweier Spielapparate Vergnügungssteuer für die Monate Juni 2014 bis Oktober 2014 samt Verspätungs- und Säumniszuschlag festgesetzt.
2 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde und führte begründend aus, die Aufstellung der gegenständlichen Geräte sei erst im August 2014 erfolgt. Die Vergnügungssteuer sei fristgerecht entrichtet worden, indem entsprechend einer mit der zuständigen Magistratsabteilung getroffenen Vereinbarung „für die gegenständlichen Geräte in individualisierter Form für die Dauer der Aufstellung monatlich“ auf ein Abgabenkonto eingezahlt worden sei.
3 Der Magistrat der Stadt Wien wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab.
4 Die Revisionswerberin beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und brachte im Vorlageantrag u.a. vor, bei den die Vergnügungssteuerpflicht normierenden Bestimmungen des Wiener Vergnügungssteuergesetzes 2005 handle es sich um „technische Vorschriften“ iSd Art. 1 der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom , die von der Kommission nicht notifiziert worden seien und der Revisionswerberin daher nicht entgegengehalten werden könnten.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde hinsichtlich der Vergnügungssteuer und des Verspätungszuschlags keine Folge. Dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Geräten um Spielapparate handle und die Revisionswerberin Eigentümerin dieser Geräte sei, sei nicht strittig. Hinsichtlich der Inbetriebnahme der Spielapparate im Juni 2014, folge das Bundesfinanzgericht den glaubwürdigen Angaben eines Kellners, der anlässlich der amtlichen Begehung im Lokal angetroffen worden sei. Dem Einwand, wonach es sich beim Wiener Vergnügungssteuergesetz um eine technische Vorschrift handle, die der Kommission nicht notifiziert worden sei, sei zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof zum insoweit vergleichbaren Wiener Wettterminalabgabegesetz ausgesprochen habe, dass eine nationale Abgabenvorschrift, die eine Besteuerung des Haltens von Wettterminals vorsehe, keine „technische Vorschrift“ iSd Art. 1 der Richtlinie (EU) 2015/1535 darstelle (Hinweis auf ).
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die Revision trägt zu ihrer Zulässigkeit - wie im Vorlageantrag - vor, beim Wiener Vergnügungssteuergesetzes 2005 handle es sich um „technische Vorschriften“ iSd Art. 1 der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom , die der Kommission nicht notifiziert worden seien. Das zum Wiener Wettterminalabgabegesetz ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2019/15/0029, sei für den gegenständlichen Fall nicht einschlägig. Der für das Wiener Wettterminalabgabegesetz maßgebliche Begriff des Wettterminals und dessen technische Spezifikationen seien im Wiener Wettengesetz geregelt, das der Kommission gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 mitgeteilt worden sei. Hingegen sei keine Mitteilung der technischen Spezifikationen von Spielapparaten iSd Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005 erfolgt.
11 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt.
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ro 2019/15/0029, unter Verweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom , Admiral Sportwetten GmbH, C-711/19, ausgesprochen, dass eine nationale Abgabenvorschrift, die eine Besteuerung des Haltens von Wettterminals vorsieht, keine „technische Vorschrift“ iSd Art. 1 der Richtlinie (EU) 2015/1535 ist.
13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes liegt eine „technische Spezifikation“ im Sinne von Art. 1 Abs. 1 lit. c der Richtlinie (EU) 2015/1535 nur dann vor, wenn sich eine nationale Maßnahme auf das Erzeugnis oder seine Verpackung als solche bezieht und daher eines der vorgeschriebenen Merkmale für ein Erzeugnis festlegt (vgl. Admiral Sportwetten GmbH, C-711/19, Rn. 26, mwN).
14 Eine solche Vorschreibung spezifischer (technischer) Merkmale enthält der Spielapparatebegriff des Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005 jedoch gerade nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Wiener Vergnügungssteuergesetz sind Spielapparate Apparate, deren Betätigung aus Freude an der betreffenden Beschäftigung selbst, um der Entspannung oder Unterhaltung willen erfolgt. Auf die Art der technischen Einrichtungen, mit denen dieser Zweck erzielt werden soll, kommt es - zur Vermeidung von Umgehungen - nicht an (vgl. sowie , 2012/17/0042).
15 Zum Zulässigkeitsvorbringen, das Bundesfinanzgericht habe sich nicht hinreichend mit der Spielapparate-Eigenschaft der gegenständlichen Geräte auseinandergesetzt und insbesondere keine Feststellungen dazu getroffen, ob bei Betätigung der gegenständlichen Geräte ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so z.B. Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden könne, wird angemerkt, dass der erstinstanzliche Bescheid des Magistrats der Stadt Wien die Spielapparate-Eigenschaft der gegenständlichen Geräte und die Möglichkeit, bei deren Betätigung einen Gewinn in Geld oder Geldeswert zu erzielen, festgestellt hat. Entgegen dem Vorbringen in der Revision wurde die Beurteilung der Geräte als der Vergnügungssteuer unterliegende Spielapparate in der Beschwerde nicht ausdrücklich bekämpft. Es wurde weder bestritten, dass bei Betätigung der gegenständlichen Geräte ein Gewinn habe erzielt werden können, noch wurden andere Gründe angeführt, die geeignet gewesen wären, die Spielapparate-Eigenschaft der Geräte in Zweifel zu ziehen. Wenn das Bundesfinanzgericht vor diesem Hintergrund die Spielapparate-Eigenschaft der gegenständlichen Geräte als im erstinstanzlichen Verfahren festgestellt und von der Revisionswerberin unbestritten geblieben beurteilt hat, kann ihm nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.
16 Soweit die Revision rügt, das Bundesfinanzgericht habe sich nicht mit dem Vorbringen auseinandergesetzt, wonach die Vergnügungssteuer fristgerecht entrichtet worden sei, und darin einen den Verspätungszuschlag betreffenden Begründungsmangel erblickt, ist ihr zu entgegnen, dass der Verspätungszuschlag auf die nicht fristgerechte Einreichung der Abgabenerklärung bzw. Anmeldung zur Vergnügungssteuer (und nicht auf die nicht fristgerechte Entrichtung der Abgabe) abstellt. Schon aus diesem Grund ist mit diesem Vorbringen in Bezug auf die Zulässigkeit der Revision nichts zu gewinnen.
17 Die Revision zeigt zutreffend auf, dass im angefochtenen Erkenntnis über die Vergnügungssteuer und den Verspätungszuschlag, nicht aber über den Säumniszuschlag abgesprochen wurde und bringt in diesem Zusammenhang vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob der Säumniszuschlag ein von der Stammabgabe in rechtlicher Hinsicht trennbarer Anspruch sei oder ob die diesbezügliche Nichterledigung der Beschwerde das Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit belaste.
18 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2012/15/0206, ausgesprochen, dass Säumniszuschläge in einem gesonderten Bescheid vorgeschrieben werden, der für sich anfechtbar und der Rechtskraft fähig ist. Schon daraus ergibt sich, dass das Unterbleiben des Abspruchs über die Beschwerde gegen den Säumniszuschlag nicht die Rechtswidrigkeit der Entscheidung über die Beschwerde gegen die Vorschreibung der Vergnügungssteuer und den Verspätungszuschlag nach sich ziehen kann (vgl. , und , Ra 2017/13/0023). Die in der Revision angezogene Rechtsfrage ist daher bereits durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt.
19 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021150046.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAF-45703