Suchen Hilfe
VwGH 28.12.2022, Ra 2021/15/0040

VwGH 28.12.2022, Ra 2021/15/0040

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
RS 1
Für den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer ist entscheidend, ob die eingeführten Gegenstände in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit bestimmten Ausgangsumsätzen des Unternehmers oder zumindest mit dessen (gesamter) unternehmerischer Tätigkeit stehen (vgl. ).
Norm
RS 2
Für die Entscheidung über ein Nachsichtsansuchen sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen maßgebend. Vor diesem Hintergrund kann sich bei einem Betrieb, der lange vor der Entscheidung über das Nachsichtsansuchen eingestellt wurde, die Frage nach der Existenzgefährdung nicht stellen (vgl. ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der F GmbH in T, vertreten durch die hba Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Karmeliterplatz 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/4100723/2019, betreffend Nachsicht gemäß § 236 BAO, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, war in den Jahren 2013 und 2014 in die Abwicklung von Warenlieferungen aus China an in der Europäischen Union ansässige Unternehmen involviert. Die Waren gelangten aus China zunächst in den slowenischen Seehafen Koper und wurden von dort in den weitaus überwiegenden Fällen nach Österreich verbracht, hier verzollt und sodann nach Italien und Ungarn weitergeleitet; vereinzelt erfolgte auch eine direkte Beförderung von Koper nach Ungarn oder Italien. Die in China ansässigen Unternehmen traten als Lieferer auf und stellten Rechnungen aus, in denen die Revisionswerberin als Empfängerin (Käuferin) angegeben wurde. Diese hat die Waren an verschiedene Abnehmer in Italien oder Ungarn weiterverrechnet. Die Einfuhrformalitäten wurden von einer Spedition abgewickelt. Die Spedition gab die Revisionswerberin als Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer an, welche in weiterer Folge auch den Vorsteuerabzug geltend machte.

2 Im Rahmen einer Außenprüfung wurde festgestellt, die Revisionswerberin erwerbe nicht Waren, die sie anschließend weiterliefere, und sei auch bei deren Einfuhr nicht umsatzsteuerrechtlich über die Waren verfügungsberechtigt, sodass ein Vorsteuerabzug nicht vorgenommen werden könne.

3 Das Finanzamt erließ einen entsprechenden Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2013, setzte die Umsatzsteuer für die Zeiträume Jänner bis September 2014 fest und verwies zur Begründung auf die im Rahmen der Außenprüfung getroffenen Feststellungen.

4 Einer Beschwerde gegen die im Anschluss an die Außenprüfung ergangenen Bescheide gab das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , Zl. RV/4100072/2015, Folge.

5 Der Verwaltungsgerichtshof hob die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom  mit Erkenntnis vom , Ro 2017/15/0022, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf und führte zur Begründung aus, entscheidend für den strittigen Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer ist, ob Gegenstände für das Unternehmen des Abgabepflichtigen eingeführt wurden. Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die Kosten der Eingangsleistungen Eingang in den Preis der Ausgangsumsätze oder in den Preis der Gegenstände oder Dienstleistungen finden, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten liefert bzw. erbringt (Hinweis auf DSV Road, C-187/14, Rn. 49).

6 Im Erkenntnis Ro 2017/15/0022 verwies der Verwaltungsgerichtshof sodann darauf, dass die Revisionswerberin Vereinbarungen sowohl mit Lieferanten als auch mit Abnehmern geschlossen hatte, wobei in den Vereinbarungen mit den Lieferanten auf jene mit den Endabnehmern verwiesen wurde und umgekehrt.

7 Nach den Vereinbarungen mit den Lieferanten sollte die Zahlung des Rechnungsbetrags (für die Waren) unmittelbar vom Endabnehmer erfolgen; die Revisionswerberin übernahm hierfür keine Haftung. Die Revisionswerberin würde hingegen nur für ihren Aufwand ein Entgelt an den Lieferanten verrechnen (bei Lieferkondition „CIF“: Verrechnung an den Empfänger). Als Leistungen, zu denen die Revisionswerberin verpflichtet sei, wurden dazu ausschließlich Leistungen zur Abwicklung des grenzüberschreitenden Transports genannt. Schließlich wurde in der Vereinbarung mit den Lieferanten auch festgehalten, dass Mängelbeschwerden von den Endabnehmern direkt an die Lieferanten gerichtet würden. In den Vereinbarungen mit den Kunden wurde hiezu angeführt, die Qualitätskontrolle der Waren werde zum Teil direkt vom Endabnehmer in China organisiert werden. Die Eingangsfakturen der Revisionswerberin waren mit den Ausgangsfakturen in Bezug auf den darin ausgewiesenen Rechnungsbetrag identisch; der Gewinn der Revisionswerberin ergab sich aus einem Pauschalbetrag pro Container.

8 Damit standen in den Vereinbarungen die Leistungen der Revisionswerberin im Zusammenhang mit der Abwicklung des grenzüberschreitenden Transports im Mittelpunkt.

9 Vor diesem Hintergrund bestand der wirtschaftliche Gehalt des Vorganges darin, dass die Revisionswerberin Leistungen im Zusammenhang mit der Abwicklung des grenzüberschreitenden Transports erbringt (zum Teil an die Lieferanten, zum Teil an die Abnehmer), während die Lieferung der Ware als unmittelbar vom Lieferanten an den jeweiligen Kunden erfolgt zu werten war. Soweit in diesem Zusammenhang der Revisionswerberin auch die Verfügungsbefugnis an Gegenständen - etwa durch Übergabe von Traditionspapieren - eingeräumt wurde, so diente dies lediglich dazu, diese Abwicklung durch die Revisionswerberin zu ermöglichen. Es liegt somit eine sonstige Leistung der Revisionswerberin vor.

10 Der Wert der beförderten Waren gehört nicht zu den Kosten, die in diese von der Revisionswerberin erbrachte Leistung einfließen, sodass die darauf entfallende Vorsteuer nicht abgezogen werden kann.

11 Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Erkenntnis vom , Zl. RV/4100657/2018, wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen die im Anschluss an die Außenprüfung ergangenen Umsatzsteuerbescheide als unbegründet ab.

12 Gegen dieses abweisende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts erhob die Revisionswerberin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , E 1382/2019-9, ablehnte. Der Verfassungsgerichtshof führte im angeführten Beschluss u.a. aus, „entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei schließt § 12 Abs. 1 Z 2 UStG den Leistungsempfänger, für dessen Unternehmen der Gegenstand eingeführt worden ist, nicht vom Vorsteuerabzug aus“.

13 Mit Schriftsatz vom brachte die Revisionswerberin einen auf § 236 BAO gestützten Antrag auf Nachsicht der nicht zum Vorsteuerabzug zugelassenen Einfuhrumsatzsteuer, die dem Abgabenkonto wieder angelastet worden sei, beim Finanzamt ein. Zur Begründung führte die Revisionswerberin im Wesentlichen aus, die Einhebung der vorgeschriebenen Umsatzsteuer hätte ihre sofortige Insolvenz zur Folge. Dass sie mit der Einfuhrumsatzsteuer belastet bleibe, widerspreche zumindest wertungsmäßig dem Véleclair, C-414/10, zum Neutralitätsgrundsatz. Die endgültige Belastung mit der Einfuhrumsatzsteuer stelle einen atypischen Vermögenseingriff dar, mit dem nicht zu rechnen gewesen sei. Die Revisionswerberin habe sich vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit beim Finanzamt erkundigt, ob ihr Geschäftsmodell mit den umsatzsteuerlichen Vorgaben kompatibel sei. Das Finanzamt habe ihr dies - wenn auch nicht rechtsverbindlich - bestätigt. Auch das Bundesfinanzgericht habe diese Rechtsansicht zunächst geteilt. Die Interpretation der umsatzsteuerlichen Bestimmungen durch den Verwaltungsgerichtshof sei willkürlich, weswegen sie durch Billigkeitsüberlegungen aufgefangen werden müsse.

14 Das Finanzamt wies den Antrag auf Nachsicht mit Bescheid vom ab, wogegen die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom Beschwerde erhob.

15 Mit dem hier angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid des Finanzamts keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der bezughabenden Gesetzesstellen führte es zur Begründung aus, die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe könne je nach Lage des Falles eine persönliche oder sachliche sein.

16 Eine persönliche Unbilligkeit werde stets gegeben sein, wenn durch die Einhebung der Abgabe die Existenz des Abgabepflichtigen gefährdet sei. Die Revisionswerberin habe ihre Geschäftstätigkeit im Herbst 2014 eingestellt, weil eine Fortführung der Geschäfte unter Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer nicht möglich gewesen sei. Damit stelle sich für den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die Frage der Existenzgefährdung nicht mehr (Hinweis auf ).

17 Auch eine sachliche Unbilligkeit liege nicht vor, weil die Rechtmäßigkeit der Abgabeneinhebung aufgrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2017/15/0022, feststehe. Die von der Revisionswerberin angeführte Judikatur des EuGH zeige keine Unbilligkeit der Abgabeneinhebung auf und aus dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , E 1382/2019-9, ergebe sich ebenfalls nicht, dass der Revisionswerberin der Vorsteuerabzug zustehe. Der Verfassungsgerichtshof stelle vielmehr fest, dass § 12 Abs. 1 Z 2 UStG 1994 den Leistungsempfänger, für dessen Unternehmen der Gegenstand eingeführt worden sei, nicht vom Vorsteuerabzug ausschließe. Dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom sei jedoch zu entnehmen, dass die Waren nicht für die Revisionswerberin eingeführt worden seien.

18 Die Einfuhrumsatzsteuerschuld sei gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a ZK mit der Annahme der Zollanmeldung entstanden. Abgaben, für die eine Zollschuld nach Art. 201 bis 206 ZK entstanden sei, seien gesetzlich geschuldet. Zollschuldner für die Einfuhr einer einfuhrabgabepflichtigen Ware und damit gemäß § 2 Abs. 1 ZollR-DG Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer sei der Anmelder, also die Revisionswerberin.

19 Die Revisionswerberin habe anlässlich der jeweiligen Zollanmeldung erklärt, dass die Waren für ihr Unternehmen eingeführt würden und sie von der Regelung des § 26 Abs. 3 UStG 1994 Gebrauch mache. Aufgrund des durchgeführten Abgabenverfahrens stehe fest, dass die Erklärung der Revisionswerberin unrichtig sei, weil sie nur Leistungen im Zusammenhang mit der Abwicklung des grenzüberschreitenden Transports erbracht habe, während die Ware unmittelbar vom chinesischen Lieferanten an den jeweiligen Kunden geliefert worden sei. Die Revisionswerberin sei daher nicht zum Vorsteuerabzug gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 lit. a UStG 1994 berechtigt gewesen. Die Versagung des Vorsteuerabzuges sei der atypischen Gestaltung des von der Revisionswerberin gewählten Geschäftsmodelles geschuldet. Ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis liege nicht vor.

20 Der Grundsatz von „Treu und Glauben“ könne sich in Bereichen auswirken, in denen es auf Fragen der Billigkeit ankomme. Auch unrichtige Auskünfte könnten im Einzelfall eine Unbilligkeit im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO auslösen und die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten zur Folge haben. Die Revisionswerberin habe bei ihrer Anfrage an das Finanzamt nicht den vollständigen Sachverhalt, insbesondere nicht die abgeschlossenen Rahmenverträge, offengelegt. Das Finanzamt sei daher nicht imstande gewesen, eine umfassende rechtliche Beurteilung des Falles abzugeben, weshalb sich die Revisionswerberin im Rahmen des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht auf die erteilte Auskunft berufen könne.

21 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, zu der das Finanzamt nach Einleitung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

22 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

23 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

24 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

25 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, dass angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach eine Unbilligkeit der Abgabeneinhebung u.a. dann gegeben sein könne, wenn bei Anwendung des Gesetzes im Einzelfall ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintrete. Nach dem Prinzip der Neutralität der Umsatzsteuer falle Umsatzsteuer innerhalb der Europäischen Union nur einmal an, und zwar beim Endkunden (Hinweis auf Véleclair, C-414/10). Im Revisionsfall ergebe sich aber eine doppelte Umsatzsteuerschuld, nämlich in Österreich als Einfuhrumsatzsteuer und im Zielland (Italien oder Ungarn) beim Verkauf an den Endkunden.

26 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

27 Gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 lit. a UStG 1994 kann der Unternehmer die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen eingeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Weiters kann der Unternehmer in den Fällen des § 26 Abs. 3 Z 2 UStG 1994 die geschuldete und auf dem Abgabenkonto verbuchte Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen eingeführt worden sind, gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 lit. b UStG 1994 abziehen.

28 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ro 2017/15/0022, ausgesprochen hat, ist für den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer entscheidend, ob die eingeführten Gegenstände in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit bestimmten Ausgangsumsätzen des Unternehmers oder zumindest mit dessen (gesamter) unternehmerischer Tätigkeit stehen. Das war gegenständlich - wie der Verwaltungsgerichtshof im angeführten Erkenntnis auch ausgesprochen hat - nicht der Fall. Dass die Revisionswerberin zum Abzug der von einer allfälligen Nachsicht umfassten Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer nicht berechtigt war, ist demnach eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage und führt zu keinem vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Ergebnis.

29 Diesbezüglich ist auch auf die im Nachsichtsansuchen vom angeführte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof vom zu verweisen, in der von der Revisionswerberin ausgeführt wird (Seite 16), dass der den Import organisierende Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer (z.B. auch ein Spediteur) dem umsatzsteuerlich Verfügungsberechtigten die Einfuhrumsatzsteuer in Rechnung stelle und der Verfügungsberechtigte sodann die Vorsteuer geltend machen könne. Dazu hat der Verfassungsgerichtshof im Ablehnungsbeschluss vom , E 1382/2019-9, ausgeführt, dass § 12 Abs. 1 Z 2 UStG 1994 den Leistungsempfänger, für dessen Unternehmen der Gegenstand eingeführt wird, nicht vom Vorsteuerabzug ausschließt.

30 In diesem Sinn betont auch das Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis, dass im gegenständlichen Fall die Ware zwar nicht für die Revisionswerberin eingeführt worden sei, dass aber der Vorsteuerabzug bei jenem Unternehmer, für dessen Unternehmen der jeweilige Gegenstand tatsächlich eingeführt worden sei, gerade nicht ausgeschlossen sei (vgl. idS auch ). Diesen Ausführungen tritt die Revision nicht entgegen. In der Revisionsbeantwortung des Finanzamtes wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen werden könne, allerdings nicht von der Revisionswerberin, sondern von den Abnehmern, für deren Unternehmen die Waren eingeführt worden sei. Solcherart zeigt die Revision nicht auf, dass es zu einer „doppelten Umsatzsteuerbelastung“ kommt.

31 Der Rüge, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil das Bundesfinanzgericht aus der Feststellung, die Revisionswerberin habe ihre Geschäftstätigkeit seit mehreren Jahren eingestellt, gefolgert habe, dass die Existenz der Gesellschaft nicht gefährdet sein könne, ist zunächst zu entgegnen, dass für die Entscheidung über ein Nachsichtsansuchen die Vermögens- und Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen maßgebend sind (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 236 Rz 10). Vor diesem Hintergrund hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 82/13/0211, auf welches in der angefochtenen Entscheidung des Bundesfinanzgerichts hingewiesen wird, zu Recht erkannt, dass sich bei einem Betrieb, der lange vor der Entscheidung über das Nachsichtsansuchen eingestellt wurde, die Frage nach der Existenzgefährdung nicht stellen kann.

32 Von einer nur „vorübergehenden“ Einstellung der Tätigkeit ist das Bundesfinanzgericht nicht ausgegangen, wenn im angefochtenen Erkenntnis davon die Rede ist, dass die Revisionswerberin lediglich die Absicht bekundet habe, bei einem Obsiegen vor dem EuGH in der Sache selbst, ihre Geschäftstätigkeit wiederaufzunehmen. Bei der nunmehr bestehenden Sach- und Rechtslage bestehe kein konkreter Plan für die Wiederaufnahme der Tätigkeit mit einem geänderten Geschäftsmodell. Diesen Ausführungen tritt die Revisionswerberin in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht entgegen.

33 Entgegen dem diesbezüglichen Zulässigkeitsvorbringen hat das Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis nicht festgestellt, „dass der Revisionswerberin eine falsche Auskunft erteilt wurde“. Das Bundesfinanzgericht stellte vielmehr fest, die Revisionswerberin habe bei ihrer Anfrage an das Finanzamt nicht den vollständigen Sachverhalt, insbesondere nicht die abgeschlossenen Rahmenverträge, offengelegt. Das Finanzamt sei daher - so das Bundesfinanzgericht weiter - nicht imstande gewesen, eine umfassende rechtliche Beurteilung des Falles abzugeben, weshalb sich die Revisionswerberin im Rahmen des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht auf die erteilte Auskunft berufen könne. Dies stößt auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken.

34 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

35 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021150040.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAF-45698