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VwGH 24.08.2022, Ra 2021/13/0123

VwGH 24.08.2022, Ra 2021/13/0123

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
BAO §115 Abs1
BAO §207
BAO §269
BAO §4
BauO NÖ 2014 §38
BauO NÖ 2014 §38 Abs3
VwRallg
RS 1
Der Grundsatz der Einmaligkeit steht einem weiteren Anfall der Abgabe auch dann entgegen, wenn der Abgabentatbestand bereits in der Vergangenheit verwirklicht wurde, die Abgabe aber nicht vorgeschrieben wurde und nunmehr Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Von der Behörde und vom VwG sind dazu Erhebungen vorzunehmen und Feststellungen zu treffen, ob bereits früher entsprechende Abgabenansprüche (und - gegebenenfalls - in welcher Höhe) entstanden waren (vgl. , mwN). Dabei ist nicht die aktuelle Rechtslage, sondern die zum Zeitpunkt der Verwirklichung von Tatbeständen, die Abgabenansprüche begründen könnten, anwendbare Rechtslage zu Grunde zu legen (vgl. auch dazu , mwN).
Normen
BAO §4
BauO NÖ 1969 §14
BauO NÖ 1969 §15
BauO NÖ 1976 §14
BauO NÖ 1976 §15
BauO NÖ 2014 §38
RS 2
Nach der Rechtslage der NÖ BauO 1969 (bzw. wiederverlautbart als NÖ BauO 1976) war ein Aufschließungsbeitrag aus Anlass einer Grundabteilung oder anlässlich der erstmaligen Bauführung zu erbringen (§§ 14 und 15 leg. cit.). Dazu entsprach es aber der Rechtsprechung des VwGH, dass die Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrags aus Anlass der erstmaligen Bauführung die Bauführung auf einem Bauplatz voraussetzte, eine Eigenschaft, die einem Grundstück mangels Geltung eines Flächenwidmungsplanes oder eines vereinfachten Flächenwidmungsplanes aber nicht zukam (vgl. z.B. ; , 0663/79, je mit weiteren Nachweisen).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Ing. B in T, vertreten durch die Dr. Gerhard Rößler Rechtsanwalt KG in 3910 Zwettl, Schulgasse 18, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-197/001-2019, betreffend Aufschließungsabgabe gemäß § 38 NÖ Bauordnung 2014 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde S, vertreten durch die Sacha Katzensteiner Blauensteiner Rechtsanwälte GmbH in 3500 Krems, Gartenaugasse 3; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat der Marktgemeinde S Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Der Antrag auf Aufwandersatz der Niederösterreichischen Landesregierung wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister dem Revisionswerber die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Kapelle und einer Gartenhütte auf dem Grundstück Nr. x. Weiters wurde ausgesprochen, dass der neu zugeordnete Grundstücksteil des Grundstückes Nr. x im Ausmaß von 1.736 m² zum Bauplatz erklärt werde; es wurde darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Aufschließungsabgabe ein gesonderter Bescheid ergehen werde.

2 Mit Abgabenbescheid vom schrieb der Bürgermeister dem Revisionswerber eine Aufschließungsabgabe vor. Verwiesen wurde darin darauf, dass mit Bescheid des Bürgermeisters vom der dem Grundstück Nr. x neu zugeordnete Grundstücksteil im Ausmaß von 1.736 m² zum Bauplatz erklärt worden sei.

3 Der Revisionswerber erhob gegen den Abgabenbescheid Berufung. Er machte geltend, ein wesentlicher Teil der betroffenen Liegenschaft sei schon vor einer kürzlich erfolgten Grundstücksvereinigung Bauplatz gewesen, sodass lediglich eine Änderung der Grenzen eines Bauplatzes erfolgt sei; durch die Grundstücksvereinigung sei der neu geformte Bauplatz im Gesamtausmaß vergrößert worden. Demnach sei die Berechnung der Aufschließungsabgabe unrichtig.

4 Mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

5 Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

7 Nach Schilderung des Verfahrensgeschehens führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber sei Alleineigentümer des Grundstückes Nr. x. Mit Bescheid des Bürgermeisters vom sei dem Revisionswerber die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung des Neubaus eines Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. x erteilt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe in der Gemeinde noch kein Flächenwidmungsplan bestanden. Aus Anlass der Neuerrichtung des Wohnhauses sei eine Aufschließungsabgabe nicht vorgeschrieben worden.

8 Am sei im Zuge einer Änderung einer Landesstraße die Fläche des Grundstückes verändert worden, wobei die Fläche aber insgesamt weder größer noch kleiner geworden sei.

9 Am sei das Grundstück Nr. y auf Basis eines Teilungsplans mit dem Grundstück Nr. x vereinigt worden. Ansonsten habe es zu keinem Zeitpunkt eine Vergrößerung der Fläche gegeben; seit diesem Zeitpunkt betrage die Gesamtfläche des Grundstückes Nr. x 3.687 m².

10 Der südlich gelegene Teil des „Teilungsplanes“ sei 1993 als Bauland gewidmet worden; der übrige Teil der damals zwei Grundstücke (Nr. x und Nr. y) sei mit in „Bauland/Agrar“ umgewidmet worden. Zum Zeitpunkt des Einbeziehens des Grundstückes Nr. y in die Parzelle Nr. x sei damit das gesamte Grundstück als Bauland gewidmet gewesen.

11 Erst seit Februar 1993 liege ein Flächenwidmungsplan für die Gemeinde vor, in welchem auch die Fläche, auf dem sich das im Juni 1976 baubehördlich genehmigte Wohnhaus des Revisionswerbers befinde, enthalten sei. Im Jahr 1976 habe es noch keinen Flächenwidmungsplan in der Gemeinde gegeben, sodass auch keine Bauplatzfiktion gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NÖ Bauordnung 2014 bestehe.

12 Im August 2015 sei die baubehördliche Bewilligung für einen Abstellraum für landwirtschaftliche Geräte und eine Trophäenhalle erteilt worden. Die Baubehörde sei damals von einer landwirtschaftlichen Nutzung ausgegangen, welche jedoch tatsächlich nicht gegeben gewesen sei. Die Baubehörde habe damals lediglich die Bauplatzeigenschaft geprüft, eine Bauplatzerklärung sei damals aber nicht verfügt worden.

13 Erst aus Anlass der Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer Kapelle und einer Gartenhütte mit Bescheid vom sei eine Bauplatzerklärung erfolgt. Es sei dabei der neu zugeordnete Grundstücksteil im Bauland-Agrargebiet des Grundstückes Nr. x zum Bauplatz erklärt worden (1.736 m²).

14 Im Hinblick auf den Grundsatz der Einmaligkeit sei zu prüfen, ob eine in der Vergangenheit liegende Verwirklichung eines Abgabentatbestandes zur Begründung der Abgabenschuld im Zusammenhang mit der Aufschließungsabgabe vorliege. Im Zeitpunkt der Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung zum Neubau eines Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. x seien für das Gemeindegebiet auch in diesem Bereich keine Baulandwidmung und kein Flächenwidmungsplan bestanden. Erst seit dem Jahr 1993 bestehe für die Gemeinde ein Flächenwidmungsplan. Da somit das Grundstück nicht bereits seit dem ununterbrochen als Bauland gewidmet gewesen sei, liege kein Bauplatz gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NÖ Bauordnung 2014 vor. Die Tatsache, dass am dieses Grundstück mit einem baubehördlich bewilligten Gebäude bebaut gewesen sei, könne für sich alleine keine Bauplatzeigenschaft dieses Grundstückes begründen. Damit fehle aber auch zu sämtlichen anderen gesetzlich normierten Tatbeständen des § 11 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 die wesentliche Voraussetzung, dass das Grundstück „nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besaß“. Es komme damit auch die Anwendung des § 11 Abs. 5 NÖ Bauordnung 2014 nicht in Betracht.

15 Die aus Anlass der Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Abstellraumes für landwirtschaftliche Geräte und einer Trophäenhalle mit Bescheid vom getroffene Feststellung, dass dem Grundstück die Eignung als Bauplatz zukomme, sei nicht mit einer Bauplatzerklärung gleichzusetzen. Eine Bauplatzerklärung sei erstmals mit dem baubehördlichen Bewilligungsbescheid vom erfolgt.

16 Eine vor dem Jahr 2017 gelegene erstmalige Verwirklichung eines Abgabentatbestandes im Zusammenhang mit dem Entstehen der Abgabenschuld einer Aufschließungsabgabe habe weder den aktuellen noch den beigeschafften historischen Bau- und Abgabenakten entnommen werden können; auch das vom Verwaltungsgericht durchgeführte Beweisverfahren (samt mündlicher Beschwerdeverhandlung) habe keine Anhaltspunkte hiefür ergeben.

17 Der Grundsatz der Einmaligkeit sei daher der Vorschreibung der Aufschließungsabgabe im vorliegenden Fall nicht entgegengestanden.

18 Die Frage der Rechtmäßigkeit der Bauplatzerklärung sei im vorliegenden Verfahren nicht zu klären. Im Hinblick auf die Bauplatzerklärung liege aber die Tatbestandsvoraussetzung für das Entstehen der Aufschließungsabgabe vor. Da in Bezug auf dieses Grundstück ein Tatbestand zur Vorschreibung der Aufschließungsabgabe erstmals entstanden sei, sei auch § 39 NÖ Bauordnung 2014 (Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe) nicht anzuwenden.

19 Die Höhe der nach § 38 NÖ Bauordnung 2014 zu bemessenden Aufschließungsabgabe sei nicht strittig.

20 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom , E 4259/2020, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Begründung führte der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen aus, spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob die Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung 2014 zu Recht erfolgt sei, nicht anzustellen. Insbesondere sei keine Willkür zu erkennen, wenn das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die beigeschafften historischen Bau- und Abgabenakten erkenne, dass keine Verletzung des Grundsatzes der Einmaligkeit der Vorschreibung der Aufschließungsabgabe vorliege. Soweit die Beschwerde insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Rechtswidrigkeit der die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Interessentenbeiträgen die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

21 Gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts wendet sich nunmehr auch die vorliegende Revision.

22 Nach Einleitung des Vorverfahrens haben sowohl die belangte Behörde als auch die weitere Partei (Niederösterreichische Landesregierung) Revisionsbeantwortungen eingebracht.

23 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

24 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

25 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

26 Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, das Verwaltungsgericht unterstelle, dass § 11 Abs. 1 Z 4 NÖ Bauordnung 2014, wonach ein Bauplatz u.a. dann vorliege, wenn das Grundstück seit dem „ununterbrochen als Bauland gewidmet“ sei, dahin zu verstehen sei, dass eine Baulandwidmung nach einem Flächenwidmungsplan vorliege. Diese Auffassung sei aber unrichtig. Das Grundstück sei „1996“ (gemeint offenbar: 1976) mit einem Einfamilienhaus bebaut worden; es sei damit im Wortsinn „als Bauland gewidmet“. Zu dieser Frage fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters wird geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe zutreffend erkannt, dass zu prüfen sei, ob eine in der Vergangenheit liegende Verwirklichung eines Abgabentatbestandes zur Begründung der Abgabenschuld vorliege. Das Verwaltungsgericht übersehe aber, dass sowohl die NÖ Bauordnung 1968 als auch die NÖ Bauordnung 1976 jeweils in § 14 ausdrücklich die Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe vorsehen; dies jeweils im Zusammenhang mit einem konkreten Bauvorhaben. Danach wäre jedenfalls bereits aus Anlass der Bauführung im Jahr 1976 eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben gewesen. Gleiches gelte, wenn die NÖ Bauordnung 1968 anzuwenden gewesen wäre. Auch hier sei auf Grund der entsprechenden Grundabtretungen und Bauführung eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben gewesen. Damit könne jetzt keine Aufschließungsabgabe mehr vorgeschrieben werden, sondern nur mehr eine Ergänzungsabgabe.

27 Mit diesem Vorbringen wird - im Ergebnis - eine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt.

28 Nach § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung 2014 ist dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2 leg. cit. ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11 leg. cit.) erklärt wird. Nach § 38 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 ist die Aufschließungsabgabe eine einmal zu entrichtende, ausschließliche Gemeindeabgabe.

29 Mit dem Bescheid des Bürgermeisters vom wurde ein Teil des Grundstücks Nr. x zum Bauplatz erklärt. Es lag damit ein Tatbestand vor, der zum Anfall einer Aufschließungsabgabe nach § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung 2014 führen kann (vgl. zur Tatbestandswirkung des Bauplatzerklärungsbescheides - insoweit zu § 38 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 - , mwN).

30 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht der Grundsatz der Einmaligkeit einem weiteren Anfall der Abgabe auch dann entgegen, wenn der Abgabentatbestand bereits in der Vergangenheit verwirklicht wurde, die Abgabe aber nicht vorgeschrieben wurde und nunmehr Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Von der Behörde und vom Verwaltungsgericht sind dazu Erhebungen vorzunehmen und Feststellungen zu treffen, ob bereits früher entsprechende Abgabenansprüche (und - gegebenenfalls - in welcher Höhe) entstanden waren (vgl. , mwN).

31 Derartige Erhebungen wurden im vorliegenden Fall vom Verwaltungsgericht durch Beischaffung auch der historischen Bauakten vorgenommen und dazu Feststellungen getroffen. Entgegen der (impliziten) Ansicht des Verwaltungsgerichts ist dabei aber nicht die aktuelle Rechtslage, sondern die zum Zeitpunkt der Verwirklichung von Tatbeständen, die Abgabenansprüche begründen könnten, anwendbare Rechtslage zu Grunde zu legen (vgl. auch dazu , mwN).

32 Der Revisionswerber stützt sich im Zulässigkeitsvorbringen darauf, dass bereits im Jahr 1976 eine baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Neubaus auf dem Grundstück Nr. x erfolgte (Baufertigstellung 1982). Nach der damals anzuwendenden Rechtslage der Bauordnung 1968 (bzw. wiederverlautbart als Bauordnung 1976) war ein Aufschließungsbeitrag aus Anlass einer Grundabteilung oder anlässlich der erstmaligen Bauführung zu erbringen (§§ 14 und 15 leg. cit.). Dazu entsprach es aber der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrags aus Anlass der erstmaligen Bauführung die Bauführung auf einem Bauplatz voraussetzte, eine Eigenschaft, die einem Grundstück mangels Geltung eines Flächenwidmungsplanes oder eines vereinfachten Flächenwidmungsplanes aber nicht zukam (vgl. z.B. ; , 0663/79, je mit weiteren Nachweisen).

33 Im vorliegenden Fall lag nach den in der Revision unbestrittenen Sachverhaltsannahmen im Jahr 1976 in der Gemeinde kein Flächenwidmungsplan vor; die Bauführung erfolgte somit nach der damaligen Rechtslage nicht auf einem Bauplatz, sodass ein Aufschließungsbeitrag aus Anlass der Bauführung nicht angefallen ist. Wenn in diesem Zusammenhang (unter Bezugnahme auf die NÖ Bauordnung 1968) in der Revision auch - wenig konkret - auf „Grundabtretungen“ verwiesen wird, so ist aber aus den Sachverhaltsannahmen des Verwaltungsgerichts (und auch aus der Sachverhaltsschilderung in der Revision) nicht erkennbar, dass es im Zusammenhang mit der Bauführung im Jahr 1976 zu Grundabteilungen im Bauland (§ 10 NÖ Bauordnung 1968) gekommen wäre (die Anlass für die Vorschreibung von Aufschließungsbeiträgen hätten sein können); „Grundabtretungen“ (in das öffentliche Gut) iSd § 13 NÖ Bauordnung 1968 würden aber von vornherein keinen Aufschließungsbeitrag auslösen.

34 Von der Auslegung des § 11 Abs. 1 Z 4 NÖ Bauordnung 2014 hängt die Revision somit nicht ab.

35 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

36 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Diese Bestimmungen sehen einen Ersatz einer „ERV-Gebühr“ nicht vor, sodass das Aufwandersatzbegehren der belangten Behörde insoweit abzuweisen war (vgl. z.B. , mwN). Auch sehen diese Bestimmungen einen Anspruch einer Partei nach § 21 Abs. 1 Z 3 VwGG auf Aufwandersatz nicht vor (vgl. z.B. , mwN), sodass der Antrag der Niederösterreichischen Landesregierung auf Aufwandersatz zur Gänze abzuweisen war.

Wien, am

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BAO §115 Abs1
BAO §207
BAO §269
BAO §4
BauO NÖ 1969 §14
BauO NÖ 1969 §15
BauO NÖ 1976 §14
BauO NÖ 1976 §15
BauO NÖ 2014 §38
BauO NÖ 2014 §38 Abs3
VwRallg
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021130123.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
WAAAF-45648