VwGH 02.06.2022, Ra 2021/13/0039
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | DBAbk Schweiz 1975 Art23 Abs2 EStG 1988 §16 |
RS 1 | Nach Art. 23 Abs. 2 letzter Satz DBAbk Schweiz 1975 rechnet Österreich auf die vom Einkommen der betroffenen Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in der Schweiz gezahlten Steuer entspricht; der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus der Schweiz bezogenen Einkünfte entfällt. Die nach dieser Bestimmung in Österreich zu erhebende Steuer ist nach nationalem Recht zu ermitteln. Es sind dabei jene Aufwendungen oder Ausgaben als Werbungskosten abzuziehen, die durch die Tätigkeit veranlasst sind (vgl. , mwN). |
Normen | DBAbk Schweiz 1975 EStG 1988 §20 Abs2 |
RS 2 | Nach § 20 Abs. 2 EStG 1988 dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Als derartige nicht steuerpflichtige Einnahmen sind insbesondere auch solche anzusehen, die aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens von der Besteuerung ausgenommen sind (vgl. ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revisionen des Mag. H in S, vertreten durch Dr. Christoph Gottesmann, Rechtsanwalt in 1230 Wien, Lehmanngasse 7, gegen die Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichts 1. vom , Zl. RV/7101646/2015, betreffend Einkommensteuer 2012, 2. vom , Zl. RV/7104083/2018, betreffend Einkommensteuer 2015, 3. vom , Zl. RV/7101639/2018, betreffend Einkommensteuer 2014, und 4. vom , Zl. RV/7104171/2015, betreffend Einkommensteuer 2013, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Erkenntnisse werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 5.385,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit den angefochtenen Erkenntnissen entschied das Bundesfinanzgericht über Beschwerden des Revisionswerbers betreffend Einkommensteuer 2012 bis 2015.
2 Nach Schilderung des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen jeweils aus, der Revisionswerber sei in Österreich ansässig; er sei in den Streitjahren für Schweizer Kantone bzw. die Schweizerische Eidgenossenschaft als Richter (oder als Staatsanwalt) tätig gewesen. Der Großteil dieser Tätigkeit werde in Österreich ausgeübt, lediglich in geringem Ausmaße erfolge eine Ausübung in der Schweiz.
3 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Revisionswerbers liege in Österreich; der Revisionswerber sei sohin im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Schweiz (DBA) als in Österreich ansässig zu betrachten. Seine Einkünfte aus öffentlichen Kassen der Schweiz seien nach Art. 15 Abs. 1 iVm Art. 23 Abs. 2 DBA in Österreich nach der Anrechnungsmethode zu besteuern, und zwar unabhängig davon, ob die Tätigkeit in der Schweiz oder in Österreich ausgeübt werde.
4 Die in der Schweiz gezahlte Steuer sei (wie vom Finanzamt in Beschwerdevorentscheidungen, zuletzt bereits im erstinstanzlichen Bescheid vorgenommen) zur Gänze anzurechnen. Jener Anteil an Werbungskosten, die auf die (auch) in der Schweiz zu besteuernden Einkünfte entfielen, sei bei der Einkommensteuerermittlung nicht zu berücksichtigen, da diese Werbungskosten im Rahmen der Ermittlung der in der Schweiz zu besteuernden Einkünfte und der daraus sich ergebenden Schweizer Steuer zu berücksichtigen gewesen wären; sie hätten als Minderungsposten auch zu einer geringeren Steuer geführt. Die bisher berücksichtigten Werbungskosten seien daher auf den Prozentanteil gekürzt worden, wie er sich im Verhältnis der Einnahmen mit Schweizer Besteuerungsrecht (und gleichzeitiger Besteuerung in Österreich unter Anrechnung der Schweizer Steuer) zu den Einnahmen mit ausschließlich österreichischem Besteuerungsrecht ergebe.
5 Gegen diese Erkenntnisse wenden sich die Revisionen.
6 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einleitung der Vorverfahren und Verbindung der Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
7 Die Revisionen sind zulässig und begründet.
8 Sachverhalt und Rechtsfragen der vorliegenden Verfahren gleichen weitgehend jenem die Einkommensteuer der Jahre 2007 bis 2011 des Revisionswerbers betreffenden Verfahren, über das der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ra 2021/13/0042, entschieden hat. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Begründung jenes Erkenntnisses verwiesen.
9 Abweichend von der die Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2011 betreffenden Entscheidung wurde in den vorliegenden Entscheidungen die in der Schweiz gezahlte Steuer in voller Höhe berücksichtigt, bei Ermittlung der österreichischen Steuer wurden aber die Werbungskosten nur anteilig berücksichtigt.
10 Dieses Vorgehen ist - wie die Revisionen zutreffend aufzeigen - rechtswidrig.
11 Nach Art. 23 Abs. 2 letzter Satz DBA rechnet Österreich auf die vom Einkommen der betroffenen Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in der Schweiz gezahlten Steuer entspricht; der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus der Schweiz bezogenen Einkünfte entfällt.
12 Die nach dieser Bestimmung in Österreich zu erhebende Steuer ist nach nationalem Recht zu ermitteln. Es sind dabei jene Aufwendungen oder Ausgaben als Werbungskosten abzuziehen, die durch die Tätigkeit veranlasst sind (vgl. , mwN). Nach § 20 Abs. 2 EStG 1988 dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Als derartige nicht steuerpflichtige Einnahmen sind insbesondere auch solche anzusehen, die aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens von der Besteuerung ausgenommen sind (vgl. ; vgl. weiters Kofler/Wurm in Doralt et al, EStG20, § 20 Tz 152/4; Jakom/Peyerl EStG, 2022, § 20 Tz 95).
13 Im vorliegenden Fall sind die Einnahmen aus der Tätigkeit des Revisionswerbers als Richter oder Staatsanwalt in Österreich aber nicht von der Besteuerung ausgenommen, auch wenn diese Einnahmen (oder ein Teil dieser Einnahmen) auch der Besteuerung in der Schweiz unterliegen; es ist lediglich die Steuer aus der Schweiz anzurechnen. Die Werbungskosten stehen damit auch nicht anteilig mit in Österreich nicht steuerpflichtigen Einnahmen in Zusammenhang. Bei der Ermittlung der zur Gänze der Besteuerung in Österreich unterliegenden Einkünfte sind demnach die Werbungskosten nicht fiktiv aufzuspalten, sondern in voller Höhe anzusetzen.
14 Die angefochtenen Erkenntnisse waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
15 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021130039.L03 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAF-45609