VwGH 05.10.2023, Ra 2021/13/0020
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Das gemäß § 85 Abs. 1 BAO für Anbringen normierte Schriftlichkeitserfordernis schließt auch das Vorliegen einer Unterschrift ein (vgl. etwa ; , Ro 2017/15/0024). Dies ergibt sich auch aus der Bestimmung des § 85 Abs. 2 BAO, wonach Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung berechtigen (vgl. dazu schon ). |
Norm | |
RS 2 | Ein Stellvertreter gibt an Stelle des Vertretenen und mit Wirkung für diesen eine eigene Erklärung ab, hingegen überbringt der Bote bloß eine Erklärung des Auftraggebers (Koziol-Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts I, 10. Auflage, 181). (Hier: Allein deshalb, weil eine GmbH (zentrale Abfertigungsstelle) mit der Abfertigung der Beschwerde beauftragt worden ist, kann noch nicht zwingend auf ihre Vertretereigenschaft geschlossen werden. Umstände, die auf das Vorliegen eines Bevollmächtigungsvertrages im Sinne des § 1002 ABGB hätten schließen lassen, lagen nicht vor. Das Verschulden des Boten trifft die Partei jedoch nicht.) |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2005/09/0173 B RS 1 (hier ohne den fallspezifischen Zusatz) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und die Hofräte MMag. Maislinger und Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision 1. der E K, 2. der C K, 3. des B K und 4. der B M, als Erben nach Dr. E W, vertreten durch Dr. Rebekka Stern, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin in 1030 Wien, Hintere Zollamtsstraße 15/1/30, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7105512/2017, betreffend Zurücknahme der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2014, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit - am Finanzamt persönlich abgegebener - Eingabe vom reichte die Rechtsvertreterin der Revisionswerber die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2014 für die zu jenem Zeitpunkt bereits verstorbene Dr. W (Rechtsvorgängerin der Revisionswerber) ein. Die Eingabe bestand aus einem einseitigen Begleitschreiben auf dem Briefpapier der Rechtsvertreterin, auf dem ihr Kanzleistempel und ihre Unterschrift angebracht waren, sowie einem ausgefüllten „L1“-Formular, auf dessen letzter Seite ebenfalls der Kanzleistempel der Rechtsvertreterin angebracht war, jedoch kein Datum und keine Unterschrift.
2 Mit Bescheid vom erteilte das Finanzamt einen Mängelbehebungsauftrag nach § 85 Abs. 2 BAO und forderte die Revisionswerber - mit Hinweis darauf, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgenommen gilt - auf, den Mangel der fehlenden Unterschrift auf der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2014 bis zum zu beheben. Am selben Tag erging an die Revisionswerber ein Ergänzungsersuchen des Finanzamts betreffend die Nachreichung von Belegen zur Arbeitnehmerveranlagung 2014.
3 Mit Schreiben vom - beim Finanzamt eingelangt am - übermittelte die Rechtsvertreterin der Revisionswerber verschiedene Belege und führte im Begleitschreiben betreffend die beanstandete fehlende Unterschrift aus, bei Vertretung durch einen Wirtschaftstreuhänder sei eine Unterschrift nicht erforderlich.
4 Mit Bescheid vom sprach das Finanzamt aus, die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung vom gelte als zurückgenommen, weil dem Mängelbehebungsauftrag nicht entsprochen worden sei.
5 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab, woraufhin die Revisionswerber die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragten.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
7 Das Bundesfinanzgericht stellte u.a. fest, die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2014 sei laut Eingangsstempel am beim Finanzamt - bei der gemeinsamen Einlaufstelle der Finanzämter Wien - eingebracht worden. Die Erklärung habe auf der letzten Seite unter der Rubrik „Steuerliche Vertretung“ einen Stempel der Rechtsvertreterin der Revisionswerber getragen. Es seien kein Datum und keine Unterschrift angeführt gewesen. Im Finanzamtsakt habe sich ein Begleitschreiben der Rechtsvertreterin befunden, in dem Folgendes angeführt gewesen sei: „Folgende Beilage wird Ihnen zur gefälligen Kenntnisnahme überreicht - Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2014“. Dieses Schreiben habe keinen Eingangsstempel der Einlaufstelle getragen. Es sei von der Rechtsvertreterin unterschrieben gewesen, habe jedoch keinen Hinweis und keine Berufung auf eine bestehende Bevollmächtigung enthalten.
8 Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der Rechtsgrundlagen führte das Bundesfinanzgericht - soweit für das Revisionsverfahren wesentlich - aus, die in Papierform eingebrachte, unterschriftslose Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung sei grundsätzlich mit einem Mangel behaftet, weil schriftliche Anbringen, wie etwa Abgabenerklärungen, zu unterzeichnen seien. Die Unterschriftsleistung des Antragstellers (Steuerpflichtigen) habe auf der Abgabenerklärung, auf dem amtlichen Vordruck, und nicht auf einem Zusatzblatt zu erfolgen. Die auf der Erklärung fehlende Unterschrift habe daher nicht durch das Begleitschreiben, das keinen erforderlichen Teil der Erklärung dargestellt habe, erbracht werden können.
9 Die Abgabenbehörde sei daher aufgrund der fehlenden Unterschrift auf der Erklärung gemäß § 85 Abs. 2 BAO zu Recht mit einem Mängelbehebungsauftrag vorgegangen. Die Behörde habe die Frist zur Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages mit dem gesetzt, das Antwortschreiben sei aber erst am und somit verspätet eingebracht worden.
10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 Zur Zulässigkeit der Revision wird - nach allgemeinen, abstrakt gehaltenen rechtlichen Ausführungen zur BAO, insbesondere zur Frage der Schriftlichkeit, der Unterschriftsleistung und der Auslegung von Anbringen - geltend gemacht, das Begleitschreiben zur Übermittlung der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung enthalte den Briefkopf der Rechtsvertreterin, das Datum, den Namen und die Steuernummer des Klienten, für welche die Eingabe erfolge, die Bezeichnung der Abgabenerklärung, den Hinweis auf die Einbringung und die eigenhändige Unterschrift der Rechtsvertreterin. Das Begleitschreiben sei damit eine Erklärung, aus der eindeutig hervorgehe, dass für einen bestimmten Klienten eine spezifische Abgabenerklärung eingebracht werde. Damit werde das Begleitschreiben Teil der Abgabenerklärung und bilde zusammen mit dem Formularvordruck die Gesamtheit des Anbringens. Dem Bundesfinanzgericht sei zu entgegnen, dass „die Antragstellerin“, wenn sie steuerlich vertreten werde, grundsätzlich nicht unterschreiben müsse. Zudem habe „die Antragstellerin“ nicht auf einem Zusatzblatt unterschrieben, sondern das „Zusatzblatt“ sei ein offizieller, vom Parteienvertreter unterzeichneter Eingabebrief gewesen. Aus dem Begleitschreiben sei eindeutig die Absicht des Parteienvertreters zu erkennen gewesen.
15 Mit diesem Vorbringen gelingt es den Revisionswerbern nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.
16 Entgegen den Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung hat das Bundesfinanzgericht - ebenso wie das Finanzamt - die verfahrensgegenständliche Erklärung nicht deshalb als mangelhaft angesehen, weil deren Inhalt oder die Identität des Einbringenden unklar gewesen wäre, sondern weil auf dem verwendeten amtlichen Vordruck eine Unterschrift gefehlt habe. Die Argumentation zur Deutung von Anbringen geht somit an der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses vorbei.
17 Soweit die Revisionswerber das Vorliegen eines Mangels der verfahrensgegenständlichen Erklärung aufgrund der auf dem Beiblatt angebrachten Unterschrift der Rechtsvertreterin verneinen, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach das gemäß § 85 Abs. 1 BAO für Anbringen normierte Schriftlichkeitserfordernis auch das Vorliegen einer Unterschrift einschließt (vgl. etwa ; , Ro 2017/15/0024; vgl. auch Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 86a Anm 1a). Dies ergibt sich auch aus der Bestimmung des § 85 Abs. 2 BAO, wonach Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung berechtigen (vgl. dazu schon 17/2599/79).
18 Das Begleitschreiben enthielt nach den (im Zulässigkeitsvorbringen nicht bestrittenen) Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts keinen Hinweis und keine Berufung auf eine bestehende Bevollmächtigung. Das Handeln der steuerlichen Vertreterin anlässlich der Einbringung der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung der Dr. W war demnach bloß als die einer Botin zu verstehen, die also (anders als der Vertreter, der anstelle des Vertretenen und mit Wirkung für diesen eine eigene Erklärung abgibt) lediglich eine Erklärung des Auftraggebers überbringt (vgl. , mwN). Damit kann aber die Unterschrift am Begleitschreiben (dabei handelt es sich um die Erklärung der Botin) keine Wirkungen betreffend die von der Botin lediglich übermittelte Erklärung der Auftraggeberin entfalten. Diese Erklärung der Auftraggeberin wäre von dieser selbst oder von einer bevollmächtigten Vertreterin (allenfalls von ihren Rechtsnachfolgern) zu unterfertigen gewesen, was aber trotz Aufforderung zur Mängelbehebung unterblieben ist.
19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021130020.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAF-45601