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VwGH 09.12.2021, Ra 2021/09/0254

VwGH 09.12.2021, Ra 2021/09/0254

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
EpidemieG 1950 §32
VwGG §30 Abs2
RS 1
Nichtstattgebung - Epidemiegesetz 1950 - Abgesehen davon, dass mit dem aufhebenden angefochtenen Beschluss keine auszuzahlende Vergütung zugesprochen wurde, vermag der Verwaltungsaufwand, der mit einer Auszahlung und einer Rückforderung verbunden ist, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen unverhältnismäßigen Nachteil der Amtspartei im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG nicht zu begründen (siehe , mwN), woran auch der Sitz der mitbeteiligten Partei in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union nichts ändert.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis der gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , LVwG-751574/2/MZ/NIF, betreffend Vergütung nach dem Epidemiegesetz 1950 (mitbeteiligte Partei: Ambulanter Pflegedienst B), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich den Bescheid der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde und nun revisionswerbenden Partei, mit dem ein Vergütungsantrag nach § 32 Epidemiegesetz 1950 der mitbeteiligten Partei abgewiesen worden war, auf und verwies die Sache zur Erlassung eines neuen Bescheids an die Behörde zurück.

2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbundene Amtsrevision.

3 Den Antrag auf aufschiebende Wirkung begründet die revisionswerbende Partei damit, dass bei Umsetzung der angefochtenen Entscheidung den Vergütungsanträgen von im Ausland situierten Arbeitgebern in Form einer Auszahlung entsprochen werden müsse. Angesichts der „erhöhten Zahl“ gleichgelagerter Fälle mit Auslandsbezug sei der Aufwand bei der Rückforderung unbegründet ausbezahlter Vergütungen für den Fall einer erfolgreichen Revision für die Gesundheitsbehörde unzumutbar.

4 Der Verwaltungsgerichtshof hat gemäß § 30 Abs. 2 VwGG auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

5 Ungeachtet der offenbar nicht auf Amtsrevisionen zugeschnittenen Formulierung des § 30 Abs. 2 VwGG ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch bei einer Amtsrevision zulässig. Als „unverhältnismäßiger Nachteil für den Revisionswerber“ ist hier jedoch eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses in die Wirklichkeit zu verstehen.

6 In diesem Zusammenhang obliegt es der eine Amtsrevision erhebenden Partei, bereits im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jene Umstände im Einzelnen darzutun, aus denen sich ein solcher „unverhältnismäßiger Nachteil“ ergibt (vgl. zum Ganzen , mwN).

7 Abgesehen davon, dass mit dem aufhebenden angefochtenen Beschluss keine auszuzahlende Vergütung zugesprochen wurde, vermag der Verwaltungsaufwand, der mit einer Auszahlung und einer Rückforderung verbunden ist, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen unverhältnismäßigen Nachteil der Amtspartei im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG nicht zu begründen (siehe , mwN), woran auch der Sitz der mitbeteiligten Partei in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union nichts ändert.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

Ra 2021/09/0255

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentlichen Revisionen der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, gegen die Beschlüsse des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , LVwG-751574/2/MZ/NIF (protokolliert zu Ra 2021/09/0254), und vom , LVwG-751573/2/ER/NiF (protokolliert zu Ra 2021/09/0255), jeweils betreffend Vergütung nach dem Epidemiegesetz 1950 (mitbeteiligte Partei: A GdbR in B, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Begründung

1 Die mitbeteiligte Partei mit Sitz in Deutschland betreibt ebendort einen ambulanten Pflegedienst.

2 Eine in Österreich wohnhafte Mitarbeiterin der mitbeteiligten Partei wurde mit Bescheiden der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde und nunmehr revisionswerbenden Partei 1. vom bis (Ra 2021/09/0255) und 2. vom 17. bzw.  bis (Ra 2021/09/0254) behördlich abgesondert.

3 Mit Bescheiden der revisionswerbenden Partei vom und  wurden die Anträge der mitbeteiligten Partei vom bzw.  auf Vergütung für den dadurch eingetretenen Verdienstentgang nach § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) - im Wesentlichen mit Hinweis auf den Sitz der mitbeteiligten Partei in Deutschland und der Wirksamkeit österreichischer Gesetze nur im Inland - abgewiesen.

4 Den dagegen erhobenen Beschwerden gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit den angefochtenen Beschlüssen insoweit Folge, als es diese Bescheide aufhob und die Sache zur Erlassung neuer Bescheide an die Behörde zurückverwies. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht jeweils für nicht zulässig.

5 Rechtlich begründete das Landesverwaltungsgericht seine Entscheidungen zusammengefasst dahingehend, dass für die Frage, ob ein Sachverhalt im Sinn des Territorialitätsprinzips im Inland verwirklicht worden sei, allein auf die den Vergütungsanspruch begründende behördliche Maßnahme und nicht auf den dadurch erlittenen Vermögensnachteil abzustellen sei. Die Zurückverweisung der Verfahren sei wegen fehlender ausreichender Ermittlungen zur Höhe des Anspruchs erforderlich.

6 Gegen diese Beschlüsse richten sich die außerordentlichen Revisionen der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde; die mitbeteiligte Partei erstattete in den vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung. Die Verfahren über die Revisionen wurden vom Verwaltungsgerichtshof aufgrund ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.

7 Mit Eingabe vom wurde dem Verwaltungsgerichtshof mitgeteilt, dass die Regierung von Niederbayern in beiden hier gegenständlichen Fällen die Lohnersatzleistung nach § 32 EpiG wie beantragt erstattet habe.

8 Über Aufforderung, zur Frage einer allfälligen Gegenstandslosigkeit der Amtsrevisionen Stellung zu nehmen, führte die revisionswerbende Partei im Wesentlichen aus, dass nach wie vor Interesse an einer Entscheidung über die Amtsrevisionen bestehe, weil die Anträge von der mitbeteiligten Partei nicht zurückgezogen worden seien und eine Entscheidung auch für zahlreiche weitere Verfahren mit Auslandsbezug bei der revisionswerbenden Partei und bei anderen Bezirksverwaltungsbehörden richtungsweisend sei.

9 Mit dem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten und von diesem gemäß § 6 AVG an die Behörde weitergeleiteten Schreiben vom zog die mitbeteiligte Partei ihre hier gegenständlichen Erstattungsanträge zurück.

10 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist die Revision nach Anhörung des Revisionswerbers mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist mit der Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Sinn des § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur bei formeller Klaglosstellung, sondern auch bei „Gegenstandslosigkeit“ der Revision vorzugehen. Ein Einstellungsfall (wegen Gegenstandslosigkeit) liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat. Das Rechtsschutzinteresse ist immer dann zu verneinen, wenn es (auf Grund der geänderten Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrensziels für ihn keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung haben. Diese Rechtsprechung hat auch für eine Amtsrevision der belangten Behörde gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG Gültigkeit (vgl. zum Ganzen , mwN).

12 Der Verwaltungsgerichtshof verneint eine derartige praktische Bedeutung für die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde in ständiger Rechtsprechung etwa in Fällen, in denen nach Aufhebung und Zurückverweisung eines Bescheids gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG durch das Verwaltungsgericht im fortgeführten behördlichen Verfahren der verfahrensleitende Antrag zurückgezogen wird (siehe u.a. , mwN).

13 Im vorliegenden Fall hat die mitbeteiligte Partei ihre verfahrenseinleitenden Anträge nach Einbringung der Amtsrevision zurückgezogen. Daraus folgt, dass sich auch bei Aufhebung des angefochtenen Beschlusses für die revisionswerbende Partei nichts ändern würde, weil infolge nachträglicher Zurückziehung der verfahrenseinleitenden Anträge eine inhaltliche Erledigung derselben ausgeschlossen ist. Im Hinblick darauf ist nicht ersichtlich, dass einer meritorischen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im vorliegenden Fall noch praktische Bedeutung zukäme.

14 Damit hätte die in den Revisionen aufgeworfene Frage der Vergütung für den Verdienstentgang eines ausländischen Arbeitgebers nach § 32 EpiG bei einer Absonderung eines österreichischen Arbeitnehmers durch eine inländische Behörde für die gegenständlichen Fälle nur mehr theoretische Bedeutung. Zur Klärung von bloß theoretischen Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aber nicht berufen. Dies gilt auch dann, wenn die einem Revisionsfall zugrundeliegende Rechtsfrage für künftige Verwaltungsverfahren oder verwaltungsgerichtliche Verfahren von Interesse ist (vgl. etwa ; siehe die hier gegenständliche Sachfrage betreffend jedoch bereits , u.a., EU 2022/0006, u.a.).

15 Die Revisionen waren daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Revisionsverfahren einzustellen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
EpidemieG 1950 §32
VwGG §30 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090254.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAF-45572