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VwGH 19.05.2021, Ra 2021/08/0058

VwGH 19.05.2021, Ra 2021/08/0058

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Norm
ASVG §67 Abs4
RS 1
Der Erwerb bloßer (nicht zur Organisationseinheit Betrieb aktivierbarer oder reaktivierbarer) Teile der Betriebsmittel des Vorgängerbetriebs genügt im Allgemeinen nicht für den Eintritt der Rechtsfolge des § 67 Abs. 4 ASVG. Unter der Voraussetzung einer "selbständigen Betriebsmöglichkeit" ist aber ein haftungsauslösender Teilbetriebserwerb möglich, bei dem sich die Haftung allerdings nur auf jene Beitragsschulden beziehen kann, die in diesem Teilbetrieb angefallen sind (s. das Erkenntnis vom [verstärkter Senat], 82/08/0021 [=VwSlg. 11.241 A/1983]).
Norm
ASVG §67 Abs4
RS 2
Nur auf Basis des Wissens um den Tätigkeitsbereich eines Betriebes kann beurteilt werden, ob im Erwerbszeitpunkt mit den erworbenen Betriebsmitteln die Fortführung dieses konkreten Betriebs möglich gewesen wäre (), ob es sich also bei den übernommenen Betriebsmitteln um jene handelt, mit denen der (Teil-)Betrieb des Vorgängers in dem Umfang, mit dem Betriebsgegenstand und in der Betriebsart wie der Vorgänger, hätte fortgeführt werden können.
Norm
ASVG §67 Abs4
RS 3
Nach der Rsp des VwGH gehören Arbeitskräfte nur dann zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebes, wenn es sich um hochspezialisierte, für das Funktionieren des Unternehmens unentbehrliche Fachleute oder um Leitpersonal handelt (Hinweis E , Zl. 95/08/0248).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2004/08/0122 E VwSlg 16885 A/2006 RS 4

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der F, vertreten durch Dr. Michael Hohenauer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Burggraben 4/2, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. I413 2236930-1/6E, betreffend Haftung für Sozialversicherungsbeiträge nach § 67 Abs. 4 ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Gesundheitskasse Landesstelle Tirol), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

2 Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH [verstärkter Senat] , VwSlg. 10.381/A), dass der Revisionswerber - unabhängig vom notwendigen Fehlen eines zwingenden öffentlichen Interesses - in seinem Aufschiebungsantrag zu konkretisieren hat, worin für ihn ein unverhältnismäßiger Nachteil gelegen wäre. Es ist also erforderlich, dass im Antrag konkret dargelegt wird, aus welchen Umständen sich der behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt. Folglich hat der Revisionswerber den ihm drohenden unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteil durch nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen auf dem Boden seiner gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse darzustellen. Erst eine solche ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung.

3 Dem dargelegten Konkretisierungsgebot wird der vorliegende Antrag, in dem - ohne Darstellung der konkreten wirtschaftlichen Lage der Revisionswerberin - lediglich vorgebracht wird, mit dem sofortigen Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses wäre für die Revisionswerberin ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden (weil dadurch die „wirtschaftliche Existenz“ der Revisionswerberin massiv gefährdet sei), allerdings nicht gerecht.

4 Der Antrag war daher schon aus diesem Grund abzuweisen, ohne dass es noch darauf ankäme, ob diesem auch zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision der F A in F, vertreten durch Dr. Michael Hohenauer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Burggraben 4/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , I413 2236930-1/6E, betreffend Betriebsnachfolgehaftung nach § 67 Abs. 4 ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Gesundheitskasse Landesstelle Tirol), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Österreichische Gesundheitskasse hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom sprach die Österreichische Gesundheitskasse (im Folgenden: belangte Behörde) aus, dass die Revisionswerberin als Betriebsnachfolgerin zur ungeteilten Hand „für die rückständigen Beiträge und Nebengebühren“ einer näher genannten Gesellschaft (im Folgenden: Vorgängerin) „aus den Vorschreibungen für die Zeiträume November 2019 bis März 2020“ in näher bezeichneter Höhe hafte und verpflichtete sie zur Zahlung.

2 In der Begründung des Bescheides wurde nach Darstellung der Rechtslage ausgeführt, dass sich aus Erhebungen der belangten Behörde ergeben habe, dass die Revisionswerberin „sowohl Fahrzeuge wie auch Dienstnehmer“ von der Vorgängerin „übernommen“ habe. Dabei handle es sich „um die wesentlichen Betriebsmittel eines Unternehmens aus der Wirtschaftsklasse Umzugstransporte“.

3 In der dagegen erhobenen Beschwerde und in ihrem weiteren Vorbringen vor dem Bundesverwaltungsgericht machte die Revisionswerberin geltend, dass nicht jede Übernahme von Betriebsmitteln auch eine die Betriebsnachfolgehaftung gemäß § 67 Abs. 4 ASVG auslösende Betriebsübernahme darstelle. Es werde nicht bestritten, dass die Revisionswerberin 23 Fahrzeuge von der Vorgängerin gekauft habe und dass 7 Mitarbeiter bei der Revisionswerberin zu arbeiten begonnen hätten, die vorher bei der Vorgängerin tätig gewesen seien. Allerdings habe die Vorgängerin zu diesem Zeitpunkt ca. 34 bis 40 Fahrzeuge und ca. 30 bis 40 Mitarbeiter gehabt. Es handle sich bei den 23 Fahrzeugen und 7 Mitarbeitern nicht um eine organisatorische Einheit, also nicht um jene Betriebsmittel, die die wesentliche Grundlage des Betriebs der Vorgängerin gebildet hätten und einen Betriebsnachfolger in die Lage versetzen würden, den Betrieb fortzusetzen. Die Vorgängerin habe auch nach diesem Erwerb weiter existiert und sei auch ihrer Tätigkeit weiter nachgekommen. Erwerbe ein Nachfolger nicht einen Betrieb als solchen, sondern nur Betriebsmittel, komme es für die Qualifikation als Betriebserwerb darauf an, ob jene Betriebsmittel erworben worden seien, die „nach der Betriebsart und dem Betriebsgegenstand die wesentliche Grundlage des Betriebes des Vorgängers“ gebildet hätten, um den Erwerber in die Lage zu versetzen, den Betrieb in dem Umfang, mit dem Betriebsgegenstand und in der Betriebsart wie der Vorgänger fortzuführen (Hinweis auf ). Zwar seien die Fahrzeuge als Betriebsmittel anzusehen, aber nicht als „die wesentlichen Betriebsmittel“, weil die Betriebsmittel, die einen Nachfolger in die Lage versetzen würden, den Betrieb fortzusetzen, „im Wesentlichen der Kundenstock und die Mitarbeiter“ seien. Wesentliche Grundlage eines Dienstleistungsbetriebes sei der Kundenstock, der vom Standort bzw. den persönlichen Fähigkeiten der im Dienstleistungsbetrieb tätigen Personen abhängig sein könne (Hinweis auf ). Arbeitskräfte würden nur dann zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebes zählen, wenn es sich dabei um hochspezialisierte, für das Funktionieren des Unternehmens unersetzliche Fachleute oder um Leitpersonal handle (Hinweis auf ). Fahrzeuge hätte die Revisionswerberin auch woanders kaufen können. Es seien kein Kundenstock, keine Verträge, keine Betriebsstruktur, kein Know-How, kein Standort, keine Rechtsverhältnisse, keine Immaterialgüter und keine Geschäftsbeziehungen übernommen worden. Während die Revisionswerberin ausschließlich als Kleintransportunternehmen im Bereich der Paketlieferung als Subunternehmerin tätig sei, habe die Vorgängerin umfassende Transportleistungen als „Komplettanbieter im Transportbereich“ angeboten, der seine Fahrzeuge für den länderübergreifenden Fernverkehr über Umzugstransporte bis hin zu Subleistungen eingesetzt habe. Diese Teile seien nicht organisatorisch getrennt gewesen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis änderte das Bundesverwaltungsgericht den Spruch des angefochtenen Bescheides dahin ab, dass die Haftung auf die aus den Vorschreibungen „für die Zeiträume November 2019 bis einschließlich Jänner 2020“ resultierenden Beiträge und Nebengebühren eingeschränkt und die sich daraus ergebende Betragshöhe angepasst wurde.

5 Zu den Grundlagen für die Annahme einer Betriebsnachfolge(haftung) traf das Bundesverwaltungsgericht folgende Feststellungen:

6 Mit dem zwischen der Vorgängerin und der Revisionswerberin abgeschlossenen Kaufvertrag habe die Revisionswerberin insgesamt 22 näher bezeichnete Fahrzeuge (Kleintransporter) von der Vorgängerin gekauft. Der Kaufpreis sei am geleistet worden. Die Vorgängerin sei vom Ehemann der Revisionswerberin im Jahr 2016 gegründet worden. Diese Gesellschaft betreibe seit ihrer Gründung ein Transportunternehmen. Der Ehemann der Revisionswerberin sei bis zum deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer gewesen. Die Gesellschaft sei Inhaberin des Gewerbes „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt.“ Über das Vermögen der Gesellschaft sei am der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft in weiterer Folge gelöscht worden.

7 Die Revisionswerberin betreibe ein Einzelunternehmen und verfüge seit über die Gewerbeberechtigung „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt.“ Sie habe beginnend mit Ende Jänner 2020/Anfang Februar 2020 ihr Unternehmen operativ zu führen begonnen.

8 Die Vorgängerin habe im Zeitraum vom bis zu unterschiedlichen Zeiten innerhalb dieses Zeitraums insgesamt 44 Dienstnehmer beschäftigt (das Verwaltungsgericht zählt 16 dieser Dienstnehmer auf, die von der Vorgängerin während im Erkenntnis näher angegebener Zeiträume beschäftigt worden seien und deren Beschäftigung bei der Vorgängerin jeweils im Dezember 2019 oder Jänner 2020 geendet habe).

9 Die Revisionswerberin habe im Zeitraum von bis insgesamt 26 Dienstnehmer beschäftigt, darunter 14 namentlich angeführte Dienstnehmer, die zuvor bei der Vorgängerin beschäftigt worden seien.

10 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesverwaltungsgericht (im Anschluss an eine Darstellung der Rechtslage und an Zitate aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) aus, dass die Revisionswerberin von der Vorgängerin insgesamt 22 Lieferautos gekauft habe. Dieser Fuhrpark stelle die wesentliche Grundlage des von der Vorgängerin und nun von der Revisionswerberin betriebenen Transportunternehmens dar. Zudem habe sie 16 unmittelbar zuvor von der Vorgängerin beschäftigte Dienstnehmer als Kraftfahrer übernommen. Der Fuhrpark sowie die 16 Kraftfahrer seien als solche geeignet, auf dem für die Revisionswerberin in Betracht kommenden Markt wirtschaftlich werthafte Transportdienstleistungen zu erbringen. Es bestehe kein Zweifel, dass die Revisionswerberin mit diesen von der Vorgängerin angekauften Betriebsmitteln und mit den von dieser Gesellschaft übernommenen Dienstnehmern in die Lage versetzt worden sei, den Betrieb weiterzuführen. Damit seien alle Tatbestandvoraussetzungen für die Annahme einer Nachfolgerhaftung nach § 67 Abs. 4 ASVG erfüllt (auf diese Ausführungen folgen Überlegungen zu dem - im Erkenntnis abweichend zum angefochtenen Bescheid beurteilten - Zeitpunkt des Betriebsübergangs).

11 Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem eine Revisionsbeantwortung nicht erstattet wurde, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

13 Die Revision ist (angesichts der in ihr geltend gemachten Abweichungen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) zulässig und berechtigt.

14 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt der Erwerb bloßer (nicht zur Organisationseinheit Betrieb aktivierbarer oder reaktivierbarer) Teile der Betriebsmittel des Vorgängerbetriebs im Allgemeinen nicht für den Eintritt der Rechtsfolge des § 67 Abs. 4 ASVG. Unter der Voraussetzung einer „selbständigen Betriebsmöglichkeit“ ist aber ein haftungsauslösender Teilbetriebserwerb möglich, bei dem sich die Haftung allerdings nur auf jene Beitragsschulden beziehen kann, die in diesem Teilbetrieb angefallen sind (s. das Erkenntnis vom [verstärkter Senat], 82/08/0021 [=VwSlg. 11.241 A/1983]).

15 Zum Betriebserwerb ist es allerdings nicht erforderlich, dass alle zum Betrieb (bzw. zum Teilbetrieb) gehörigen Betriebsmittel erworben werden; es genügt vielmehr der Erwerb jener Betriebsmittel, die die (nach Betriebsart und Betriebsgegenstand) wesentliche Grundlage des Betriebes des Betriebsvorgängers gebildet haben und den Erwerber mit ihrem Erwerb in die Lage versetzen, den (Teil-)Betrieb (in dem Umfang, mit dem Betriebsgegenstand und in der Betriebsart wie der Vorgänger) fortzuführen. Der Erwerb einzelner, nicht die wesentliche Grundlage des Betriebes darstellenden Betriebsmittel von einem Dritten schließt die Betriebsnachfolge nicht aus. Es ist auch nicht entscheidend, ob der Betrieb tatsächlich fortgeführt wird, und ob im Falle der Fortführung der Betriebsgegenstand und die Betriebsart gleich bleiben. Welche Betriebsmittel in diesem Sinne wesentlich sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles und hängt im Besonderen von Art und Gegenstand des Betriebes ab (vgl. zB ; ; jeweils mwN).

16 Nur auf Basis des Wissens um den Tätigkeitsbereich eines Betriebes kann beurteilt werden, ob im Erwerbszeitpunkt mit den erworbenen Betriebsmitteln die Fortführung dieses konkreten Betriebs möglich gewesen wäre (), ob es sich also bei den übernommenen Betriebsmitteln um jene handelt, mit denen der (Teil-)Betrieb des Vorgängers in dem Umfang, mit dem Betriebsgegenstand und in der Betriebsart wie der Vorgänger, hätte fortgeführt werden können.

17 Während im angefochtenen Bescheid noch die (wenngleich nicht näher begründete) Feststellung enthalten war, dass es sich „bei Personal und Fahrzeugen“ um die „wesentlichen Betriebsmittel eines Unternehmens aus der Wirtschaftsklasse Umzugstransporte“ handle, ist im angefochtenen Erkenntnis jegliche Auseinandersetzung mit dem dazu erstatteten (bestreitenden) näheren Vorbringen der Revisionswerberin unterblieben, wonach der Betrieb der Vorgängerin ein Dienstleistungsbetrieb gewesen sei, für den der „Kontakt zu Kunden“ beziehungsweise der „Kundenstock“ sowie „ein Lager“ wesentlich seien, und dass die Revisionswerberin von der Vorgängerin „keine Kunden, kein Know-How, keinen Standort und auch kein Lager“ (nach dem Vorbringen sohin: nicht die wesentlichen Betriebsmittel) übernommen habe. Die Frage, welche Betriebsmittel nach der Betriebsart, nach dem Betriebsumfang und nach dem Betriebsgegenstand des Vorgängerbetriebes wesentlich waren (und ob etwa ein Lager, Kundenstock und Standort nach Betriebsart, -umfang und -gegenstand dieses Betriebes - wie vorgebracht - wesentlich gewesen seien, oder nicht), wurde vom Verwaltungsgericht nicht nachvollziehbar behandelt.

18 Soweit sich das angefochtene Erkenntnis auf den Umstand bezieht, dass die Revisionswerberin 22 Fahrzeuge von der Vorgängerin erworben habe, fehlt auch eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen, dass es sich bei diesen 22 Fahrzeugen nur um einen Teil des gesamten (ca. 34 bis 40 Fahrzeuge umfassenden) Fuhrparks der Vorgängerin gehandelt habe, sodass für den Verwaltungsgerichtshof bereits unter dem Gesichtspunkt des Umfangs der übernommenen Betriebsmittel nicht nachprüfbar ist, ob es sich bei diesen 22 Fahrzeugen um die wesentlichen Betriebsmittel des Betriebs (oder - unter der Voraussetzung einer „selbständigen Betriebsmöglichkeit“ - eines selbständigen Teilbetriebs) der Vorgängerin gehandelt hat.

19 Diese Überlegung zum Umfang der übernommenen Betriebsmittel gilt auch in Ansehung des Verhältnisses der nach den Feststellungen „übernommenen“ Arbeitnehmer zur Anzahl der zuvor im Vorgängerbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer.

20 Davon losgelöst ist darauf hinzuweisen, dass Arbeitskräfte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebes gehören, wenn es sich um hochspezialisierte, für das Funktionieren des Unternehmens unentbehrliche Fachleute oder um Leitpersonal handelt (vgl. das Erkenntnis vom , 95/08/0248; , 2004/08/0122 [=VwSlg. 16.885 A/2006]; , 2004/08/0211; , 2006/08/0191; , 2009/08/0223). Ob es sich bei den von der Revisionswerberin beschäftigten früheren Dienstnehmern der Vorgängerin um (die) für das Funktionieren des Unternehmens unentbehrliche(n) Fachleute oder um Leitpersonal gehandelt hat, hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt.

21 Weiters fehlt dem angefochtenen Erkenntnis eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit dem Vorbringen, dass nach der Betriebsart des Betriebes, für den eine Betriebsnachfolgehaftung angenommen wurde, andere Betriebsmittel, wie etwa Lager, Kundenstock und Standort, zumindest gleich wesentlich seien wie jene, die im Bescheid (und diesem folgend im Erkenntnis) als wesentlich (und für die Begründung der Haftung ausreichend) qualifiziert wurden.

22 Das angefochtene Erkenntnis war, da das Verwaltungsgericht in den dargestellten Punkten die Rechtslage verkannt hat, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

23 Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013. Ein Ersatz einer Eingabengebühr war wegen der sachlichen Abgabenfreiheit (vgl. § 110 ASVG) nicht zuzusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ASVG §67 Abs4
VwGG §30 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021080058.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAF-45538