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VwGH 28.06.2021, Ra 2021/06/0087

VwGH 28.06.2021, Ra 2021/06/0087

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
BauO Tir 2018 §67 Abs1 lita
BauO Tir 2018 §67 Abs3
RS 1
Bei dem Delikt des § 67 Abs. 1 lit. a Tir BauO 2018 (unbefugte Bauführung) handelt es sich um ein Dauerdelikt, bei dem das strafbare Verhalten erst mit der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes endet (vgl. § 67 Abs. 3 Tir BauO 2018), somit erst mit Erwirkung einer rechtskräftigen Baubewilligung (vgl. betreffend die Festlegung der Tatzeit bei Dauerdelikten , mwH).
Normen
BauO Tir 2018 §67 Abs1
BauO Tir 2018 §67 Abs1 lita
VStG §19
VwRallg
RS 2
Bei der Strafbemessung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom VwGH ist daher (bloß) zu prüfen, ob das VwG von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint. Eine solche Ermessensüberschreitung wird jedoch angesichts der vom VwG begründeten Strafbemessung mit dem bloßen Vorbringen des Revisionswerbers, der Umstand, dass er die gegenständliche Übertretung zugestanden habe, sei nicht (gemeint: im Sinn der Verhängung einer jedenfalls niedrigeren Strafe) berücksichtigt worden, nicht aufgezeigt (vgl. zum Ganzen , mwN), zumal die verhängte Geldstrafe von € 2.500,-- im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (von bis zu € 36.300,--) liegt.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache des S S in R, vertreten durch Dr. Christian Pichler, Rechtsanwalt in 6600 Reutte, Untermarkt 16, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom , LVwG-2020/40/2441-11 und LVwG-2020/40/2442-11, betreffend Übertretung der Tiroler Bauordnung 2018 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Reutte), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft R. vom , mit welchem ihm als handelsrechtlichem Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft eine Übertretung der Tiroler Bauordnung 2018 - TBO 2018 zur Last gelegt, über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 23 Stunden) verhängt und ihm ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt worden war, mit einer Maßgabe im Spruch des bekämpften Bescheides, mit welcher die verletzten Verwaltungsvorschriften und die Strafsanktionsnorm präzisiert sowie der Tatvorwurf dahingehend konkretisiert wurden, dass es der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft zu verantworten habe, dass am durch die Gesellschaft auf näher bezeichneten Grundstücken Flächen zum Abstellen bzw. zur Lagerung von Kraftfahrzeugen errichtet gewesen seien und auf einem anderen Grundstück eine derartige Fläche im Bau befindlich gewesen sei, was ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben darstelle, wobei eine Baubewilligung nicht vorgelegen habe, als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkte 1. bis 4.); unter einem wurde dem Revisionswerber ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt (Spruchpunkt 5.). Der Beschwerde gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses, mit welchem dem Revisionswerber die Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage ohne entsprechende gewerberechtliche Genehmigung zur Last gelegt worden war, wurde Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesem Spruchpunkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt (Spruchpunkt 6.). Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt 7.).

5 Soweit der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision - welche sich ihrem Inhalt nach ausschließlich gegen die erfolgte Abweisung seiner Beschwerde richtet - bemängelt, das angefochtene Erkenntnis entspreche nicht den Anforderungen des § 44a Z 1 und 2 VStG, weil auch aus den Feststellungen in keiner Weise ableitbar sei, dass der Revisionswerber irgendwelche Handlungen gesetzt hätte, die einer Übertretung einer Verwaltungsvorschrift entsprächen und insbesondere im Spruch jede Ausführung dazu fehle, was er konkret hätte tun oder unterlassen sollen, zeigt er keine Rechtsfrage auf, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

6 Nach ständiger hg. Judikatur sind maßgebliche Gesichtspunkte bei der Konkretisierung der Tat - und der Frage, ob eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde - die Wahrung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und die Vermeidung der Gefahr einer Doppelbestrafung. § 44a Z 1 VStG ist - unter Rechtsschutzüberlegungen - dann entsprochen, wenn im Spruch des Strafbescheides dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Ausgehend von dieser Zielrichtung des Konkretisierungsgebotes des § 44a Z 1 VStG sind die an die Tatumschreibung zu stellenden Erfordernisse von Delikt zu Delikt und nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall unterschiedlich zu beurteilen, wobei eine derartige - notwendigerweise einzelfallbezogene - Beurteilung im Regelfall nicht revisibel ist (vgl. zum Ganzen etwa , mwN).

7 Im Revisionsfall geht aus dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses klar hervor, dass dem Revisionswerber als handelsrechtlichem Geschäftsführer der näher bezeichneten Gesellschaft die unbefugte Bauführung (vgl. § 67 Abs. 1 lit. a TBO 2018) in Bezug auf die gegenständlichen Abstell- bzw. Lagerflächen für Kraftfahrzeuge zur Last gelegt wurde. Bei diesem Delikt handelt es sich um ein Dauerdelikt, bei dem das strafbare Verhalten erst mit der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes endet (vgl. § 67 Abs. 3 TBO 2018), somit erst mit Erwirkung einer rechtskräftigen Baubewilligung (vgl. betreffend die Festlegung der Tatzeit bei Dauerdelikten , mwH). Es ist demnach für die Tatumschreibung nicht ausschlaggebend, ob Teile des Abstellplatzes (laut den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis wurde der Mitarbeiterparkplatz bereits in den Jahren 2016/2017 errichtet) allenfalls bereits vor der Bestellung des Revisionswerbers zum handelsrechtlichen Geschäftsführer der betreffenden Gesellschaft mit errichtet wurden.

8 Inwiefern das angefochtene Erkenntnis angesichts des Umstandes, dass es die verletzten Verwaltungsvorschriften ausdrücklich nennt, gegen die Anforderungen des § 44a Z 2 VStG verstoßen soll, ist nicht ersichtlich und wird vom Revisionswerber auch nicht näher ausgeführt.

9 Im Übrigen reicht die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einer der ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleiche, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden habe und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, nicht aus, um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darzutun (vgl. etwa , mwN).

10 Das Vorbringen des Revisionswerbers zur behaupteten Verjährung trifft nicht zu, weil es sich bei dem gegenständlichen Delikt, wie oben bereits ausgeführt, um ein Dauerdelikt handelt, bei dem das strafbare Verhalten erst mit der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes endet. Für die gegenständliche bauliche Anlage hat den insoweit unbestrittenen Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis zufolge aber weder zum Zeitpunkt der Feststellung durch die Behörde (noch zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht) eine Baubewilligung vorgelegen. Auch diesbezüglich zeigt der Revisionswerber somit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf.

11 Der Revisionswerber behauptet weiters im Zusammenhang mit der Strafbemessung ein Abgehen des Verwaltungsgerichtes von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis . Dabei übersieht der Revisionswerber jedoch, dass der Sachverhalt, der dem vom Revisionswerber zitierten hg. Erkenntnis zugrunde lag, mit dem vorliegenden Revisionsfall nicht vergleichbar ist, weil es im Revisionsfall nach den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis gerade keine solche schriftliche Aufgabenverteilung zwischen den handelsrechtlichen Geschäftsführern gegeben hat. Dass bzw. inwiefern im Revisionsfall eine im Rahmen der Strafbemessung zu berücksichtigende (überlange) Dauer des Strafverfahrens vorliegen soll, führt die Revision nicht näher aus und ist auch nicht ersichtlich.

12 Darüber hinaus ist festzuhalten, dass es sich bei der Strafbemessung um eine Ermessensentscheidung handelt, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint. Eine solche Ermessensüberschreitung wird jedoch angesichts der vom Verwaltungsgericht begründeten Strafbemessung mit dem bloßen Vorbringen des Revisionswerbers, der Umstand, dass er die gegenständliche Übertretung zugestanden habe, sei nicht (gemeint: im Sinn der Verhängung einer jedenfalls niedrigeren Strafe) berücksichtigt worden, nicht aufgezeigt (vgl. zum Ganzen , mwN), zumal die verhängte Geldstrafe von € 2.500, im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (von bis zu € 36.300, ) liegt.

13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gestellten Anforderungen auch dann nicht entsprochen, wenn der Revisionswerber bloß allgemein behauptet, das Verwaltungsgericht sei von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen, ohne konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher hg. Rechtsprechung ihrer Ansicht nach das Verwaltungsgericht in welchen Punkten abgewichen sein soll (vgl. etwa , mwN).

14 Mit der in der Zulässigkeitsbegründung enthaltenen bloßen Behauptung, die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, es liege fahrlässiges Handeln vor, widerspräche der nicht näher bezeichneten herrschenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wird die Begründung für die Zulässigkeit der Revision somit nicht gesetzmäßig ausgeführt. Im Übrigen wurde dem Revisionswerber nicht ein einmaliges, auf einen einzigen Tag beschränktes Verhalten vorgeworfen; bei dem im angefochtenen Erkenntnis genannten Tag, den , handelt es sich vielmehr um den Tag, an dem der behördliche Lokalaugenschein durchgeführt wurde, im Zuge dessen die unbefugte Bauführung festgestellt wurde. Mit diesem Vorbringen können daher auch keine einem Verbotsirrtum, der seitens des Verwaltungsgerichtes im Übrigen mit näherer Begründung verneint wurde, nahekommenden Gründe dargelegt werden.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
BauO Tir 2018 §67 Abs1
BauO Tir 2018 §67 Abs1 lita
BauO Tir 2018 §67 Abs3
VStG §19
VwRallg
Schlagworte
Ermessen VwRallg8
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060087.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-45503