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VwGH 26.03.2021, Ra 2021/06/0011

VwGH 26.03.2021, Ra 2021/06/0011

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
BauG Stmk 1995 §22
BauG Stmk 1995 §23
BauG Stmk 1995 §29
BauRallg
RS 1
Die Baubewilligung wird für ein durch seine Lage bestimmtes Vorhaben erteilt, sodass für jedes Verrücken des Bauvorhabens eine neuerliche Baubewilligung erwirkt werden muss (vgl. ; , 2010/05/0182). Es sind zwar Einzelfälle denkbar, in denen durch eine geringfügige Verschiebung eines Bauwerkes nicht vom Vorliegen eines rechtlichen "aliud" auszugehen ist (vgl. ; , 89/05/0026). Der Rechtsprechung ist jedoch lediglich zu entnehmen, dass eine durch die Abweichung vom genehmigten Plan eintretende Unterschreitung der Mindestabstände jedenfalls dazu führt, dass von einer wesentlichen Änderung auszugehen ist. Die vom Revisionswerber angesprochene "völlige Alleinlage des Wirtschaftsgebäudes im 120 ha großen Areal des Revisionswerbers" vermag an den rechtlichen Vorgaben im Sinne der zitierten Judikatur nichts zu ändern.
Normen
BauG Stmk 1995 §29
BauRallg
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
RS 2
Die Frage des Vorliegens eines baurechtlich bewilligten Gebäudes ist eine solche des Einzelfalles und unterliegt somit grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa , mwN).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, in der Revisionssache des P R in S, vertreten durch Dr. Peter Semlitsch und Dr. Wolfgang Klobassa, Rechtsanwälte in 8570 Voitsberg, Kirchengasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , LVwG 50.38-2564/2019-27, betreffend Abweisung eines Antrages auf Nutzungsänderung nach dem Steiermärkischen Baugesetz 1995 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Marktgemeinde St. Barbara im Mürztal; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde St. Barbara im Mürztal vom wurde der Antrag des Revisionswerbers vom auf Genehmigung einer Änderung des Verwendungszweckes eines landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäudes mit Garage und Wirtschaftsraum auf einem näher genannten Grundstück der KG G. als nicht genehmigungsfähig abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde St. Barbara im Mürztal (belangte Behörde) vom als unbegründet abgewiesen. Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG).

2 Mit Schreiben vom konkretisierte der Revisionswerber seinen Parteiwillen dahingehend, dass er die Nutzungsänderung für das obere Stockwerk des Wirtschaftsgebäudes beantrage. Es sei beabsichtigt, anstatt des bewilligten Hühnerstalls eine Privatzimmervermietung im Rahmen von „Urlaub am Bauernhof“ zu betreiben.

3 Der vom LVwG beigezogene bautechnische Sachverständige kam in seinem Gutachten zusammenfassend zum Ergebnis, dass es sich bei den dargestellten Abweichungen im Obergeschoß und Untergeschoß des Wirtschaftsgebäudes um keine Fertigungsabweichungen innerhalb der Normtoleranzen handle.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des LVwG wurden die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und (durch Neuformulierung des Spruchs des erstinstanzlichen Bescheides) das Bauansuchen des Revisionswerbers vom betreffend die Änderung des Verwendungszweckes für das obere Stockwerk des Wirtschaftsgebäudes auf näher genannten Grundstücken vom Hühnerstall auf Privatzimmervermietung im Rahmen von „Urlaub am Bauernhof“ gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 19 Steiermärkisches Baugesetz 1995 (Stmk. BauG) abgewiesen. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.

5 In seinen rechtlichen Erwägungen hielt das LVwG im Wesentlichen fest, für die gegenständliche Frage der Verwendungszweckänderung sei als Vorfrage zu klären, ob überhaupt von einem baurechtlich bewilligten Gebäude ausgegangen werden könne. Hinsichtlich des Wirtschaftsgebäudes liege ein Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Veitsch vom vor.

6 Eine Baubewilligung werde für ein durch seine Lage bestimmtes Vorhaben erteilt. Werde hingegen eine bauliche Anlage errichtet, die ihrer tatsächlichen Situierung von der erteilten Baubewilligung abweiche, sei von einem rechtlichen „aliud“ auszugehen (Verweis auf ; , 2010/05/0182). Zwar seien Einzelfälle denkbar, in denen durch eine geringfügige Verschiebung eines Bauwerks um einige Zentimeter nicht vom Vorliegen eines rechtlichen „aliud“ auszugehen sei, dabei dürfe sich die Verschiebung aber nur im Rahmen von Messungenauigkeiten bewegen (Verweis auf ; , 89/05/0026). Ein Verrücken einer baulichen Anlage über den Rahmen von Messungenauigkeiten hinaus sei vom ursprünglichen Konsens jedenfalls nicht umfasst, weil eine komplette Abtragung der Wände einer baulichen Anlage den Untergang des Baukonsenses zur Folge habe (Verweis auf ; , 91/06/0080).

7 Im vorliegenden Fall sei das Gebäude anders als baubewilligt und weit über das Ausmaß von Messungenauigkeiten in seiner Lage verändert ausgeführt worden. Im Zeitpunkt der Errichtung sei nach der gültigen Vermessungsverordnung 1994 eine Toleranz vom 0,15 m zulässig gewesen. Wie der Amtssachverständige schlüssig dargelegt habe, sei das Gebäude um bis zu 7 m verrückt bzw. verdreht ausgeführt worden.

8 Demzufolge könne nicht von einem baurechtlich bewilligten Gebäude ausgegangen werden. Das Ansuchen vom sei bereits aus diesem Grund abzuweisen. Es erübrige sich demnach, auf die Frage einzugehen, ob die Verwendungszweckänderung aus raumordnungsrechtlichen Gesichtspunkten bewilligungsfähig wäre. Die Voraussetzungen zur Erteilung einer baurechtlichen Bewilligung gemäß § 29 Abs. 1 Stmk. BauG lägen nicht vor.

9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis des LVwG weiche insofern von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, als allein das Abweichen einer baulichen Anlage in seiner tatsächlichen Situierung von der durch die Baubewilligung bestimmten Lage nicht a priori als wesentliche Änderung für die Annahme eines rechtlichen „aliud“ anzusehen sei. Nach der Judikatur seien Einzelfälle denkbar, in denen durch die Verschiebung eines Bauwerkes nicht vom Vorliegen eines rechtlichen „aliud“ auszugehen sei, wenn aber durch diese Abweichung vom genehmigten Plan eine Unterschreitung der Mindestabstände eingetreten sei, sei die Nichteinhaltung der Abstandsvorschriften jedenfalls als wesentliche Änderung anzusehen (Verweis auf ). Gegenständlich sei aufgrund der festgestellten Abweichungen vom Plan, welche jedoch weiterhin bestritten würden, eine Nichteinhaltung von Abstandsbestimmungen nicht eingetreten, weshalb wesentliche Abweichungen von diesem nicht gegeben seien.

14 Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird die Baubewilligung für ein durch seine Lage bestimmtes Vorhaben erteilt, sodass für jedes Verrücken des Bauvorhabens eine neuerliche Baubewilligung erwirkt werden muss (vgl. die bereits oben genannte, im angefochtenen Erkenntnis des LVwG zitierte Judikatur). Es sind zwar Einzelfälle denkbar, in denen durch eine geringfügige Verschiebung eines Bauwerkes nicht vom Vorliegen eines rechtlichen „aliud“ auszugehen ist. Der (auch in der Revision zitierten) Rechtsprechung ist jedoch lediglich zu entnehmen, dass eine durch die Abweichung vom genehmigten Plan eintretende Unterschreitung der Mindestabstände jedenfalls dazu führt, dass von einer wesentlichen Änderung auszugehen ist.

15 Die vom Revisionswerber angesprochene „völlige Alleinlage des Wirtschaftsgebäudes im 120 ha großen Areal des Revisionswerbers“ vermag an den rechtlichen Vorgaben im Sinne der zitierten Judikatur nichts zu ändern. Im vorliegenden Verfahren geht es nicht um die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für das tatsächlich errichtete Gebäude, sondern um einen Antrag auf Verwendungsänderung von Räumen, die nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts abweichend von der Baubewilligung errichtet wurden.

16 Die Frage des Vorliegens eines baurechtlich bewilligten Gebäudes ist eine solche des Einzelfalles und unterliegt somit grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa , mwN).

17 Der Revisionswerber bestreitet in den Zulässigkeitsausführungen zwar die festgestellten Abweichungen vom Plan, ohne dieses Vorbringen jedoch näher zu konkretisieren. Er bringt auch nicht vor, den gutachterlichen Ausführungen des vom LVwG beigezogenen Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten zu sein.

18 Angesichts der vom LVwG auf der Grundlage der Verfahrensergebnisse (gegenüber der baurechtlichen Bewilligung) festgestellten Verrückung des in Rede stehenden Gebäudes um bis zu 7 m und einer verdrehten Ausführung dieses Gebäudes, kann dem LVwG nicht vorgeworfen werden, diese Einzelfallbeurteilung in unvertretbarer Weise vorgenommen zu haben.

19 Auch der vom Revisionswerber geltend gemachte Umstand, dass „die Bauverhandlung mit sämtlichen Beteiligten vor fertigen Grundmauern durchgeführt“ worden sei, ist nicht geeignet, die festgestellten Abweichungen von den Einreichunterlagen in Zweifel ziehen.

20 Im Übrigen wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision im Wesentlichen vorgebracht, der Revisionswerber sei (von der Behörde) jahrelang „gehänselt“ worden, er könne aufgrund eines ihm nie erteilten Auftrages, die Baubewilligung zu beantragen, von einem vermuteten Konsens ausgehen, der beigezogene Amtssachverständige habe Standortdaten mit einer (Satelliten-)Technik überprüft, die es vor zehn Jahren noch gar nicht gegeben habe, und es sei dem Revisionswerber bewusst, dass die Gemeinde ihm seit zehn Jahren keine Genehmigung mehr erteilt habe und bis auf Weiteres keine erteilen werde.

21 Diese Ausführungen stellen rudimentäre Begründungselemente dar, lassen jedoch nicht erkennen, worin der Revisionswerber die vom Verwaltungsgerichtshof zu klärende grundsätzliche Rechtsfrage erblickt.

22 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
BauG Stmk 1995 §22
BauG Stmk 1995 §23
BauG Stmk 1995 §29
BauRallg
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060011.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAF-45495