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VwGH 09.06.2022, Ra 2021/05/0118

VwGH 09.06.2022, Ra 2021/05/0118

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwRallg
RS 1
Bei einer Ermessensübung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn die im Einzelfall vorgenommene Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre bzw. wenn eine krasse Fehlbeurteilung im Sinne eines Missbrauchs oder eines Überschreitens des eingeräumten Ermessens vorläge (vgl. zum Ganzen , mwN).
Normen
BauO Wr §71
VwRallg
RS 2
Die Versagung einer Bewilligung für Bauwerke vorübergehenden Bestandes ist rechtmäßig, wenn sonst die Realisierung des geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes hintangehalten werden würde oder wenn bei nicht willkürlicher Handhabung in der Folge weitere Bewilligungen erteilt werden müssten und die Vielzahl den öffentlichen Rücksichten widerstreitet bzw. den Flächenwidmungsplan unvollziehbar macht.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr.in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Revisionssache der Dkfm. G B in W, vertreten durch Mag. Dr. Otto Ranzenhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salztorgasse 1/9, gegen das am  mündlich verkündete und am selben Tag schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien, VGW-111/084/9514/2020-10, betreffend Versagung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Revisionswerberin gemäß den §§ 70 und 71 der Bauordnung für Wien (BO) die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung diverser Spielgeräte, einer Gerätehütte sowie Einbauten und Stützmauern auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien in der Widmung „SWW“ (Grünland - Schutzgebiet, Wald- und Wiesengürtel) versagt. Das Projekt widerspreche den in § 6 Abs. 3 BO erwähnten zulässigen Nutzungen für diese Widmung.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, die beantragten Baulichkeiten würden in der Widmung „Schutzgebiet, Wald- und Wiesengürtel (SWW)“ liegen und seien nur von der Liegenschaft der Revisionswerberin aus zugänglich. Die Widmung sei bereits im Jahr 2000 festgelegt worden. Die Errichtung der Baulichkeiten sei nach dem Vorbringen der Revisionswerberin „für die Enkelkinder“ erfolgt. Eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung der Bauwerke liege offensichtlich nicht vor.

4 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, dass in der gegenständlichen Widmung gemäß § 6 Abs. 3 BO nur Bauwerke kleineren Umfangs, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken oder der Erholung suchenden Bevölkerung dienen würden, zulässig seien. Land- und forstwirtschaftliche Nutzung liege nicht vor. Auch der Erholung suchenden Bevölkerung würden die Bauwerke nicht dienen, weil sie nur von der Liegenschaft der Revisionswerberin aus zugänglich seien. Eine Bewilligung gemäß § 71 BO für Bauwerke vorübergehenden Bestandes sei deshalb nicht möglich, weil eine derartige Ausnahmegenehmigung dazu führen würde, dass die Baubehörde in gleichartigen Fällen auch eine Ausnahmegenehmigung erteilen müsste. Im konkreten Fall lägen sieben Liegenschaften nebeneinander, die wie das Grundstück der Revisionswerberin an ein Grundstück mit SWW-Widmung angrenzten. Bei Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für sämtliche dieser Grundstücke würde die Widmung SWW „ad absurdum“ geführt werden.

5 Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom , E 4190/2020-11, die Behandlung der dagegen von der Revisionswerberin erhobenen Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der Folge erhob die Revisionswerberin gegen das angefochtene Erkenntnis die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit aus, dass die Erteilung einer Bewilligung im Sinne des § 71 BO eine Ermessensentscheidung sei. Das Gericht sei verpflichtet, in der Begründung seiner Entscheidung die für die Ermessensübung maßgebenden Überlegungen und Umstände insoweit offen zu legen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Entscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich sei. Diesen Anforderungen sei das Verwaltungsgericht nicht nachgekommen. Es habe die Gründe, die für die Erteilung einer Baubewilligung sprechen, gegen jene, die dagegen sprechen, nicht abgewogen.

10 Damit wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

11 Bei einer Ermessensübung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn die im Einzelfall vorgenommene Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre bzw. wenn eine krasse Fehlbeurteilung im Sinne eines Missbrauchs oder eines Überschreitens des eingeräumten Ermessens vorläge (vgl. zum Ganzen , mwN).

12 Die Versagung einer Bewilligung für Bauwerke vorübergehenden Bestandes ist rechtmäßig, wenn sonst die Realisierung des geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes hintangehalten werden würde oder wenn bei nicht willkürlicher Handhabung in der Folge weitere Bewilligungen erteilt werden müssten und die Vielzahl den öffentlichen Rücksichten widerstreitet bzw. den Flächenwidmungsplan unvollziehbar macht (s. Moritz, BauO für Wien6 (2019) Anm. zu § 71, 269 f. und die dort angeführte Judikatur des VwGH). Die Gründe für seine Ermessensübung - Ausnahmebewilligungen dieser Art (auch) für die benachbarten Liegenschaften würden die SWW-Widmung sinnlos machen - hat das Verwaltungsgericht zwar knapp, aber nachvollziehbar dargelegt und sein Ermessen im Rahmen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeübt. Eine die Rechtssicherheit beeinträchtigende, unvertretbare Vorgehensweise ist nicht ersichtlich und wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision auch nicht aufgezeigt.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 

Zusatzinformationen


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Normen
BauO Wr §71
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwRallg
Schlagworte
Ermessen VwRallg8
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021050118.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAF-45483