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VwGH 27.10.2023, Ra 2021/05/0097

VwGH 27.10.2023, Ra 2021/05/0097

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
BauO Wr §75 Abs1
BauO Wr §79 Abs5
BauO Wr §79 Abs6
GaragenG Wr 1957 §4 Abs4
GaragenG Wr 2008 §4 Abs3
VwGG §34 Abs1
RS 1
Der VwGH hat zu § 4 Abs. 4 Wr GaragenG 1957, der insoweit identen Vorgängernorm des § 4 Abs. 3 Wr GaragenG 2008, bereits ausgesprochen, dass der grundsätzlichen Zulässigkeit von Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen im Bauland die grundsätzliche Unzulässigkeit auf gärtnerisch auszugestaltenden Teilen der Liegenschaft entgegensteht (vgl. ). Die im zweiten Satz, erster Halbsatz des § 4 Abs. 4 Wr GaragenG 1957, jetzt § 4 Abs. 3 Wr GaragenG 2008, normierte ausnahmsweise Zulässigkeit solcher Anlagen ist an die dort genannten Voraussetzungen geknüpft: Diese Anlagen dürfen eine Bodenfläche von 50 m2 nicht überschreiten. Sie sind in den Bauklassen I und II (somit nach der Definition in § 75 Abs. 1 Wr BauO nur im Wohngebiet und im gemischten Baugebiet, aber nicht im Gartensiedlungsgebiet) auf seitlichen Abstandsflächen zulässig; unter diesen Voraussetzungen sind sie im Vorgarten dann zulässig, wenn ihre Errichtung auf seitlichen Abstandsflächen oder auf bebaubaren Teilen der Liegenschaft im Hinblick auf die Geländeverhältnisse oder wegen des vorhandenen Baubestandes nicht zumutbar ist. Diese Rechtsprechung ist angesichts des insofern vergleichbaren Wortlautes auf die geltende Rechtslage zu übertragen.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

Ra 2021/05/0098

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofrätinnen Mag. Liebhart-Mutzl und Dr.in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Tichy, über die Revision 1. des Dr. R B und 2. der Mag. A B, beide vertreten durch Mag. Karl Moser, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Zeltgasse 3/13, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , 1. VGW-112/067/113/2021-5 und 2. VGW-112/V/067/114/2021, betreffend einen Auftrag nach § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbenden Parteien haben der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis sind die revisionswerbenden Parteien grundbücherliche Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft in W., welche die Widmung „Bauland, Gartensiedlungsgebiet“ aufweist.

2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde den revisionswerbenden Parteien gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für WienBO für Wien (im Folgenden: BO) aufgetragen, das vorschriftswidrige Einstellen von Kraftfahrzeugen auf dieser Liegenschaft zu unterlassen und die Erfüllung des Auftrages schriftlich zu melden.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Parteien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab (Spruchpunkt 1.) und sprach aus, dass gegen diese Entscheidung eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei (Spruchpunkt 2.).

4 Seinen Erwägungen legte das Verwaltungsgericht u.a. die Feststellung zugrunde, dass die revisionswerbenden Parteien eingeräumt hätten, dass im linken Liegenschaftsbereich im Bereich der nördlichen Grundgrenze ein Kraftfahrzeug eingestellt werde. Es sei unstrittig, dass keine Bewilligung für das Einstellen von Kraftfahrzeugen auf der Liegenschaft vorliege. Aus dem Einreichplan ergebe sich, dass das Gebäude im Erdgeschoß einen Abstand von 4,07 m zur nördlichen Grundgrenze der Nachbarliegenschaft aufweise. Im Obergeschoß sei an der nördlich gelegenen Front des Hauses eine Auskragung projektiert, deren Außenfront zur nördlichen Nachbarliegenschaft einen Abstand von 3,02 m einhalte.

5 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, dass § 3 Abs. 1 Z 2 Wiener Garagengesetz 2008 (WGarG 2008) die baubehördliche Bewilligungspflicht für die Verwendung von Flächen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen statuiere. § 3 Abs. 3 WGarG 2008 sehe dazu eine Ausnahme für das Einstellen von Kraftfahrzeugen in Abstandsflächen vor, wenn der Abstand vom Gebäude zur Nachbargrundgrenze mindestens drei Meter betrage. Der Begriff der Abstandsfläche in § 3 WGarG 2008 knüpfe gemäß § 1 Abs. 2 WGarG 2008 an jenen für die BO geprägten Begriff an. Gemäß § 79 Abs. 3 zweiter Satz BO sei eine Abstandsfläche die Fläche, die zwischen den Nachbargrenzen und den gedachten Abstandslinien liege. Der zweite Satz des § 79 Abs. 3 BO knüpfe dabei an die im ersten Satz der Bestimmungen für Bauklassen festgelegten Abstände an. Bauklassenfestsetzungen bezögen sich jedoch nicht auf Gartensiedlungsgebiete, weshalb sich die Ausnahme von der baubehördlichen Bewilligungspflicht für das Einstellen von Kraftfahrzeugen gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 WGarG 2008 auf der gegenständlichen Liegenschaft, die gemäß dem anzuwendenden Plandokument 7427 vom die Widmung „Bauland, Gartensiedlungsgebiet“ aufweise, nicht auf § 3 Abs. 3 WGarG 2008 zu stützen vermöge. Für das Einstellen von Kraftfahrzeugen auf diesem Grundstück bedürfe es einer Bewilligung im Sinne des § 3 WGarG 2008. Diese liege unstrittig nicht vor, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen sei.

6 Dagegen wendet sich die vorliegende Revision, die zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorbringt, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die für das Einstellen eines Kraftfahrzeugs mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von 3.500 Kilogramm in einer Abstandsfläche, unter der Voraussetzung, dass der Abstand vom Gebäude zur Nachbargrenze mindestens drei Meter betrage, vorgesehene Ausnahme von der baubehördlichen Bewilligungspflicht von Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen in § 3 Abs. 3 WGarG 2008 auch für Liegenschaften mit der Widmung „Gartensiedlungsgebiet“ Anwendung finde oder nicht. Wäre die Bestimmung auch auf Liegenschaften mit der Widmung „Gartensiedlungsgebiet“ - wie jene der revisionswerbenden Parteien - anzuwenden, wäre ihnen das Einstellen eines Kraftfahrzeuges auf ihrer Liegenschaft nicht zu untersagen gewesen.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat ein Vorverfahren durchgeführt, im Zuge dessen die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattet und die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt hat.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa , mwN).

11 Entgegen den Ausführungen in dem angefochtenen Erkenntnis ist die Frage, ob es sich bei der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Fläche um eine Abstandsfläche im Sinne des § 79 Abs. 3 BO handelt oder nicht, im vorliegenden Fall nicht ausschlaggebend. Der Gesetzgeber hat für Liegenschaften in Gartensiedlungsgebieten in § 79 Abs. 5 BO, dessen Wortlaut insofern eindeutig ist, eine eigene Regelung für Mindestabstände von Gebäuden auf Baulosen von der Achse der Aufschließungswege (1. Satz) sowie für Mindestabstände von zwei Metern zu den Grundgrenzen, wenn das Gebäude - wie im vorliegenden Fall - nicht unmittelbar an Grundgrenzen errichtet wird (2. Satz), getroffen.

12 Die Revision übersieht, dass diese Flächen nach § 79 Abs. 5 BO wiederum nach dem klaren Wortlaut des § 79 Abs. 6 BO gärtnerisch auszugestalten sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 4 Abs. 4 Wiener Garagengesetz 1957, der insoweit identen Vorgängernorm des § 4 Abs. 3 WGarG 2008, bereits ausgesprochen, dass der grundsätzlichen Zulässigkeit von Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen im Bauland die grundsätzliche Unzulässigkeit auf gärtnerisch auszugestaltenden Teilen der Liegenschaft entgegensteht (vgl. ). Die im zweiten Satz, erster Halbsatz des § 4 Abs. 4 Wiener Garagengesetz 1957, jetzt § 4 Abs. 3 WGarG 2008, normierte ausnahmsweise Zulässigkeit solcher Anlagen ist an die dort genannten Voraussetzungen geknüpft: Diese Anlagen dürfen eine Bodenfläche von 50 m2 nicht überschreiten. Sie sind in den Bauklassen I und II (somit nach der Definition in § 75 Abs. 1 BO nur im Wohngebiet und im gemischten Baugebiet, aber nicht im Gartensiedlungsgebiet) auf seitlichen Abstandsflächen zulässig; unter diesen Voraussetzungen sind sie im Vorgarten dann zulässig, wenn ihre Errichtung auf seitlichen Abstandsflächen oder auf bebaubaren Teilen der Liegenschaft im Hinblick auf die Geländeverhältnisse oder wegen des vorhandenen Baubestandes nicht zumutbar ist. Diese Rechtsprechung ist angesichts des insofern vergleichbaren Wortlautes auf die geltende Rechtslage zu übertragen.

13 Auf die Beantwortung der von der Revision aufgeworfenen Rechtsfrage kommt es angesichts dieser Rechtslage und der oben zitierten Rechtsprechung für den vorliegenden Fall nicht an.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

15 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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Normen
BauO Wr §75 Abs1
BauO Wr §79 Abs5
BauO Wr §79 Abs6
GaragenG Wr 1957 §4 Abs4
GaragenG Wr 2008 §4 Abs3
VwGG §34 Abs1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021050097.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAF-45480