VwGH 04.05.2021, Ra 2021/05/0079
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | BauO Wr §129 Abs10 BauO Wr §135 Abs1 BauRallg VStG §5 Abs1 |
RS 1 | Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 135 Abs. 1 iVm § 129 Abs. 10 Wr BauO handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG; der Täter kann zufolge dieser Bestimmung nur dann straflos bleiben, wenn er glaubhaft macht, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist, bzw. wenn er aufzuzeigen vermag, dass er während des ihm angelasteten Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternommen hat, um die Konsenswidrigkeit innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen (vgl. , mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2018/05/0030 B RS 2 |
Normen | BauO Wr §129 Abs10 BauRallg VStG §5 Abs1 |
RS 2 | Da es sich bei der Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 10 Wr BauO um ein Ungehorsamsdelikt handelt, hat die Strafbehörde, wenn der objektive Tatbestand festgestellt ist, mit einer Verwaltungsstrafe vorzugehen, es sei denn, der Täter beweist, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei; straffrei bleibt der Eigentümer, wenn er beweist, alles in seinen Kräften unternommen zu haben, um den vorschriftswidrigen Bau zu beseitigen (vgl. , mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2022/05/0186 B RS 2 |
Normen | BauO Wr §86 VwRallg |
RS 3 | Die Aufgabe einer Einfriedung ist, eine Liegenschaft schützend zu umgeben. Es geht somit darum, die Sicherheit dadurch zu gewähren, dass ein Eindringen ferngehalten wird, das typischerweise durch eine bauliche Anlage wie eine Einfriedung verhindert oder zumindest wesentlich erschwert werden kann (vgl. zur Tir BauO 2001 , mwN). Bei einer Einfriedung muss die grundsätzliche Eignung gegeben sein, die Liegenschaft nach außen abzuschließen. Es liegt eine Einfriedung auch dann vor, wenn sie nicht unmittelbar an der Grundgrenze errichtet wird, sondern es genügt, wenn sie im Nahebereich der Grundgrenze liegt und die Liegenschaft schützend umgibt (vgl. etwa zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem Stmk BauG 1995 , mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2023/06/0154 B RS 1 (hier: ohne den letzten Satz) |
Normen | BauO Wr §60 Abs1 litb BauO Wr §62a Abs1 Z6 |
RS 4 | Baustelleneinrichtungen sind, wie sich aus § 62a Abs. 1 Z 6 Wr BauO ergibt, nur für die Dauer der Bauausführung nicht bewilligungspflichtig. Baustelleneinrichtungen dürfen somit nur unmittelbar vor Baubeginn (und während der Bauausführung) errichtet werden, sofern außerdem eine allenfalls erforderliche Baubewilligung für jenes Bauvorhaben rechtskräftig erteilt worden ist, welchem die Baustelleneinrichtung dienen soll (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das zur vergleichbaren Bestimmung des § 41 Abs. 4 lit. d OÖ BauO 1976 ergangene E vom , 93/05/0153). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2014/05/0022 E RS 1 |
Normen | |
RS 5 | Die Frage, ob das VwG im vorliegenden Fall zu Recht das Vorliegen von Fahrlässigkeit bejaht hat, ist keine Rechtsfrage, der über den konkreten Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2022/02/0195 B RS 4 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Dr. H, vertreten durch Mag. Michael Bodmann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Heinrichsgasse 4/5B, der gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , VGW-011/017/10508/2020-12, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom legte das Verwaltungsgericht Wien dem Revisionswerber eine Übertretung des § 129 Abs. 10 iVm § 86 Abs. 3 iVm § 60 Abs. 1 lit. b der Bauordnung für Wien zur Last. Über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 600,-- sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Stunden verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag auferlegt.
2 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision enthält den Antrag, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend führt der Revisionswerber dazu aus, es lägen keine zwingenden öffentlichen Interessen vor, welche einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen könnten. Bei Vollzug der verhängten Strafe würde dem Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil drohen; seine finanziellen Mittel seien beschränkt und er würde sohin in Folge der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten müssen, die jedoch anders als eine Geldstrafe nicht zurückgezahlt werden könne. Die Interessenabwägung habe daher zu Gunsten des Revisionswerbers stattzufinden.
3 Gemäß § 30 Abs. 1 erster Satz VwGG hat die Revision keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
4 Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich, dass der Revisionsweber schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne Weiteres erkennen lassen. Betrifft der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eine Entscheidung, mit der der Revisionswerber zu einer Geldleistung verpflichtet wurde, so genügt der Antragsteller dem genannten Konkretisierungsgebot nur dann, wenn er einerseits seine im Zeitpunkt der Antragstellung bezogenen Einkünfte sowie seine Vermögensverhältnisse und andererseits, sofern es sich um eine physische Person handelt, seine gesetzlichen Sorgepflichten durch konkrete - tunlichst ziffernmäßige - Angaben glaubhaft dartut. Denn nur so wird der Verwaltungsgerichtshof überhaupt in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob der Vollzug der angefochtenen Entscheidung für den Revisionswerber einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte (vgl. für viele etwa , , Ra 2019/11/0202 oder , Ra 2018/02/0072, jeweils mwN, sowie , Ra 2014/05/0050 mit Hinweis auf den Beschluss eines verstärkten Senates vom , VwSlg. 10.381/A).
5 Der vorliegende Aufschiebungsantrag lässt mangels Darlegung der konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Revisionswerbers die Beurteilung nicht zu, ob und aus welchem Grund für ihn mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre (vgl. nochmals oder auch , Ra 2019/11/0202); dem Konkretisierungsgebot im Sinne der dargestellten Rechtsprechung wird damit nicht entsprochen.
6 Im Übrigen führt der Antrag auch nicht aus, aus welchem Grund dem Revisionswerber im Hinblick auf § 54b Abs. 3 VStG (wonach einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung einer Geldstrafe nicht zuzumuten ist, auf Antrag ein angemessener Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen ist) sowie im Hinblick auf § 53b Abs. 3 VStG (wonach - sofern nicht Fluchtgefahr besteht - mit dem Vollzug einer Freiheitsstrafe bis zur Entscheidung über eine beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Revision zuzuwarten ist) durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses ein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG drohen würde.
7 Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher nicht stattzugeben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Mag. Liebhart-Mutzl und Dr.in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Tichy, in der Revisionssache des Dr. H L in Wien, vertreten durch Mag. Michael Bodmann, MSc, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Heinrichsgasse 4/5B, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , VGW-011/017/10508/2020-12, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom wurde über den Revisionswerber gemäß § 135 Abs. 1 iVm § 129 Abs. 10 iVm § 86 Abs. 3 der Bauordnung für Wien (BO) eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von EUR 950,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünfzehn Stunden) verhängt, weil er als Eigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien und der darauf befindlichen Anlagen im Tatzeitraum von bis insofern Abweichungen von den Bauvorschriften nicht behoben habe, als er es unterlassen habe,
„die vorschriftswidrig (ohne Baubewilligung) auf der Liegenschaft im Bereich der rechten (Richtung H[...]straße 77) und hinteren Grundgrenze (Richtung S[...]Gasse 16) jeweils durchgehend errichtete und im Bereich der linken Grundgrenze im hinteren Gartenbereich (auf einer Länge von etwa 12 m bis zu der derzeit im Bau befindlichen Garage) errichtete blickdichte und etwa 2,50 m hohe Einfriedung, bestehend aus Trapezblechplatten die auf fundierten Vierkantprofilen montiert wurden, zu beseitigen, obwohl sich die beanstandete Baulichkeit auf einer gärtnerisch auszugestaltenden Fläche im Sinne von § 5 Abs. 4 lit. p BO für Wien befindet und gemäß § 86 Abs. 3 der BO für Wien Einfriedungen von Vorgärten gegen die Verkehrsfläche und an den seitlichen Grundgrenzen auf die Tiefe des Vorgartens, sofern der Bebauungsplan nicht anderes zulässt, den freien Durchblick nicht hindern dürfen und sonstige Grundgrenzen, wenn der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt, durch volle Wände abgeschlossen werden dürfen und gemäß dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan vom Abs. 2 Pkt. 3.4 Einfriedungen auf gärtnerisch auszugestaltenden Grundflächen ab einer Höhe von 0,5 m den freien Durchblick nicht hindern dürfen und diese gemäß § 60 Abs. 1 lit. b der Bauordnung für Wien bewilligungspflichtige bauliche Änderung weder gemäß § 70 oder 71 BO für Wien rechtskräftig bewilligt war, noch nach einer Einreichung gemäß § 70a BO für Wien infolge der Nichtuntersagung des Bauvorhabens oder durch das Unterbleiben von Einwendungen durch Nachbarn gemäß § 70a Abs. 8 BO für Wien als gemäß § 70 BO für Wien bewilligt galten und für diese Abweichung auch keine Ansuchen um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung bei der Baubehörde eingebracht worden war.“
Gemäß § 64 VStG wurde dem Revisionswerber weiters ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in der Höhe von EUR 95,-- vorgeschrieben.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit einer näher bezeichneten Maßgabe hinsichtlich der verletzten Rechtsvorschriften und der Strafsanktionsnorm in der Schuldfrage als unbegründet ab und gab darüber hinaus der Beschwerde insoweit Folge, als es die verhängte Geldstrafe auf EUR 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe acht Stunden) herabsetzte (I.). Weiters bestimmte es den Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens mit EUR 60,-- neu (II.) und sprach aus, dass der Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe (III.). Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für unzulässig (IV.).
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die dem Verwaltungsgerichtshof vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.
4 Die belangte Behörde erstattete im vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung, in welcher sie beantragt, die Revision kostenpflichtig als unzulässig zurück- in eventu als unbegründet abzuweisen.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt dabei ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision führen hätten können, aufzugreifen (vgl. für viele etwa , mwN).
9 Der Revisionswerber behauptet zur Zulässigkeit der Revision zunächst zusammengefasst ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff „Baustelleneinrichtung“ (Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2014/05/0022). Lese man die genannte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes „so, dass alles, was einem Bauzweck dient, als Baustelleneinrichtung zu definieren ist“, so weiche das bekämpfte Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die Trapezplatten hätten den Sinn gehabt, das Bauvorhaben des Revisionswerbers, welches darin bestehe, im hinteren Gartenbereich des Grundstückes eine Kellererweiterung mit einem seperaten Zugang ins Freie zu errichten, abzusichern. Lage und Bauart, sowie der Umstand, dass die Verankerung sturmsicher sein müsse, sprächen dabei nicht gegen das Vorliegen einer Baustelleneinrichtung. Bei anderer Interpretation der genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Eigenschaften einer Baustelleneinrichtung. Darüber hinaus sei das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es das näher dargestellte Bemühen des Revisionswerbers „nicht als Entschuldigungsgrund (§ 5 Abs 2 VStG)“ gewertet habe (Verweis auf ).
10 In der Revision werden keine Rechtsfragen dargelegt, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
11 Gemäß § 129 Abs. 10 BO ist jede Abweichung von Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Baubehörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Menschen besteht. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Gebäudes oder der baulichen Anlage zu richten; im Falle des Wohneigentums sind sie gegebenenfalls an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten.
12 Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 135 Abs. 1 iVm § 129 Abs. 10 BO handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG; der Täter kann zufolge dieser Bestimmung nur dann straflos bleiben, wenn er glaubhaft macht, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist, bzw. wenn er aufzuzeigen vermag, dass er während des ihm angelasteten Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternommen hat, um die Konsenswidrigkeit innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen (vgl. für viele etwa , mwN).
13 Da es sich bei der Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 10 BO um ein Ungehorsamsdelikt handelt, hat die Strafbehörde, wenn der objektive Tatbestand festgestellt ist, mit einer Verwaltungsstrafe vorzugehen, es sei denn, der Täter beweist, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei; straffrei bleibt der Eigentümer, wenn er beweist, alles in seinen Kräften unternommen zu haben, um den vorschriftswidrigen Bau zu beseitigen (vgl. nochmals etwa , mwN).
14 Im Revisionsfall wurde dem Revisionswerber im Straferkenntnis der belangten Behörde eine Übertretung des § 129 Abs. 10 BO zur Last gelegt; er habe es als Eigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien zu verantworten, dass eine entgegen den näher genannten anzuwendenden Bauvorschriften an drei Grundgrenzen errichtete, etwa 2,5 m hohe Einfriedung aus Trapezblechplatten auf fundierten Vierkantprofilen im Tatzeitraum nicht entfernt worden war.
15 Der Revisionswerber bestreitet in den Zulässigkeitsgründen der Revision weder, dass es sich bei den Grundstücksflächen, in deren Bereich sich die in Rede stehende - nach den unbekämpften Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis ca. 2,5 m hohe - Baulichkeit im Tatzeitraum befand, um gärtnerisch auszugestaltende Flächen im Sinne des § 5 Abs. 4 lit. p BO in Verbindung mit dem vorliegend maßgeblichen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Plandokument 7568 handelt, noch wird bestritten, dass laut dem genannten Plandokument Einfriedungen auf gärtnerisch auszugestaltenden Flächen ab einer Höhe von 0,5 m den freien Durchblick nicht hindern dürfen. Auch, dass die verwendeten Trapezblechplatten den freien Durchblick ab einer Höhe von 0,5 m nicht gehindert hätten, wird nicht behauptet.
16 Vielmehr bringt der Revisionswerber zur Zulässigkeit der Revision vor, es habe sich nicht, wie vom Verwaltungsgericht festgestellt, um eine Einfriedung, sondern um eine Baustelleneinrichtung (gemeint wohl: im Sinne des § 62a Abs. 1 Z 6 BO) gehandelt.
17 Dazu führte das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis unter Verweis auf ein im Verfahrensakt aufliegendes E-Mail des Revisionswerbers an die Baubehörde vom aus, der Revisionswerber sei in besagtem E-Mail selbst vom Vorliegen einer Einfriedung ausgegangen; die Argumentation, es handle sich um eine bewilligungsfreie Baustellensicherung, sei erstmals im Strafverfahren erfolgt. Die (näher festgestellte) Lage und Bauart sprächen jedenfalls für die Qualifikation als Einfriedung.
18 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Aufgabe einer Einfriedung, eine Liegenschaft schützend zu umgeben. Es geht somit darum, die Sicherheit dadurch zu gewähren, dass ein Eindringen ferngehalten wird, das typischerweise durch eine bauliche Anlage wie eine Einfriedung verhindert oder zumindest wesentlich erschwert werden kann. Bei einer Einfriedung muss die grundsätzliche Eignung gegeben sein, die Liegenschaft nach außen abzuschließen (vgl. , mwN).
19 Einer Rechtsfrage kommt nur dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus von Bedeutung ist; der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz zur Lösung von Rechtsfragen berufen und nicht dazu, die Einzelfallgerechtigkeit in jedem Fall zu sichern (vgl. z.B. , mwN).
20 Die Frage, ob eine konkrete Baulichkeit als Einfriedung zu qualifizieren ist, betrifft eine solche Beurteilung des Einzelfalles. Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung könnten in diesem Zusammenhang dann nur vorliegen, wenn die diesbezügliche Beurteilung durch das Verwaltungsgericht in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. sinngemäß etwa ; , Ra 2022/05/0099, oder auch , Ra 2022/05/0059, jeweils mwN). Derartiges wird in den Zulässigkeitsgründen der gegenständlichen Revision nicht aufgezeigt; es wird weder dargestellt noch ist für den Verwaltungsgerichtshof aufgrund des Zulässigkeitsvorbringens ersichtlich, aus welchem Grund die fallbezogene Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, bei der gegenständlichen, an drei Seiten der Liegenschaft des Revisionswerbers jeweils an der Grundgrenze errichteten Baulichkeit handle es sich um eine Einfriedung (im Sinne des maßgeblichen Plandokumentes 7568, Pkt. 3.4.), unvertretbar sein sollte.
21 Demgegenüber zeigt die Revision mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen zum behaupteten Vorliegen einer Baustelleneinrichtung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Weder wird mit dem Hinweis auf das (zu einem Gerüst vor der Fassade des Wiener Künstlerhauses ergangene) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2014/05/0022, aufgezeigt, inwiefern der gegenständliche Sachverhalt mit dem dortigen vergleichbar und das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis somit von der dortigen Rechtsprechung abgewichen sein sollte, noch wird dargelegt, inwiefern sich aus dem bloßen Vorbringen, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Eigenschaften einer Baustelleneinrichtung, für den Revisionsfall eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ergeben sollte: Wie der Verwaltungsgerichtshof in jener vom Revisionswerber selbst zitierten Entscheidung vom , Ro 2014/05/0022, festgehalten hat, dürfen Baustelleneinrichtungen nur unmittelbar vor Baubeginn (und während der Bauausführung) errichtet werden, sofern außerdem eine allenfalls erforderliche Baubewilligung für jenes Bauvorhaben rechtskräftig erteilt worden ist, welchem die Baustelleneinrichtung dienen soll. In den Revisionszulässigkeitsgründen wird weder dargestellt, dass und inwiefern es sich gegenständlich um eine Baulichkeit handeln sollte, die nur unmittelbar vor Baubeginn und während der Bauausführung des in der Revision erwähnten Bauvorhabens („unterirdischer Zubau [Kellererweiterung]“) errichtet worden sei, noch wird nachvollziehbar begründet, aus welchem Grund es sich bei der unbestritten an drei Grundgrenzen der gegenständlichen Liegenschaft errichteten Baulichkeit um eine Baustelleneinrichtung für ein nach dem Vorbringen in den Revisionszulässigkeitsgründen „im hinteren Gartenbereich“ des Grundstückes geplantes Bauvorhaben handeln sollte. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aufgrund von Revisionen nicht zuständig (vgl. für viele etwa , mwN).
22 Soweit in der Revision zu ihrer Zulässigkeit darüber hinaus mit einem behaupteten mangelnden Verschulden des Revisionswerbers argumentiert wird, ist auf Folgendes hinzuweisen:
23 Im Falle eines Ungehorsamsdeliktes gemäß § 5 Abs. 1 VStG - wie im vorliegenden Fall - ist Fahrlässigkeit anzunehmen, es sei denn, der Beschuldigte macht glaubhaft, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. , mwN).
24 Die Frage, ob das Verwaltungsgericht zu Recht das Vorliegen von Fahrlässigkeit bejaht hat, ist keine Rechtsfrage, der über den konkreten Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt (vgl. etwa , mwN).
25 Die fallbezogene Beurteilung des Verwaltungsgerichts, es liege ein Verschulden des Revisionswerbers vor, da er bei der Behörde nicht entsprechend nachgefragt habe, ob die von ihm gesetzten Maßnahmen zulässig bzw. ausreichend seien, ist jedenfalls vertretbar im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa , mwN). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt sich daher auch in diesem Zusammenhang nicht; auch der Verweis in den Revisionszulässigkeitsgründen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/04/0146, legt Gegenteiliges nicht nahe.
26 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
27 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | BauO Wr §129 Abs10 BauO Wr §60 Abs1 litb BauO Wr §86 Abs3 VStG §53b Abs3 VStG §54b Abs3 VwGG §30 Abs2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050079.L00 |
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NAAAF-45476