VwGH 15.04.2021, Ra 2021/05/0047
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | AVG §8 VwRallg |
RS 1 | Die Frage, ob jemandem Parteistellung in einem bestimmten Verfahren zukommt, ist primär nach Maßgabe des anzuwendenden Materiengesetzes, in Ermangelung entsprechender Regelungen nach den Grundsätzen des § 8 AVG zu beurteilen (vgl. , mwN). |
Normen | |
RS 2 | In Beachtung des Sachlichkeitsgebotes ist bei verfassungskonformer Auslegung der §§ 62 und 134 Abs. 5 iVm § 134a Abs. 1 Wr BauO dem Nachbarn im Bauanzeigeverfahren gemäß § 62 leg. cit. die auf die Frage der Überprüfung der Zulässigkeit des Bauanzeigeverfahrens beschränkte Parteistellung zuzubilligen (Hinweis E vom , 2008/07/0012). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2014/05/0029 E RS 5 |
Normen | |
RS 3 | Das VwG hat von Amts wegen für die Beiziehung der Parteien zu sorgen (vgl. ). Dabei liegt der Zweck der Mitteilung der Beschwerde in der Wahrung des rechtlichen Gehörs und ist als Mittel zur Wahrung des Grundsatzes der Waffengleichheit zwischen den Parteien (Art. 6 Abs. 1 MRK) zu sehen (vgl. ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des H, vertreten durch die Hule Bachmayr-Heyda Nordberg Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 47, der gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , VGW-111/084/14923/2020-2, VGW-111/V/084/14925/2020, VGW-111/V/084/14926/2020, VGW-111/V/084/14927/2020, VGW-111/V/084/14928/2020, VGW-111/V/084/14929/2020, VGW-111/V/084/14930/2020, VGW-111/V/084/14931/2020, VGW-111/V/084/14932/2020, VGW-111/V/084/14933/2020, VGW-111/V/084/14934/2020 und VGW-111/V/084/14935/2020, betreffend ein Bauanzeigeverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. A, 2. Ing. H, 3. C, 4. T, 5. Dr. C, 6. Dr. Ü, 7. E, 8. P, 9. Mag. J, 10. W, 11. Mag. A und 12. Mag. T, alle vertreten durch Mag. Wolfgang Andreas Orsini und Rosenberg, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Annagasse 8), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Begründung
1 Mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses wurde Spruchpunkt III. des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheides, mit dem von den Mitbeteiligten erhobene Einwendungen als unzulässig zurückgewiesen worden waren, aufgehoben.
2 Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses wurde in Abänderung des Spruchpunktes II. des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheides festgestellt, dass das gegenständliche Bauvorhaben (betreffend bauliche Änderungen, Raumumwidmungen und Änderungen der Raumkonfigurationen im Erdgeschoss eines näher genannten Gebäudes) in Verbindung mit einem diesbezüglichen Planwechsel die Voraussetzungen für ein Bauanzeigeverfahren nach § 62 der Bauordnung für Wien (BO) nicht erfüllt.
3 Mit Spruchpunkt III. des angefochtenen Erkenntnisses wurde in Abänderung von Spruchpunkt I. des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheides festgestellt, dass die Mitbeteiligten Parteistellung im baubehördlichen Bewilligungsverfahren haben.
4 Der vorliegende Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird damit begründet, dass das angefochtene Erkenntnis vollzugstauglich sei, da es die Grundlage für nachfolgende, dem Revisionswerber zum Nachteil gereichende Verwaltungsakte bilden könne. Die Umsetzung des Erkenntnisses in die Wirklichkeit sei augenscheinlich möglich. Bleibe das Erkenntnis in dieser Form bestehen, werde das bereits seit 2016 laufende Bauanzeigeverfahren, das de facto abgeschlossen sei, wohl zumindest hinsichtlich der Änderung der Raumwidmung, möglicherweise sogar hinsichtlich seines gesamten Inhaltes für unzulässig erklärt. Damit wäre ein völlig unverhältnismäßiger Nachteil mit unwiederbringlichen Folgen für den Revisionswerber verbunden. Die Mitbeteiligten hätten bereits mehrfach angedroht, sämtliche Maßnahmen des Revisionswerbers jedenfalls kategorisch blockieren zu wollen. Das Erkenntnis könnte daher dazu führen, dass die bereits durchgeführten Baumaßnahmen des Revisionswerbers als baukonsenslos qualifiziert würden. In diesem Fall würde die Gefahr drohen, dass die durchgeführten Baumaßnahmen zurückgebaut werden müssten, obwohl noch nicht über die Revision entschieden wäre. Die Rückbauten wären mit einem hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand für den Revisionswerber verbunden. Ihm würde ein unwiederbringlicher Schaden entstehen. Das Erkenntnis könnte auch dazu führen, dass der „Raum für kultische Zwecke“ nicht mehr als solcher verwendet werden dürfte. In diesem Fall würde eine gesamte Glaubensgemeinde ihren Raum für die Ausübung ihrer Religion, für das Feiern von Gottesdiensten oder für das persönliche Gebet verlieren. Es gebe keine vernünftige Ausweichmöglichkeit. Auch aus diesem Grund wäre der Vollzug des Erkenntnisses mit einem unverhältnismäßigen Nachteil für den Revisionswerber verbunden. Das Erkenntnis hätte daher Wirkungen, die durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sistiert werden könnten. Zwingende öffentliche Interessen, die der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstünden, seien nicht erkennbar. Die Durchsetzung der Entscheidung wäre auch dann als gesichert anzusehen, wenn der Revision bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes aufschiebende Wirkung zuerkannt werden sollte. Die Interessen der Mitbeteiligten würden durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht, wenn überhaupt nur geringfügig, jedenfalls jedoch im Verhältnis zu den drohenden Nachteilen für den Revisionswerber in untergeordnetem Ausmaß berührt.
5 In einer Stellungnahme vom führte die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde dazu aus, aus ihrer Sicht stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen. Angemerkt werde, dass es fraglich sei, ob das angefochtene Erkenntnis einem unmittelbaren Vollzug gegenüber dem Revisionswerber zugänglich sei, da er dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht als Partei beigezogen gewesen sei. Das angefochtene Erkenntnis sei ihm gegenüber auch nicht erlassen worden. Allerdings sei er inhaltlich davon betroffen, da über die Zulässigkeit seiner Bauanazeige entschieden worden sei.
6 Die Mitbeteiligten legten in einer Stellungnahme vom dar, eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde ihre Interessen massiv beeinträchtigen. Den Mitbeteiligten seien seit dem Bauanzeigeverfahren 2016 kontinuierlich jegliche Parteienrechte abgesprochen worden. Dass sich der Revisionswerber nun auf einen hypothetischen zeitlichen und finanziellen Aufwand stütze, vermöge keine Stattgabe des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu rechtfertigen. Der Revisionswerber behaupte einen unwiederbringlichen Schaden, von ihm werde aber keine genaue Konkretisierung des behaupteten unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils im gegenständlichen Antrag dargelegt. Eine bloße Verminderung des Vermögens bilde grundsätzlich keinen unverhältnismäßigen Nachteil. Die bloße Berufung auf einen etwaigen Rückbau der Baumaßnahmen stelle keine ausreichende Konkretisierung des unverhältnismäßigen Nachteils dar und ermögliche daher keine Interessensabwägung, die gesetzlich geboten sei. Im Übrigen gehe der Einwand des Revisionswerbers, dass die Gefahr drohte, dass die durchgeführten Baumaßnahmen als konsenslos qualifiziert würden und dies einen Rückbau der Baumaßnahmen zur Folge hätte, ins Leere, weil die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Revision jedenfalls zeitlich einem etwaigen bescheidmäßig angeordneten Rückbau vorgehe. Dem Vorbringen des Revisionswerbers, dass der Wegfall der räumlichen Möglichkeit für eine Glaubensausübung einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich bringe, sei entgegen zu halten, dass dieser Umstand keinen unverhältnismäßigen Nachteil für den Revisionswerber begründen könne. Dies sei eine reine Schutzbehauptung des Revisionswerbers. Gerade in diesen Zeiten (Covid-19, Lockdown) sei eine Abhaltung von feiern (Gottesdiensten) nicht erlaubt. Auch unter Außerachtlassung der Covid-19-Maßnahmen und der daraus resultierenden Einschränkungen könne dem Revisionswerber sehr wohl eine Anmietung eines anderen Raumes zugemutet werden; dies stellte keinen unverhältnismäßigen Nachteil dar.
7 Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof (ab Vorlage der Revision) auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
8 Es kann dahin gestellt bleiben, ob das angefochtene Erkenntnis einer unmittelbaren Vollziehung zugänglich ist. Öffentliche Interessen, die der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstünden, wurden weder von der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde noch von den Mitbeteiligten geltend gemacht. Die Mitbeteiligten haben auch keine eigenen Interessen vorgebracht, die in der Interessensabwägung zu ihren Gunsten sprechen könnten. Wenn sie geltend machen, dass ihnen im Bauanzeigeverfahren seit 2016 kontinuierlich jegliche Parteienrechte abgesprochen worden seien, ist darauf hinzuweisen, dass die damit angesprochene Frage Gegenstand des Revisionsverfahrens in der Sache ist. Im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist aber die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu beurteilen, und es haben Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des Verfahrens über die Revision außer Betracht zu bleiben (vgl. zB. , mwN).
9 Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher stattzugeben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Mag. Liebhart-Mutzl und Dr.in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, über die Revision des Y-Vereins der X in W, vertreten durch die Hule Bachmayr-Heyda Nordberg Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 47, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , 1. VGW-111/084/14923/2020-2, 2. VGW-111/V/084/14925/2020, 3. VGW-111/V/084/14926/2020, 4. VGW-111/V/084/14927/2020, 5. VGW-111/V/084/14928/2020, 6. VGW-111/V/084/14929/2020, 7. VGW-111/V/084/14930/2020, 8. VGW-111/V/084/14931/2020, 9. VGW-111/V/084/14932/2020, 10. VGW-111/V/084/14933/2020, 11. VGW-111/V/084/14934/2020 und 12. VGW-111/V/084/14935/2020, betreffend u.a. Parteistellung in einer Bausache (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Parteien: 1. A P, 2. Ing. H L, 3. C W, 4. T O, 5. Dr. C K, 6. Dr. Ü K, 7. E B, 8. P W, 9. Mag. J W, 10. A W, 11. Mag. A P und 12. Mag. T F, alle in W, alle vertreten durch Mag. Wolfgang Andreas Orsini und Rosenberg, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Annagasse 8; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber brachte am beim Magistrat der Stadt W. (belangte Behörde) eine Bauanzeige gemäß § 62 Bauordnung für Wien (BO für Wien) betreffend die Durchführung von baulichen Änderungen, Raumumwidmungen sowie Änderungen der Raumkonfigurationen im Erdgeschoß des Gebäudes E.-Straße X, in W. ein. Dieses Verfahren wurde zur Aktenzahl MA37-BB/565809-2016-1 geführt (Verfahren I).
2 Am langte bei der belangten Behörde eine Teilfertigstellungsanzeige betreffend einen „Raum für kulturelle Zwecke“ sowie diverse Sanitär- Lagerräume zur Aktenzahl MA37-BB/565809-2016-14 (Verfahren II) ein.
3 Am brachte der Revisionswerber eine weitere Bauanzeige gemäß § 62 BO für Wien betreffend näher genannte Änderungen im Erdgeschoß, die Herstellung eines Feuermauerdurchbruchs gemäß 94 Abs. 4 BO für Wien ein. Dieses Verfahren wurde zur Aktenzahl MA-37 BB/167917-2020-1 protokolliert (Verfahren III) und anschließend in das bereits anhängige Verfahren I überführt.
4 Mit Eingabe vom beantragten die mitbeteiligten Parteien, allesamt Miteigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft, die Zuerkennung der Parteistellung in den Verfahren I, II und III.
5 Mit weiterer Eingabe vom erhoben die mitbeteiligten Parteien Einwendungen gegen die Bauvorhaben, in denen sie näher ausführten, weshalb sie von einer Bewilligungspflicht der Bauvorhaben ausgingen.
6 Mit Planwechselbescheid zur Aktenzahl MA37-BB/565809-2016/45 vom zur Bauanzeige vom (Verfahren IV) erfolgte die Bewilligung der Umwidmung des Raumes für kulturelle Zwecke in einen Raum für kultische Zwecke sowie des geringfügigen Rückversetzens der östlichen Eingangstür an der E-Straße.
7 Mit Bescheid vom stellte die belangte Behörde fest, dass den mitbeteiligten Parteien in den Verfahren I bis IV Parteistellung nur hinsichtlich der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen eines Bauanzeigeverfahrens zukomme (Spruchpunkt I.), dass die Bauvorhaben in Verfahren I und III in Verbindung mit dem Planwechselbescheid zu Verfahren III die Voraussetzungen für ein Bauanzeigeverfahren nach § 62 BO für Wien erfüllen würden (Spruchpunkt II.) und die Einwendungen der mitbeteiligten Parteien vom und vom als unzulässig zurückgewiesen würden (Spruchpunkt III.).
8 Dagegen erhoben die mitbeteiligten Parteien Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht), in der sie unter anderem mit näherer sachverhaltsbezogener Begründung vorbrachten, das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben sei nicht bauanzeige-, sondern baubewilligungspflichtig, und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragten. Unter einem legten die mitbeteiligten Parteien Ausdrucke einer Homepage betreffend die einzelnen Räume des Bauprojektes sowie Lichtbilder über die Anlieferung von Bestandteilen einer für den Betrieb eines Gastgewerbebetriebes ausgelegten Küche vor.
9 Das Verwaltungsgericht gab dieser Beschwerde - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit dem angefochtenen Erkenntnis statt, behob Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides (I.), stellte in Abänderung von Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides fest, dass die Bauvorhaben in Verfahren I und III in Verbindung mit dem Planwechselbescheid zu Verfahren III die Voraussetzungen für ein Bauanzeigeverfahren nach § 62 BO für Wien nicht erfüllten (II.), und stellte ebenso fest, dass den mitbeteiligten Parteien Parteistellung im baubehördlichen Bewilligungsverfahren zukomme (III.). Weiters sprach es aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision gemäß Art. 133. Abs. 4 B-VG unzulässig sei (IV.).
10 Begründend führte das Verwaltungsgericht nach kurzer Wiedergabe des Verfahrensganges aus, dass in der Beschwerde der mitbeteiligten Parteien vorgebracht worden sei, dass durch den Raum für kultische Zwecke eine Stellplatzverpflichtung ausgelöst werde, da es sich nicht um eine unmittelbare kultische oder der Bestattung dienenden Anlage handle. Die - nicht näher ausgeführten - Feststellungen würden auf den Einreichplänen und dem Verfahrensakt beruhen.
11 Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung hielt das Verwaltungsgericht, nach auszugsweiser Wiedergabe der §§ 60, 62 und 134 BO für Wien sowie § 50 Wiener Garagengesetz (Wr. Garagengesetz) fest, dass die Baubehörde nach Einreichung eines Projektes zu prüfen habe, ob die Voraussetzungen für eine Bauanzeige erfüllt seien, bevor ein Baubewilligungsverfahren nach § 60 BO für Wien geführt würde. § 62 BO für Wien setze für ein Bauanzeigeverfahren unter anderem voraus, dass keine Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen ausgelöst werde. Der Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach „durch die Widmung des von der Bauanzeige umfassten, 394,3 m2 großen ‚Raum[es] für kultische Zwecke, maximal 256 Personen‘ die Bestimmung des § 50 Wr. Garagen Gesetz anwendbar sei“ könne aus mehreren, näher genannten Gründen nicht gefolgt werden. Der Raum für kultische Zwecke sei nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 50 Abs. 9 Wr. Garagengesetz subsumierbar, sondern als Versammlungsraum gemäß § 50 Abs. 3 Wr. Garagengesetz einzuordnen, der eine Stellplatzverpflichtung auslöse. Es bestehe daher eine Bewilligungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO für Wien, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorbringt, dem Revisionswerber sei entgegen näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Beschwerdeverfahren der mitbeteiligten Parteien eine Parteistellung betreffend seine eigene Bauanzeige verwehrt und er sei durch die angefochtene Entscheidung in seinen Rechten schlechter gestellt worden; das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen und es fehle Rechtsprechung zur Auslegung der Ausnahmebestimmung des § 50 Abs. 9 Wr. Garagengesetz.
13 Die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung, jeweils verbunden mit einem Antrag auf Kostenersatz.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
14 Die Revision erweist sich bereits angesichts ihres Zulässigkeitsvorbringens hinsichtlich der Parteistellung des Revisionswerbers als zulässig; sie ist auch begründet.
15 Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Frage, ob jemandem Parteistellung in einem bestimmten Verfahren zukommt, primär nach Maßgabe des anzuwendenden Materiengesetzes, in Ermangelung entsprechender Regelungen nach den Grundsätzen des § 8 AVG zu beurteilen (vgl. , mwN).
16 Schon nach dem eindeutigen Wortlaut des § 134 Abs. 1 BO für Wien ist Partei im Sinne des § 8 AVG in allen Fällen, in denen dieses Gesetz ein Ansuchen oder eine Einreichung vorsieht, der Antragsteller oder Einreicher; dies ist im vorliegenden Fall der Revisionswerber.
17 Im Bauanzeigeverfahren nach § 62 BO für Wien ist gemäß § 134 Abs. 5 BO für Wien (nur) der Bauwerber Partei; auch dies ist im vorliegenden Fall der Revisionswerber. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch bereits ausgesprochen, dass bei verfassungskonformer Auslegung in Beachtung des Sachlichkeitsgebotes der §§ 62 und 134 Abs. 5 iVm § 134a Abs. 1 BO für Wien dem Nachbarn im Bauanzeigeverfahren gemäß § 62 leg. cit. die auf die Frage der Überprüfung der Zulässigkeit des Bauanzeigeverfahrens beschränkte Parteistellung zuzubilligen ist (vgl. mit Verweis auf , Ro 2014/05/0029).
18 Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass das Verwaltungsgericht von Amts wegen für die Beiziehung der Parteien zu sorgen hat (vgl. erneut ).
19 Dabei liegt der Zweck der Mitteilung der Beschwerde in der Wahrung des rechtlichen Gehörs und ist als Mittel zur Wahrung des Grundsatzes der Waffengleichheit zwischen den Parteien (Art. 6 Abs. 1 EMRK) zu sehen (vgl. ). Fallbezogen hat das Verwaltungsgericht, das dem Revisionswerber trotz Parteistellung die Beschwerde nicht übermittelt und ihn auch sonst im Verfahren über die Beschwerde der mitbeteiligten Parteien nicht beigezogen hat, die Rechtslage verkannt, und seine Entscheidung schon deshalb mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes belastet.
20 Im Übrigen leidet das angefochtene Erkenntnis auch an einem Begründungsmangel, da es den sich aus § 29 Abs. 1 VwGVG ergebenden Anforderungen an die Begründung von Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte nicht gerecht wird (vgl. , oder auch , Ra 2016/06/0113, jeweils mwN). Insbesondere vor dem Hintergrund der Feststellungen der belangten Behörde im baubehördlichen Verfahren und dem Inhalt der von den mitbeteiligten Parteien erhobenen Beschwerde ist aus der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses nicht erkennbar, von welchen Feststellungen zum Bauvorhaben des Revisionswerbers aufgrund welcher Beweiswürdigung das Verwaltungsgericht ausgegangen ist, erschöpft sich doch der festgestellte Sachverhalt bloß in der Wiedergabe des Verfahrensgangs. Im fortzusetzenden Verfahren wird das Verwaltungsgericht dazu auch eine mündliche Verhandlung durchzuführen haben (vgl. , mwN).
21 Das angefochtene Erkenntnis war deshalb aufgrund vorrangig wahrzunehmender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen war.
22 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Kostenersatz war abzuweisen, weil gemäß § 47 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 5 VwGG der Rechtsträger, in dessen Namen die belangte Behörde in dem dem Verfahren vor dem LVwG vorangegangenem Verfahren tätig geworden ist, Anspruch auf Aufwandersatz nur im Falle einer Abweisung der Revision, nicht aber im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, hat (vgl. ).
Wien, am
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Normen | BauO Wr §62 VwGG §30 Abs2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050047.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAF-45475