VwGH 18.05.2021, Ra 2021/04/0106
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Die magistratischen Bezirksämter sind keine eigenen Behörden, sondern dezentralisierte Dienststellen des eine einheitliche Behörde bildenden Magistrates der Stadt Wien (Hinweis Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechtes, Auflage 7, S 326). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 92/18/0342 E RS 2 |
Norm | GewO 1994 §87 Abs1 Z3 |
RS 2 | Es steht einer Berücksichtigung von Verstößen im Rahmen des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 nicht entgegen, dass sich exakt diese Verstöße auf Grund von Änderungen im Faktischen in Zukunft jedenfalls nicht mehr in gleicher Weise wiederholen können (vgl. dazu, dass es im Rahmen der Beurteilung nach § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 irrelevant ist, ob vom Beschwerdeführer in Zukunft die Begehung gleichartiger Delikte zu erwarten ist, ). |
Norm | GewO 1994 §87 Abs1 Z3 |
RS 3 | Da sich die mangelnde Zuverlässigkeit für die Ausübung des Gewerbes als Rechtsvermutung aus den - nicht getilgten - schwerwiegenden Verstößen ergibt, bedarf es bei der Beurteilung, ob der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 erfüllt ist, keiner Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Gewerbeinhabers (Hinweis E vom , 2007/04/0137, und das E vom , 2009/04/0303). Deshalb ist es auch irrelevant, ob vom Gewerbetreibenden fallbezogen zu erwarten ist, dass er in Zukunft gleichartige Delikte begehen wird. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2011/04/0180 E RS 4 (hier ohne den letzten Satz) |
Normen | |
RS 4 | Die Beurteilung, ob das Vorliegen bestimmter Verstöße zu der Schlussfolgerung zu führen hat, dass der Gewerbetreibende die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt, hängt letztlich von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine solche Beurteilung vermag, soweit sie nachvollziehbar und vertretbar ist, keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu begründen (vgl. , Rn. 10, mwN). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa-Janovsky, über die Revision der C GmbH in W, vertreten durch Dr. Heinz Neuner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Hietzinger Kai 5/18, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zl. VGW-105/014/3225/2020-24, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit Verfahrensanordnung des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 9./17. Bezirk, vom wurde die Revisionswerberin (die zur Ausübung des Handelsgewerbes im Standort W, R-Gasse 20, berechtigte CG GmbH) gemäß § 91 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) aufgefordert, den als handelsrechtlichen Geschäftsführer fungierenden MS binnen einer Frist von zwei Monaten als Person mit maßgebendem Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zu entfernen, widrigenfalls die Gewerbeberechtigung entzogen werden müsste.
2 2. Mit Bescheid vom entzog der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 9./17. Bezirk, der Revisionswerberin gemäß § 91 Abs. 2 iVm § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 die Gewerbeberechtigung für das Handelsgewerbe im Standort W, M-Gasse 64.
3 Begründend wurde festgehalten, auf Grund der Vielzahl der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen könne nicht mehr von einer Zuverlässigkeit des MS ausgegangen werden. Der Aufforderung vom , MS als Person mit maßgebendem Einfluss zu entfernen, sei die Revisionswerberin nicht nachgekommen.
4 3. Mit Erkenntnis vom wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab und erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig.
5 Das Verwaltungsgericht stellte zunächst fest, dass über MS (den einzigen handelsrechtlichen Geschäftsführer und alleinigen Gesellschafter der CG GmbH) im Zeitraum zwischen und mit acht Strafbescheiden des Magistrates der Stadt Wien wegen näher dargestellter Verwaltungsübertretungen (ua. Überschreiten der Betriebszeiten und Nichtumsetzung von Schallschutzmaßnahmen) insgesamt 29 Verwaltungsstrafen verhängt worden seien.
6 Im Hinblick auf die wiederholte Begehung von Straftaten im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung innerhalb eines kurzen Zeitraumes erachtete das Verwaltungsgericht die Annahme, ein vorschriftswidriges Verhalten sei auch in Hinkunft zu befürchten, als zutreffend. Unter Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , 96/04/0094, demzufolge Bestrafungen wegen der Nichteinhaltung von Auflagen bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit im Sinn des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 auch dann zu berücksichtigen seien, wenn die Auflagen (dort in Anwendung des § 78 Abs. 2 GewO 1994 in der Fassung vor BGBl. I Nr. 85/2013) in der Folge beseitigt worden seien, ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Bestrafungen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Betriebsanlage in der R-Gasse 20 trotz der mittlerweile erfolgten Verlegung des Standortes zu berücksichtigen seien. Es komme auch nicht darauf an, über wessen Veranlassung das letztlich zu einer Verurteilung führende Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden sei. Dem Beschwerdevorbringen, auf Grund der Standortverlegung seien gleichgelagerte Verwaltungsübertretungen zukünftig ausgeschlossen, hielt das Verwaltungsgericht entgegen, dass sich auch auf der nunmehr maßgeblichen Liegenschaft Wohneinheiten befänden und somit Nachbarn vor (Lärm)Belästigungen zu schützen seien.
7 Ob die zunächst zuständige Sachbearbeiterin der belangten Behörde die Auffassung der Revisionswerberin geteilt habe, sei - so das Verwaltungsgericht weiter - ohne Bedeutung, weil deren Ausführungen kein normativer Charakter zukomme. Somit erübrige sich eine Einvernahme der inzwischen pensionierten Sachbearbeiterin.
8 4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
9 5. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 6.1. Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, es habe entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine nicht mehr zuständige Behörde entschieden, weil die Revisionswerberin ihren Standort im Dezember 2019 in die M-Gasse 64, W, verlegt und dies der Behörde auch nachgewiesen habe. Dessen ungeachtet sei die Entziehung der Gewerbeberechtigung im Februar 2020 vom nicht mehr zuständigen Magistratischen Bezirksamt für den 9./17. Bezirk ausgesprochen worden. Auf den Einwand der Unzuständigkeit infolge der Standortverlegung sei das Verwaltungsgericht mit keinem Wort eingegangen.
13 6.2. Gemäß § 333 GewO 1994 ist (soweit in der GewO 1994 nicht ausdrücklich anderes bestimmt wird) die Bezirksverwaltungsbehörde Behörde erster Instanz. Gemäß Art. 109 B-VG gilt Art. 102 Abs. 1 B-VG (betreffend die Ausübung der Vollziehung des Bundes im Bereich der Länder) für die Bundeshauptstadt Wien mit der Maßgabe, dass die Vollziehung des Bundes in Form der mittelbaren Bundesverwaltung der Bürgermeister als Landeshauptmann und der ihm unterstellte Magistrat als Bezirksverwaltungsbehörde ausüben. Nach § 107 der Wiener Stadtverfassung (WStV) hat der Magistrat unter Leitung und Verantwortung des Bürgermeisters die Angelegenheiten der Bezirksverwaltung zu besorgen.
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die magistratischen Bezirksämter keine eigenen Behörden, sondern dezentralisierte Dienststellen des - eine einheitliche Behörde bildenden - Magistrates der Stadt Wien sind (vgl. , mwN). Mit dem in Rede stehenden Bescheid vom wurde der Revisionswerberin vom „Magistrat der Stadt Wien“ die Gewerbeberechtigung entzogen. Dass der Behördenbezeichnung „Magistrat der Stadt Wien“ die Bezeichnung der räumlich dezentralisierten Dienststelle („Magistratisches Bezirksamt für den 9./17. Bezirk“) angefügt war, ändert nichts daran, dass es sich um einen Bescheid des - örtlich zuständigen - Magistrates der Stadt Wien gehandelt hat. Das diesbezügliche Revisionsvorbringen geht somit ins Leere.
15 7.1. Des Weiteren bringt die Revisionswerberin vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur „Zulässigkeit der Rücknahme bzw. des Widerrufes“ einer - keinen Bescheid darstellenden - Verfahrensanordnung gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1992 „durch die zuständige Behörde bzw. Sachbearbeiterin“. Diesbezüglich verweist die Revisionswerberin darauf, dass ihr die zuständige Sachbearbeiterin des Magistratischen Bezirksamtes für den 9./17. Bezirk (E-B) im Dezember 2019 zugesichert habe, es werde auf Grund der angezeigten Standortverlegung nicht zur angedrohten Gewerbeentziehung kommen. Die Argumentation des Verwaltungsgerichtes, einer Zusage durch E-B hätte es an normativer Kraft gefehlt, sei unzutreffend, weil es dieser ja auch nicht an der Kompetenz zur Erlassung der Verfahrensanordnung selbst gefehlt habe. Das Verwaltungsgericht hätte E-B daher (wie von der Revisionswerberin ausdrücklich beantragt) als Zeugin zu ihrer Zusage einvernehmen müssen; es liege somit ein wesentlicher Verfahrensmangel vor.
16 7.2. Es kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen (etwa auf Grund eines Wegfalls der Voraussetzungen) eine Verfahrensanordnung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 widerrufen oder behoben werden kann bzw. welche formalen Erfordernisse dabei zu beachten sind, weil die Annahme eines - von der Revisionswerberin ins Treffen geführten - Widerrufs der Verfahrensanordnung vom in der vorliegenden Konstellation aus folgenden Gründen von vornherein nicht in Betracht kommt.
17 Die Revisionswerberin behauptet einen durch E-B vorgenommenen Widerruf der Verfahrensanordnung. Nach § 109 WStV haben die magistratischen Bezirksämter die ihnen nach der Geschäftseinteilung für den Magistrat (§ 91 WStV) zugewiesenen Angelegenheiten zu besorgen, wobei an der Spitze der Bezirksämter rechtskundige Beamte des Magistrats stehen. Die hier gegenständliche Verfahrensanordnung vom wurde - wie sich der Fertigungsklausel entnehmen lässt - von der Bezirksamtsleiterin Mag. S elektronisch gefertigt. Dass der auf der Verfahrensanordnung als Sachbearbeiterin aufscheinenden E-B eine Befugnis zur Unterfertigung der Verfahrensanordnung zugekommen wäre, lässt sich weder der Verfahrensanordnung selbst entnehmen noch wird dies mit dem in der Revision enthaltenen, nicht näher begründeten Hinweis auf eine „Kompetenz zur Erlassung der Verfahrensanordnung“ aufgezeigt (vgl. zur Unterfertigung von Geschäftsstücken von Dienststellen und somit auch von magistratischen Bezirksämtern § 47 Abs. 6 in Verbindung mit § 46 Abs. 4 der Geschäftsordnung für den Magistrat der Stadt Wien, V 1-240 in der Fassung Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 28/2016, bzw. - wenn auch zu einer alten Fassung dieser Geschäftsordnung - ). Ebenso wenig ist ersichtlich, dass der Sachbearbeiterin eine Befugnis zur Genehmigung eines allfälligen Widerrufs einer Verfahrensanordnung zugekommen wäre. Ausgehend davon kann mit dem Verweis auf die unterbliebene Einvernahme der E-B aber von vornherein kein relevanter Verfahrensmangel aufgezeigt werden, weil es auf den Umstand bzw. den Inhalt einer von dieser allenfalls gemachten Zusage an die Revisionswerberin nicht ankommen kann.
18 Soweit die Revisionswerberin vorbringt, ein Entzug der Gewerbeberechtigung könne nach den Bestimmungen der GewO 1994 auch durch andere geeignete Maßnahmen ersetzt werden und die erfolgte Standortverlegung sei eine solche Maßnahme gewesen, genügt der Hinweis, dass die hier maßgebliche Regelung des § 91 Abs. 2 letzter Satz GewO 1994 die Entziehung der Gewerbeberechtigung allein daran knüpft, dass der Gewerbetreibende die in der Verfahrensanordnung genannte natürliche Person nicht innerhalb der gesetzten Frist entfernt hat.
19 8.1. Schließlich moniert die Revisionswerberin, der vom Verwaltungsgericht (im Zusammenhang mit dem hg. Erkenntnis 96/04/0094) begründend herangezogene § 87 (gemeint wohl: § 78) Abs. 2 GewO 1994 sei mit BGBl. I Nr. 85/2013 aufgehoben worden und dieser Entscheidung somit die Grundlage entzogen. Seither - so die Revisionswerberin - fehle es an Rechtsprechung dazu, inwieweit eine durch betriebsinterne Maßnahmen (wie hier die Standortverlegung) bewirkte Hintanhaltung von weiteren Verstößen einer Entziehung der Gewerbeberechtigung entgegenstehe.
20 8.2. Mit diesen Ausführungen verkennt die Revisionswerberin die Ausführungen im hg. Erkenntnis 96/04/0094 und die daran anknüpfende Argumentation des Verwaltungsgerichtes. Dem zitierten Erkenntnis 96/04/0094 lagen Verstöße einer Gewerbeinhaberin gegen Auflagen in einem Betriebsanlagenbescheid zugrunde, wobei einige dieser Auflagen in der Folge in Anwendung des (damals noch geltenden) § 78 Abs. 2 GewO 1994 (in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 85/2013) beseitigt bzw. ersetzt wurden. Die (dortige) Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, Verurteilungen seien bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit nach § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 dann nicht zu berücksichtigen, wenn die Auflagen, wegen deren Nichtbeachtung sie bestraft worden sei, später beseitigt worden seien. Diese Auffassung wurde vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt (vgl. zur fehlenden Maßgeblichkeit der späteren Beseitigung von Auflagen auch , mwN). Es steht einer Berücksichtigung von Verstößen im Rahmen des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 somit nicht entgegen, dass sich exakt diese Verstöße auf Grund von Änderungen im Faktischen in Zukunft jedenfalls nicht mehr in gleicher Weise wiederholen können (vgl. dazu, dass es im Rahmen der Beurteilung nach § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 irrelevant ist, ob vom Beschwerdeführer in Zukunft die Begehung gleichartiger Delikte zu erwarten ist, ). Ausgehend davon kann dem Verwaltungsgericht aber nicht entgegengetreten werden, wenn es das zitierte Erkenntnis begründend für seine Auffassung herangezogen hat, dass die der Revisionswerberin angelasteten Verstöße unabhängig davon zu berücksichtigen seien, dass der Standort der Betriebsanlage, an dem diese Verstöße gesetzt wurden, infolge der Standortverlegung nicht mehr besteht. Der von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Umstand, dass (der im Ausgangsfall des hg. Erkenntnisses 96/04/0094 für die Beseitigung der Auflagen ursächliche) § 78 Abs. 2 GewO 1994 nicht mehr dem Rechtsbestand angehört, spielt für diese Argumentation keine Rolle.
21 Gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.
22 Bei der Beurteilung, ob der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 erfüllt ist, bedarf es keiner Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Gewerbeinhabers, weil sich die mangelnde Zuverlässigkeit für die Ausübung des Gewerbes als Rechtsvermutung aus den (nicht getilgten) schwerwiegenden Verstößen ergibt (vgl. , Rn. 12, mwN). Die Beurteilung, ob das Vorliegen bestimmter Verstöße zu der Schlussfolgerung zu führen hat, dass der Gewerbetreibende die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt, hängt letztlich von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine solche Beurteilung vermag, soweit sie nachvollziehbar und vertretbar ist, keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu begründen (vgl. , Rn. 10, mwN). Eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unvertretbarkeit vermag die Revision mit ihrem Vorbringen bzw. der ins Treffen geführten Verlegung des Standortes der Betriebsanlage nicht aufzuzeigen, zumal auch nicht ersichtlich ist, inwieweit die Verstöße gegen Betriebszeitenregelungen vom Standort der Betriebsanlage abhängig wären.
23 Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin musste das Verwaltungsgericht auch im Hinblick auf den geltend gemachten Umstand, es sei seit der Standortverlegung in die M-Gasse 64 seit eineinhalb Jahren zu keinerlei Beanstandungen gekommen, nicht zu einem anderen Ergebnis gelangen (vgl. etwa , wo ein Zeitraum des Wohlverhaltens von zweieinhalb Jahren im Hinblick auf die Vielzahl der Delikte und den langen Tatzeitraum als zu kurz angesehen wurde, um von einer wieder erlangten Zuverlässigkeit auszugehen).
24 9. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
25 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
26 Ausgehend davon erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag der Revisionswerberin auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
27 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am
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Schlagworte | Behördenorganisation |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021040106.L00 |
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Fundstelle(n):
KAAAF-45464