VwGH 21.10.2021, Ra 2020/17/0060
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Eine unternehmerische Beteiligung im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG setzt die Kenntnis von der Veranstaltung von Glücksspielen voraus (vgl. , mwN), wobei es auf eine Einnahmenerzielungsabsicht nicht ankommt (vgl. etwa , mwN). Hiebei kann auch das entgeltliche Überlassen von Glücksspielgeräten (vgl. dazu etwa , mwN) wie auch die Vermietung von Räumlichkeiten (vgl. dazu etwa ) das vierte Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfüllen, was entsprechende Feststellungen zur subjektiven Tatseite der die Räumlichkeiten überlassenden Person - so beispielsweise zur Erkennbarkeit einer möglichen unternehmerischen Beteiligung an verbotenen Ausspielungen für den Überlasser aufgrund einer besonderen Indizienlage hinsichtlich der Nutzung des von ihm überlassenen Objektes - voraussetzt (vgl. etwa , mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/17/0056 E RS 2 |
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RS 2 | Auch das entgeltliche Überlassen von Räumlichkeiten kann das vierte Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfüllen (vgl. ; , Ra 2017/17/0357; , Ra 2017/17/0488). Dies setzt aber insbesondere entsprechende Feststellungen zur subjektiven Tatseite der die Räumlichkeiten überlassenden Person voraus. Um dies beurteilen zu können, sind im Allgemeinen Feststellungen zum Kenntnisstand der sich unternehmerisch beteiligenden Person betreffend die Tätigkeit der Person erforderlich, die unmittelbar zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht (vgl. ) oder bedarf es der Feststellung anderer Anhaltspunkte - etwa aus der konkreten Ausgestaltung der (Unter)Mietverhältnisse - für eine subjektiv vorwerfbare unternehmerische Beteiligung iSd vierten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG (vgl. , Rz 13). Dies zeigt sich gerade bei der entgeltlichen Überlassung von Räumlichkeiten, wo - anders als bei mit Glücksspielgeräten fest verbauten Banknotenlesegeräten - für den Überlasser eine mögliche unternehmerische Beteiligung an verbotenen Ausspielungen nicht ohne besondere Indizienlage hinsichtlich der Nutzung des von ihm überlassenen Objektes erkennbar und somit subjektiv vorwerfbar ist. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/15/0144 E RS 3 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der H E in B, vertreten durch die Leissner Kovaricek Rechtsanwälte OG in 1070 Wien, Zieglergasse 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , Zl. 405-10/808/1/22-2020, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom wurde die Revisionswerberin der sechsfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild iVm § 1 Abs. 1, § 2, § 3 und § 4 Abs. 2 Glücksspielgesetz - GSpG schuldig erkannt. Es wurden über sie sechs Geldstrafen in der Höhe von je EUR 3.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt, weil sie sich am als Eigentümerin und Vermieterin eines näher genannten Geschäftslokals als Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG daran beteiligt habe, dass mit näher bezeichneten Glücksspielgeräten verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt worden seien.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Strafsanktionsnorm „§ 52 Abs 1 Einleitungssatz iVm Abs 2 dritter Strafrahmen GSpG“ laute (Spruchpunkt I.). Weiters sprach es aus, dass die Revisionswerberin gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag in der Höhe von EUR 3.600,-- zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe (Spruchpunkt II.). Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig (Spruchpunkt III.).
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 1. Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision im Wesentlichen u.a. vor, das Verwaltungsgericht habe nicht festgestellt, dass sie Kenntnis von den verbotenen Ausspielungen gehabt habe. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichtes seien zudem widersprüchlich. Die Revisionswerberin habe keine Kenntnis vom verbotenen Glücksspiel gehabt. Es liege keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ab welchem Zeitpunkt der Vermieter eines Lokales Kenntnis von den verbotenen Ausspielungen haben müsse, damit ihm eine unternehmerische Beteiligung vorgehalten werden könne. Fraglich sei, ob Kenntnis zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages gegeben sein müsse oder ob es ausreiche, dass der Vermieter (offenbar gemeint: erst) im Laufe des Mietverhältnisses Kenntnis von den verbotenen Ausspielungen erlange.
7 2.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass mit dem vierten Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG eine Person gemeint ist, die nicht Veranstalter ist, sondern die sich nur in irgendeiner Weise an der Veranstaltung unternehmerisch im Sinn des § 2 Abs. 2 GSpG beteiligt. Eine unternehmerische Beteiligung im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG setzt die Kenntnis von der Veranstaltung von Glücksspielen voraus, wobei es auf eine Einnahmenerzielungsabsicht nicht ankommt. Hiebei kann auch die Vermietung von Räumlichkeiten das vierte Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfüllen, was entsprechende Feststellungen zur subjektiven Tatseite der die Räumlichkeiten überlassenden Person - so beispielsweise zur Erkennbarkeit einer möglichen unternehmerischen Beteiligung an verbotenen Ausspielungen für den Überlasser aufgrund einer besonderen Indizienlage hinsichtlich der Nutzung des von ihm überlassenen Objektes - voraussetzt (vgl. etwa jüngst , mwN).
8 2.2. Zur Erfüllung dieses Tatbestandes bedarf es weder einer unmittelbaren Rechtsbeziehung zwischen den Spielern und dem an den Ausspielungen Beteiligten im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 letzte Variante GSpG noch einer sonstigen „Ausübungshandlung“ bei der konkreten Durchführung der einzelnen Ausspielung des nach dieser letzten Variante zur Verantwortung gezogenen Beteiligten. Um dies beurteilen zu können, sind im Allgemeinen Feststellungen zum Kenntnisstand der sich unternehmerisch beteiligenden Person betreffend die Tätigkeit der Person erforderlich, die unmittelbar zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht, oder es bedarf der Feststellung anderer Anhaltspunkte für eine subjektiv vorwerfbare unternehmerische Beteiligung iSd vierten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG. Dies zeigt sich gerade bei der entgeltlichen Überlassung von Räumlichkeiten, wo - anders als bei mit Glücksspielgeräten fest verbauten Banknotenlesegeräten - für den Überlasser eine mögliche unternehmerische Beteiligung an verbotenen Ausspielungen nicht ohne besondere Indizienlage hinsichtlich der Nutzung des von ihm überlassenen Objektes erkennbar und somit subjektiv vorwerfbar ist (vgl. , mwN).
9 3.1. Das Verwaltungsgericht stellte u.a. fest, dass die Revisionswerberin das gegenständliche Lokal geerbt und am mit A D einen Mietvertrag abgeschlossen habe. Am selben Tag habe die Revisionswerberin A D die Erlaubnis zur Untervermietung an V G erteilt. Die Revisionswerberin habe in der Folge einmal pro Monat das Lokal besucht, um den vereinbarten Mietzins abzuholen. Mit Schreiben vom habe die Revisionswerberin den Mietvertrag unter Einhaltung der dreimonatigen Kündigungsfrist zum gekündigt (ES 9). Das Verwaltungsgericht führte weiters aus, es könne nicht festgestellt werden, dass die Revisionswerberin „vor dem Kenntnis von Verstößen gegen das Glücksspielgesetz im gegenständlichen Lokal“ gehabt habe. Sie sei mit Schreiben der belangten Behörde vom von einer Anzeige der Finanzpolizei in Kenntnis gesetzt worden und auf den Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG hingewiesen worden (ES 10).
10 3.2. Beweiswürdigend erwog das Verwaltungsgericht dazu, dass für „eine Kenntnis vom Verdacht des verbotenen Glücksspiels keine Beweise“ vorlägen, „weshalb die Negativfeststellung zu treffen“ sei (ES 15).
11 3.3. In seiner rechtlichen Beurteilung betonte das Verwaltungsgericht, dass eine Kenntnis von der Veranstaltung von Glücksspielen zur Erfüllung des vorgeworfenen Tatbestandes notwendig sei. Fehlende Kenntnis sei nicht als Sorgfaltsverstoß zu werten, allein der Abschluss eines Mietvertrages könne nicht als unternehmerische Beteiligung angesehen werden (ES 19). Im Tatzeitpunkt des fehle es an den Voraussetzungen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG, weil die Revisionswerberin durch die Kündigung des Mietvertrages am der Aufforderung der belangten Behörde mit Schreiben vom entsprochen und das Mietverhältnis beendet habe. Die belangte Behörde habe das Strafverfahren insofern zu Recht gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt. Anderes gelte für die „Tatzeit “: Die Revisionswerberin habe weiterhin Miete „kassiert“, es habe kein Untermietverhältnis zwischen A D und V G bestanden, es seien zwischen dem Kündigungsschreiben Ende Juli 2018 und der Tatzeit im April 2019 mehr als acht Monate vergangen. Die Revisionswerberin habe Schritte zur Auflösung/Kündigung des Mietverhältnisses unterlassen, es seien diesbezüglich keine Beweise vorgelegt worden. Die Revisionswerberin habe einen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit mit Kündigungsverzicht für drei Jahre abgeschlossen, ohne sich über die Identität des Vermieters zu informieren. „In Zusammenschau dieser Argumente“ habe die Revisionswerberin somit den Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß „§ 52 Abs 1 viertes Tatbild (unternehmerische Beteiligung) GSpG“ verwirklicht.
12 4. Bei Gesamtbetrachtung dieser beweiswürdigenden und rechtlichen Erwägungen in Zusammenschau mit den oben wiedergegebenen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht die Kenntnis der Revisionswerberin von verbotenen Ausspielungen am im Ergebnis vertretbar bejaht: Diese Kenntnis lag jedenfalls mit/seit dem Erhalt des Schreibens der belangten Behörde vom vor, aufgrund dessen die Revisionswerberin zwar zunächst am (nicht rechtswirksam zugestellt) die Kündigung des Mietvertrages erklärt hatte, in der Folge aber das Mietverhältnis dennoch zumindest konkludent fortsetzte. Die von der Revisionswerberin kritisierte Negativfeststellung (vgl. oben Rn. 10) bezieht sich damit erkennbar lediglich auf den für den Revisionsfall nicht relevanten (weiteren) Tatzeitpunkt .
13 5. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020170060.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
KAAAF-45383