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VwGH 30.06.2022, Ra 2020/15/0109

VwGH 30.06.2022, Ra 2020/15/0109

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der A BVBA in S, vertreten durch die N & N Steuerberatungsgesellschaft m.b.H in 8010 Graz, Schubertstraße 68, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RS/2100027/2020, betreffend Zurückweisung einer Säumnisbeschwerde, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, eine Gesellschaft nach belgischem Recht, die am im registre de commerce (belgisches Handelsregister) gelöscht wurde, beantragte am durch die als Vertreterin auftretende Steuerberatungsgesellschaft über Finanz-Online die Rückzahlung des auf ihrem Steuerkonto ausgewiesenen Guthabens in Höhe von 130.800,20 €.

2 Mit den Schreiben vom , und urgierte die Vertreterin der Revisionswerberin unter Berufung auf eine erteilte Vollmacht die Bearbeitung des Rückzahlungsantrages.

3 Eine Reaktion des Finanzamtes auf diese Eingaben ist den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen.

4 Daraufhin erhob die Vertreterin der Revisionswerberin am im Namen der Revisionswerberin und unter Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht Säumnisbeschwerde an das Bundesfinanzgericht, weil der Rückzahlungsantrag vom bisher unerledigt geblieben sei.

5 Mit Beschluss vom wies das Bundesfinanzgericht die Säumnisbeschwerde als unzulässig zurück. Begründend führte es aus, die durch das Einlangen eines Antrages auf Rückzahlung von Guthaben ausgelöste behördliche Handlungspflicht bestehe abhängig vom Ergebnis der Prüfung entweder in einer Bescheiderlassung oder in der Setzung des Realaktes der Rückzahlung. Zu einer Rückzahlung fehle dem Verwaltungsgericht aber eine Zuständigkeit, weil es nur eine rechtsprechende Tätigkeit entfalten, nicht aber faktische Leistungen erbringen und Realakte setzen könne. Das Verwaltungsgericht würde damit der behördlichen Säumigkeit über einen Antrag auf Rückzahlung nur in einer der beiden denkmöglichen Entscheidungsrichtungen, nämlich durch Erlassung eines antragsabweisenden Bescheides, nicht aber durch Rückzahlung eines Guthabens begegnen können. Daher sei der Erledigungsanspruch mit dem Instrument der Säumnisbeschwerde nicht verfolgbar.

6 Während des gegen diese Entscheidung anhängigen Revisionsverfahrens, wies das Finanzamt mit rechtskräftigem Bescheid vom u.a. den Rückzahlungsantrag vom gegenüber der Vertreterin der Revisionswerberin zurück. In rechtlicher Hinsicht führte es darin aus, dass der Rückzahlungsantrag ohne Bevollmächtigung durch die Revisionswerberin eingebracht worden sei, da diese unstrittig am aus dem belgischen Handelsregister gelöscht worden sei und seitdem nicht mehr „existiere“. Eine Eingabe sei bis zum Nachweis der Bevollmächtigung nicht dem Machtgeber, sondern dem einschreitenden Vertreter zuzurechnen. Da im Zeitpunkt der Antragstellung keine Bevollmächtigung der nunmehrigen Revisionswerberin an ihre Vertreterin bestanden habe, könne diese auch nicht der Revisionswerberin zugerechnet werden und sei mangels Parteistellung der Einschreiterin im Verfahren zurückzuweisen. Dieser Beschluss wurde - neben dem zuständigen Finanzamt - der Vertreterin der Revisionswerberin „als Einschreiterin“ zugestellt.

7 Der gegen den unter Rn. 5 wiedergegebenen Beschluss des Bundesfinanzgerichts erhobenen Revision gab der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom Folge () und hob den Beschluss des Bundesfinanzgerichts über die Zurückweisung der Säumnisbeschwerde mit der Begründung auf, dass das Bundesfinanzgericht - entgegen der Bestimmung des § 284 Abs. 2 BAO - der Abgabenbehörde nicht aufgetragen hatte, über den Rückzahlungsantrag zu entscheiden.

8 Daraufhin erteilte das Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom der Abgabenbehörde den Auftrag, bis über den Rückzahlungsantrag der Revisionswerberin zu entscheiden und eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt.

9 Mit Beschluss vom erteilte das Bundesfinanzgericht der Revisionswerberin den Auftrag, binnen vier Wochen jene sachverhaltsmäßigen und rechtlichen Umstände vorzubringen, anhand derer festgestellt werden könne, dass sie unbesehen ihrer Löschung im belgischen Handelsregister zum Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde nach belgischem Recht noch rechtsfähig (und damit bezogen auf die Verfahrenshandlung im Beschwerdeverfahren parteifähig) war.

10 Dieser Auftrag blieb von der Revisionswerberin unbeantwortet.

11 Die dazu erstatteten Eingaben vom und brachte die Vertreterin der Revisionswerberin ausdrücklich im eigenen Namen und nicht in Vertretung eines Klienten ein.

12 Daraufhin erließ das Bundesfinanzgericht am den angefochtenen Beschluss, mit dem es das „Anbringen“ der Vertreterin der Revisionswerberin „betreffend Beschwerde der [Revisionswerberin], [Adresse], vertreten durch die [sic!], vom wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend den Antrag vom auf Rückzahlung eines Guthabens“ zurückwies. Zur Begründung verwies das Bundesfinanzgericht auf die Begründung des im Abgabenverfahren ergangenen Bescheids des Finanzamts vom .

13 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Bundesfinanzgericht nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

14 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende, unter Berufung auf eine von der Revisionswerberin erteilte Vollmacht, erhobene außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Bundesfinanzgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 93 BAO abgewichen, indem es den Antrag der Revisionswerberin vom auf Rückzahlung eines Guthabens in der Höhe von 130.800,20 € als unzulässig zurückgewiesen habe.

15 Gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 iVm Abs. 9 B-VG kann gegen den Beschluss eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben, wer durch den Beschluss in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Entscheidend für die Beurteilung der Revisionslegitimation ist somit, ob die Revisionswerberin durch den bekämpften Beschluss - ohne Rücksicht auf dessen Rechtmäßigkeit - in einem subjektiven Recht verletzt sein kann.

16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

17 Entgegen dem Revisionsvorbringen behandelt der angefochtene Beschluss - nach seinem Spruch und der (verwiesenen) Begründung des Bundesfinanzgerichts - die Säumnisbeschwerde vom , die nach der Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts von der eingeschrittenen Vertreterin ohne Nachweis der Bevollmächtigung durch die Revisionswerberin erhoben wurde. Dieser Beschluss ist - wie sich eindeutig aus der Zustellverfügung ergibt (vgl.  und , Ra 2022/15/0038) - an die steuerliche Vertreterin „als Einschreiterin“ und das Finanzamt, nicht aber an die Revisionswerberin selbst ergangen. Er greift damit nicht in die Rechtssphäre der Revisionswerberin ein.

18 Die Revision war daher, ohne dass darauf einzugehen war, ob Vollbeendigung der Revisionswerberin eingetreten ist (vgl. ), mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

19 Sollte die Revisionswerberin der Ansicht sein, dass für sie Vollmacht erteilt wurde und die Säumnisbeschwerde vom rechtswirksam in ihrem Namen eingebracht wurde, steht ihr - sofern noch Säumnis vorliegt - die Geltendmachung der Entscheidungspflicht des Gerichts offen ().

20 Im Übrigen werden in der Revision auch keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, weil das gesamte Revisionsvorbringen von der Prämisse ausgeht, mit dem angefochtenen Beschluss sei der Rückzahlungsantrag der Revisionswerberin vom ihr gegenüber zurückgewiesen worden. Abgesehen davon, dass - wie ausgeführt - der angefochtene Beschluss nicht an die Revisionswerberin erging, entschied das Bundesfinanzgericht aber nicht über einen Rückzahlungsanspruch, sondern sprach die Zurückweisung einer wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erhobenen Beschwerde aus.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020150109.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAF-45349