VwGH 19.10.2022, Ra 2020/15/0063
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | EStG 1988 §85 Abs1 |
RS 1 | Gemäß § 85 Abs. 1 zweiter Satz EStG 1988 haben öffentliche Kassen bei Auszahlung des Arbeitslohnes die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Sinne des EStG. Öffentliche Kassen sind jene der Gebietskörperschaften. Durch die Sondervorschrift des § 85 Abs. 1 zweiter Satz EStG 1988 wird ihnen steuerrechtlich Rechtssubjektivität als Arbeitgeber verliehen; in diesem Umfang treten sie an die Stelle der Gebietskörperschaft, für die sie tätig werden (vgl. , mwN; vgl. zu Revisionen des Amtes einer Landesregierung ; und , Ra 2020/15/0062). |
Normen | EStG 1988 §85 Abs1 FamLAG 1967 §41 |
RS 2 | Die Rechtsfähigkeit öffentlicher Kassen iSd § 85 Abs. 1 zweiter Satz EStG 1988 erstreckt sich auch auf den Bereich des Dienstgeberbeitrages nach §§ 41 ff FamLAG 1967 (vgl. zu einer Dienststelle des Magistrats der Stadt Wien ). |
Normen | EStG 1988 §47 Abs1 FamLAG 1967 §41 |
RS 3 | |
Norm | EStG 1988 §67 Abs3 |
RS 4 | Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung einer gesetzlichen Abfertigung gemäß § 67 Abs. 3 EStG 1988 sind ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf die Abfertigung und die Auflösung des Dienstverhältnisses (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2010/13/0138). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2009/13/0207 E RS 1 |
Norm | EStG 1988 §67 Abs3 |
RS 5 | Treffen zwei unmittelbar aneinander anschließende Dienstverhältnisse zusammen und wurde bei Beendigung des früheren Dienstverhältnisses der Abfertigungsanspruch beachtet oder geltend gemacht, dann sind ein beendetes Dienstverhältnis und ein neu eingegangenes Dienstverhältnis anzunehmen. Eine andere Beurteilung ist dort angebracht, wo die unmittelbare, im wesentlichen unveränderte Fortsetzung des ersten Dienstverhältnisses schon bei seiner Beendigung in Aussicht genommen oder vom Arbeitgeber zugesagt wurde (vgl. ; und 2009/13/0207, jeweils mwN). |
Normen | |
RS 6 | Nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Nach § 47 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 ist Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 EStG 1988 auszahlt. Werden Lohnzahlungen von einem Dritten übernommen, so ist der Dritte alleine deshalb noch nicht der Arbeitgeber, wenn dem Dritten nicht auch die Arbeitskraft geschuldet wird (vgl. ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Amtes der X Landesregierung, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2100669/2013, betreffend Haftung für Lohnsteuer und Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe für die Jahre 2008 bis 2012, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Das revisionswerbende Amt einer Landesregierung hat - jeweils unmittelbar nach der einvernehmlichen Auflösung der Dienstverhältnisse von insgesamt 23 kirchlich bestellten Religionslehrerinnen und Religionslehrern - in den Jahren 2008 bis 2012 Dienstverträge mit diesen Lehrerinnen und Lehrern abgeschlossen und sie als Vertragsbedienstete an denselben Schulen beschäftigt.
2 Im Zuge einer Prüfung der lohnabhängigen Abgaben bei der Revisionswerberin kam der Prüfer zum Ergebnis, dass der Grund für die Auszahlung von Abfertigungen an die Lehrerinnen und Lehrer deren Übernahme als Vertragsbedienstete des Landes S gewesen sei. Da aber keine Endabrechnung der Urlaubsansprüche und keine Abmeldung bei der Sozialversicherung erfolgt sei, seien die Voraussetzungen für die steuerliche Begünstigung der Abfertigungszahlungen nicht erfüllt.
3 Das Finanzamt folgte der Ansicht des Prüforgans und erließ daraufhin hinsichtlich der Streitjahre 2008 bis 2012 entsprechende Bescheide an die Revisionswerberin u.a. betreffend Haftung für Lohnsteuer und Festsetzung des Dienstgeberbeitrags.
4 Dagegen erhob die Revisionswerberin Berufung (nunmehr Beschwerde), in der sie vorbrachte, dass es jeweils zu einer formalen Beendigung der Dienstverhältnisse mit der Kirche bzw. Religionsgemeinschaft als ehemaliger Dienstgeberin gekommen sei und neue Dienstverhältnisse der Lehrerinnen und Lehrer mit der Revisionswerberin begründet worden seien. Die Bezugsverrechnung habe die Revisionswerberin lediglich als Serviceleistung für die jeweiligen Kirchen und Religionsgemeinschaften übernommen, da diese über kein entsprechendes Lohn- und Gehaltsverrechnungsprogramm verfügt hätten. Das neu mit der Revisionswerberin abgeschlossene Dienstverhältnis unterliege der Sozialversicherungspflicht nach dem BSVG, die Religionslehrerinnen und Religionslehrer seien am Tag nach der Abmeldung bei der steirischen Gebietskrankenkasse bei der BVA angemeldet worden. Darüber hinaus hätten sie keinen Anspruch auf Urlaubsersatzleistung bei Beendigung ihres Dienstverhältnisses gehabt; auch sonstige Ansprüche auf Grund der Beendigung des Dienstverhältnisses hätten sich bei ihnen nicht ergeben.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem es eine Revision für unzulässig erklärte, wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde ab. Begründend führte es aus, dass die ursprünglichen kirchlichen Dienstverhältnisse der Religionslehrerinnen und Religionslehrer jeweils „nur mit der Wirksamkeit der Übernahme als LandesvertragslehrerIn“ einvernehmlich aufgelöst geworden seien. Dies komme einer Wiedereinstellungszusage gleich. Die Dienstverhältnisse seien danach hinsichtlich Vergütung nach dem Entlohnungsschema II L, Bezugszuschlägen, Dauer des Dienstverhältnisses, Kündigung, Abfertigung, Entlassung, Erkrankung, Todesfall und Vergütung nach der Reisegebührenvorschrift von der Revisionswerberin unverändert fortgeführt worden. Es komme daher die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf ; und , 89/13/0033) zur Anwendung, wonach dann nicht von der Beendigung des Dienstverhältnisses im Sinne des § 67 Abs. 3 EStG 1988 auszugehen sei, wenn die unmittelbare, im wesentlichen unveränderte Fortsetzung des ersten Dienstverhältnisses schon bei seiner Beendigung in Aussicht genommen oder vom Arbeitgeber zugesagt worden sei. Die Lehrerinnen und Lehrer seien auch nach wie vor durch dieselbe Stelle besoldet worden, was sich aus dem Umstand ergäbe, dass die - nicht im Akt erliegenden - Lohnzettel von der Revisionswerberin übermittelt worden seien. Das Finanzamt habe daher zu Recht die begünstigte Besteuerung der ausbezahlten Abfertigungen verweigert.
6 Die gegen dieses Erkenntnis gerichtete Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob bei einem tatsächlichen Wechsel des Dienstgebers überhaupt von einer Fortsetzung des ersten Dienstverhältnisses ausgegangen werden könne bzw. welche Kriterien zur Prüfung herangezogen werden müssten. Darüber hinaus weiche das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach die Entlohnung als Kriterium für die Fortführung des Dienstverhältnisses heranzuziehen sei. Es habe sich nämlich durch die Begründung des Dienstverhältnisses zur Revisionswerberin eine Änderung der besoldungsrechtlichen Stellung hinsichtlich Entlohnung und Einstufung ergeben, die vom Bundesfinanzgericht nicht berücksichtigt worden sei.
7 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Die Revision ist zulässig und begründet.
10 Der Revisionswerberin, an welche das angefochtene Erkenntnis ergangen ist, kommt im Bereich der Lohnsteuer Rechtssubjektivität zu. Gemäß § 85 Abs. 1 zweiter Satz EStG 1988 haben öffentliche Kassen bei Auszahlung des Arbeitslohnes die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Sinne des EStG. Öffentliche Kassen sind jene der Gebietskörperschaften. Durch die Sondervorschrift des § 85 Abs. 1 zweiter Satz EStG 1988 wird ihnen steuerrechtlich Rechtssubjektivität als Arbeitgeber verliehen; in diesem Umfang treten sie an die Stelle der Gebietskörperschaft, für die sie tätig werden (vgl. , mwN; vgl. zu Revisionen des Amtes einer Landesregierung ; und , Ra 2020/15/0062). Die Rechtsfähigkeit öffentlicher Kassen iSd § 85 Abs. 1 zweiter Satz EStG 1988 erstreckt sich auch auf den Bereich des Dienstgeberbeitrages nach §§ 41 ff FLAG (vgl. zu einer Dienststelle des Magistrats der Stadt Wien ).
11 § 67 Abs. 3 EStG 1988 lautet in der im Streitzeitraum maßgeblichen Fassung, auszugsweise:
„(3) Die Lohnsteuer von Abfertigungen, deren Höhe sich nach einem von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängigen Mehrfachen des laufenden Arbeitslohnes bestimmt, wird so berechnet, daß die auf den laufenden Arbeitslohn entfallende tarifmäßige Lohnsteuer mit der gleichen Zahl vervielfacht wird, die dem bei der Berechnung des Abfertigungsbetrages angewendeten Mehrfachen entspricht. Ist die Lohnsteuer bei Anwendung des Steuersatzes des Abs. 1 niedriger, so erfolgt die Besteuerung der Abfertigungen nach dieser Bestimmung. Unter Abfertigung ist die einmalige Entschädigung durch den Arbeitgeber zu verstehen, die an einen Arbeitnehmer bei Auflösung des Dienstverhältnisses auf Grund
– gesetzlicher Vorschriften,
– Dienstordnungen von Gebietskörperschaften,
– aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,
– eines Kollektivvertrages oder
– der für Bedienstete des Österreichischen Gewerkschaftsbundes geltenden Arbeitsordnung
zu leisten ist.“
12 Gemäß § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer.
13 Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 EStG 1988 auszahlt (§ 47 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988).
14 § 41 FLAG 1967 lautet auszugsweise:
(1) Den Dienstgeberbeitrag haben alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen; [...]
(2) Dienstnehmer sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.
(3) Der Beitrag des Dienstgebers ist von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes.
(4) Zur Beitragsgrundlage gehören nicht: [...]
b) die im § 67 Abs. 3 und 6 des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Bezüge, [...]“
15 Arbeitgeber im Sinne des EStG 1988 sind auch Dienstgeber im Sinne des FLAG (vgl. Kuprian in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 41ff Rz 4; sowie zum EStG 1972 und FLAG 1967, ).
16 Die Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und der §§ 5, 6 und 7 Religionsunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 190/1949, lauten in der im Streitzeitraum jeweils maßgeblichen Fassung auszugsweise:
„§ 3. (1) Die Religionslehrer an den öffentlichen Schulen, an denen Religionsunterricht Pflichtgegenstand oder Freigegenstand ist, werden entweder
a) von der Gebietskörperschaft (Bund, Länder), die die Diensthoheit über die Lehrer der entsprechenden Schulen ausübt, angestellt oder
b) von der betreffenden gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft bestellt.
[...]
§ 5. (1) Die gemäß § 3 Abs. 1 lit. b von den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften bestellten Religionslehrer müssen die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und - außer dem Erfordernis der kirchlich (religionsgesellschaftlich) erklärten Befähigung und Ermächtigung für die Erteilung des Religionsunterrichtes - hinsichtlich der Vorbildung die besonderen Anstellungserfordernisse erfüllen, die für die im § 3 Abs. 1 lit. a genannten Religionslehrer gelten. In besonders begründeten Ausnahmefällen kann - soweit § 7d nicht anderes bestimmt - der zuständige Bundesminister von dem Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft Nachsicht erteilen.
(2) Durch die Bestellung dieser Religionslehrer wird ein Dienstverhältnis zu den Gebietskörperschaften (Bund, Länder) nicht begründet.
§ 6. (1) Die im § 3 Abs. 1 lit. b genannten Religionslehrer erhalten für ihre Lehrtätigkeit an öffentlichen Schulen eine Vergütung nach den Ansätzen des Entlohnungsschemas II L (§ 44 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948, BGBl. Nr. 86, in seiner jeweils geltenden Fassung) zuzüglich der jeweiligen Bezugszuschläge, nach den für die Lehrer der betreffenden Schularten dort festgesetzten Entlohnungsgruppen.
(2) Im übrigen finden hinsichtlich der Bemessung der Vergütung für die im § 3 Abs. 1 lit. b genannten Religionslehrer die Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948, BGBl. Nr. 86, in seiner jeweils geltenden Fassung, soweit sie sich auf Vertragsbedienstete des Entlohnungsschemas II L beziehen, dem Sinne nach - insbesondere hinsichtlich Dauer des Dienstverhältnisses, Kündigung, Abfertigung, Entlassung, Erkrankung, Todesfall - Anwendung. Desgleichen haben diese Religionslehrer Anspruch auf Vergütung nach den für die Vertragsbediensteten des Bundes jeweils geltenden Reisegebührenvorschriften mit der Maßgabe, daß bei Religionslehrern, die Geistliche oder Ordensangehörige oder Angehörige von Diakonissenanstalten sind, der Wohnort als Dienstort gilt.
§ 7. Den Aufwand für die im § 6 angeführten Vergütungen trägt die Gebietskörperschaft (Bund, Länder), die nach Maßgabe der bundesgesetzlichen Vorschriften die Kosten der Besoldung der übrigen Lehrer an der betreffenden Schule trägt.“
17 Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die an die Religionslehrerinnen und Religionslehrer ausbezahlten Abfertigungen anlässlich ihrer Überführung in das Vertragsbedienstetenverhältnis zur Revisionswerberin der begünstigten Besteuerung des § 67 Abs. 3 EStG 1988 unterlagen.
18 Gemäß § 67 Abs. 3 EStG 1988 ist unter der in diesem Absatz genannten Abfertigung eine einmalige Entschädigung zu verstehen, die einem Arbeitnehmer bei Auflösung des Dienstverhältnisses u.a. auf Grund gesetzlicher Vorschriften oder auf Grund eines Kollektivvertrages vom Arbeitgeber zu leisten ist. Die Lohnsteuer wird von Abfertigungen, deren Höhe sich nach einem von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängigen Mehrfachen des laufenden Arbeitslohnes bestimmt, so berechnet, dass die auf den laufenden Arbeitslohn entfallende tarifmäßige Lohnsteuer mit der gleichen Zahl vervielfacht wird, die dem bei der Berechnung des Abfertigungsbetrages angewendeten Mehrfachen entspricht. Ist die Lohnsteuer bei Anwendung der Steuersätze der § 67 Abs. 1 EStG 1988 niedriger, so erfolgt die Besteuerung der Abfertigung nach dieser Bestimmung.
19 Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung einer gesetzlichen Abfertigung gemäß § 67 Abs. 3 EStG 1988 sind ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf die Abfertigung und die Auflösung des Dienstverhältnisses. Treffen zwei unmittelbar aneinander anschließende Dienstverhältnisse zusammen und wurde bei Beendigung des früheren Dienstverhältnisses der Abfertigungsanspruch beachtet oder geltend gemacht, dann sind ein beendetes Dienstverhältnis und ein neu eingegangenes Dienstverhältnis anzunehmen. Eine andere Beurteilung ist nach der hg. Judikatur dort angebracht, wo die unmittelbare, im wesentlichen unveränderte Fortsetzung des ersten Dienstverhältnisses schon bei seiner Beendigung in Aussicht genommen oder vom Arbeitgeber zugesagt wurde (vgl. ; und 2009/13/0207, jeweils mwN).
20 Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich der Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts nicht anzuschließen, wonach eine im Wesentlichen unveränderte Fortsetzung des Dienstverhältnisses vorliegen soll, obwohl unstrittig ein neues Dienstverhältnis zu einem neuen Arbeitgeber begründet wird und somit auch keine bloße Vertragsübernahme auf Seiten des bisherigen Arbeitgebers vorliegt (vgl. Kirchmayr/Schaunig in Doralt et al, EStG19 § 67 Tz 47, mwN). Auch wenn das Dienstverhältnis der zunächst kirchlich bestellten Lehrerinnen und Lehrer nur unter der Voraussetzung der „Übernahme als Landesvertragslehrerin“ aufgelöst wurde, kommt diese aufschiebende Bedingung keiner Wiedereinstellungszusage gleich. In einer solchen Konstellation kann somit nicht vom Vorliegen eines einheitlichen Dienstverhältnisses ausgegangen werden.
21 Aus den vom Bundesfinanzgericht zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes (; , 89/13/0033) ist - wie die Revision zutreffend aufzeigt - für den vorliegenden Fall nichts zu gewinnen, weil dort der Arbeitgeber des aufgelösten und neu eingegangenen Dienstverhältnisses immer dieselbe juristische Person war und sohin auch die Wiedereinstellung vom selben Arbeitgeber ausging.
22 Darüber hinaus ist zur Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer der Arbeitgeber verpflichtet (§ 82 EStG 1988). Nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Nach § 47 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 ist Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 EStG 1988 auszahlt. Werden Lohnzahlungen von einem Dritten übernommen, so ist der Dritte alleine deshalb noch nicht der Arbeitgeber, wenn dem Dritten nicht auch die Arbeitskraft geschuldet wird (vgl. ).
23 Es ist unstrittig, dass die betroffenen Religionslehrerinnen und Religionslehrer jeweils bis zur einvernehmlichen Auflösung ein Dienstverhältnis zur Kirche bzw. einer Religionsgemeinschaft hatten, der gegenüber sie ihre Arbeitskraft schuldeten. Sie waren - worauf auch die Revisionsbeantwortung hinweist - deren Diensthoheit und Disziplinarbefugnis unterworfen. Arbeitgeber war also die Kirche bzw. Religionsgemeinschaft. Nur diese (bzw. die entsprechende juristische Person der Kirche/Religionsgemeinschaft) kommt als Haftende für Lohnsteuer auf die mit Beendigung der Dienstverhältnisse ausbezahlten Abfertigungen und als Schuldner eines daraus resultierenden Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe in Betracht. Dass - nach dem weiteren Vorbringen in der Revisionsbeantwortung - die Bezugsverrechnung und Tragung der Lohnkosten auch schon während des Dienstverhältnisses zur Kirche bzw. Religionsgemeinschaften von der Revisionswerberin übernommen worden sei (vgl. dazu §§ 6f Religionsunterrichtsgesetz und Art. I, § 3 Abs. 6 des Vertrages vom , BGBl. 273/1962, zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zur Regelung von mit dem Schulwesen zusammenhängenden Fragen samt Schlussprotokoll), ist dabei irrelevant. Auch aus diesem Grund erweist sich - in Bezug auf die gegenständlichen Abfertigungen - die Heranziehung der Revisionswerberin als Haftende bzw. Schuldnerin als rechtswidrig.
24 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020150063.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
GAAAF-45328