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VwGH 29.06.2023, Ra 2020/11/0040

VwGH 29.06.2023, Ra 2020/11/0040

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §52 Abs2
AVG §53a Abs1
AVG §76
GebAG 1975 §34 Abs1
RS 1
Im Verfahren nach § 76 AVG kann die Partei, der die dem nichtamtlichen Sachverständigen bezahlten Gebühren als der Behörde erwachsene Barauslagen vorgeschrieben werden, mangels Bindungswirkung des Bescheides, mit dem die Gebühren des Sachverständigen festgesetzt wurden, zulässigerweise geltend machen, die Gebühren des Sachverständigen seien überhöht, sie stünden ihm daher nicht bzw nicht in voller Höhe zu (Hinweis E vom , 2002/03/0225, und E vom , 2002/03/0076).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2012/03/0061 E RS 1
Normen
AVG §53a Abs1
AVG §53a Abs2
AVG §76 Abs1
AVG §76 Abs2
GebAG 1975 §24
GebAG 1975 §25
GebAG 1975 §25 Abs3
KAG Slbg 2000 §12a Abs1 lita
KAG Slbg 2000 §12c Abs2
RS 2
Die zivilgerichtliche Judikatur zum im Revisionsfall relevanten § 25 Abs. 3 GebAG 1975 geht dahin, dass dann, wenn der Sachverständige grundsätzlich mit seinem schriftlichen Gutachten dem Auftrag des Gerichtes entsprochen hat, nicht von einer unvollendeten Tätigkeit ausgegangen werden kann. § 25 Abs. 3 GebAG 1975 stellt im Grunde nicht auf eine inhaltliche Unvollständigkeit ab, sondern auf eine verfahrensrechtliche Unvollendetheit der Sachverständigentätigkeit. Ob nämlich das Gutachten für die im Verfahren relevanten Fragen eine ausreichende Grundlage darstellt, kann im Gebührenbestimmungsverfahren nicht entschieden werden.
Normen
AVG §53a
AVG §76
GebAG 1975 §24
GebAG 1975 §25
GebAG 1975 §25 Abs3
KAG Slbg 2000 §12c Abs2
RS 3
Nach der Rechtsprechung des OGH richtet sich der Anspruch des Sachverständigen auf die Gebühr nach der Erfüllung des erteilten Auftrags; die Anspruchsvoraussetzungen sind daher gegeben, wenn das Gutachten in Befolgung des gerichtlichen Auftrags erstattet wurde. Ist die Tätigkeit des Sachverständigen hingegen aus seinem Verschulden unvollendet geblieben, so hat er keinen, sonst nur einen Anspruch auf die seiner unvollendeten Tätigkeit entsprechende Gebühr. Hat der Sachverständige sein Gutachten so mangelhaft abgefasst, dass es nur deshalb einer Erörterung bedarf, so ist die Gebühr für Mühewaltung nach richterlichem Ermessen unter Bedachtnahme auf das den Sachverständigen treffende Verschulden, die Dringlichkeit des Verfahrens, das Ausmaß der Verzögerung und den Umfang der erforderlichen Erörterungen um insgesamt bis zu einem Viertel zu mindern. Die Mangelhaftigkeit des Gutachtens, die eine Minderung des Gebührenanspruchs rechtfertigt, kann also primär darin liegen, dass der Sachverständige die Grundlagen für die im Gutachten gezogenen Schlüsse nicht ausreichend oder nicht verständlich darlegt. Die inhaltliche Richtigkeit des Gutachtens ist hingegen als Frage der im Hauptverfahren zu treffenden Beweiswürdigung im Gebührenbestimmungsverfahren nicht zu überprüfen; daran hat sich auch durch die GebAG-Novelle 1994 nichts geändert. Durch die GebAG-Novelle 1994 sollte auch die bisherige Rechtsprechung, nach der für völlig unbrauchbare Gutachten kein Gebührenanspruch zusteht, unberührt bleiben; derartige Gutachten sind weiterhin nicht als Erfüllung des gerichtlichen Auftrags anzusehen. Ist der Zweck des Befundes und Gutachtens erreicht, so hat der Sachverständige nur für diejenigen Leistungen einen Gebührenanspruch, die vom Auftrag gedeckt sind. Umso weniger kann ein Gutachten ohne Auftrag einen Gebührenanspruch auslösen (vgl. zum Ganzen , mwN). Dieser Judikatur schließt sich der VwGH an.
Normen
AVG §53a
AVG §76
GebAG 1975 §24
GebAG 1975 §25 Abs3
KAG Slbg 2000 §12a Abs1 lita
KAG Slbg 2000 §12c Abs2
VwGG §42 Abs2 Z1
RS 4
Das VwG war in seinem Beschluss davon ausgegangen, dass sich die GÖG in ihrem Gutachten nicht mit den Kriterien des § 12a Abs. 3 Slbg KAG 2000 befasst hatte. Dies bedeutet aber, dass es das Gutachten als mangelhaft ansah. Vor dem Hintergrund der Judikatur des OGH (vgl. , mwN) wäre es daher am VwG gelegen, unter Bedachtnahme auf das die GÖG treffende Verschulden an der Mangelhaftigkeit des Gutachtens die Gebühr gemäß § 25 Abs. 3 GebAG 1975 entweder gänzlich zu versagen oder auf den der mangelhaften Tätigkeit entsprechenden Betrag herabzusetzen. Im Revisionsfall waren die Sachverständigengebühren der belangten Behörde zwar bereits erwachsen. Die Überwälzung der gesamten Barauslagen auf die Revisionswerberin gemäß § 76 Abs. 1 AVG, ohne die Vorgaben des § 25 Abs. 3 GebAG 1975 zu berücksichtigen, erweist sich daher jedenfalls als rechtswidrig (zu überhöhten Kostenvorschreibungen, nachdem der Behörde Barauslagen erwachsen waren, vgl. etwa ; , 2013/07/0134; jeweils mwN).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätinnen Dr. Pollak, Mag. Hainz-Sator und MMag. Ginthör sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der P GmbH in S, vertreten durch Ing. Dr. Wolfgang Gappmayer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Margaretenstraße 22/12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom , Zl. 405-8/46/1/7-2020, betreffend Vorschreibung von Sachverständigengebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Schreiben vom stellte die Revisionswerberin bei der belangten Behörde einen Antrag auf Vorabfeststellung der wesentlichen Verbesserung des Versorgungsangebotes gemäß § 12e Abs. 1 Salzburger Krankenanstaltengesetz 2000 (SKAG) durch Errichtung eines näher beschriebenen Ambulatoriums für Pränataldiagnostik.

2 Mit Schreiben vom ersuchte die belangte Behörde die Gesundheit Österreich Forschungs- und Planungs GmbH (GÖG) „um Erstattung eines Gutachtens im Sinne der Bestimmungen des § 12c Abs. 2“ SKAG.

3 Für das von der GÖG erstellte Gutachten vom wurde ein Kostenersatz in Höhe von € 3.000,-- begehrt. Dieser Betrag wurde über Auftrag der belangten Behörde von der Landesbuchhaltung Salzburg am  der GÖG überwiesen.

4 Nach mehreren Rechtsgängen und nachdem die Revisionswerberin ihren Antrag auf Vorabfeststellung des Bedarfs mit Schreiben vom zurückgezogen hatte (ihrem am selben Tag gestellten Antrag auf Erteilung einer Errichtungsbewilligung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom statt), setzte die belangte Behörde mit Bescheid vom die Sachverständigengebühren für das Gutachten der GÖG mit € 3.000,-- fest.

5 Am erging der verfahrensgegenständliche Kostenbescheid der belangten Behörde, in dem die Revisionswerberin gemäß § 12c Abs. 2 SKAG iVm. § 76 AVG zur Zahlung der Sachverständigengebühren in Höhe von € 3.000,-- verpflichtet wurde.

6 In ihrer gegen diese Kostenvorschreibung erhobenen Beschwerde führte die Revisionswerberin zusammengefasst aus, das Gutachten sei in einer Art und Weise mangelhaft und unvollständig gewesen, dass es für das (Haupt)Verfahren wertlos gewesen sei. Die Mangelhaftigkeit und Unvollständigkeit habe nicht einmal durch Erörterung im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausgeräumt werden können. Es sei auch keine ordnungsgemäße Aufschlüsselung der Kosten vorgelegt worden. Weiters habe der Sachverständige den Anspruch auf seine Gebühr nicht binnen 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit bei sonstigem Verlust geltend gemacht.

7 Diese Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis - auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war von den Verfahrensparteien verzichtet worden - als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

8 Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, die GÖG habe als nichtamtliche Sachverständige im Auftrag der Salzburger Landesregierung ein Gutachten in einem Bedarfsfeststellungsverfahren gemäß § 12c und § 12e SKAG erstellt. Am habe die GÖG gleichzeitig mit der Vorlage des Gutachtens „einen Kostenersatz“ in der Höhe von € 3.000,-- für die Gutachtertätigkeit beantragt. Über Aufforderung durch die belangte Behörde sei das beantragte Honorar mit Eingabe vom durch Übermittlung einer Aufwandsübersicht konkretisiert worden. Diese Übersicht weise die jeweiligen Arbeitstage und Arbeitsstunden sowie die entsprechenden Tätigkeiten (Recherche, Auswertungen, Schreiben, Lektorat und Nachbesserungen) aus, und es sei ein Stundensatz von € 100,-- angegeben worden. Mit Schreiben vom sei klargestellt worden, dass die Gebühr für Mühewaltung bei Erstellung von Befund und Gutachten im Sinne des § 34 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz (GebAG) verzeichnet worden sei und dass sich der Stundensatz aus der Bestimmung des § 34 GebAG ergebe. Mit Eingabe vom habe die GÖG der belangten Behörde - nach einem weiteren Verbesserungsauftrag vom  - neuerlich die genannte Aufgliederung und Zuordnung zum Gebührenbestandteil „Mühewaltung für Befund und Gutachten“ übermittelt. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom sei rechtskräftig festgestellt worden, dass die GÖG der Aufforderung der Behörde zur Aufschlüsselung des Gebührenanspruchs fristgerecht nachgekommen und der Anspruch des Sachverständigen nicht erloschen sei.

9 Nachdem die belangte Behörde mit Bescheid vom in der Hauptsache gemäß § 12e SKAG festgestellt habe, dass durch die Errichtung einer privaten Krankenanstalt in der beantragten Betriebsform keine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes erreicht werden könne, habe das Verwaltungsgericht (nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung) mit (aufhebendem) Beschluss vom die Angelegenheit zur Erlassung eines allfälligen neuen Bescheides an die Salzburger Landesregierung zurückverwiesen. Begründend habe es ausgeführt,

„dass das Gutachten der Gesundheit Österreich GmbH vom ein klar umrissenes Einzugsgebiet mit festgelegten geografischen Grenzen überhaupt zur Gänze vermissen lasse. Zudem fehlen nachvollziehbare Feststellungen zur zumutbaren Anreisezeit ebenso wie nachvollziehbare konkrete Feststellungen zum Bevölkerungskreis der das konkrete Leistungsangebot des geplanten Ambulatoriums voraussichtlich in Anspruch nehmen wird. Es sei nicht erkennbar, dass eine Ermittlung des Einzugsgebietes ausgehend vom geplanten Leistungsspektrum des zu errichtenden Ambulatoriums erfolgt wäre. Zudem bleibe offen, ob bzw inwieweit das Einzugsgebiet hinsichtlich einzelner Leistungsgruppen allenfalls eine unterschiedliche Größe aufweist. Das im vorliegenden Fall eingeholte 'Gutachten' liefere weder einen Befund, noch daraus abgeleitete Schlussfolgerungen zum Einzugsgebiet und somit kein diesbezüglich verwertbares nachvollziehbares Ergebnis. Weiters seien im eingeholten Gutachten zur Frage des bestehenden Leistungsanbieters die Angaben in den Stellungnahmen keiner Plausibilitätsprüfung unterzogen worden und würden eigene Ermittlungen bzw Feststellungen zu den bestehenden Leistungsanbietern gänzlich fehlen. Es sei weder aus den Feststellungen der belangten Behörde noch aus dem eingeholten Gutachten somit die ‚Vergleichsmenge‘ des Versorgungsangebotes bestehender Leistungsanbieter erschließbar. Zudem würden Ermittlungen bzw Feststellungen zu den angebotenen Leistungen der von der Behörde genannten am Markt befindlichen Anbieter fehlen. Weiters würden grundsätzliche Ausführungen zu den erforderlichen Qualitätsstandards in der Pränataldiagnostik, zur tatsächlichen Erfüllung dieser Standards durch die jeweiligen Leistungsanbieter und zur Vergleichbarkeit angebotener Leistungen mit den geplanten Leistungen des beantragten Ambulatoriums fehlen. Weiters nun ließe das Gutachten der Gesundheit Österreich eine Ermittlung und Beurteilung von Wartezeiten gänzlich vermissen. Auch andere aussagekräftige Kriterien zur Beurteilung der aktuellen Belastung der bestehenden Leistungsanbieter pro Region (zB Fallzahlen pro Leistungsanbieter und Jahr) würden nicht vorliegen.“

Abschließend sei festgestellt worden, dass nicht bloß eine Ergänzung des Gutachtens erforderlich wäre, sondern nahezu das gesamte Ermittlungsverfahren auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren verlagert werden würde.

10 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, selbst wenn Ergänzungen in Befund und Gutachten notwendig gewesen wären, könne alleine aus der Tatsache, dass das Gutachten ergänzungsbedürftig sei, nicht der Schluss gezogen werden, dass die angefallenen Kosten nicht vorgeschrieben werden könnten. Es sei jedenfalls eine mit einem gewissen aufgeschlüsselten Zeitaufwand verbundene Leistung erbracht worden.

11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, zu der keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:

13 Die maßgeblichen Bestimmungen des AVG lauten (auszugsweise):

„Gebühren der nichtamtlichen Sachverständigen

§ 53a. (1) Nichtamtliche Sachverständige haben für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 3743 bis 49 und 51 des Gebührenanspruchsgesetzes - GebAG, BGBl. Nr. 136/1975, sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.

(2) Die Gebühr ist von der Behörde, die den Sachverständigen herangezogen hat, mit Bescheid zu bestimmen. Vor der Gebührenbestimmung kann der Sachverständige aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenberechnung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen. Die Gebührenbeträge sind auf volle 10 Cent aufzurunden.

...

Kosten der Behörden

...

§ 76. (1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.

(2) Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.

...“

14 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Gebühren der Zeugen und Zeuginnen, Sachverständigen, Dolmetscher und Dolmetscherinnen, Geschworenen, Schöffen und Schöffinnen (Gebührenanspruchsgesetz - GebAG), BGBl. Nr. 136/1975 idF BGBl. I Nr. 44/2019, lauten (auszugsweise):

„Sachverständige

Umfang der Gebühr

§ 24. Die Gebühr des Sachverständigen umfaßt

1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Befund- oder Beweisaufnahme, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2. den Ersatz der Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften und der sonstigen durch seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren verursachten notwendigen Kosten;

3. die Entschädigung für Zeitversäumnis;

4. die Gebühr für Mühewaltung einschließlich der Gebühr für die Teilnahme an einer Verhandlung und der Gebühr für Aktenstudium.

Anspruchsvoraussetzungen

§ 25. (1) Der Anspruch auf die Gebühr richtet sich nach dem dem Sachverständigen erteilten gerichtlichen Auftrag; hat der Sachverständige Zweifel über den Umfang und Inhalt des gerichtlichen Auftrags, so hat er die Weisung des Gerichtes einzuholen. Ist der bekanntgegebene Zweck der Untersuchung erreicht, so hat der Sachverständige für darüber hinaus erbrachte Leistungen keinen Gebührenanspruch.

(1a) Ist zu erwarten oder stellt sich bei der Sachverständigentätigkeit heraus, dass die tatsächlich entstehende Gebühr die Höhe des Kostenvorschusses, mangels eines solchen den Wert des Streitgegenstands oder 2 000 Euro, in Verfahren vor dem Landesgericht und im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft aber 4 000 Euro übersteigt, so hat die oder der Sachverständige das Gericht beziehungsweise die Staatsanwaltschaft rechtzeitig auf die voraussichtlich entstehende Gebührenhöhe hinzuweisen. Unterlässt der oder die Sachverständige diesen Hinweis, so entfällt insoweit der Gebührenanspruch. In dringenden Fällen können unaufschiebbare Tätigkeiten auch schon vor der Warnung oder dem Zugang einer Reaktion darauf begonnen werden.

(2) Werden zu einer Amtshandlung mehrere Sachverständige zugezogen, so hat jeder von ihnen Anspruch auf die volle Gebühr, sofern im folgenden nicht anderes bestimmt ist.

(3) Ist die Tätigkeit des Sachverständigen aus seinem Verschulden unvollendet geblieben, so hat er keinen, sonst nur einen Anspruch auf die seiner unvollendeten Tätigkeit entsprechende Gebühr. Hat der Sachverständige aus seinem Verschulden seine Tätigkeit nicht innerhalb der vom Gericht festgelegten Frist erbracht oder sein Gutachten so mangelhaft abgefasst, dass es nur deshalb einer Erörterung bedarf, so ist die Gebühr für Mühewaltung um ein Viertel zu mindern.

...

Gebühr für Mühewaltung

§ 34. (1) Die Gebühr für Mühewaltung steht den Sachverständigen für die Aufnahme des Befundes und die Erstattung des Gutachtens zu und deckt alle damit im Zusammenhang entstandenen Kosten, soweit dafür nicht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ein gesonderter Ersatz vorgesehen ist. Die Gebühr ist nach richterlichem Ermessen nach der aufgewendeten Zeit und Mühe und nach den Einkünften zu bestimmen, die die oder der Sachverständige für eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit im außergerichtlichen Erwerbsleben üblicherweise bezöge, mindestens aber mit 20 Euro für jede wenn auch nur begonnene Stunde.

...“

15 Die maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Krankenanstaltengesetzes 2000 (SKAG), LGBl Nr. 24/2000, in der zum Zeitpunkt des Gutachtensauftrags vom  maßgeblichen Fassung, LGBl. Nr. 29/2014, lauten (auszugsweise):

„§ 12a

(1) Die Bewilligung zur Errichtung eines selbstständigen Ambulatoriums (§ 2 Abs 1 Z 5) darf nur erteilt werden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

a) Durch das selbstständige Ambulatorium muss nach dem beabsichtigten Anstaltszweck und Leistungsangebot eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes im Einzugsgebiet erreicht werden (Abs 2 und 3), soweit nicht Abs 4 Anwendung findet.

b) Der Bewerber muss das Eigentum oder ein sonstiges Recht an der für die Krankenanstalt in Aussicht genommenen Betriebsanlage nachweisen, das ihm die zweckentsprechende Benützung der Betriebsanlage gestattet.

c) Das für die Unterbringung der Krankenanstalt vorgesehene Gebäude muss den bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften entsprechen und nach seiner Lage und Beschaffenheit für die Art der vorgesehenen Krankenanstalt geeignet sein.

(2) Die wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes ist unter Bedachtnahme auf das bereits bestehende Versorgungsangebot

1. öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen einschließlich der Ambulanzen dieser Krankenanstalten,

2. kasseneigener Einrichtungen und

3. niedergelassener Ärzte, Gruppenpraxen und selbstständiger Ambulatorien, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, bei selbstständigen Zahnambulatorien der niedergelassenen Zahnärzte, Dentisten und zahnärztlichen Gruppenpraxen, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, unter den Gesichtspunkten der Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und der Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit zu beurteilen.

(3) Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann, sind ausgehend von den Ergebnissen der Planungen des jeweiligen RSG folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1. die örtlichen Verhältnisse (regionale, rurale oder urbane Bevölkerungsstruktur und Besiedlungsdichte);

2. die für die Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen;

3. das Inanspruchnahmeverhalten und die Auslastung von bestehenden Leistungsanbietern die sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, durch Patienten;

4. die durchschnittliche Belastung zu berücksichtigender bestehender Leistungsanbieter und

5. die Entwicklungstendenzen in der Medizin bzw Zahnmedizin.

(4) Die Prüfung der wesentlichen Verbesserung des Versorgungsangebotes hat zu entfallen, wenn nach dem beabsichtigten Leistungsangebot in der Krankenanstalt ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen erbracht werden sollen. Zur Frage, ob es sich beim Leistungsangebot um ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen handelt, sind die Salzburger Gebietskrankenkasse und der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger zu hören.

...

§ 12c

(1) ...

(2) Im Bewilligungsverfahren ist auf Kosten des Antragstellers ein Gutachten der Gesundheit Österreich GesmbH oder eines vergleichbaren Gesundheitsplanungsinstitutes zum Vorliegen der Kriterien gemäß § 12a Abs 1 lit a und eine begründete Stellungnahme der Gesundheitsplattform (§§ 22 ff SAGES-Gesetz) zum Vorliegen dieser Kriterien einzuholen.

...

Vorabfeststellung der wesentlichen Verbesserung des Versorgungsangebotes

§ 12e

(1) Auf Antrag kann die wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes durch das selbstständige Ambulatorium vor der Beantragung der Errichtungsbewilligung festgestellt werden. ...

...“

16 Die Revision wendet sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung gegen die durch das Verwaltungsgericht im Hinblick auf ein mangelhaftes und unvollständiges Gutachten vorgenommene Auslegung des § 25 Abs. 3 GebAG, zu dem überdies keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs vorliege.

17 Die Revision ist aus diesen Gründen zulässig.

18 Die Revisionswerberin bringt, wie schon im Beschwerdeverfahren, im Wesentlichen vor, das Gutachten sei in einer Art und Weise mangelhaft und unvollständig gewesen, dass es für das (Haupt)Verfahren wertlos gewesen sei. Das Verwaltungsgericht hätte daher bei richtiger Auslegung des § 25 Abs. 3 GebAG zum Ergebnis gelangen müssen, dass der Sachverständigen keine oder höchstens eine reduzierte Gebühr zustehe und demnach von der Revisionswerberin kein oder nur ein verminderter Barauslagenersatz zu leisten sei. Strittig ist somit das Ausmaß der von der Revisionswerberin nach § 76 Abs. 1 AVG zu ersetzenden Barauslagen, die der Behörde durch die Tätigkeit der GÖG als Sachverständige im Verfahren und die Bezahlung der von ihr verrechneten Gebühren entstanden sind.

19 Die Revision ist begründet:

20 Nach § 12c Abs. 2 SKAG ist das Gutachten zum Vorliegen der Kriterien des § 12a Abs. 1 lit. a SKAG „auf Kosten des Antragstellers“ einzuholen. Im Verfahren nach § 76 AVG kann die Partei, der die dem nichtamtlichen Sachverständigen bezahlten Gebühren als der Behörde erwachsene Barauslagen vorgeschrieben werden, mangels Bindungswirkung des Bescheides, mit dem die Gebühren des Sachverständigen festgesetzt wurden, zulässigerweise geltend machen, die Gebühren des Sachverständigen stünden ihm nicht bzw. nicht in voller Höhe zu (vgl. etwa , mwN).

21 Vorliegend sind, mangels eines durch Verordnung festgelegten Tarifs gemäß § 53a Abs. 1 zweiter Satz AVG, auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 37, 43 bis 49 und 51 des GebAG sinngemäß anzuwenden.

22 Die zivilgerichtliche Judikatur zum im Revisionsfall relevanten § 25 Abs. 3 GebAG geht dahin, dass dann, wenn der Sachverständige grundsätzlich mit seinem schriftlichen Gutachten dem Auftrag des Gerichtes entsprochen hat, nicht von einer unvollendeten Tätigkeit ausgegangen werden kann (vgl. die bei Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG - GebAG4 [2018] § 25 GebAG, E 198, zitierte Judikatur).

23 § 25 Abs. 3 GebAG stellt im Grunde nicht auf eine inhaltliche Unvollständigkeit ab, sondern auf eine verfahrensrechtliche Unvollendetheit der Sachverständigentätigkeit. Ob nämlich das Gutachten für die im Verfahren relevanten Fragen eine ausreichende Grundlage darstellt, kann im Gebührenbestimmungsverfahren nicht entschieden werden (vgl. aaO, E 199).

24 Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs richtet sich der Anspruch des Sachverständigen auf die Gebühr nach der Erfüllung des erteilten Auftrags; die Anspruchsvoraussetzungen sind daher gegeben, wenn das Gutachten in Befolgung des gerichtlichen Auftrags erstattet wurde. Ist die Tätigkeit des Sachverständigen hingegen aus seinem Verschulden unvollendet geblieben, so hat er keinen, sonst nur einen Anspruch auf die seiner unvollendeten Tätigkeit entsprechende Gebühr. Hat der Sachverständige sein Gutachten so mangelhaft abgefasst, dass es nur deshalb einer Erörterung bedarf, so ist die Gebühr für Mühewaltung nach richterlichem Ermessen unter Bedachtnahme auf das den Sachverständigen treffende Verschulden, die Dringlichkeit des Verfahrens, das Ausmaß der Verzögerung und den Umfang der erforderlichen Erörterungen um insgesamt bis zu einem Viertel zu mindern. Die Mangelhaftigkeit des Gutachtens, die eine Minderung des Gebührenanspruchs rechtfertigt, kann also primär darin liegen, dass der Sachverständige die Grundlagen für die im Gutachten gezogenen Schlüsse nicht ausreichend oder nicht verständlich darlegt. Die inhaltliche Richtigkeit des Gutachtens ist hingegen als Frage der im Hauptverfahren zu treffenden Beweiswürdigung im Gebührenbestimmungsverfahren nicht zu überprüfen; daran hat sich auch durch die GebAG-Novelle 1994 nichts geändert. Durch die GebAG-Novelle 1994 sollte auch die bisherige Rechtsprechung, nach der für völlig unbrauchbare Gutachten kein Gebührenanspruch zusteht, unberührt bleiben; derartige Gutachten sind weiterhin nicht als Erfüllung des gerichtlichen Auftrags anzusehen. Ist der Zweck des Befundes und Gutachtens erreicht, so hat der Sachverständige nur für diejenigen Leistungen einen Gebührenanspruch, die vom Auftrag gedeckt sind. Umso weniger kann ein Gutachten ohne Auftrag einen Gebührenanspruch auslösen (vgl. zum Ganzen , mwN).

25 Dieser Judikatur schließt sich der Verwaltungsgerichtshof an. Wie eingangs dargestellt, wurde die GÖG mit der „Erstattung eines Gutachtens im Sinne der Bestimmungen des § 12c Abs. 2“ SKAG beauftragt.

26 § 12c Abs. 2 SKAG sieht für das Bewilligungsverfahren die Einholung eines Gutachtens der GÖG (oder eines vergleichbaren Gesundheitsplanungsinstitutes) zum Vorliegen der Kriterien gemäß § 12a Abs. 1 lit a SKAG vor. Letztere Bestimmung wiederum verweist auf die Abs. 2 und 3 des § 12a SKAG, in denen die Kriterien für die Beurteilung, ob durch das geplante Ambulatorium eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes im Einzugsgebiet erreicht werden kann, im Detail aufgelistet sind.

27 Für die bereits von Gesetzes wegen primär zur Gutachtenserstellung heranzuziehende GÖG konnte der Umfang des Gutachtensauftrags daher keinem Zweifel unterliegen. Dass der Auftrag unmissverständlich war, ergibt sich auch aus dem im vorgelegten Verwaltungsakt enthaltenen Gutachten, in dem § 12a SKAG (auszugsweise) zitiert wurde.

28 In seinem im angefochtenen Erkenntnis zusammengefassten Beschluss vom führte das Verwaltungsgericht aus, das Gutachten lasse eine Festlegung des Einzugsgebietes sowie Feststellungen zur Erreichbarkeit und der Zielgruppe des geplanten Ambulatoriums vermissen, es enthalte diesbezüglich weder Befund noch Gutachten ieS. Weiters fehlten Feststellungen zum bestehenden Leistungsangebot sowohl betreffend die Anzahl der Anbieter als auch die jeweils angebotenen Leistungen und deren (auch qualitative) Vergleichbarkeit mit den vom beantragten Ambulatorium geplanten Leistungen. Auch zur Auslastung (etwa anhand der Wartezeiten) der bestehenden Leistungsanbieter enthalte das Gutachten weder Feststellungen noch eine Beurteilung.

29 Das Verwaltungsgericht war in seinem Beschluss vom somit davon ausgegangen, dass sich die GÖG in ihrem Gutachten nicht mit den Kriterien des § 12a Abs. 3 SKAG befasst hatte. Dies bedeutet aber, dass es das Gutachten als mangelhaft ansah. Daher konnten die angefallenen Kosten nicht mit der im angefochtenen Erkenntnis angeführten Begründung vorgeschrieben werden.

30 Vor dem Hintergrund der oben zitierten Judikatur des Obersten Gerichtshofs wäre es daher am Verwaltungsgericht gelegen, unter Bedachtnahme auf das die GÖG treffende Verschulden an der Mangelhaftigkeit des Gutachtens die Gebühr gemäß § 25 Abs. 3 GebAG entweder gänzlich zu versagen oder auf den der mangelhaften Tätigkeit entsprechenden Betrag herabzusetzen. Im Revisionsfall waren die Sachverständigengebühren der belangten Behörde zwar bereits erwachsen (Auszahlung an die GÖG am , Gebührenbestimmungsbescheid vom ). Die Überwälzung der gesamten Barauslagen auf die Revisionswerberin gemäß § 76 Abs. 1 AVG, ohne die Vorgaben des § 25 Abs. 3 GebAG zu berücksichtigen, erweist sich daher jedenfalls als rechtswidrig (zu überhöhten Kostenvorschreibungen, nachdem der Behörde Barauslagen erwachsen waren, vgl. etwa ; , 2013/07/0134; jeweils mwN).

31 Da sich das angefochtene Erkenntnis hinsichtlich der Kostenvorschreibung somit als inhaltlich rechtswidrig erweist, war es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

32 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff. VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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AVG §52 Abs2
AVG §53a
AVG §53a Abs1
AVG §53a Abs2
AVG §76
AVG §76 Abs1
AVG §76 Abs2
GebAG 1975 §24
GebAG 1975 §25
GebAG 1975 §25 Abs3
GebAG 1975 §34 Abs1
KAG Slbg 2000 §12a Abs1 lita
KAG Slbg 2000 §12c Abs2
VwGG §42 Abs2 Z1
Schlagworte
Gebühren Kosten
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2020110040.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAF-45242