VwGH 31.03.2021, Ra 2020/10/0162
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Für die Zulässigkeit eines Wiederaufnahmsantrages ist erforderlich, dass das wiederaufzunehmende Verfahren bereits im Zeitpunkt der Stellung des Wiederaufnahmsantrages durch rechtskräftigen Bescheid abgeschlossen ist. Ein Wiederaufnahmsantrag, der vor rechtskräftigem Abschluss jenes Verfahrens gestellt wird, dessen Wiederaufnahme begehrt wird, ist auch dann als unzulässig zurückzuweisen, wenn noch vor der Entscheidung über den Wiederaufnahmsantrag das Hauptverfahren rechtskräftig abgeschlossen wurde (Hinweis Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 1998, E 21 zu § 69 AVG). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 98/01/0423 E RS 2 |
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RS 2 | Eine Manuduktionspflicht der Behörde dahingehend, Antragsteller auf eine zweckmäßige Antragstellung hinzuweisen, besteht nicht. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2007/17/0164 E RS 2 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision des L W in R, vertreten durch Dr. Alois Zehetner, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Ybbsstraße 66/II/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-1036/001-2020, betreffend Zurückweisung eines Wiederaufnahmeantrages i.A. des Forstgesetzes 1975 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Scheibbs; mitbeteiligte Partei: Wassergenossenschaft Randegg, z.Hd. Obmann M E in R), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (in der Folge: Verwaltungsgericht) - im Beschwerdeverfahren - einen (Eventual-)Antrag des Revisionswerbers auf Wiederaufnahme eines bestimmten Rodungsverfahrens als unzulässig zurück, wobei es die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zuließ.
2 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung im Wesentlichen zugrunde, mit Bescheid der belangten Behörde vom sei der mitbeteiligten Partei - unter Abweisung von Einwendungen des Revisionswerbers - eine näher bestimmte Rodungsbewilligung erteilt worden.
3 Gegen diesen Bescheid habe der Revisionswerber Beschwerde erhoben, welche „hilfsweise und aus prozessualer Vorsicht“ mit einem Wiederaufnahmeantrag verbunden gewesen sei.
4 Mit Beschluss vom habe das Verwaltungsgericht diese Beschwerde mangels Behauptung der Verletzung eines konkreten subjektiv öffentlichen Rechtes des Revisionswerbers als unzulässig zurückgewiesen. (Ein Verfahrenshilfeantrag zur Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen diesen Beschluss wurde mit hg. Beschluss vom , Ra 2020/10/0115-2, nicht bewilligt.)
5 Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheid vom habe die belangte Behörde den erwähnten Eventualantrag des Revisionswerbers auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unzulässig zurückgewiesen.
6 Die Bestätigung dieser Zurückweisung durch das angefochtene Erkenntnis begründete das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht - im Kern - damit, dass nach der Judikatur ein Wiederaufnahmeantrag nach § 69 Abs. 1 AVG nicht in Betracht komme, wenn der betreffenden Partei im Zeitpunkt der Antragstellung noch ein Rechtsmittel zustehe; genau dies habe für den Revisionswerber im maßgeblichen Einbringungszeitpunkt seines Antrages zugetroffen.
7 Die vom Revisionswerber ins Treffen geführte Manuduktionspflicht der belangten Behörde reiche im Übrigen einerseits nicht so weit, dass diese den Einschreiter zur inhaltlichen Ausgestaltung seiner Einwendungen bzw. Rechtsmittel hätte anleiten müssen (Hinweis auf , 0033); andererseits hätte weder die Anleitung noch eine (Aufforderung zur) Verbesserung dazu führen können, dass der gegenständliche Wiederaufnahmeantrag zulässig geworden wäre.
8 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 3.1. In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision behauptet der Revisionswerber zunächst - in harschen Worten - die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Zurückweisung seines Wiederaufnahmeantrages beruhe auf einer „von der herrschenden Rechtsprechung abweichenden Interpretation der materiellrechtlichen Voraussetzungen der Bestimmung des § 69 Abs. 1 AVG“.
12 Dies trifft - abgesehen davon, dass der Revisionswerber jeden konkreten Judikaturnachweis in diesem Zusammenhang schuldig bleibt (vgl. dazu etwa , mwN), - nicht zu:
13 § 69 Abs. 1 AVG sieht unter bestimmten Voraussetzungen die „Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens“ vor.
14 Davon ausgehend ist nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs für die Zulässigkeit eines Wiederaufnahmeantrages erforderlich, dass das wiederaufzunehmende Verfahren bereits im Zeitpunkt der Stellung des Wiederaufnahmeantrages rechtskräftig abgeschlossen ist. Ein Wiederaufnahmeantrag, der vor rechtskräftigem Abschluss jenes Verfahrens gestellt wird, dessen Wiederaufnahme begehrt wird, ist auch dann als unzulässig zurückzuweisen, wenn noch vor der Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag das Hauptverfahren rechtskräftig abgeschlossen wurde (vgl. etwa - 0424, mwN).
15 Dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht mit der Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages des Revisionswerbers gefolgt.
16 3.2. Soweit der Revisionswerber im Weiteren vorbringt, er sei zum Zeitpunkt der Antragstellung unvertreten gewesen, weshalb das Verwaltungsgericht ihn zu einer Verbesserung hätte anleiten müssen, um „dem materiellen Rechtsschutz zum Durchbruch zu verhelfen“, hat schon das Verwaltungsgericht zutreffend auf die Grenzen der Manuduktionspflicht der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichtes hingewiesen; insbesondere besteht keine Manuduktionspflicht der Behörde dahingehend, Antragsteller auf eine zweckmäßige Antragstellung hinzuweisen (vgl. etwa , mwN).
17 3.3. Schließlich bemängelt der Revisionswerber, dass dem angefochtenen Erkenntnis „keine inhaltlichen Auseinandersetzungen mit den Einreden des RW laut § 17 Abs. 4 ForstG zu entnehmen“ seien; damit wird allerdings verkannt, dass das angefochtene Erkenntnis eine bloß verfahrensrechtliche Erledigung und gerade keine meritorische Entscheidung darstellt.
18 4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
19 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020100162.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
RAAAF-45239