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VwGH 25.05.2021, Ra 2020/07/0077

VwGH 25.05.2021, Ra 2020/07/0077

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Norm
WRG 1959 §138 Abs1 lita
RS 1
Ein auf § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 gestützter Auftrag darf ausschließlich die Entfernung der konsenslosen Neuerung, nicht aber die Verpflichtung zur Setzung einer neuen Maßnahme beinhalten (vgl. E , 91/07/0120).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2009/07/0034 E RS 1
Norm
WRG 1959 §138 Abs2
RS 2
Ein Alternativauftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 setzt weder ein Erfordernis im öffentlichen Interesse noch ein Verlangen eines Betroffenen voraus. Vielmehr darf ein Auftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 nur dann ergehen, wenn die Beseitigung, Nachholung oder Sicherung weder vom öffentlichen Interesse geboten noch von einem in seinen Rechten Beeinträchtigten verlangt wird (vgl. E , 2013/07/0282).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2014/07/0086 E RS 1
Normen
AVG §8
AVG §9
VwGVG 2014 §17
WRG 1959 §138
RS 3
Eine Körperschaft öffentlichen Rechts - wie eine Wassergenossenschaft - handelt durch ihre Organe (vgl. ).
Normen
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
RS 4
Damit von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG gesprochen werden kann, ist es erforderlich, dass der Revisionswerber offenlegt, welchen konkreten Sachverhalt er bei der Beantwortung der von ihm gestellten Rechtsfragen im Auge hat, somit einen Bezug zum konkreten Einzelfall herstellt, anhand dessen beurteilt werden kann, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Natur ist.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2021/02/0181 B RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Wassergenossenschaft I, vertreten durch die Anwaltgmbh Rinner Teuchtmann in 4040 Linz, Hauptstraße 33, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , Zl. LVwG-551313/32/BZ/JoS, betreffend wasserpolizeiliche Aufträge (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz-Land; mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde H, 2. M), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) vom wurde der revisionswerbenden Wassergenossenschaft die Beseitigung von konsenslosen Veränderungen der mit Bescheid der belangten Behörde vom bewilligten Entwässerungsanlage im Rahmen der Wiederherstellung der wasserrechtlichen Ordnung bis spätestens vorgeschrieben.

2 Unter Spruchpunkt I. wurde der Revisionswerberin aufgetragen, die bewilligte HQ-3-Flutmulde auf Grundstück Nr. 865, KG H., wiederherzustellen. Unter Spruchpunkt II. wurde der Auftrag erteilt, die konsenslose Einleitung von Oberflächenwässern in den bewilligten Rohrkanal DN 600 auf Grundstück Nr. 865 zu beenden. Unter Spruchpunkt III. wurde der Auftrag erteilt, die bewilligte Kanalanlage DN 600 auf Grundstück Nr. 865 wiederherzustellen. Alternativ wurde der Revisionswerberin eingeräumt, um Bewilligung der konsenslos ausgeführten Maßnahmen in Form der Kanalverlängerung DN 600 (Grundstück Nr. 865) und der konsenslos errichteten Steinschlichtung (im Bereich der Grundstücke Nr. 865 und Nr. 866/2) - hinsichtlich Spruchpunkt III. - anzusuchen.

3 Die gegen diesen Bescheid von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich (LVwG) vom als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass Spruchpunkt I. des Bescheides der belangten Behörde dahingehend präzisiert wurde, dass die Wiederherstellung der HQ-3-Flutmulde auf dem Grundstück Nr. 865 in der dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid der belangten Behörde vom zugrundeliegenden technischen Beschreibung auf Urgeländeniveau laut Ausführungsplan zu erfolgen habe, nämlich in Gestalt der im Bereich (Taltiefenlinie) des projektierten Betonrohrkanals anzulegenden Hochwassermulde mit einer Breite von 5 m und einer Tiefe von 0,3 m in der Muldenmitte. Ferner wurde die Frist zur Erfüllung der Aufträge mit spätestens neu festgelegt.

4 Die Revisionswerberin erhob gegen dieses Erkenntnis außerordentliche Revision und stellte - nach dem Wechsel der Rechtsvertretung - mit Schriftsatz vom den Antrag, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

5 Begründend wurde zu diesem Antrag ausgeführt, der Gewährung der aufschiebenden Wirkung stünden keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen. Dies werde allein schon durch die zeitliche Abfolge und die Fristsetzungen zunächst bis und nunmehr bestätigt. Es bestehe kein öffentliches Interesse an einer raschen Herstellung des faktischen Zustandes nach dem Erkenntnis des LVwG, weil seit Beginn des Verfahrens bereits mehr als fünf Jahre verstrichen seien.

6 Ferner schlage im Zusammenhang mit dem unverhältnismäßigen Nachteil die Interessenabwägung zugunsten der Revisionswerberin aus, weil der durch den Vollzug drohende Nachteil, wenn die Revisionswerberin mit ihrer außerordentlichen Revision durchdringe, nicht oder nur schwer rückgängig gemacht werden könne. Die Wiederherstellung der HQ-3-Flutmulde erfordere nicht nur einen erheblichen finanziellen Aufwand von mehreren tausend Euro, sondern bedeute einen Eingriff in das Eigentum am Grundstück Nr. 865. Es müsse die Flutmulde nach einer technischen Beschreibung des Amtssachverständigen in Gestalt der im Bereich (Taltiefenlinie) des projektierten Betonrohrkanales mit einer Breite von 5 m und einer Tiefe von 0,3 m in der Muldenmitte wiederhergestellt werden.

7 Die Wiederherstellung der Kanalanlage gemäß Spruchpunkt III. des Bescheides der belangten Behörde vom erfordere wiederum einen Geldaufwand von mehreren tausend Euro und sei sinnlos, wenn der Revision Folge gegeben werde. Die in diesem Fall notwendigen Rückbauarbeiten stünden in keinem Verhältnis zu einem öffentlichen Interesse, das ohnehin mit Rücksicht auf die Dauer des bisherigen Verfahrens von mehr als fünf Jahren zu verneinen sei. Für die Erarbeitung des Einreichprojektes laut Alternativauftrag sei ebenfalls ein Geldaufwand von mehreren tausend Euro erforderlich.

8 Die belangte Behörde äußerte sich zum Aufschiebungsantrag dahingehend, dass aufgrund des hohen Interesses an Rechtssicherheit im vorliegenden Sachverhalt dem Aufschub des Vollzuges des angefochtenen Verwaltungsaktes keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstünden.

9 Die erstmitbeteiligte Gemeinde hielt in ihrer Stellungnahme fest, dass die fehlende Flutmulde den Straßenkörper langfristig gesehen schädigen könne, ein gewisses öffentliches Interesse somit gegeben wäre. In letzter Zeit habe aber das anfallende Niederschlagswasser gänzlich abgeleitet werden können, sodass die Straße bislang keinen Schaden erlitten habe. Die Situation im heurigen Sommer bleibe abzuwarten. Im Hinblick auf die bereits vor Jahren erfolgte „konsenslose Beseitigung der Flutmulde“ würde es die Gemeinde eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch zur Kenntnis nehmen, sollte das Verfahren noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

10 Die Zweitmitbeteiligte, ein Mitglied der revisionswerbenden Wassergenossenschaft, führte zum Aufschiebungsantrag aus, durch die Beseitigung der Flutmulde staue das Niederschlagswasser zurück und ihre Felder stünden regelmäßig unter Wasser, was eine zumindest geminderte Ernte bzw. einen gänzlichen Ernteausfall „im Bereich der betroffenen Talfläche“ zur Folge habe. Dadurch, dass bereits mehrfach ein Schaden dieser Art entstanden und die ursprüngliche Anzeige erstattet worden sei, solle die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werden.

11 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat ab Vorlage einer Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

12 Nach der ständigen hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu beurteilen und haben Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (vgl. , mwN).

13 Entsprechend den eingelangten Stellungnahmen der belangten Behörde und der erstmitbeteiligten Gemeinde ist davon auszugehen, dass der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine zwingenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG entgegenstehen.

14 Der Äußerung der zweitmitbeteiligten Partei ist zum geltend gemachten Ernteausfalls infolge des Rückstaus von Niederschlagswasser aufgrund der Beseitigung der Flutmulde weder hinsichtlich der betroffenen Flächen der zweitmitbeteiligten Partei noch hinsichtlich des eintretenden oder zu erwartenden finanziellen Schadens eine Präzisierung zu entnehmen.

15 Darüber hinaus ging das LVwG im angefochtenen Erkenntnis (im Zusammenhang mit der Beurteilung des Bescheidadressaten der wasserpolizeilichen Aufträge) unter anderem davon aus, dass - selbst unter der Annahme, dass die ausgeführten Maßnahmen bzw. Änderungen durch den gegenwärtigen Geschäftsführer der Revisionswerberin und seinen Vorgänger ohne Wissen der (übrigen) Mitglieder der revisionswerbenden Wassergenossenschaft durchgeführt worden wären - den (übrigen) Mitgliedern der revisionswerbenden Wassergenossenschaft das Aufrechterhalten und Dulden des konsenswidrigen Zustandes über mehrere Jahre anzulasten wäre.

16 Vor diesem Hintergrund und angesichts des von der Revisionswerberin näher begründeten, ihr nach ihrer Darstellung im Falle der Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung entstehenden unverhältnismäßigen Nachteils schlägt im vorliegenden Fall die gemäß § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehene Interessenabwägung zugunsten der Revisionswerberin aus.

17 Dem Antrag war daher stattzugeben.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der Wassergenossenschaft I, vertreten durch die AnwaltGmbH Rinner Teuchtmann in 4040 Linz, Hauptstraße 33, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , LVwG-551313/32/BZ/JoS, betreffend wasserpolizeiliche Aufträge (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz-Land; mitbeteiligte Partei: M G in H), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom , Ra 2019/07/0099 und Ra 2019/07/0100, verwiesen.

2 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz Land (in der Folge: belangte Behörde) vom wurde die revisionswerbende Wassergenossenschaft unter gleichzeitiger Satzungsgenehmigung als Körperschaft öffentlichen Rechts anerkannt und der Revisionswerberin die Bewilligung für die Errichtung einer Entwässerungsanlage entsprechend einer vorliegenden Projektbeschreibung erteilt.

3 Mit Bescheid vom erteilte die belangte Behörde der Revisionswerberin unter Setzung einer Frist gestützt auf § 138 Abs. 1 lit. a iVm. § 40 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) die Aufträge, die HQ-3-Flutmulde auf Grundstück Nr. 865, KG H, entsprechend ihrem Bescheid vom wiederherzustellen (Spruchpunkt I.) und die konsenslose Einleitung von Oberflächenwässern in den bewilligten Rohrkanal DN 600 auf Grundstück Nr. 865 zu beenden (Spruchpunkt II.), sowie gestützt auf § 138 Abs. 2 iVm. § 40 WRG 1959 den Auftrag, die Kanalanlage DN 600 auf Grundstück Nr. 865 entsprechend dem Bewilligungsbescheid wiederherzustellen oder alternativ um die Bewilligung der konsenslos ausgeführten Maßnahmen in Form einer Kanalverlängerung DN 600 (auf Grundstück Nr. 865) und einer errichteten Steinschlichtung (auf Grundstücken Nr. 865 und Nr. 866/2) anzusuchen (Spruchpunkt III).

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe, dass Spruchpunkt I. des Bescheides der belangten Behörde dahingehend präzisiert werde, dass die Wiederherstellung der HQ-3-Flutmulde auf dem Grundstück Nr. 865 entsprechend der (näher bezeichneten) dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid der belangten Behörde vom zugrundeliegenden technischen Beschreibung zu erfolgen habe.

5 Das Verwaltungsgericht führte begründend - soweit im Revisionsverfahren von Bedeutung - aus, die Entwässerungsanlage sei zunächst von der revisionswerbenden Wassergenossenschaft entsprechend der am erteilten Bewilligung errichtet worden. Mit Überprüfungsbescheid vom sei gemäß § 121 WRG 1959 festgestellt worden, dass die ausgeführte Anlage mit der erteilten Bewilligung im Wesentlichen übereinstimme. Zweck der Anlage sei der Schutz der landwirtschaftlichen Nutzflächen der Mitglieder der Revisionswerberin bei Hochwässern sowie eine Entwässerung der einbezogenen Fläche.

6 Zu nicht näher feststellbaren Zeitpunkten ab dem Jahr 2001 seien großflächige Geländeaufschüttungen auf mehreren in die Anlage einbezogenen Grundstücken vorgenommen worden. Dabei sei die entsprechend dem Bewilligungsbescheid vom errichtete Flutmulde auf dem Grundstück Nr. 865 gänzlich zugeschüttet und der Ablauf des Oberflächenwassers verändert worden. Infolgedessen drohe bei Starkregenereignissen ein Wasserrückstau, wodurch Schäden an benachbarten Grundstücken sowie an einer näher bezeichneten Straße und damit auch eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit zu befürchten seien. Im Zeitraum von 2002 bis 2006 seien weiters durch verschiedene bauliche Maßnahmen Änderungen bei der Einleitung von Oberflächenwässern in den bewilligten Rohrkanal DN 600 der Entwässerungsanlage erfolgt. Dadurch seien die Abflussverhältnisse im Vergleich zur genehmigten Anlage zum Nachteil der oberliegenden Liegenschaften verändert worden. Im Zuge der durchgeführten geländegestaltenden Maßnahmen auf Grundstück Nr. 865 sei auch die bewilligte Kanalanlage um mindestens 10,5 m verlängert, auf demselben Grundstück Steinschlichtungen vorgenommen und auch hierdurch die Abflussverhältnisse geändert worden, wodurch aber keine fremden Rechte oder öffentlichen Interessen beeinträchtigt worden seien.

7 Sämtliche dieser Arbeiten an der bewilligten Entwässerungsanlage seien für die revisionswerbende Wassergenossenschaft von ihrem vormaligen Geschäftsführer und nunmehr stellvertretenden Geschäftsführer JB und dem nunmehrigen Geschäftsführer der Revisionswerberin FP in gegenseitiger Absprache durchführt worden. Auch den übrigen Mitgliedern der Revisionswerberin seien diese Maßnahmen bekannt gewesen. Von der Revisionswerberin sei die veränderte Entwässungsanlage weiter genutzt worden. Die Mitbeteiligte habe schließlich im Jahr 2015 geltend gemacht, dass durch die Baumaßnahmen die Abflussverhältnisse auf ihren oberliegenden Grundstücken zu ihrem Nachteil verändert worden seien.

8 In rechtlicher Hinsicht folgerte das Verwaltungsgericht, die vorgenommenen Änderungen an der Entwässerungsanlage entsprächen nicht dem Konsens und seien als eigenmächtige Neuerungen im Sinn des § 138 WRG 1959 zu qualifizieren. Die zu Spruchpunkten I. und II. des Bescheides der belangten Behörde vom angesprochenen Maßnahmen seien in Hinblick auf die dadurch beeinträchtigten öffentlichen Interessen bzw. fremden Rechte auch nicht bewilligungsfähig. Anderes gelte für die mit Spruchpunkt III. angesprochenen Änderungen, hinsichtlich derer daher im Sinn des § 138 Abs. 2 WRG 1959 alternativ aufzutragen gewesen sei, nachträglich um Bewilligung anzusuchen. Die Revisionswerberin sei selbst Täterin im Sinn des § 138 Abs. 1 WRG 1959, weil die konsenslosen Änderungen an der Entwässerungsanlage für sie von ihren gesetzlichen Vertretern, nämlich ihrem Geschäftsführer und dessen Stellvertreter, vorgenommen worden seien. Im Übrigen sei der Revisionswerberin jedenfalls das Aufrechterhalten und Dulden des konsenswidrigen Zustandes über mehrere Jahre anzulasten, sodass sie auch aus diesem Grund zu deren Beseitigung nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 zu verpflichten sei.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Zur Zulässigkeit der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zunächst geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe eine bloße „Sollbestimmung“ im Bewilligungsbescheid der belangten Behörde vom , mit der ausgesprochen worden sei, dass eine Flutmulde errichtet werden „solle“, zum Gegenstand eines wasserpolizeilichen Auftrages gemacht. Es sei zu klären, ob eine solche Vorgehensweise zulässig sei.

13 Nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

14 Nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 hat in allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.

15 Als eigenmächtige Neuerung im Sinn des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde. Hierbei kann es sich um völlig konsenslose, aber auch um konsensüberschreitende Veränderungen handeln (vgl. , mwN). Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein auf § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 gestützter Auftrag ausschließlich die Entfernung der konsenslosen Neuerung, nicht aber die Verpflichtung zur Setzung einer neuen Maßnahme beinhalten darf (vgl. , mwN).

16 Die Auslegung eines konkreten Bescheides betrifft den Einzelfall und könnte nur dann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen, wenn sie in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. ; , Ra 2021/05/0082 bis 0093; jeweils mwN). Im Bescheid der belangten Behörde vom wurde eine Bewilligung der Entwässerungsanlage nach Maßgabe der Projektunterlagen bzw. der Projektbeschreibung, worin eine HQ3-Flutmulde beschrieben wurde, erteilt. Die Auslegung dieses Bescheides durch das Verwaltungsgericht, wonach (auch) die Errichtung der HQ3-Flutmulde Gegenstand des mit dem Bewilligungsbescheid bewilligten und ausgeführten Projektes gewesen sei und deren Entfernung daher dem Konsens widersprochen habe, erweist sich vor diesem Hintergrund jedenfalls nicht als unvertretbar.

17 Zur Zulässigkeit der Revision wird weiters geltend gemacht, es sei zu klären, ob es sich bei Neuerungen, für die „einerseits eine Bewilligungspflicht“ bestehe, anderseits „Alternativaufträge sachverständigenseits erarbeitet“ worden seien, nicht bloß um „geringfügige Einwirkungen“ handle.

18 Mit diesem Vorbringen verkennt die Revision das Wesen des zu Spruchpunkt III. von der belangten Behörde nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 iVm. § 40 WRG 1959 erteilten Auftrages, die bewilligte Kanalanlage DN 600 auf Grundstück Nr. 865 wiederherzustellen oder alternativ um die Bewilligung der konsenslos ausgeführten Maßnahmen anzusuchen. Ein solcher (wasserpolizeilicher) „Alternativauftrag“ nach § 138 Abs. 2 WRG setzt eigenmächtig vorgenommene Neuerungen oder unterlassene Arbeiten, aber - anders als nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 erteilte wasserpolizeiliche Aufträge - weder ein entsprechendes Erfordernis im öffentlichen Interesse noch ein Verlangen eines Betroffenen voraus. Vielmehr darf ein Auftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 nur dann ergehen, wenn die Beseitigung, Nachholung oder Sicherung weder vom öffentlichen Interesse geboten noch von einem in seinen Rechten Beeinträchtigten verlangt wird (vgl. , mwN). Die Annahme der Revision, aus der Erteilung eines Alternativauftrages in Spruchpunkt III. des Bescheides der belangten Behörde ergebe sich, dass die Voraussetzungen der Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrages nicht vorgelegen seien, ist verfehlt.

19 Weiters macht die Revision unter dem Gesichtspunkt ihrer Zulässigkeit geltend, es sei zu klären, ob der Revisionswerberin nach § 138 WRG 1959 „die Passivlegitimation“ zukomme, obwohl von Mitgliedern der Revisionswerberin deren Geschäftsführer „als Verursacher der eigenmächtig vorgenommenen Neuerungen bezeichnet“ worden sei.

20 Mit diesem Vorbringen spricht die Revision der Sache nach die Frage an, ob die Revisionswerberin zu Recht als Adressatin der erteilten wasserpolizeilichen Aufträge herangezogen worden ist. Dazu ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach als Täter nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 jeder in Betracht kommt, der die Übertretung des Gesetzes verursacht oder mitverursacht hat. Dabei ist es nicht notwendig, dass eine Person schuldhaft Bestimmungen dieses Gesetzes übertreten hat, vielmehr reicht dafür die objektive Verwirklichung eines dem WRG 1959 widersprechenden Zustandes. Auch juristische Personen können im Sinn dieser Gesetzesstelle Bestimmungen des WRG 1959 durch Handlungen oder Unterlassungen übertreten, wobei auch hiefür die objektive Verwirklichung eines diesem Gesetz widersprechenden Zustandes hinreicht (vgl. , mwN).

21 Weiters ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Neuerung im Sinn des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 nicht allein das bewilligungslose Setzen einer der wasserrechtlichen Bewilligung bedürftigen Maßnahme, sondern auch das Fortdauern des durch die betreffende Maßnahme herbeigeführten Zustandes zu verstehen. Es stellt demgemäß nicht nur die unmittelbare Herbeiführung eines der wasserrechtlichen Bewilligung bedürftigen Zustandes ohne diese Bewilligung eine Übertretung im Sinn des § 138 WRG 1959 dar, sondern auch die Aufrechterhaltung und Nutzung eines solcherart konsenslos geschaffenen oder bestehenden Zustandes (vgl. , mwN).

22 Eine Körperschaft öffentlichen Rechts - wie die Revisionswerberin - handelt durch ihre Organe (vgl. , mwN). Nach § 13 der Satzung der revisionswerbenden Genossenschaft kommt - in Übereinstimmung mit §§ 78a Abs. 4, 79 Abs. 1 und 3 WRG 1959 - dem Geschäftsführer bzw. in seiner Vertretung dessen Stellvertreter insbesondere die Vertretung der Genossenschaft nach außen sowie die Besorgung der laufenden Geschäfte und von Arbeiten an den Anlagen der Genossenschaft zu (vgl. zur Vertretung nach außen hinsichtlich der revisionswerbenden Wassergenossenschaft bereits , mwN).

23 Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die nunmehr verfahrensgegenständlichen Änderungen an der Entwässerungsanlage vom Geschäftsführer und dessen Stellvertreter in gegenseitiger Absprache durchgeführt worden seien. Die Revisionswerberin zeigt nicht auf, dass diese Handlungen ihrer Organe ihr nicht zurechenbar gewesen wären. Ebenso wenig legt die Revision eine Unrichtigkeit der rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes dar, wonach sich die Revisionswerberin jedenfalls die Aufrechterhaltung und Nutzung des konsenslos geschaffenen Zustandes zurechnen lassen müsse. In der Revision wird daher kein Abweichen von der dargestellten Rechtsprechung zur Verantwortlichkeit juristischer Personen nach § 138 WRG 1959 aufgezeigt.

24 Soweit in der Revision behauptet wird, die „Neuerungen“ seien durch Baumaßnahmen der Gemeinde „verursacht“ worden, weicht die Revision - ohne insoweit eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens des Verwaltungsgerichtes darzustellen - von den vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen ab. Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist aber der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich die revisionswerbende Partei bei der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, kann schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen (vgl. etwa , mwN).

25 Hinsichtlich des weiteren in der Revision unter dem Gesichtspunkt ihrer Zulässigkeit erstatteten Vorbringens ist darauf hinzuweisen, dass in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret darzulegen ist, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. , mwN). Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt im Übrigen nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. , mwN). Erforderlich ist, dass der Revisionswerber offenlegt, welchen konkreten Sachverhalt er bei der Beantwortung der von ihm gestellten Rechtsfragen im Auge hat, somit einen Bezug zum konkreten Einzelfall herstellt, anhand dessen beurteilt werden kann, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Natur ist. Zur Beantwortung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nämlich nicht zuständig (vgl. , mwN).

26 Soweit die Revisionswerberin, ohne konkret eine Bedeutung für die Entscheidung des vorliegenden Falles aufzuzeigen, stichwortartig Fragen danach aufwirft, ob eine Indirekteinleitung von Oberflächenwässern gegeben sei, ob eine bestehende Verpflichtung zur Ableitung von Oberflächenwässern im Verfahren nach § 138 WRG 1959 zu berücksichtigen sei, ob ein Gewässer nach § 31 Abs. 1 WRG 1959 vorliege und unter welchen Voraussetzungen Mitglieder der Adressatin eines wasserpolizeilichen Auftrags auch Betroffene in Verfahren nach § 138 WRG 1959 sein können, wird die Revision diesen Anforderungen nicht gerecht.

27 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am

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Norm
VwGG §30 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020070077.L00
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Fundstelle(n):
MAAAF-45206