VwGH 31.05.2022, Ra 2020/06/0098
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Aus § 59 AVG ist als allgemeinem Verfahrensgrundsatz die akzessorische Beziehung jedes Kostenabspruches zur Hauptsache und damit die der Zuständigkeit in der Hauptsache folgende Behördenzuständigkeit in Kostensachen abzuleiten (, mwN). Durch den Verweis in § 17 VwGVG 2014, wonach die Kostenbestimmungen des AVG auch auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG sinngemäß anzuwenden sind, gilt diese Rechtslage auch für LVwG, die abgabenpflichtige Amtshandlungen vornehmen. Daraus folgt, dass in solchen Fällen das LVwG grundsätzlich in seinem Erkenntnis die Verwaltungsabgabe vorzuschreiben hat (vgl. ). |
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RS 2 | Hinsichtlich der Verwaltungsabgabe steht auch die Möglichkeit der gesonderten Vorschreibung offen (vgl. ). Bei der Vorschreibung der Verwaltungsabgabe handelt es sich daher um einen trennbaren Spruchpunkt. Der VwGH hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Nichterledigung eines Antrags einen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit belastet, wenn der unerledigte Antrag vom erledigten Verfahrensgegenstand in rechtlicher Hinsicht trennbar ist (vgl. , mwN). Das Unterbleiben des Abspruches über eine Verwaltungsabgabe kann somit nicht die Rechtswidrigkeit der Entscheidung über Erteilung einer Berechtigung nach sich ziehen (vgl. , wonach die Unterlassung des Abspruches über den Ersatz der Vertretungskosten die Entscheidung über die Enteignung nicht rechtswidrig macht). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision des Gemeindevorstands der Gemeinde S, vertreten durch die Tschurtschenthaler Walder Fister Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt, Dr. Arthur Lemisch-Platz 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom , KLVwG-1351/10/2019, betreffend eine Bauangelegenheit (weitere Partei: Kärntner Landesregierung; mitbeteiligte Partei: L KG in S, vertreten durch Mag. Max Verdino, Mag. Gernot Funder und Mag. Eduard Sommeregger, Rechtsanwälte in 9300 St. Veit an der Glan, Waagstraße 9),
Spruch
A. den Beschluss gefasst:
Die Revision wird, soweit sie die in Spruchpunkt I. erteilte baurechtliche Bewilligung für Abbruch- und Umbauarbeiten und Verwendungsänderung (Schaffung von Seminarräumen) bekämpft, als unzulässig zurückgewiesen;
B. zu Recht erkannt:
Der Ausspruch, die Vorschreibung der zu entrichtenden Verwaltungsabgaben und Gebühren erfolge durch die Baubehörde erster Instanz in einem gesonderten Bescheid, wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Begründung
1 Zum Sachverhalt und zum bisherigen Verfahrensgang ist auf die in der gegenständlichen Angelegenheit bereits ergangenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2013/06/0174, und vom , Ra 2017/06/0117, zu verweisen.
2 Zusammengefasst ergibt sich Folgendes:
3 Mit dem im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Revisionswerbers vom (Beschlussfassung vom ) wurde das Bauansuchen der Mitbeteiligten vom für den Umbau beim bestehenden Wohnhaus auf einem näher bezeichneten Grundstück abgewiesen, weil die Mitbeteiligte trotz Aufforderung den Nachweis über die (für das Bauvorhaben zumindest) erforderlichen Stellplätze nicht beigebracht habe. Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung wurde mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom als unbegründet abgewiesen.
4 Der dagegen erhobenen Beschwerde der Mitbeteiligten wurde mit hg. Erkenntnis vom , 2013/06/0174, Folge gegeben und der Bescheid der Kärntner Landesregierung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Die Aufhebung wurde (zusammengefasst) damit begründet, dass die Abweisung des Bauansuchens im Wesentlichen (nur) darauf gestützt worden sei, in Bezug auf die von der Mitbeteiligten vorgeschlagenen Stellplätze widerspräche es der Intention des § 18 Abs. 5 Kärntner Bauordnung 1996 (K-BO 1996), dass notwendige Stellplätze für Gebäude und bauliche Anlagen „endlos“ untereinander teilbar wären bzw. nach der Genehmigung in einer Kette an andere Bauwerber weitergegeben werden könnten. Feststellungen dazu, ob gegenständlich die Auflage „Stellplätze für Kraftfahrzeuge“ nach § 18 Abs. 5 K-BO 1996 im dargelegten Sinn tatsächlich nicht erfüllt werden könnte, seien jedoch im Verwaltungsverfahren nicht getroffen worden. Hinzuweisen sei darauf, dass § 18 Abs. 5 K-BO 1996 die nach Art. 18 B-VG erforderliche hinreichende Umschreibung der aufgrund dieser Gesetzesstelle zulässigen Auflagen enthalte (unter Hinweis auf W. Pallitsch/Ph. Pallitsch/W. Kleewein, Kärntner Baurecht5, S 251 Z. 24, mwN). Bei diesem Ergebnis könne dahingestellt bleiben, ob durch die von der Mitbeteiligten konkret vorgeschlagenen Stellplätze eine derartige Auflage erfüllt werden könnte, bedeute dies doch auch verneinendenfalls nicht, dass die Erfüllung dieser Auflage nicht auf anderem Wege möglich wäre.
5 Im fortgesetzten Verfahren wurde mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Kärnten (Landesverwaltungsgericht) der Bescheid des Revisionswerbers gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an den Revisionswerber zurückverwiesen.
6 Dieser Beschluss wurde über Revision der Mitbeteiligten mit hg. Erkenntnis vom , Ra 2017/06/0117, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben, weil die Voraussetzungen für eine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG nicht vorgelegen seien.
7 Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis erteilte das Landesverwaltungsgericht die von der Mitbeteiligten begehrte baurechtliche Bewilligung unter der Vorschreibung von Auflagen, insbesondere:
„1. Mit der Bauvollendungsmeldung (§ 39 K-BO) ist die Schaffung von acht, auf dem Baugrundstück oder in dessen unmittelbarer Nähe befindlichen PKW-Abstellplätzen nachzuweisen, welche den Seminarteilnehmern zur Verfügung stehen, als solche gekennzeichnet und aufrechterhalten werden müssen.“
8 Weiters sprach das Landesverwaltungsgericht aus, dass die Vorschreibung der zu entrichtenden Verwaltungsabgaben und Gebühren durch die Baubehörde erster Instanz in einem gesonderten Bescheid erfolge.
9 Unter einem sprach das Landesverwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer ordentlichen Revision nicht zulässig sei.
10 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts.
11 Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück-, in eventu Abweisung der Revision beantragte.
12 Zu Spruchpunkt A.:
13 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
16 In ihrer Zulässigkeitsbegründung bringt die Revision zusammengefasst vor, die erste Alternative der Auflage, die Schaffung von acht Stellplätzen auf dem Baugrundstück nachzuweisen, dürfe nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vorgeschrieben werden, weil sie dem Bauwillen der Mitbeteiligten klar widerspreche. Die zweite Alternative der Auflage (Schaffung der Stellplätze in unmittelbarer Nähe) dürfe nicht vorgeschrieben werden, weil die dafür einzig in Betracht kommenden Stellplätze auf der Nachbarliegenschaft bereits dem auf dieser Liegenschaft errichteten Objekt zugeordnet seien und im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf ) die Verpflichtung nach § 18 Abs. 5 K-BO 1996 zur „Schaffung“ projektbezogener notwendiger Stellplätze nicht in der Form umgangen werden könne, dass die Stellplätze, die zuvor bereits für ein anderes Bauvorhaben geschaffen hätten werden müssen, nunmehr ein weiteres Bauvorhaben bewilligungsfähig machen sollten. Es stelle sich zudem die Frage, ob man die Schaffung der erforderlichen Stellplätze gemäß § 18 Abs. 5 K-BO 1996 abstrakt anordnen könne, wenn dadurch der erklärte Bauwille der Bauwerberin ignoriert und die Anforderungen des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes umgangen würden, wodurch die strittige Frage auf ein baupolizeiliches Verfahren verlagert werde. Darüber hinaus ergebe sich aus § 18 Abs. 5 zweiter Satz K-BO 1996, dass die Lage der Stellplätze in einer Auflage konkret anzuordnen wäre. Weiters fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage, ob § 7 Abs. 6 lit. c des textlichen Bebauungsplans als Inhalt einer Auflage hinreichend bestimmt sei.
17 Mit diesen Zulässigkeitsausführungen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
18 Die Frage, ob und welche Auflagen in einem konkreten Fall vorzuschreiben sind und ob diese ausreichend bestimmt sind, betrifft nur den Einzelfall. Fragen, die nur den Einzelfall betreffen, berühren keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung würde nur dann vorliegen, wenn die im Einzelfall vorgenommene Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. , mwN).
19 Soweit die Revision vorbringt, die erste Alternative der Auflage, die erforderlichen Stellplätze auf dem Baugrundstück der Revisionswerber nachzuweisen, widerspreche dem Bauwillen der Mitbeteiligten, weicht ihr Vorbringen von dem vom Landesverwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt ab, wonach in der Verhandlung vom von der Mitbeteiligten ergänzend vorgebracht worden sei, es könnten im Garten auf ihrem Grundstück noch weitere acht Stellplätze errichtet werden und die Schaffung der Stellplätze sei jedenfalls am Baugrundstück möglich. Das Landesverwaltungsgericht stellte zudem nicht fest, dass die Stellplätze - wie in der Revision behauptet - nur auf der Nachbarliegenschaft errichtet werden könnten. Das Vorbringen vermag daher schon aus diesem Grund keine Unvertretbarkeit der Beurteilung des Landesverwaltungsgerichtes aufzuzeigen.
20 Nach den Feststellungen des Landesverwaltungsgerichts kann die Auflage - wie oben dargestellt - jedenfalls (auch) auf eigenem Grund der Mitbeteiligten realisiert werden, womit sie konkret erfüllbar ist. Daher geht auch das Vorbringen des Revisionswerbers, dass die strittige Frage auf ein baupolizeiliches Verfahren verlagert werde, ins Leere (vgl. zur Vollstreckungstauglichkeit einer Auflage , mwN).
21 Auch mit dem bloßen Hinweis auf das Fehlen von Rechtsprechung zu § 7 Abs. 6 lit. c des textlichen Bebauungsplanes zeigt die Revision keine Unvertretbarkeit der Beurteilung des Landesverwaltungsgerichtes auf (vgl. zur hinreichenden Bestimmtheit einer Auflage , mwN).
22 Soweit sich die Revision gegen die vom Landesverwaltungsgericht erteilte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen richtete, war sie daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
23 Zu Spruchpunkt B.:
24 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
25 Soweit die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung den Ausspruch des Landesverwaltungsgerichtes rügt, die Vorschreibung der Verwaltungsabgaben und Gebühren erfolge durch die Baubehörde erster Instanz in einem gesonderten Bescheid, erweist sich die Revision als zulässig und auch als berechtigt:
26 Hinsichtlich der Vorschreibung der Verwaltungsabgabe ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, der zufolge aus § 59 AVG als allgemeinem Verfahrensgrundsatz die akzessorische Beziehung jedes Kostenabspruches zur Hauptsache und damit die der Zuständigkeit in der Hauptsache folgende Behördenzuständigkeit in Kostensachen abzuleiten ist (, mwN). Durch den Verweis in § 17 VwGVG, wonach die Kostenbestimmungen des AVG auch auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG sinngemäß anzuwenden sind, gilt diese Rechtslage auch für Landesverwaltungsgerichte, die abgabenpflichtige Amtshandlungen vornehmen. Daraus folgt, dass in solchen Fällen das Landesverwaltungsgericht grundsätzlich in seinem Erkenntnis die Verwaltungsabgabe vorzuschreiben hat (vgl. ).
27 Ausgehend davon vermag der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung des Landesverwaltungsgerichts, die Baubehörde erster Instanz habe die Vorschreibung der zu entrichtenden Verwaltungsabgaben und Gebühren vorzunehmen, nicht zu teilen.
28 Ungeachtet dessen hat der Verwaltungsgerichtshof im bereits zitierten hg. Beschluss vom , Ra 2015/04/0005, festgehalten, dass hinsichtlich der Verwaltungsabgabe auch die Möglichkeit der gesonderten Vorschreibung offenstehe. Bei der Vorschreibung der Verwaltungsabgabe handelt es sich daher um einen trennbaren Spruchpunkt. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Nichterledigung eines Antrags einen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit belastet, wenn der unerledigte Antrag vom erledigten Verfahrensgegenstand in rechtlicher Hinsicht trennbar ist (vgl. , mwN). Das Unterbleiben des Abspruches über eine Verwaltungsabgabe kann somit nicht die Rechtswidrigkeit der Entscheidung über Erteilung einer Berechtigung nach sich ziehen (vgl. , wonach die Unterlassung des Abspruches über den Ersatz der Vertretungskosten die Entscheidung über die Enteignung nicht rechtswidrig macht). Ausgehend davon vermag der Revisionswerber mit seinem dargestellten Vorbringen von vornherein keine Rechtswidrigkeit im Zusammenhang mit der Vorschreibung von Verwaltungsabgaben aufzuzeigen.
29 Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang des Ausspruchs über Vorschreibung der zu entrichtenden Verwaltungsabgaben und Gebühren durch die Baubehörde erster Instanz wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
30 Im fortgesetzten Verfahren wird daher das Landesverwaltungsgericht über die vorzuschreibenden Verwaltungsabgaben und Gebühren zu entscheiden haben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | AVG §13 Abs1 AVG §59 AVG §59 Abs1 AVG §75 AVG §76 AVG §77 AVG §78 B-VG Art130 Abs1 VwGVG 2014 §17 VwGVG 2014 §28 Abs1 |
Schlagworte | Trennbarkeit gesonderter Abspruch |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020060098.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAF-45185