VwGH 18.02.2021, Ra 2020/05/0200
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | AVG §8 BauO NÖ 1996 §18 Abs1 Z1 BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z2 BauO NÖ 2014 §18 Abs1 Z1 BauO NÖ 2014 §6 Abs1 Z2 B-VG Art133 Abs4 VwGG §34 Abs1 |
RS 1 | Der vom Bauwerber verschiedene Grundeigentümer (Miteigentümer) nimmt am Baubewilligungsverfahren als Partei regelmäßig nur hinsichtlich der Frage teil, ob die liquid erforderliche, als Beleg dem Ansuchen anzuschließende Zustimmung der Grundeigentümer (der Miteigentümer) vorliegt oder nicht (vgl. ; , 2005/05/0332; , 2002/05/1040). Darüber hinaus können die Grundeigentümer noch Partei des Bauverfahrens hinsichtlich der ihr Eigentum unmittelbar betreffenden Auflagen sein. So gesehen genießen die Grundeigentümer (Miteigentümer) im Baubewilligungsverfahren nur eine eingeschränkte Parteistellung (vgl. wiederum , mwN). Diese auf § 6 Abs. 1 Z 2 und § 18 Abs. 1 Z 1 NÖ BauO 1996 gestützte Judikatur zum Umfang der Rechte des (Mit-)Eigentümers im Baubewilligungsverfahren ist auf die entsprechenden (gleich bezeichneten) Bestimmungen der NÖ BauO 2014 übertragbar, sind doch diesbezüglich keine in Bezug auf die Parteirechte wesentlichen Änderungen eingetreten. Es liegt daher bereits (übertragbare) Rechtsprechung zur früheren Rechtslage vor, weshalb insoweit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird (vgl. etwa , mwN). |
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RS 2 | Der VwGH hat in seinem Erkenntnis , unter Hinweis auf die Bestimmungen des WEG 2002 klargestellt, dass bei Zu- und Umbauten innerhalb eines selbständigen Wohnungseigentumsobjektes (vgl. § 18 Abs. 1 Z 1 lit. b NÖ BauO 2014) nur jener Miteigentümer, dem das Wohnungseigentum am von den Baumaßnahmen betroffenen Wohnungseigentumsobjekt zukommt, den Antrag auf Baubewilligung stellen kann bzw. ein solcher Bauantrag seiner Zustimmung bedarf. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des F B in M, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Petrusgasse 2/15, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG-AV-656/001-2019, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: B E in M; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde M; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die mitbeteiligte Partei suchte mit Eingabe vom gemäß § 14 NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Carports auf einem näher bezeichneten Baugrundstück an.
2 Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der Marktgemeinde M der mitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung für das Vorhaben „Errichtung eines Carports, Haus 9“ unter diversen näher ausgeführten Auflagen.
3 Mit Bescheid vom wies der Gemeindevorstand der Markgemeinde M die dagegen vom Revisionswerber erhobene Berufung als unbegründet ab.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
5 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, auf dem Baugrundstück befänden sich insgesamt sechs Doppelhäuser mit dazugehörigen KFZ-Stellplätzen. Im unmittelbaren Nahebereich zum geplanten Bauvorhaben seien bereits zwei Carports für jeweils zwei Stellplätze sowie ein Carport für vier Stellplätze errichtet worden. Beantragt sei, nun auch die zum Haus 9 (Top 9) gehörigen zwei KFZ-Stellplätze mit einem Carport zu überbauen. Das geplante Carport weise eine Gesamthöhe von 2,65 m sowie eine überbaute Fläche von 22,18 m² auf. Das Baugrundstück stehe im Miteigentum (Wohnungseigentum) mehrerer Personen, wobei der mitbeteiligten Partei ein Miteigentumsanteil im Ausmaß von insgesamt 121/1662 Anteilen zukomme, welcher mit Wohnungseigentum am Haus „Wohnung 9“ sowie an den KFZ-Abstellplätzen „9-1“ und „9-2“ verbunden sei. Dem Revisionswerber komme ein Miteigentumsanteil im Ausmaß von 146/1662 zu, welcher mit Wohnungseigentum am Haus „Wohnung 12“ sowie an den KFZ-Abstellplätzen „12-1“ und „12-2“ verbunden sei.
6 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, es handle sich um ein Bauvorhaben im Sinne des § 18 Abs. 1a Z 2 NÖ BO 2014, weshalb ein vereinfachtes Verfahren gemäß §§ 21 Abs. 4 iVm 18 Abs. 1a Z 2 leg. cit. durchzuführen sei. Für den Revisionswerber komme eine Parteistellung nur als Grund(mit)eigentümer gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 NÖ BO 2014 und nicht auch als Nachbar in Betracht. Grundeigentümer hätten im Baubewilligungsverfahren nur eine eingeschränkte Parteistellung in Bezug auf die Frage, ob die Zustimmung der Grundeigentümer bzw. Miteigentümer vorliegt oder nicht, sowie hinsichtlich der ihr Eigentum unmittelbar betreffenden Auflagen (Hinweis auf ). Für das Bauvorhaben, welches keine Zu- oder Umbauten innerhalb des selbständigen Wohnungseigentumsobjekts betreffe, sei die Zustimmung der Mehrheit nach Anteilen erforderlich, aber auch ausreichend. Dieses Erfordernis sei durch die Vorlage der Zustimmungserklärung von 69,91 % der Anteile belegt. Der Revisionswerber habe auch nicht behauptet, dass durch das Bauvorhaben sein (Mit-)Eigentum beeinträchtigt, gestört oder gar zerstört werde, sodass eine Verletzung der subjektiven Rechte des Revisionswerbers nicht erkannt werden könne.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit vor, aus den vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes lasse sich nicht erkennen, dass „die Frage des Umfangs der Rechte des Wohnungseigentümers gemäß § 6 Abs. 1 Zi 2 NÖ-BauO 2014 ausjudiziert“ sei. Aus der Entscheidung „2017/05/0014“ ergebe sich, dass der Landesgesetzgeber den Nachweis bei Zu- oder Umbauten innerhalb des selbständigen Wohnungsobjektes nicht ausdrücklich geregelt habe. Es sei von der neuen Gesetzeslage auszugehen und nicht von den Überlegungen des Landtags(Motivenberichts) zur Regelung des § 18 NÖ BauO 1996. Das Verwaltungsgericht hätte vor Negierung des Vorliegens von Zu- und Umbauten den Sachverhalt anhand der erteilen Auflagen des Bewilligungsbescheides zu prüfen gehabt. Warum ein Carport keinen Umbau eines Stellplatzes darstelle, werde im Detail nicht beantwortet.
12 Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nimmt der vom Bauwerber verschiedene Grundeigentümer (Miteigentümer) am Baubewilligungsverfahren als Partei regelmäßig nur hinsichtlich der Frage teil, ob die liquid erforderliche, als Beleg dem Ansuchen anzuschließende Zustimmung der Grundeigentümer (der Miteigentümer) vorliegt oder nicht (vgl. ; , 2005/05/0332; , 2002/05/1040). Darüber hinaus können die Grundeigentümer noch Partei des Bauverfahrens hinsichtlich der ihr Eigentum unmittelbar betreffenden Auflagen sein. So gesehen genießen die Grundeigentümer (Miteigentümer) im Baubewilligungsverfahren nur eine eingeschränkte Parteistellung (vgl. wiederum , mwN). Diese auf § 6 Abs. 1 Z 2 und § 18 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung 1996 gestützte Judikatur zum Umfang der Rechte des (Mit-)Eigentümers im Baubewilligungsverfahren ist - wovon das Verwaltungsgericht ausgehen durfte - auf die entsprechenden (gleich bezeichneten) Bestimmungen der NÖ BO 2014 übertragbar, sind doch diesbezüglich keine in Bezug auf die Parteirechte wesentlichen Änderungen eingetreten. Es liegt daher bereits (übertragbare) Rechtsprechung zur früheren Rechtslage vor, weshalb insoweit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird (vgl. etwa , mwN).
13 Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis , unter Hinweis auf die Bestimmungen des WEG 2002 klargestellt, dass bei Zu- und Umbauten innerhalb eines selbständigen Wohnungseigentumsobjektes (vgl. § 18 Abs. 1 Z 1 lit. b NÖ BO 2014) nur jener Miteigentümer, dem das Wohnungseigentum am von den Baumaßnahmen betroffenen Wohnungseigentumsobjekt zukommt, den Antrag auf Baubewilligung stellen kann bzw. ein solcher Bauantrag seiner Zustimmung bedarf. Ob im Revisionsfall ein solcher Zu- bzw. Umbau vorliegt, kann jedoch dahingestellt bleiben, weil gegebenenfalls die Zustimmung des Revisionswerbers als weiterer Grundstücksmiteigentümer ohnehin nicht erforderlich wäre.
14 Der Revisionswerber rügt überdies, die Frage, warum ihm keine Parteistellung betreffend Immissions- und Ortsbildschutz zukomme, obwohl ihm gemäß § 364 ABGB gegenüber jedem Wohnungseigentümer ein Unterlassungsanspruch zustehe, werde nicht beantwortet.
15 Abgesehen davon, dass die Revision verabsäumt, den damit behaupteten Begründungsmangel mit einer zur Darlegung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung erforderlichen Relevanzdarstellung zu versehen, liegt dieser Mangel nicht vor, verweist doch das Verwaltungsgericht darauf, dass dem Revisionswerber schon deshalb keine Parteistellung als Nachbar zukommen und er somit nicht die dem Nachbarn zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen könne, weil es sich um ein Vorhaben iSd § 18 Abs. 1a NÖ BO 2014 handle, welches gemäß § 6 Abs. 1 letzter Satz leg. cit. keine Parteistellung der Nachbarn auslöse. Eine - eingeschränkte - Parteistellung ergebe sich daher nur aufgrund seines Grund(mit)eigentums am Baugrundstück.
16 Abschließend bringt der Revisionswerber vor, es werde nicht beantwortet, weshalb das Interesse des Wohnungseigentümers an einer Baubewilligung eines Carports vorrangig behandelt werde. Wenn betont werde, dass zivilrechtliche Ansprüche vor Gericht ausgetragen werden sollten, dann bedeute dies nicht, dass nicht mit der Baubewilligung zugewartet werden könne, bis die Rechtssache zivilrechtlich geklärt sei. Gerade dann, wenn sich zivilrechtliche Ansprüche und landesgesetzliche Bauvorschriften überschnitten, sei im Sinne der Harmonie der Rechtsordnung eine Gleichbehandlung der Wohnungseigentümer geboten. Dazu bestehe keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
17 Auch mit diesem Vorbringen gelingt es dem Revisionswerber nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, weil damit keine konkrete Rechtsfrage offengelegt wird, die vom Verwaltungsgerichtshof zu klären wäre.
18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren mit Beschluss gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am
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Normen | AVG §8 BauO NÖ 1996 §18 Abs1 Z1 BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z2 BauO NÖ 2014 §18 Abs1 Z1 BauO NÖ 2014 §18 Abs1 Z1 litb BauO NÖ 2014 §6 Abs1 Z2 B-VG Art133 Abs4 VwGG §34 Abs1 WEG 2002 §16 Abs2 WEG 2002 §2 Abs1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020050200.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
AAAAF-45181