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VwGH 05.05.2022, Ra 2020/04/0132

VwGH 05.05.2022, Ra 2020/04/0132

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
ElWOG Stmk 2005 §10
ElWOG Stmk 2005 §11 Abs6
ElWOG Stmk 2005 §17 Abs1 Z3
RS 1
Aus § 17 Abs. 1 Z 3 Stmk ElWOG 2005 ergibt sich, dass die elektrizitätsrechtliche Genehmigung einer Erzeugungsanlage nicht schon dann erlischt, wenn die dem Anlagenzweck dienenden Einrichtungen untergehen, sondern erst nach Ablauf von fünf Jahren nach Unterbrechung des Betriebes der Anlage. Durch den Abbruch einer Erzeugungsanlage ist die elektrizitätsrechtliche Genehmigung nicht erloschen. Für eine neuerliche Genehmigung einer gleichartigen Erzeugungsanlage nach § 10 Stmk ElWOG 2005 am selben Standort ist kein Raum. Änderungen der Erzeugungsanlage, die im Zuge eines geplanten Neubaus erfolgen, sind vielmehr - sofern die sonstigen Voraussetzungen des § 10 Stmk ElWOG 2005 zutreffen - im Wege des § 11 Abs. 6 Stmk ElWOG 2005 einer Genehmigung zuzuführen (vgl. zu alldem in Bezug auf die hier in den wesentlichen Grundzügen gleichartige Rechtslage des § 80 und § 81 GewO 1973 , mwN, sowie des § 80 Abs. 1 und § 81 Abs. 1 GewO 1994 , Rn. 12, mwN).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision des J L, in W, vertreten durch Dr. Peter Fürnschuß, Rechtsanwalt in 8510 Stainz, Hauptplatz 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 43.30-1802/2019-39, betreffend elektrizitätsrechtliche Bewilligung für die Änderung einer Windkraftanlage nach dem Steiermärkischen Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: S GmbH in H, vertreten durch Wohlmuth Rechtsanwalts KG in 8430 Leibnitz, Hauptplatz 7), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis erteilte das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) in der Sache der mitbeteiligten Partei nach Maßgabe der vorgelegten, in Bezug auf die Rotorblätter im Beschwerdeverfahren adaptierten Planunterlagen die Bau- und Betriebsbewilligung für die Erneuerung (Repowering) als Anlagenänderung der mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung (belangte Behörde) vom elektrizitätsrechtlich genehmigten Windkraftanlage S 1 unter Vorschreibung von Auflagen am näher bezeichneten Standort. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, Gegenstand des Änderungsverfahrens sei ausschließlich das eingereichte Projekt, dessen Genehmigungsfähigkeit zu prüfen sei. Die mitbeteiligte Partei habe gemäß § 13 Abs. 8 AVG ihren Genehmigungsantrag im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zulässigerweise abgeändert. Auf der Grundlage der Gutachten einerseits des Amtssachverständigen für Schall- und Anlagentechnik, wonach in Bezug aufdie zuletzt beantragte schalloptimierte Version der Änderung der Windkraftanlage bezogen auf das Anwesen des Revisionswerbers der Grenzwert von 30 dB nachts am Ohr des Schläfers eingehalten werde, es zu keiner Überschreitung des Widmungsbasispegels gemäß ÖAL Richtlinie Nr. 3 sowie zu keinen wahrnehmbaren tieffrequenten Geräuschen komme, sowie andererseits der Amtssachverständigen für Humanmedizin seien bei antragsgemäßer Ausführung nach Maßgabe der Projektänderung und Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen eine Gefährdung der Gesundheit bzw. eine unzumutbare Belästigung von Menschen, insbesondere der Nachbarn nicht zu erwarten.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Im Zulässigkeitsvorbringen moniert die Revision, das Verwaltungsgericht lasse die Lärmimmissionen der bereits bestehenden Windenergieanlage (WEA) S 2 auf das Anwesen des Revisionswerbers „mit der unausgesprochenen Begründung, diese Anlage würde nicht projektgemäß betrieben, außer Acht“.

7 Diese dem Verwaltungsgericht unterstellte Annahme ist der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu entnehmen. Das Verwaltungsgericht legt in diesem Zusammenhang lediglich dar, Gegenstand des Genehmigungsantrags und somit des Änderungsverfahrens sei „ausschließlich das eingereichte Projekt“, dessen Genehmigungsfähigkeit es zu prüfen habe. Demgegenüber beruhen die Berechnungsergebnisse der Ist-Situation des von der mitbeteiligten Partei vorgelegten, vom lärmtechnischen Amtssachverständigen als fachlich richtig beurteilten schalltechnischen Privatgutachtens vom auf den „gemessenen Gesamtlärmimmissionen“.

8 Insofern ist dem Vorwurf der Revision im Zulässigkeitsvorbringen, die Argumentation des Verwaltungsgerichts eines konsenslosen Betriebes der WEA S 2 sei willkürlich, nicht nachvollziehbar und widerspreche der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weil diese lediglich auf erkennbar genehmigungslos errichtete oder nachweislich konsenslos betriebene Anlagen abstelle, und dem Bewilligungsbescheid betreffend der WEA S 2 keine Schall-Emmissions- und Immissionswerte bzw. Prognosewerte bei Nachbarn zu entnehmen seien, nicht zu folgen.

9 Den in diesem Zusammenhang im Zulässigkeitsvorbringen aufgeworfenen Rechtsfragen, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung „über die Bindungswirkung von Urteilen von Landesverwaltungsgerichten ..., die im Widerspruch zur Judikatur des VwGH“ stünden, bzw. „Rechtsprechung, wie bei unverbindlichen Gutachten rechtsverbindlich festgestellt werden kann, ob ein Vorhaben konsensgemäß betrieben wird, wenn keine entsprechenden Auflagen seitens der Behörde im Bescheid formuliert wurden“, mangelt es daher fallbezogen an der erforderlichen rechtlichen Relevanz für den Verfahrensausgang (vgl. etwa , Rn. 14, mwN).

10 Im Übrigen bringt die Revision zur Zulässigkeit vor, die zu erneuernde WEA S 1 sei, wie bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgebracht, im Laufe des Genehmigungsverfahrens im Sommer 2019 bis auf das Fundament abgetragen worden. Dies habe das Erlöschen sämtlicher bisheriger Bewilligungen zur Folge. Es sei daher nicht von einer Änderung einer bereits bewilligten Anlage, sondern von einem Neubau einer WEA auszugehen. Es fehle Rechtsprechung zur Rechtsfrage, ob die Bewilligung einer Änderung eines bereits abgetragenen Bauwerks rechtlich möglich sei.

11 Gemäß § 10 Abs. 1 Steiermärkisches Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2005 (Stmk ElWOG 2005) setzt die Erteilung der elektrizitätsrechtlichen Genehmigung voraus, dass durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage oder durch die Lagerung von Betriebsmitteln oder Rückständen und dergleichen eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen oder eine Gefährdung des Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte der Parteien nach fachmännischer Voraussicht nicht zu erwarten ist und Belästigungen von Anrainerinnen/Anrainern (wie Geruch, Lärm, Erschütterung, Wärme, Schwingungen, Blendung und dergleichen) sowie Beeinträchtigungen öffentlicher Interessen im Sinne des § 8 Abs. 3 - sofern diese von der Elektrizitätsbehörde wahrzunehmen sind - auf ein zumutbares Maß beschränkt bleiben. Weiters ist Voraussetzung, dass die zum Einsatz kommende Energie unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit und dem Ergebnis der Kosten-Nutzen-Analyse nach Maßgabe der Anlage 1 dieses Gesetzes effizient eingesetzt wird.

12 Nach § 11 Abs. 6 Stmk ElWOG 2005 hat, soweit Änderungen einer Genehmigung bedürfen, diese Genehmigung auch die bereits genehmigte Erzeugungsanlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 10 Abs. 1 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

13 Gemäß § 17 Abs. 1 Z 3 Stmk ElWOG 2005 erlischt die elektrizitätsrechtliche Genehmigung, wenn der Betrieb der gesamten Erzeugungsanlage durch mehr als fünf Jahre unterbrochen ist.

14 Aus § 17 Abs. 1 Z 3 Stmk ElWOG 2005 ergibt sich, dass die elektrizitätsrechtliche Genehmigung einer Erzeugungsanlage nicht schon dann erlischt, wenn die dem Anlagenzweck dienenden Einrichtungen untergehen, sondern erst nach Ablauf von fünf Jahren nach Unterbrechung des Betriebes der Anlage. Durch den Abbruch einer Erzeugungsanlage ist die elektrizitätsrechtliche Genehmigung nicht erloschen. Für eine neuerliche Genehmigung einer gleichartigen Erzeugungsanlage nach § 10 Stmk ElWOG 2005 am selben Standort ist kein Raum. Änderungen der in Rede stehenden Erzeugungsanlage, die im Zuge des geplanten Neubaus erfolgen, sind vielmehr - sofern die sonstigen Voraussetzungen des § 10 Stmk ElWOG 2005 zutreffen - im Wege des § 11 Abs. 6 Stmk ElWOG 2005 einer Genehmigung zuzuführen (vgl. zu alldem in Bezug auf die hier in den wesentlichen Grundzügen gleichartige Rechtslage des § 80 und § 81 GewO 1973 , mwN, sowie des § 80 Abs. 1 und § 81 Abs. 1 GewO 1994 , Rn. 12, mwN).

15 In der Revision werden vor diesem Hintergrund keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ElWOG Stmk 2005 §10
ElWOG Stmk 2005 §11 Abs6
ElWOG Stmk 2005 §17 Abs1 Z3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020040132.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAF-45174