VwGH 25.10.2022, Ra 2020/04/0096
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Norm | VStG §9 Abs2 |
RS 1 | Die Bestimmung des § 9 Abs. 2 VStG gibt - selbst wenn man deren subsidiäre Anwendung unterstellte (vgl. dazu ) - keinerlei Anlass für die Annahme, die gewerberechtlichen Geschäftsführer getrennter Geschäftsbereiche eines Unternehmens könnten untereinander Vereinbarungen über die Grenzen ihrer verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung treffen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision des I P in W, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher, Dr. Thomas Neugschwendtner, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl. VGW-021/054/16320/2017-11, betreffend Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Die I & Co HandelsgesmbH betreibt an einem bestimmten Standort das Gewerbe „Bäcker“, das Handelsgewerbe (mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe und Handelsagent) sowie das Gastgewerbe in der Betriebsart „Imbisstube“. Zum Tatzeitpunkt war Herr H.A. zum gewerberechtlichen Geschäftsführer für die Ausübung des Handelsgewerbes und des Gastgewerbes, der Revisionswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer für das Bäckereigewerbe bestellt.
2 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde ab, mit welchem über diesen drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 175,00 Euro verhängt wurden, weil er es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der I & Co HandelsgesmbH zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft beim Betrieb der Betriebsanlage am zwei bestimmte Auflagenpunkte des Genehmigungsbescheids nicht eingehalten habe und ferner diese Gesellschaft insofern gegen das Gebot des § 22 Abs. 1 Kälteanlagenverordnung 1969 verstoßen habe, als das jährliche Überprüfungsintervall nicht eingehalten worden sei. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.
3 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision.
4 4.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorlieges der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 4.2. Der Revisionswerber bringt vor, er habe als für den Bäckereibetrieb bestellter gewerberechtlicher Geschäftsführer mit dem für den Gastgewerbe- und Handelsbetrieb bestellten gewerberechtlichen Geschäftsführer, Herrn H.A., vereinbart, dass letzterer zum verantwortlichen Beauftragten bestellt werde und dieser sohin zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verpflichtet sei. Aus § 9 VStG sei zu schließen, dass bei Vorliegen mehrerer gewerberechtlicher Geschäftsführer eine Vereinbarung zwischen diesen über die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung zulässig und wirksam sei.
8 Dem genügt es, zu entgegnen, dass § 9 Abs. 2 VStG normiert, dass die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet sind, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt, wobei für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden. Diese Bestimmung gibt - selbst wenn man deren subsidiäre Anwendung unterstellte (vgl. dazu ) - keinerlei Anlass für die Annahme, die gewerberechtlichen Geschäftsführer getrennter Geschäftsbereiche eines Unternehmens könnten untereinander Vereinbarungen über die Grenzen ihrer verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung treffen.
9 4.3. Gemäß § 45 Abs. 2 VwGVG hindert das Nichterscheinen einer Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses. Voraussetzung für die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Partei ist eine ordnungsgemäße Ladung, von der dann nicht gesprochen werden kann, wenn einer der in § 19 Abs. 3 AVG genannten - das Nichterscheinen rechtfertigenden - Gründe vorliegt (vgl. ).
10 Das Vorbringen eines Verfahrensmangels begründet nur dann die Zulässigkeit der Revision, wenn im Rahmen des Vorbringens gemäß § 28 Abs. 3 VwGG die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang - im Sinn seiner Eignung, bei einem mängelfreien Verfahren zu einer anderen für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage zu führen - konkret dargetan wird (vgl. ). Im Fall einer unterbliebenen Vernehmung hat der Rechtsmittelwerber daher konkret darzutun, was die betreffende Person ausgesagt hätte bzw. welche anderen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären, die bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu dem von der Revision angestrebten Verfahrensergebnis geführt hätten (vgl. ). Eine in diesem Sinn ausreichende Relevanzdarstellung ist der Revision freilich nicht zu entnehmen, weil in Zusammenhang mit der gerügten Durchführung der mündlichen Verhandlung trotz Abwesenheit des Revisionswerbers nicht dargelegt wird, welche relevanten tatsächlichen Angaben der - in der mündlichen Verhandlung durch seinen Anwalt vertretene - Revisionswerber im Rahmen einer persönlichen Vernehmung hätte machen können und inwieweit sich daraus eine für seinen Standpunkt günstigere Sachverhaltsgrundlage ergeben hätte (vgl. ).
11 Das Vorbringen der Revision vermag daher die Zulässigkeit derselben nicht zu begründen, ohne dass auf die Frage der Ordnungsgemäßheit der Ladung des Revisionswerbers eingegangen werden muss.
12 4.4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | VStG §9 Abs2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020040096.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAF-45172