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VwGH 22.03.2021, Ra 2019/17/0101

VwGH 22.03.2021, Ra 2019/17/0101

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
AVG §62 Abs4
VStG §24
VStG §9
VwGVG 2014 §38
RS 1
Offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeiten einer Strafentscheidung eines VwG können nach § 38 VwGVG 2014 iVm § 24 VStG und § 62 Abs. 4 AVG jederzeit berichtigt werden. Die in Revision gezogene Entscheidung des VwG ist auch vor ihrer Berichtigung bereits in der entsprechend richtigen Fassung zu lesen (vgl. ; , 2013/07/0156; , Ro 2014/17/0065; , Ra 2016/10/0098).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2017/07/0077 B RS 1 (Im gegenständlichen Fall wurde der Revisionswerber als "befugtes Organ" und nicht als das nach außen zur Vertretung "berufene Organ" bezeichnet).
Norm
VStG §32 Abs2
RS 2
Die an den nach seinen eigenen Angaben kein Deutsch sprechenden Beschuldigten gerichtete Aufforderung zur Rechtfertigung ist, auch wenn sie nur in deutscher Sprache abgefasst war, als taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG zu beurteilen, weil es nur darauf ankommt, dass durch sie der behördliche Wille nach außen tritt. Auf die wirksame Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung kommt es somit nicht an (vgl. ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des M D in U, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom , E 018/07/2018.012/009, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Oberwart), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom wurde dem Revisionswerber als Geschäftsführer der U s.r.o. die dreifache Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild Glücksspielgesetz - GSpG mit näher bezeichneten Glücksspielgeräten vorgehalten. Dieses ausschließlich in deutscher Sprache verfasste Schreiben wurde dem Revisionswerber an seine Anschrift in Tschechien zugestellt.

2 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom wurde der Revisionswerber „als Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen befugtes Organ“ der U s.r.o. der dreifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG schuldig erkannt. Es wurden über ihn drei Geldstrafen in der Höhe von je EUR 5.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Die Kosten des Strafverfahrens wurden mit EUR 1.500,-- bestimmt.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Burgenland (LVwG) die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und schrieb dem Revisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 3.000,-- vor (Spruchpunkt II.). Das LVwG sprach überdies aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei (Spruchpunkt III.).

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof nur im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Revision macht in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zunächst geltend, dem angefochtenen Erkenntnis sei nicht zu entnehmen, ob bei der Bestrafung des Revisionswerbers auf die Verantwortlichkeit nach § 9 Abs. 1 VStG abgestellt worden sei. Es sei auch nicht ersichtlich, ob der Revisionswerber als handels- oder gewerberechtlicher oder sonstiger Geschäftsführer bestraft worden sei.

9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss in der Tatumschreibung gemäß § 44a Z 1 VStG zum Ausdruck kommen, ob ein bestimmter Beschuldigter die Tat in eigener Verantwortung oder als für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch eine juristische Person strafrechtlich Verantwortlicher begangen hat. Darüber hinaus ist es erforderlich, dass auch die Art der Organfunktion, derzufolge der Täter zur Vertretung nach außen berufen ist, eindeutig angeführt wird (vgl. , 0096, mwN).

10 Im Revisionsfall hat das LVwG durch die Abweisung der Beschwerde den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses übernommen. Nach diesem wurde der Revisionswerber „als Geschäftsführer“ der U s.r.o. zur Verantwortung für das im Straferkenntnis vorgeworfene deliktische Verhalten gezogen. In der Begründung des Straferkenntnisses, welche zur Deutung eines unklaren Spruchs heranzuziehen ist (vgl. etwa , mwN), wird der Revisionswerber unter Bezugnahme auf das slowakische Firmenbuch ausdrücklich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der U s.r.o. bezeichnet. Daraus ergibt sich aber eindeutig, dass der Revisionswerber in Anwendung des § 9 Abs. 1 VStG bestraft wurde. Das Zulässigkeitsvorbringen der Revision zeigt somit nicht auf, dass dem Gebot des § 44a Z 1 VStG nicht ausreichend entsprochen worden wäre.

11 Daran vermag auch der Umstand, dass der Revisionswerber nicht als das zur Vertretung nach außen „berufenes Organ“, sondern als „befugtes Organ“ bezeichnet wurde, etwas zu ändern. Eine derartige, offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit hätte nämlich nach § 38 VwGVG in Verbindung mit § 24 VStG und § 62 Abs. 4 AVG jederzeit berichtigt werden können. Das in Revision gezogene Erkenntnis ist auch vor einer Berichtigung bereits in der entsprechend richtigen Fassung zu lesen (vgl. ). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang somit nicht ersichtlich.

12 Die Revision rügt in ihrem Zulässigkeitsvorbringen weiters, „die reißerische Geschäftspolitik der Konzessionäre“ ziele auf die „Ausweitung des gesamten Marktes für Spieltätigkeiten“ ab. Der vermeintliche Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen das Glücksspielrecht dürfe daher nicht zu Sanktionen führen, wenn diese Regelung mit den Grundfreiheiten des Binnenmarktes nicht vereinbar sei, sodass auch aus diesem Grunde der Beschwerde Folge zu geben gewesen wäre.

13 Das Verwaltungsgericht hätte dann, wenn es aufgrund konkreter Anhaltspunkte Zweifel an der Unionsrechtskonformität des Glücksspielrechts gehabt hätte, von Amts wegen entsprechende Beweise aufzunehmen und Feststellungen zu treffen gehabt, um auf deren Grundlage eine Kohärenzprüfung durchzuführen (vgl. , 0049, Rn 28). Dass eine solche Kohärenzprüfung dazu geführt hätte, dass die Strafbestimmungen des GSpG als unionsrechtswidrig zu beurteilen wären, wird mit dem - erstmals in der Revision erstatteten - Vorbringen jedoch nicht aufgezeigt (zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit der Strafbestimmungen des GSpG vgl. insbesondere ; , Ra 2018/17/0048, 0049).

14 Die Revision bringt in ihrem Zulässigkeitsvorbringen weiters vor, der Revisionswerber spreche kein Deutsch. Das „in die tschechische Sprache übersetzte Straferkenntnis vom “ [richtig: ] sei die erste wirksame Verfolgungshandlung gewesen. Im Zeitpunkt seiner Zustellung sei aber bereits Verfolgungsverjährung eingetreten gewesen, sodass eine Bestätigung des Straferkenntnisses durch das LVwG nicht hätte erfolgen dürfen.

15 Damit übersieht die Revision, dass nach § 31 Abs. 1 VStG die Frist für den Eintritt der Verfolgungsverjährung ein Jahr beträgt. Das gegenständliche Straferkenntnis ist daher noch vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ergangen. Darüber hinaus ist bereits die Aufforderung zur Rechtfertigung, auch wenn sie nur in deutscher Sprache abgefasst war, als taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG zu beurteilen, weil es nur darauf ankommt, dass durch sie der behördliche Wille nach außen tritt. Auf die wirksame Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung kommt es somit nicht an (vgl. ).

16 Im Zulässigkeitsvorbringen der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen grundsätzliche Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme.

17 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
AVG §62 Abs4
VStG §24
VStG §32 Abs2
VStG §9
VwGVG 2014 §38
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019170101.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAF-45148