VwGH 13.09.2022, Ra 2019/16/0172
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Norm | BAO §76 |
RS 1 | Eine allfällige Befangenheit von Organen der Abgabenbehörde (erster Instanz) ist für die Rechtmäßigkeit der Rechtsmittelentscheidung unbeachtlich (vgl. , mwN). |
Entscheidungstext
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2019/16/0174 B
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Dkfm. Dr. A M in B, vertreten durch die MM Metzler & Musel Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom , Zl. 405-13/350/1/17-2019, betreffend Wasserbenützungsgebühr (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstehung der Marktgemeinde H), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat der Marktgemeinde H Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der Marktgemeinde H dem Revisionswerber als Eigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft eine Wasserbenützungsgebühr für den Zeitraum bis iHv insgesamt 8.200,64 (inkl. 10% USt) vor, wobei auf das Jahr 2012 609,24 € (583 m³), auf das Jahr 2013 596,70 € (571 m³), auf das Jahr 2014 362,62 € (347 m³), auf das Jahr 2015 246,84 € (187 m³) und auf das Jahr 2016 6.385,24 € (4.758 m³) entfielen.
2 In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Revisionswerber u.a. vor, dass sämtliche Organe der Marktgemeinde H befangen seien, weil er sich in einem Rechtsstreit mit dem Bauamtsleiter der Marktgemeinde H wegen der Haustechnikprojektierung im gegenständlichen Objekt befinde. Ein Wasserverbrauch von 4.758 m³ im Jahr 2016 sei völlig undenkbar, würde dies doch einem Wasserverbrauch von 16 Haushalten oder einem komplett aufgedrehten Gartenschlauch, der 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr durchgehend laufe, entsprechen. Eine solche Wassermenge hätte im Gebäude großen Schaden angerichtet und wäre nicht unbemerkt geblieben. Für eine Störung oder Fehlfunktion des Wasserzählers sei der Revisionswerber nicht verantwortlich. Er beantrage die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Gebiet der Installations- und Wassertechnik zum Beweis dafür, dass ein Wasserverbrauch von 4.758 m³ im Jahr völlig undenkbar sei oder jedenfalls die Wasseruhr einen technischen Defekt aufweise.
3 Mit Bescheid vom wies die Gemeindevorstehung der Marktgemeinde H die Berufung als unbegründet ab. Am sei im Objekt des Revisionswerbers der Wasserzähler getauscht und der verfahrensgegenständliche Wasserzähler neu eingebaut worden. Am sei dieser Wasserzähler mit einem Stand von 5.240 m³ ausgebaut und einer messtechnischen Überprüfung durch die S AG zugeführt worden. Das Überprüfungsergebnis habe keinen Hinweis auf ein fehlerhaftes Zählverhalten des Wasserzählers ergeben, sodass von der Richtigkeit des angegebenen Zählerstands ausgegangen werden könne. Die Bedenken in Bezug auf die vom Revisionswerber behauptete Befangenheit aller Organe der Marktgemeinde H werde nicht geteilt. Auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens auf dem Gebiet der Installations- und Wassertechnik erachtete die Berufungsbehörde als nicht erforderlich.
4 In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wiederholte der Revisionswerber im Wesentlichen sein Berufungsvorbringen.
5 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Beiziehung eines Amtssachverständigen aus dem Gebiet der Wasserwirtschaft wies das Landesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
6 In der Begründung führte das Landesverwaltungsgericht zusammengefasst aus, am sei der verfahrensgegenständliche Wasserzähler mit einem Anfangsstand von „0“ von der Marktgemeinde H im Haus des Revisionswerbers eingebaut worden. Am habe der Wassermeister der Marktgemeinde H den Zählerstand mit 296 m³ abgelesen, sodass dem Revisionswerber für das Jahr 2014 insgesamt 347 m³ (296 m³ und 51 m³ für den Zeitraum 1. Jänner bis ) verrechnet worden seien. Am habe der Revisionswerber den Zählerstand mit 483,2 m³ selbst abgelesen und der Marktgemeinde H bekannt gegeben. Da der Wasserzähler im Anzeigefeld keine Kommastellen aufweise, habe die Marktgemeinde H ihrer Verrechnung zum einen Stand von 483 m³ zugrunde gelegt. Am sei aufgrund einer Selbstablesung ein Zählerstand von 532,2 m³ bekannt gegeben worden. Aufgrund der Unschlüssigkeit des angegebenen Werts habe am eine Überprüfung des Zählerstands durch den Wassermeister der Marktgemeinde H stattgefunden, wobei sich ein tatsächlicher Zählerstand von 5.240 m³ gezeigt habe. Der Wasserzähler sei noch am selben Tag ausgebaut und durch einen neuen Wasserzähler ersetzt worden. Vom 22. Dezember bis zum sei 1 m³ Wasser verbraucht worden, sodass für das Jahr 2016 insgesamt 4.758 m³ zur Verrechnung gelangt seien.
7 Am habe die S AG den verfahrensgegenständlichen Wasserzähler überprüft und keine Messfehler außerhalb der gesetzlich zulässigen Fehlergrenzen festgestellt. Weiters sei der Wasserzähler vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen auf seine Funktionstüchtigkeit und Genauigkeit hin untersucht worden. Aus dem diesbezüglichen Gutachten vom 6. Juni 2108 ergebe sich, dass der verfahrensgegenständliche Wasserzähler jedenfalls bis zu seinem Ausbau einwandfrei funktioniert habe. Ein Wasserrohrbruch sei vom Revisionswerber selbst ausgeschlossen worden.
8 Der Amtssachverständige habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass ein solch hoher Wasserverbrauch von 4.758 m³ innerhalb eines Jahres technisch möglich sei. Weiters habe er darauf hingewiesen, dass sich der Verbrauch auch über zwei Jahre erstreckt haben könnte, wenn durch die irrtümliche Angabe einer Kommastelle bereits die Ablesung 2015 unrichtig gewesen sei. Auf die vom Revisionswerber vorgelegte Stellungnahme des Ing. B habe der Amtssachverständige erwidert, dass ein solch hoher Wasserverlust nicht zwangsläufig zu einem Schaden führen müsse, sondern auch unbemerkt bleiben könne.
9 Der Revisionswerber habe in der mündlichen Verhandlung sein Beschwerdebegehren auf das Jahr 2016 eingeschränkt, sodass dieses nur mehr die Wasserbenützungsgebühr iHv 6.385, 24 € (4.758 m³) betreffe.
10 Für das erkennende Gericht bestehe kein Grund, an der Richtigkeit des gemessenen Wasserverbrauchs zu zweifeln. Für die Vorschreibung komme es nicht darauf an, ob der Verbrauch gewollt oder ungewollt erfolgt sei. Den Schlüssen des Amtssachverständigen könne nur auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten werden. Die Beweisanträge des Revisionswerbers seien mangels Relevanz abzuweisen. Auch die vom Revisionswerber gerügte Befangenheit der Gemeindevorstehung vermöge das Gericht nicht zu erkennen.
11 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Landesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
12 Der Verwaltungsgerichtshof leitete hierüber das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
13 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
15 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden; er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
16 In der Revision wird zur Zulässigkeit zunächst vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Befangenheit von Organen der Gemeindevorstehung, die sich (in einem Parallelverfahren) selbst für befangen erklärt hätten.
17 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, von deren Lösung die Revision abhinge, nicht aufgezeigt, hat der Verwaltungsgerichtshof doch bereits ausgesprochen, dass eine allfällige Befangenheit von Organen der Abgabenbehörde (erster Instanz) für die Rechtmäßigkeit der Rechtsmittelentscheidung unbeachtlich ist (vgl. , mwN). Dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts kann daher mit dem Vorbringen der Befangenheit von Organen der Gemeindevorstehung nicht mit Erfolg entgegen getreten werden.
18 In der Revision wird zu deren Zulässigkeit weiters vorgebracht, das Landesverwaltungsgericht habe die vom Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung vom und mit Schriftsatz vom ergänzten Beweisanträge zu Unrecht abgewiesen. Mit diesem Vorwurf rügt der Revisionswerber einen Verfahrensfehler, welcher nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses führen könnte, wenn die Relevanz des Verfahrensfehlers dargelegt und gegeben wäre (vgl. etwa ).
19 Vorgebracht wird, das Landesverwaltungsgericht habe die beantragte Einvernahme des Zeugen E zum Beweis dafür, dass im Zuge der Wartungsarbeiten im Jahr 2015 kein hörbares Wasserrinnen im Technikraum zu verzeichnen gewesen sei, zu Unrecht unterlassen. Damit vermag der Revisionswerber einen relevanten Verfahrensfehler nicht aufzuzeigen, betrifft im revisionsgegenständlichen Fall der hohe Wasserverbrauch doch das Jahr 2016 und hat der Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass ein solcher Wasserverlust auch unbemerkt bleiben könne.
20 Gleiches gilt für die Behauptung des Revisionswerbers, das Landesverwaltungsgericht hätte seinen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Wasser- und Heizungstechnik zum Beweis dafür, dass keine Möglichkeit bestehe, dass durch ein Gebrechen der Wasser- und Heizungsanlage im Jahr 2016 Wasser in das Kanalnetz eingeleitet worden sei, nicht ablehnen dürfen. Soweit zur Relevanz des gerügten Verfahrensfehlers vorgebracht wird, dass damit sämtliche theoretischen Erklärungsversuche für einen solchen Wasserverlust ausscheiden würden, ist auf die Ausführungen des Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom zu verweisen, wonach ein Wasserverbrauch von 4.758 m³ innerhalb eines Jahres ohne weiteres möglich sei und verschiedenste Ursachen haben könne, wobei es keinen konkreten Anhaltspunkt für die von ihm genannten Beispiele, etwa dass der Filter einer Rückspüleinrichtung nicht funktioniere oder der Heizkreis Wasser verliere, gegeben habe.
21 Wenn der Revisionswerber in der Beweiswürdigung des Landesverwaltungsgerichts eine erhebliche Rechtsfrage sieht, ist darauf hinzuweisen, dass eine im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung nur dann zu einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG führt, wenn sie in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen wurde (vgl. nochmals mwN). Dass dies der Fall wäre, vermag die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht aufzuzeigen.
22 Der Revisionswerber bringt dazu vor, das Landesverwaltungsgericht habe übersehen, dass durch die vorgelegte Stellungnahme des Ing. B nachgewiesen worden sei, dass ein Wasserverbrauch von 4.758 m³ im Jahr 2016 undenkbar sei und ein derartig hoher Wasserverlust nicht unbemerkt hätte bleiben können. Dem ist entgegen zu halten, dass sich das Landesverwaltungsgericht mit diesem Einwand auseinandergesetzt hat, jedoch dem Amtssachverständigen gefolgt ist, der darauf in der mündlichen Verhandlung erwidert hat, dass ein Wasserverbrauch von 4.758 m³ innerhalb eines Jahres ohne weiteres möglich sei und ein solch hoher Wasserverlust nicht zwangsläufig zu einem Schaden führen müsse, sondern auch unbemerkt bleiben könne.
23 Mit der vom Revisionswerber aufgeworfenen Frage, ob ein technisch nicht möglicher Wasserverbrauch von ihm bezahlt werden müsse, entfernt sich die Revision vom festgestellten Sachverhalt.
24 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
25 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Norm | BAO §76 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019160172.L00 |
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Fundstelle(n):
GAAAF-45140